Lesereise Oman -  Walter M. Weiss

Lesereise Oman (eBook)

Eine Erfolgsstory aus Tausendundeiner Nacht
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
132 Seiten
Picus (Verlag)
978-3-7117-5524-7 (ISBN)
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Mit Oman verbindet man prächtige Moscheen, Lehmburgen und -dörfer, Kamele, Krummdolche, Dhaus, Datteln und von edlen Düften durchwehte Basare. Auch gewaltige, wild zerklüftete Gebirge mit palmbestandenen Wadis, schier endlose Sandwüsten, und Küsten mit Stränden und Tauchrevieren wie aus dem Bilderbuch. Doch dieses sagenhafte Sultanat am Ostrand Arabiens herrschte lange Zeit über ein riesiges Handelsimperium und schaffte es binnen nur einer Generation vom rückständigen und armen Pariastaat zur modernen Musternation. Walter M. Weiss kurvt mit Beduinen über Dünen, segelt durch die Fjorde Musandams und knackt in der Südprovinz Dhofar frische Kokosnüsse. Er folgt in den Häfen Muscat, Sohar und Sur den Spuren legendärer Seefahrer, schaut Parfumeuren und Halwakochern über die Schulter und lernt, wie man die Rinde des Weihrauchbaums ritzt. Und in der historischen Hauptstadt Nizwa erfährt er das Wesen des Ibadismus, jener so wohltuend weltoffenen, toleranten Version des Islam, die die Mentalität der Omanis maßgeblich prägt.

Walter M. Weiss, 1961 in Wien geboren, studierte Geschichte, Publizistik, Politikwissenschaft und arbeitete viele Jahre als Chefredakteur namhafter Zeitschriften. Seit 40 Jahren als freier Autor tätig, hat er weit über 100 Reise- und Sachbücher veröffentlicht. Zu seinen Themenschwerpunkten zählen neben dem islamischen Kulturkreis mitteleuropäische Kunst- und Kulturgeschichte sowie der buddhistisch geprägte (süd)ostasiatische Kulturraum. Im Picus Verlag erschienen seine Reportagebände über Syrien und Ägypten sowie die Lesereisen Marokko und Usbekistan.

Im Epizentrum sultanischer Weisheit und Macht


Einst und heute: Die legendäre Hafenstadt Muscat

Wo bin ich nun eigentlich gelandet? Irgendwo an der kalifornischen Küste zwischen San Diego und Long Beach? In Miami? Auckland? Sidney? Oder Singapur? Auf dem sechsspurigen Highway vom Flughafen Richtung Herz der Capital Area schnurrt der Morgenverkehr trotz hoher Dichte mit einer Diszipliniertheit, wie man sie sich für weite Teile Europas nur wünschen könnte. Die Gebäude zu beiden Seiten erstrahlen in makellosem Schneeweiß und haben größtenteils die Ausmaße von Palästen. Palmenalleen, Bäumchen im Formschnitt und Blumenmeere, Frangipani, Bougainvilleen, Petunienbeete säumen den Weg. Der sattgrüne Rasen dazwischen sieht aus, als hätte man ihn mit Nagelschere und Pinzette manikürt. Und in regelmäßigen Abständen fordern Schilder die Vorbeifahrenden auf: »Keep your city clean!« Weder Anzeichen von Armut noch Abfälle sind zu sehen, weder streunende Hunde noch halb fertige Gebäude. Wären da nicht die arabischen Schriftzeichen auf den Autokennzeichen und riesenformatigen LED-Werbeboards, ragten nicht da und dort Kuppeln und Minarette von Moscheen himmelwärts, trügen die Herren und Damen hinter den Volants nicht weite, knöchellange Gewänder, Stickkappen respektive Kopftuch, und läge nicht, inzwischen selten genug, draußen vor der Küste eine Dhau, eines der für die Meere der Region früher so charakteristischen hölzernen Frachtschiffe – nie würde man vermuten, dass man sich in einer vor zwei Generationen noch denkbar peripheren Gegend am äußersten Nordostrand der Arabischen Welt befindet.

»Heute segelten wir ganz nahe an die Küste heran und sahen eine lange Kette völlig kahler Berge. Wir entdeckten ein großes Fort, das am Eingang zu einer Bucht auf hohem Felsen thronte. In dieser Bucht, vor der Stadt Muscat, warfen wir Anker. Diese Stadt wird von einem arabischen Prinzen regiert und ist von mehreren Mauerreihen und Türmen umgeben … In dem Felsental von Muscat herrscht eine ziemlich erdrückende Hitze (in der Sonne einundvierzig Grad Reaumur). Das grelle Licht ist hier sehr gefährlich, weil es weder von Bäumen noch Büschen noch dem kleinsten bisschen Gras gemildert wird. Man findet keine Europäer, weil das Klima für sie eine tödliche Gefahr darstellt.« Ida Pfeiffer, jene weltreisende Rechtsanwaltsgattin aus Wien, die diese Zeilen am 1. Mai des Revolutionsjahres 1848 in ihr Tagebuch notierte, würde heute wohl ihren Augen nicht trauen. Zwar gleichen im Sommer die Buchten am Nordrand des Hadjar-Gebirges, dessen nackter, dunkler Fels jeden Sonnenstrahl erbarmungslos speichert, noch heute Backöfen. Doch abgesehen davon, dass sich mittlerweile das Leben der Hauptstädter in der heißen Saison größtenteils in klimatisierten Räumen abspielt: Jener winzige Hafen, von dem aus die Omanis zur Zeit Ida Pfeiffers ein Seeimperium regierten, das von Sansibar bis ins heutige Pakistan reichte, ist zu einem dank hocheffizienter Meerwasserentsalzungsanlagen von üppigem Grün durchzogenen großstädtischen Ballungsraum angeschwollen, der sich bereits fünfzig Kilometer weit entlang der Küste und auch tief hinein in das Hinterland erstreckt und mittlerweile weit über eineinhalb Millionen Einwohner zählt.

Die Kernzone dieser sogenannten Capital Area bildet, sieht man von dem historischen Hafen-Zwilling Muscat und Mutrah ab, der Stadtteil Ruwi. Er wurde Anfang der Siebziger ein Stück landeinwärts in einem engen Wadi auf dem Reißbrett geplant und beherbergt mit dem Central Business District die Schaltzentrale der omanischen Ökonomie. Ein Tal weiter liegt Wattayah, das die höchste Dichte an Shoppingkomplexen im American Style aufweist. Und an dessen Ausgang, im Hafen von Mina Al Fahal, schlägt das Herz der hiesigen Fossilindustrie, der die Omanis trotz aller Diversifizierungsbemühungen immer noch über ein Drittel ihres Bruttonationalprodukts und drei Viertel ihrer Staatseinnahmen verdanken. Hier hat die PDO, die Petroleum Development Oman, ihr Headquarter. Hier kann man im von dieser gestifteten Oil & Gas Exhibition Center Wissenswertes über Entstehung, Entdeckung und heutige Förderung des Schwarzen Goldes erfahren. Von hier Richtung Westen erstrecken sich jene noch jüngeren, teilweise aus bescheidenen Fischersiedlungen hervorgegangenen Bezirke, deren eingangs beschriebenes mondänes Gartenstadtambiente jeden Neuankömmling bass erstaunt: Qurum beispielsweise mit seinen Villenvierteln, dem Erholungsgebiet Natural Park und den streng geschützten Mangroven; oder die nicht minder prestigeträchtigen Bezirke Al Khuwair und Madinat al Sultan Qabus mit ihren noblen Botschaften und Ministeriumsbauten.

Eindeutig die Hauptattraktion der Capital Area ist aus touristischer Sicht ihr phänomenaler Sandstrand. Der reicht von der Landspitze Ras al-Hamra viele Kilometer weit über Shati Al Qurum und Al Ghubrah bis zur westlichen Stadtgrenze (und darüber hinaus) und ist gesäumt von einigen der feinsten Hotels des Landes. Im Grand Hyatt etwa, im insbesondere von Stilpuristen mit Hang zu fernöstlichem Minimalismus viel gepriesenen The Chedi oder im Crown Plaza, dem Nachfolger des legendären, weil ersten Luxushotels aus der Aufbruchszeit, dem Gulf, lässt sich denkbar famos urlauben. Gar nicht zu reden vom Kempinski in The Wave alias Al Mouj, einem in jüngsten Jahren erst nahe dem Airport aus dem Boden gestampften Stadtteil von beinah dubaiesken Dimensionen. Marina, Golfplatz, Tauchbasis und reihenweise edle Boutiquen und Restaurants machen ihn zum bevorzugten Tummelplatz der einheimischen Reichen und Schönen.

Auf sehr andere Weise spektakulär ist indes die Küstenlandschaft östlich der Hauptstadt: feinsandige Strände zwischen steilen Klippen, dazu laues, kristallklares Wasser und eine maritime Fauna – dies lässt sich schon nach ein bisschen Schnorcheln behaupten – von einer Vielfalt und Farbenpracht, die es mit den schönsten Revieren des Roten Meeres, der Karibik oder der Malediven aufnimmt. Ein Leuchtturm der omanischen Luxushotellerie wartet auch hier: Das Al Bustan Palace, inzwischen von der Ritz-Carlton-Kette betrieben, wurde Anfang der Achtziger in nur eineinhalb Jahren für das Gipfeltreffen des GCC, des Kooperationsrats der Golfstaaten, dem auch der Oman angehört, errichtet und pflegte lange Zeit die offiziellen Gäste des Sultans zu beherbergen. Der pompöse, neunstöckige, mit seiner oktogonalen Grundform äußerlich eher etwas eigenwillige Palast, dessen achtunddreißig Meter hohe, mit Marmor vertäfelte und von Weihrauchduft geschwängerte Mittelhalle mehr einer Kathedrale denn einer Lobby gleicht, wurde von den internationalen Fachmedien mehrmals unter die besten Strandhotels der Welt gewählt.

Ich freilich pflege an Ankunftstagen lieber ein Taxi ins alte Muscat zu nehmen. Zu Zeiten von Sultan Said ibn Taimur, jenes starrsinnigen Despoten, der Oman achtunddreißig Jahre lang bis 1970 regierte, herrschte hier noch tiefstes Mittelalter. Es gab ein einziges Spital. Das hatte zwölf Betten. Und nur eine asphaltierte Straße. Die war drei Kilometer lang und führte zum Palast. Sonnenbrillen, Fahrräder, Radios und anderes »westliches Teufelszeug« waren verboten. Die Stadttore wurden bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen, und wer sich vor Sonnenaufgang aus dem Haus wagte, musste per Dekret eine Laterne bei sich tragen (siehe »Rückblick I«, Seite 29). Aufgeschreckt durch diverse sozialistische Revolutionen in der Arabischen Welt, namentlich in Irak, Ägypten, Libyen und Jemen, hatte sich der Monarch rigoros jeder Form von Entwicklung verschlossen und es so geschafft, aus seinem hundert Jahre zuvor noch fortschrittlichen Land eines der rückständigsten der Welt zu machen. Er war zudem in höchstem Maße xenophob. Wer aus- oder einreisen wollte, brauchte des Herrschers persönliche Genehmigung. Und Ausländern wurde, wenn überhaupt, nur in raren Einzelfällen der Aufenthalt erlaubt.

Sein Sohn Qabus, der am 23. Juli 1970, gerade dreißig Jahre alt, unblutig gegen den Vater putschte, öffnete die Grenzen. Er ließ mithilfe des jählings sprudelnden Ölreichtums und westlicher Berater Straßen, Schulen, Stromleitungen, Spitäler und andere Unentbehrlichkeiten bauen, die es zuvor so gut wie nicht gegeben hatte. So schuf er in wenigen Jahren einen modernen Musterstaat, von dem ein Bericht der Vereinten Nationen kürzlich erst voller Anerkennung meinte, weltweit habe keine andere Nation ihre soziale und wirtschaftliche Lage binnen weniger Jahrzehnte so fundamental verbessert.

Das Bruttoinlandsprodukt betrug 1970 pro Kopf ganze dreihundertsiebzig US-Dollar und liegt heute kaufkraftbereinigt bei fast vierzigtausend – höher als etwa in Griechenland oder Russland. Medizinische Versorgung und Schulbesuch sind gratis, sauberes Wasser und Sanitäranlagen für alle zugänglich. War 1970 noch die gesamte Bevölkerung illiterat, liegt die...

Erscheint lt. Verlag 26.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen
ISBN-10 3-7117-5524-0 / 3711755240
ISBN-13 978-3-7117-5524-7 / 9783711755247
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