MEIN MALTA -  Anke Jablinski

MEIN MALTA (eBook)

Gestern und heute
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2024 | 1. Auflage
180 Seiten
p.machinery (Verlag)
978-3-95765-911-8 (ISBN)
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'Zu den beiden Tempeln ?agar Qim und Mnajdra fährt man mit dem Auto nur wenige Minuten. Mnajdra liegt über dem Meer gegenüber der kleinen Insel Filfla. Ist es Zufall, frage ich mich, dass dieser Tempel also ein Sonnentempel sein soll, wo ich mich immer gerade hier besonders gerne auf die warmen Steine gelegt habe, um mich zu sonnen? Ist es Zufall, dass ich immer gerade hier zur Ruhe gekommen bin? Wenn dann der Wind leise sang, die Bienen summten und die Vögel zwitscherten, wenn die Sonne mein Gesicht verbrannte, und die Eidechsen durch kleine Ritzen flitzten, fühlte ich mich wohl auf diesen warmen Steinen, und einmal schlief ich sogar ein, hier, wo der Stein nicht tot ist.' (Aus dem Kapitel 'Andacht und Zeremonie') '?Mein Malta - gestern und heute? [...] ist ein Reisebuch der besonderen Art, persönlich und ?kulturhistorisch?. Die Autorin bereist Malta seit Mitte der achtziger Jahre regelmäßig, feierte 2015 ihr sechzigstes' und 2019 ihr vierundsechzigstes '?Malta-Jubiläum?. Man kann spüren, dass Anke Jablinski sich mit Haut und Haar und ganzem Herzen den Inseln Malta, Gozo und Comino verschrieben hat.' Die Titel der vierzehn Kapitel des Buches - 'Eine Märchenstadt bei Vollmond', 'Andacht und Zeremonie', 'Hafen der Winde' - sind so poetisch wie das Erlebnis des kleinen Archipels: Anke Jablinski hat auch Gedichte über Malta geschrieben hat, die sie ?Liebeserklärung an einen Inselstaat? nennt. 'Die Autorin geht von einer ihrer vierzehntägigen Reisen aus, und bringt uns die schönen und reizvollen Orte nahe. Bestimmte Plätze, Orte und Städte führen [...] in die interessante Geschichte Maltas, die von dort aus historisch fundiert und gründlich recherchiert erzählt wird. Mit Neugier und Staunen folgt man der Autorin zu den außergewöhnlichen Festen der Insel und den Spuren des Apostels Paulus, zu den Festungen der Malteserritter und in das mysteriöse ?Hypogäum?, und vor allem zu den einzigartigen Megalith-Tempeln, einem Thema, dem sich Anke Jablinski als Studentin der Ur- und Frühgeschichte besonders angenommen hat.'

Anke Jablinski wurde 1962 in Berlin geboren und ist seit 1980 in vielen Bereichen künstlerisch tätig. Neben vielen anderen Auslandsreisen reiste sie 1987 nach Malta, ein Land, das in den kommenden dreißig Jahren zu ihrer zweiten Heimat wurde. In den Jahren 1987 bis 2010 bewanderte sie den maltesischen Archipel exzessiv, hielt in Deutschland Vorträge über Malta und gab Lesungen. Sie lernte an der Universität von Bremen Malti, die maltesische Sprache, initiierte 2015 die erste deutsch-maltesische Kulturwoche in Berlin und gründete ein T-Shirt-Label mit selbst entworfenen Motiven der Inselgruppe. Heute betreibt sie einen Onlinehandel mit Produkten aus Malta, und schreibt und malt, wenn sie Malta und Gozo besucht. Anke Jablinski ist Mitglied der Deutsch-Maltesischen Gesellschaft und erhielt nach ihrem fünfzigsten Aufenthalt auf Malta vom Fremdenverkehrsamt Malta in Zusammenarbeit mit der Botschaft von Malta einen Gutschein für eine weitere Reise.

Prolog


1994. Ich wachte auf und spürte, dass ich Sehnsucht nach Ruhe und Einsamkeit hatte. Nicht, dass es mir schlecht ging, aber ich hatte keine Lust, auch nur mit einem einzigen Menschen ein Wort zu wechseln. Das lag wohl daran, dass ich in den letzten Tagen von einer Verabredung zur nächsten gehetzt war, und diese vielen unterschiedlichen Menschen mein Verlangen nach Einsamkeit und Stille von Tag zu Tag hatten wachsen lassen. Ich schien übersättigt zu sein vom Smalltalk in den Bars von Sliema. Schließlich war ich nach Malta gereist, um in aller Ruhe an meinem ersten Buch über Malta zu schreiben!

Gerädert von einer fast schlaflosen Nacht auf einem quietschenden Bett mit Sprungfedermatratze und mit zu viel Wein am Vorabend, taumelte ich zum Fenster, zog den staubig-grauen Vorhang auf und kniff geblendet die Augen zusammen. Über mir rasselte der alte Ventilator, auf den ich in der Nacht meine Wäsche zum Trocknen gehängt hatte. Ich stellte ihn aus und das Radio an, hörte immer wieder ein aufgeregtes ballun und xejn, Ball und Null, Fußball also. Ich drehte so lange am Knopf des alten Transistorradios, bis ich gute Bluesmusik fand, machte mir einen Tee mit zu viel Milch und Zucker, und öffnete alle Fenster.

Was für ein schöner Tag! Es roch nach Kräutern und salziger Meeresluft. Die Sonne schien, und auf den Flachdächern lag ein goldener Schimmer. Unten in den Höfen spielten die Katzen. Ein paar Spatzen zwitscherten laut und hüpften aufgeregt in den großen, knallroten Weihnachtssternen herum. Sie übertönten sogar das Geräusch meines ratternden Kühlschranks. In den Gärten spannten Frauen Wäscheleinen, andere pflückten Früchte von den Bäumen. Eine Frau sang bei ihrer Arbeit, und ein milder Wind trug dieses Lied bis in mein Zimmer im fünften Stock hinauf. Es war warm für Januar. In der Ferne lagen saftig grüne Wiesen, die heute wie selten leuchteten. Eine friedliche Stimmung lag in der Luft, trotz des Lärms, der von der Stadt aus der Ferne herübergetragen wurde.

Noch immer verharrte mein Blick auf diesen leuchtenden Wiesen Maltas, meine Gedanken aber waren durch dieses Grün längst auf Maltas Schwesterinsel Gozo. Auf Gozo waren die Wiesen noch grün, wenn es auf Malta schon ausgedörrt und karg aussah. Es gab keinen Lärm, denn es gab keine großen Städte, und Männer und Frauen sahen zufrieden aus, wenn sie morgens Netze auslegten oder vor ihren Häusern sitzend Spitzendeckchen klöppelten, ein Bild aus bald schon vergangener Zeit. Auf Gozo hatte ich immer meinen inneren Frieden gefunden, wenn mir das auf Malta nicht geglückt war.

Schon bald stand mein Entschluss fest: Ich würde einen Tagesausflug nach Gozo unternehmen! Für Gozo lohnte es sich, trotz Kater aufzustehen, anstatt sich wieder ins Bett zu verkriechen. Ja, bestimmt würde ich zur Ruhe finden auf der Insel, von der man sagt, dass dort die Zeit stehengeblieben sei.

Auf Malta haben die Autos Namen und werden oftmals von ihren Besitzern selbst repariert. Oder auch nicht. Jedenfalls nicht gleich.

In früheren Jahren war Malta dank hoher Einfuhrzölle ein Mekka für Oldtimer. Das änderte sich mit dem Wegfall der Zölle – und zu den beliebtesten Marken zählten in den ersten Jahren Toyota und Isuzu. Heute sind die Oldtimer leider ein seltener Anblick geworden.

Eine nette Frau aus der Nachbarschaft hatte mir am Vortag Tomaten aus ihrem Garten geschenkt, die ich zum Frühstück aufschnitt. Ich hatte nämlich noch Reste von einem Ħobż-biż-żejt3, die ich mir sogleich im Ofen warm machte. Forn, il-forn, murmelte ich vor mich hin, denn ich lernte gerade Maltesisch, Malta, Malti, il-forn, Ofen. Marsalforn, Hafen mit Ofen, Ofen am Hafen. Gozo rief und ich rief Gozo zum Fenster hinaus, Gozo, Għawdex, Gaudisio, ich komme, geliebtes Land, Insel der Ogygia, der Nymphe Kalypso, Insel der Liebe!

Ich lief und hüpfte die Treppenstraße hinunter. Katzen kamen mir entgegen und miauten, ich streichelte sie. Bald schon würde ich die roten Katzen von Gozo streicheln, am roten Sandstrand der Ramla Bay (ir-Ramla l-Ħamra)!

Der salzige Geruch des Meeres wurde immer intensiver, ich atmete tief ein und schüttelte die Katerstimmung ab. Tausche Kater gegen Katzen, ging es mir durch den Kopf.

Ich sprang in meinen roten Toyota, flitzte durch die Sliema und St. Julian’s, kurvte anschließend die Küstenstraße Richtung Norden entlang, überholte diverse Gemütlichkeitsfahrer, grüne Bedford-Busse und andere Oldtimer, hielt die Luft an, als ich am Müllberg Magħtab Landfill vorbeikam, ließ Xemxija und Mellieħa hinter mir und landete schließlich im Hafen von Ċirkewwa. Die Autofähre, die mich überschiffen sollte, hatte ich gerade verpasst, sodass ich achtzig Minuten auf die nächste Fähre der Gozo Channel Line warten musste. Wie oft hatte ich hier schon auf die Fähre gewartet und mich wie ein Kind auf die Überfahrt gefreut? Wie oft war ich schon die Stufen des alten, drolligen Aussichtsturms hochgestiegen, in der Hoffnung, Delfine zu sichten, wie es die Legende besagte, und mich an diesem Ort auch ohne Delfine glücklich gefühlt, ob Sturm, ob Sonnenschein?

In der urigen Hafenkneipe, die ich seit mehr als zehn Jahren kannte, kaufte ich mir ein pastizz con piżelli4 für zehn maltesische Cent und einen Cappuccino. Ein dicker, freundlicher Mann in schmuddeligem T-Shirt und mit weit nach unten gerutschter Hose, reichte mir die Sachen über den Tresen, grinste breit und fragte: Alright?

Ja, alles alright. Alles ist gut. No problem.

Draußen nahm ich Platz auf einer wackligen Bank aus Eisen, die hinter einem von Wind und Salzwasser zerfressenen und wackligen Holztisch stand. Was für ein lustiger, tanzender Tisch! Ach, wie viele Male hatte ich genau hier auf dieser verrosteten Eisenbank schon gesessen, einen Kaffee oder ein Ċisk Lager5 getrunken und auf die nächste Fähre gewartet?

Jahr für Jahr und Reise für Reise war es gerade diese Einfachheit, die ich so angenehm gemütlich fand! Hier kam keiner, der einem die Serviette auf den Schoß legte, ständig den Aschenbecher ausleerte oder einem die Tasse wieder wegnahm, noch bevor man ausgetrunken hatte, niemand, der mit einer riesengroßen Pfeffermühle herangeeilt kam, wie es in den besseren Restaurants üblich ist. Die Malteser, die hier arbeiteten, machten ihren Job, aber sie ließen einen einfach in Ruhe, mit dieser schönen Leichtigkeit des Seins, die vielen Maltesern zu eigen ist!

Ich sonnte mich und lauschte dem Meer und den Spatzen. Es roch nach Salz und Diesel. Das Leben war so schön! In Gedanken oder fast in Meditation versunken, sprach mich eine Frau mit hektisch-aggressivem Tonfall an, und das gleich auf Deutsch! Das allein ist nun zwar nicht besonders komisch, da ich ja auch Deutsche bin; nur kam es für mich überraschend, weil ich sonst nie gleich als Deutsche erkannt, und von den Maltesern sogar meist in maltesischer Sprache angesprochen wurde.

Landschaft im Norden Maltas.

Die runden Steinhäuser heißen Girna, Giren in der Mehrzahl. Es handelt sich um Kraggewölbebauten aus Trockenmauerwerk.

Ich hatte diese Frau noch nicht einmal gesehen, und doch spürte ich ihr gegenüber sofort eine innere Abneigung. Oft reicht ein einziges unserer Sinnesorgane, um sich der Empfindung und Einschätzung sicher zu sein. Die Chemie stimmt nicht, sagen wir auch.

Aus meinen Tagträumen gerissen, öffnete ich trotzdem langsam die Augen, als sie aufdringlich und nervös fragte: »Sie sind doch Deutsche, oder?«

Eine Sekunde lang wollte ich mich verstellen und als Malteserin ausgeben, aber dann rutschte es mir doch heraus: »Ja.« (Oh nein!)

»Na, Gott sei Dank! Endlich mal ein vernünftiger Mensch, mit dem man reden kann. – Um Himmels willen, wann fährt denn nun bloß endlich die nächste Fähre? Schlimm ist das alles hier! Nicht auszuhalten! Diese chaotischen Zustände, na also, das habe ich mir ja nun wirklich anders vorgestellt! Furchtbar!«

Ich gab keine Antwort. Mit Ausnahme dieser Frau fand ich überhaupt nichts furchtbar. Ich betrachtete ihre hektischen Flecken im gestressten Gesicht und die strähnigen Haare, doch vor allem nervte mich diese Stimme, die ihre einnehmende und aufdringliche Art noch unterstrich. Ich bin ein musikalischer Mensch, und Stimmen sind für mich von großer Bedeutung.

»Na, haben Sie so etwas schon mal erlebt? – Also ich nicht! In meinem ganzen Leben ist mir sowas noch nicht passiert!«

Keine Antwort.

»Nein, ist das hier alles schrecklich! Schrääääklich!«, krächzte es aus ihrem...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseführer Europa
ISBN-10 3-95765-911-6 / 3957659116
ISBN-13 978-3-95765-911-8 / 9783957659118
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