Geschichte der Stadt Florenz
Über Jahrhunderte zählte Florenz zur geistig-kulturellen sowie politischen Avantgarde Europas. Vor allem in der Renaissance blühten Philosophie, Literatur, Wissenschaft und die bildende Kunst, das Bank- und Finanzwesen boomte, der Florin war die härteste Währung Europas und Florenz ein Vorläufer moderner Staaten.
Die Stadt geht wahrscheinlich auf eine Gründung der Etrusker zurück, die unterhalb von Fiesole am Arno einen Hafen anlegten. Fiesole war seit dem 9. Jh. von Etruskern bewohnt. Im 1. Jh. v. Chr. lehnte es sich gegen Rom auf, 90 v. Chr. ließ Lucius Porcius Cato die Stadt zerstören. Ein halbes Jahrhundert später siedelten sich unter Julius Caesar verdiente Kriegsveteranen am Flussufer des Arno unterhalb von Fiesole an. Die Siedlung erhielt den Namen Florentia, „Die Blühende“. Florentia kam bald zu Wohlstand und entwickelte sich in dieser Zeit zu einer typisch römischen Ansiedlung mit Theater, Forum, Kapitol und Thermen. Römische Reste sind im Untergeschoss des Palazzo Vecchio zu besichtigen.
In den Jahrhunderten nach dem Niedergang des Römischen Reichs wurde die Stadt mehrfach geplündert; neben Hunnen und Goten fielen auch die Langobarden ein. Erst unter Kaiser Karl dem Großen ging es mit Florenz wieder bergauf. Ab dem 11. Jh. kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, der sich ein Jahrhundert später durch die Kreuzzüge noch verstärkte. Dank der günstigen Lage zwischen Europa und dem Orient gewannen die italienischen Städte zunehmend an Bedeutung. Der Warenumschlag wurde über die Häfen Genua, Venedig und Pisa abgewickelt, im Binnenland entstanden große Handelsstädte. Florenz tat sich dabei vor allem durch den Tuchhandel hervor, der die Stadt ab dem 13. Jh. zu einer Handelsmacht werden ließ. Ab 1252 wurde zudem der Goldflorin geprägt.
Das 13. Jh. war aber auch geprägt von den machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen kaisertreuen Ghibellinen und papsttreuen Guelfen, in die fast alle bedeutenden ober- und mittelitalienischen Städte verstrickt waren. Die Finanzelite von Florenz schlug sich zusammen mit Lucca auf die Seite der Guelfen, da man sich von der Kirche mit ihren weltweiten Handelsbeziehungen Vorteile versprach. Nach schweren Kämpfen wurden die Ghibellinen 1250 aus Florenz vertrieben, und es entstand eine der ersten nichtaristokratischen Verfassungen des Mittelalters - ein vom Finanzbürgertum getragenes politisches System, das natürlich keine Demokratie in unserem Sinne war: Unter den etwa 50.000 Stadtbewohnern gab es nur 6000 „Vollbürger“, die politischen Einfluss hatten. Nur sie durften Ämter übernehmen. Die Macht im Stadtstaat oblag ab dem 14. Jh. wenigen reichen Familien. Eine bedeutende Rolle in der Verfassung von Florenz spielten darüber hinaus die neu gebildeten Zünfte.
Aber nicht nur Aufstieg und wirtschaftliche Blüte prägten die Stadt. 1348 wurde Florenz von der Pest heimgesucht, hinzu kamen Hungersnöte und Überschwemmungen - und nach einer dramatischen Bankenpleite der mächtigen Bardi und Peruzzi auch soziale Unruhen wie der Aufstand der Wollweber im Jahr 1378. Aus den politischen Wirren Ende des 14. Jh.s ging eine Familie siegreich hervor, die die Geschicke der Stadt bis ins 18. Jh. bestimmen sollte: die Medici. Im Laufe der Vertreibung des Adels (der ghibellinischen Kaisertreuen) war es ihnen gelungen, ein immenses Vermögen anzuhäufen, und bald zählten sie zu den Strippenziehern einer neuen Geldaristokratie. Zwischen 1400 bis 1440 war der Florentiner Staat auf dem Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Macht. 1406 wurde auch die Erzrivalin Pisa besiegt: Florenz hatte endlich einen eigenen Hafen und war nicht mehr vom Wohlwollen Genuas und Venedigs abhängig.
Alle angesehenen Berufsgruppen (z. B. Handwerker und Geschäftsleute) organisierten sich in den Zünften und hatten damit das Recht, sowohl den Beamtenapparat als auch die gesetzgebenden Körperschaften der Stadt zu wählen. Zunft- und damit politisch rechtlos waren die Tagelöhner und Arbeiter, die nur kurzfristige Arbeitsverträge hatten, so etwa der größte Teil der Wollarbeiter, im Übrigen aber auch Adel und Klerus.
Aus den sieben oberen Zünften, der neuen Aristokratie der Stadt, rekrutierten sich die wichtigsten Beamten und die gesetzgebenden Körperschaften. In die Stadtverwaltung, die sog. Signoria, wurden aus den sechs Stadtteilen alle zwei Monate (!) je zwei Priori (Vorsteher) gewählt, insgesamt also zwölf. Diese mussten während ihrer Amtszeit gemeinsam im „Rathaus“ wohnen, essen und schlafen und sich ausschließlich ihrem Amt widmen. Sie durften niemals allein unters Volk gehen, sondern immer nur in Gruppen. Mit diesen Maßnahmen wollte man eine gegenseitige Kontrolle sicherstellen und der Korruption vorbeugen.
Daneben gab es zwei Stadtkommandanten: Der Podestà musste aus einer anderen Stadt stammen und wurde für ein Jahr gewählt. Er durfte kein anderes Privathaus als sein eigenes betreten, um Einflussnahme auf seine Amtsführung durch andere Familien zu verhindern. Der Capitano, ebenfalls von den Bürgern gewählt, hatte die Aufgabe, den Podestà zu überwachen. Seine Amtszeit dauerte ein halbes Jahr. Ein wichtiger Mann im Staate war der Gonfaloniere, der Oberbefehlshaber der Bürgermiliz, die gegen die ständigen Übergriffe der entmachteten Adeligen aufgestellt worden war. Der Gonfaloniere war befugt, einen Edelmann hinrichten zu lassen, falls er des Mordes an einem Popolano (einfacher Mann) überführt worden war. Bei leichteren Vergehen wurde indes „nur“ eine Hand abgehackt.
Insgesamt scheute die sogenannte Zunft-Demokratie keinen Aufwand, um ihre Amtsinhaber zu kontrollieren und eine Konzentration von Macht sowie Amtsmissbrauch zu verhindern.
Cosimo Il Vecchio und Lorenzo Il Magnifico, die beiden bekanntesten Medici, erwarben sich Ansehen im Volk wie in der Kirche, indem sie künstlerische Talente förderten und die Stadt mit den Kunstwerken schmückten, die Florenz zur Wiege der Renaissance machten. Während sich Cosimo als Mäzen betätigte und u. a. den Architekten Brunelleschi sowie den Bildhauer Donatello förderte, machte sich Lorenzo als Kunstsammler einen Namen. Er förderte junge Künstler wie Michelangelo und vergab Auftragsarbeiten an bereits erfolgreiche wie Botticelli. Durch sein Mäzenatentum prägte Lorenzo die Stadt entscheidend. Gleichzeitig aber geriet die hauseigene Bank in schwere finanzielle Bedrängnis.
Umzug in historischen Kostümen vor der Loggia dei Lanzi
Trotz aller Liebe zu den schönen Künsten regierten die Medici nicht weniger autokratisch als andere Herrscher der Zeit. Mit polizeistaatlicher Überwachung, Wahlschwindel und Verfassungsänderungen setzten sie ihre Alleinherrschaft ohne viel Federlesens durch. Zwar war Florenz auf dem Papier immer noch Republik, doch ohne die Einwilligung der Medici lief nichts.
Bei der Pazzi-Verschwörung (1478) demonstrierten die Medici auf brutale Weise ihre Macht und Härte: Als der Bankier Pazzi sich in die Geschäfte zwischen den Medici und dem Papst einzumischen versuchte und es kurz darauf im Dom zu einem Mordanschlag auf Lorenzo Il Magnifico kam (bei dem sein im Volk beliebter Bruder Giuliano umkam), ließ der Herrscher mehr als 80 Menschen, die irgendwie mit dem Anschlag in Verbindung gebracht wurden, hinrichten.
Lorenzo starb 1492 an der Gicht, dem Familienleiden der Medici, und zwei Jahre später, nachdem sich Lorenzos Sohn Piero in der Auseinandersetzung mit Karl VIII. als unfähig erwiesen hatte, übernahm der Mönch und charismatische Prediger Fra Girolamo Savonarola die Macht in Florenz: Für die nächsten 14 Jahre wurde der Medici-Clan aus der Stadt vertrieben. Savonarola predigte die Rückkehr zum wahren Christentum und ließ - auf dem Höhepunkt seiner Macht - am Faschingsdienstag 1497 bei der berüchtigten Verbrennung der Eitelkeiten sämtliche „sündigen“ Gegenstände (in erster Linie Luxusgüter) gewaltsam aus den Häusern holen und öffentlich verbrennen. Damit hatte Savonarola allerdings den Bogen überspannt und sich den Hass der Stadtväter zugezogen. Beim Versuch, ein Konzil einzuberufen, wurde er vom Borgia-Papst Alexander VI. exkommuniziert, 1498 zum Tode verurteilt, hingerichtet und sein Leichnam auf dem Scheiterhaufen auf der Piazza della Signoria verbrannt. Ein letztes Mal wurde nun versucht, die republikanische Ordnung wieder herzustellen.
Der Spross einer verarmten Beamtenfamilie war ein überzeugter Republikaner. Als nach ihrer Vertreibung die Medici 1512 erneut die Macht übernahmen, versuchte Machiavelli, sich bei den neuen, alten Machthabern eine Position zu ergattern. In seinem Buch „Il principe“ (1513, auf Deutsch 1804 unter dem Titel „Der...