Iran - Gerhard Schweizer

Iran

Drehscheibe zwischen Ost und West
Buch | Hardcover
501 Seiten
2005 | 5., erw. u. aktualis. Aufl.
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-94094-7 (ISBN)
27,95 inkl. MwSt
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Der Iran verändert sich. Was sind die Folgen für die Weltpolitik?
Der Iran steht vor neuen dramatischen Umbrüchen. Religiöser und kultureller Pluralismus gewinnen immer mehr an Boden, seit der radikal-islamische Gottesstaat an seinen inneren Widersprüchen zu zerbrechen droht.
Erweiterte und aktualisierte Neuauflage 2005

Der Iran steht vor neuen dramatischen Umbrüchen. Religiöser und kultureller Pluralismus gewinnen immer mehr an Boden, seit der radikal-islamische Gottesstaat an seinen inneren Widersprüchen zu zerbrechen droht. Was sind die Folgen für die Weltpolitik?

Der Kulturwissenschaftler Gerhard Schweizer zeigt in der aktualisierten Neuauflage seines Buches, daß die revolutionären Vorgänge nur vor dem Hintergrund einer reichen kulturellen Tradition zu verstehen sind. Er spannt den Bogen zur 2500jährigen Geschichte und macht einen ganz anderen Iran sichtbar: Über viele Jahrhunderte hat das Land eine überragende Vermittlerrolle zwischen Asien und Europa gespielt, ist eine Drehscheibe zwischen Ost und West gewesen. Aus der historischen Rückschau wagt er eine Prognose für die Zukunft.

Gerhard Schweizer, 1940 in Stuttgart geboren, promovierte an der Universität Tübingen in Empirischer Kulturwissenschaft. Er ist Experte für den Islam und hat dazu mehrere Bücher veröffentlicht, die als Standardwerke gelten. Er lebt als freier Schriftsteller in Wien. Einem breiten Publikum wurde er vor allem durch seine Bücher über den asiatischen und arabischen Raum bekannt.

Inhalt

Einleitung: Der unbekannte Iran

Aktuelle Überraschungen
Historische Vorurteile
Die einigende Klammer über 2500 Jahre

I. PROPHETEN UND GOTTKÖNIGE

1. Also sprach Zarathustra

Eine Sternstunde der Religionsgeschichte
Einfluß auf Judentum, Christentum und Islam
Der Prophet Daniel lernt von Zarathustra
Mani und Mazdak als Revolutionäre
Die Wende zum Islam
Nietzsche deutet Zarathustra um

2. Glanz und Elend der persischen Antike

Das erste Weltreich der Geschichte
Die zukunftsweisende Ordnung des Dareios
Susa und Persepolis
Der Ursprung des Gottkönigtums
Die Griechen besiegen einen "Gott"
Griechenland lernt von Persien

3. Modell für ein Jahrtausend

Zeit des Umbruchs
Die wegweisende Kultur der Sassaniden
Das böse Erbe des Gottkönigtums

II. IRAN UND ISLAM

1. Mohammed und die Folgen

Die Botschaft des Propheten
Der Schah weicht dem Kalifen
Die Perser gewinnen an Einfluß

2. Bagdad: Das Persische an der "Hauptstadt der Welt"

In der Nachfolge der Gottkönige
Harun al Raschid - Legende und Wahrheit
Kalif Mamun träumt von Aristoteles
Die ersten modernen Kritiker

3. Genies und Ketzer - von Firdusi bis Omar Chaijam

Firdusi und das "Buch der Könige"
Die Wiedergeburt des Persischen
Avicenna, das Universalgenie
Erste Anzeichen einer islamischen Stagnation
Die Seldschuken übernehmen persische Kultur
Omar Chaijam, der weise Skeptiker

4. Die Mongolenherrschaft

Die Zerstörung Bagdads beendet eine Epoche
Saadi und Hafis, Persiens große Dichter
Die Kulturzentren verlagern sich

III. SCHIITEN UND SUNNITEN

1. Die Tragödie der Religionsspaltung

Mit Mohammeds Tod beginnen die Konflikte
Kalif Ali, der Ahnherr der Schiiten
Das Martyrium Husseins
Der Streit um den richtigen Weg
Die "unfehlbaren" Imame
Revolutionäre und Terroristen
Der Mythos vom "Verborgenen Imam"

2. Schiitischer Glaube wird Staatsreligion im Iran

Der Derwischstaat von Ardebil
Schah Ismail schafft ein schiitisches Großreich
Glaubenskrieg gegen die sunnitischen Türken
Krisen gefährden das "neue" Persien

3. "Gottkönige" im Namen der Schia

Schah Abbas, der Vollender
Isfahan, "Spiegel des Paradieses"
Dekadenz am Hof des Großkönigs
Mullah, Modschtahed, Ajatollah - die neue
Hierarchie

IV. DIE VERWESTLICHUNG UND DER GEGENSCHLAG

1. Zwischen Fortschritt und Rückschritt

Die Kolonialmächte kommen
Die Botschaft der Baha?i
"Lakaien im Dienst der Ungläubigen"
Aufstieg und Krise der Dynastie Pahlevi
1935: Aus "Persien" wird "Iran"
Der folgenreiche Zwischenfall von Ghom
Mossadeghs gescheiterte Revolution

2. Khomeini und die Islamische Revolution

Vom Ajatollah zum Politiker
Der Schah verkündet die "Weiße Revolution"
Der Volksaufstand von 1963
Die düstere Bilanz der "Weißen Revolution"
Ursprung und Chancen des Fundamentalismus
Khomeinis extreme Position
Ali Schariati, der Revolutionär zwischen den Fronten
Ein schiitischer Mythos als Motor der Revolution

V. FUNDAMENTALISTEN UND REFORMER

1. Der Gottesstaat und sein Scheitern

Khomeinis totalitäre Ideologie
Widerstand bei revolutionären Mitkämpfern
Der Märtyrerkult mit internationalen Folgen
Der "ungläubige" Saddam Hussein als Feindbild
Die sozialen Probleme bleiben ungelöst
Khomeini - historisch eingeordnet

2. Die ersten Jahre nach Khomeinis Tod

Die Hierarchie verschiebt sich bei der Nachfolge
Rafsandjani, der wendige Pragmatiker
Christenverfolgung im Gottesstaat?
Gottesstaat und Technik

3. Eine zweite Revolution?

Khatami, der gefährdete Hoffnungsträger
Verschärfte Widersprüche
"Keine Religion verfügt über die absolute Wahrheit"
Sorush, der unbequeme Denker

4. Kulturelle Umbrüche

Doulatabadi, der Dichter zwischen allen Fronten
Terror und Bildungspolitik im Widerstreit
Makhmalbaf, der desillusionierte Filmregisseur
Frauenemanzipation und Gottesstaat
Tschador und andere "islamische" Kleidung

5. Moslemische Nachbarn

Iran und Irak - d

Einleitung - Der unbekannte Iran

Aktuelle Überraschungen

Ein Gespenst ging um im Orient: der Khomeinismus. Es begann 1979. Damals hatte Revolutionsführer Khomeini die Weltöffentlichkeit mit der Tatsache überrascht, daß es einer radikalen Minderheit gelingen konnte, den Schah als den Regenten einer prowestlichen Diktatur zu stürzen und einen antiwestlichen Gottesstaat zu errichten. Seither hatte der islamische Fundamentalismus eine bis dahin unbekannte Dynamik gewonnen und wurde zur Herausforderung mit besonderer Stoßkraft gegen die ohnehin schon labilen Gesellschaftssysteme des Nahen und Mittleren Ostens.
Der Iran wurde zum Modellfall.

Mullahs und Ajatollahs hatten in jenem denkwürdigen Jahr 1979 verkündet, der Erfolg ihrer iranisch-islamischen Revolution bedeute ein Signal des Aufbruchs für die Moslems in aller Welt. Kurzfristig sollten die Revolutionäre tatsächlich recht behalten. Freund und Feind bewerteten die Vorgänge im Iran als einen epochalen Einschnitt innerhalb der jüngeren Geschichte des Vorderen Orients. Damals wurde Khomeini, der graubärtige, meist streng blickende Geistliche mit schwarzem Turban, zur herausragenden und zugleich umstrittensten Symbolfigur fundamentalistischer Umbrüche weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Nicht nur Schiiten, sondern zunehmend auch Sunniten ließen sich von Khomeinis Aufruf beeindrucken, die Moslems müßten sich viel entschiedener als bisher auf ihre religiös-kulturellen Wurzeln besinnen und sich radikal von jeglichem Einfluß "westlicher Dekadenz" befreien. Es war ein Fanatismus mit problematischen Folgen für das Ansehen einer Weltreligion und bot Anlaß zu zahlreichen Mißverständnissen besonders in der westlichen Welt. Der blutige Umsturz im Iran verstärkte und verfestigte weltweit das ohnehin schon kursierende Vorurteil, ein derart radikalisierter politischer Islam sei gleichzusetzen mit dem Islam schlechthin.

An der Schwelle zum 21. Jahrhundert ist der Iran wiederum mit einer Überraschung ins Zentrum des internationalen Interesses gerückt. Nun durch eine gegenläufige Tendenz. Der Gottesstaat wankt in seinen Grundfesten. Aber weniger der Druck feindlicher Großmächte gefährdet das Regime der "islamischen Revolutionäre" - erheblich gefährlicher erweist sich der Widerstand in den eigenen Reihen. Nicht nur eine breiter werdende iranische Bildungsschicht beginnt sich energisch gegen die rigide Bevormundung durch Geistliche zu wehren. Inzwischen verlangen immer mehr Mullahs und Ajatollahs selber nach grundlegenden Reformen. Ja, sogar entschiedene Parteigänger der "Islamischen Revolution" äußern sich kritisch über Fehlentwicklungen, unter ihnen etliche prominente politische Weggefährten des verstorbenen Revolutionsführers Khomeini. Was hat dies zu bedeuten? Gehen angesichts wachsender sozialer und politischer Krisen die Erosionsprozesse bis tief in die fundamentalistische Ideologie hinein?

Der Iran wird mit immer größerer Wahrscheinlichkeit zum Modellfall eines zweiten tiefgehenden Umbruchs.

1979 ist der Iran der erste Staat gewesen, in dem es radikal-islamischen Ideologen hatte gelingen können, alle Machtpositionen zu besetzen. Und der Iran ist seither auch der einzige Staat geblieben, den die Fundamentalisten länger als zwei Jahrzehnte ununterbrochen regieren. Doch zu Beginn des 21. Jahrhunderts könnte derselbe Iran der erste Staat werden, in dem der totalitäre Anspruch islamischer Fundamentalisten an eigenen ideologischen Widersprüchen grundsätzlich scheitert. Ein solches Scheitern könnte einer kulturell und politisch pluralistischen Gesellschaftsordnung den Weg ebnen. Auch wenn sich diese Entwicklung erst in unsicheren Konturen abzeichnet, sind die Konsequenzen jetzt schon abzusehen: Ein derartiger zweiter Umbruch wird - wie einst Khomeinis Revolution - wiederum beträchtliche Signalwirkung für andere islamische Staaten haben.

Bereits die exemplarischen Vorgänge unserer Gegenwart machen es also nötig, daß

Sprache deutsch
Maße 135 x 211 mm
Gewicht 590 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Reisen Reiseberichte Naher Osten
Schlagworte Iran, Geschichte; Geistes-/Kultur-G. • Iran; Politik/Zeitgesch. • Islam; Politik/Zeitgeschichte
ISBN-10 3-608-94094-4 / 3608940944
ISBN-13 978-3-608-94094-7 / 9783608940947
Zustand Neuware
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