Crossing America (eBook)
256 Seiten
Polyglott, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
978-3-8464-1004-2 (ISBN)
Jonas Deichmann, geboren 1987 in Stuttgart, ist freiberuflicher Extremsportler und Abenteurer. Er hat Geschwindigkeitsrekorde mit dem Fahrrad auf den Transkontinentalpassagen aufgestellt: Von Alaska bis Feuerland, von Portugal bis Wladiwostok, vom Nordkap bis and Kap der Guten Hoffnung. Seine bislang größte Challenge war sein 120facher Triathlon um die Welt 2020 bis 2021.
Jonas Deichmann, geboren 1987 in Stuttgart, ist freiberuflicher Extremsportler und Abenteurer. Er hat Geschwindigkeitsrekorde mit dem Fahrrad auf den Transkontinentalpassagen aufgestellt: Von Alaska bis Feuerland, von Portugal bis Wladiwostok, vom Nordkap bis and Kap der Guten Hoffnung. Seine bislang größte Challenge war sein 120facher Triathlon um die Welt 2020 bis 2021.
Impressum
Hinweis
Neuen großen Abenteuer: »Trans America Twice«
Prolog
1. Eine Radreise
2. Wüsten und Monumente
3. Durch die Rocky Mountains
4. In den Plains
5. Von den Appalachen zum Big Apple
Epilog
Danksagung
Der Autoren
Prolog
Das Unwetter bricht völlig überraschend und mit überwältigender Wucht los. Eine Windböe packt mich und wirft mich fast vom Rad. Fette Hagelkörner prasseln herab, ihr Trommeln auf dem Fahrradhelm ist wie ein Martyrium. Aus dem lauen Lüftchen ist innerhalb weniger Minuten ein ausgewachsener Sturm geworden. Blitze schlagen auf der weiten, verwaschenen Ebene ein, manche am dunklen Horizont, andere gefährlich nahe, sodass ich geblendet die Augen schließen muss. Der Donner ist ohrenbetäubend.
Jetzt ist guter Rat teuer. Zu allen Seiten erstreckt sich die weite Prärie, ein Platz zum Unterstellen ist nirgends in Sicht. Anhalten würde nichts nützen. Wieder schlägt mit lautem Krachen ein Blitz ein, gefühlt nur wenige Meter neben mir. Jetzt bekomme ich es schon ein wenig mit der Angst zu tun. Ziehe ich auf meinem Fahrrad in dieser flachen Landschaft nicht den Blitz an wie ein Kreuz auf dem Berggipfel? Ich trete automatisch weiter in die Pedale und kämpfe gegen den Wind, Hagel und Regen an, die mich nun frontal in die Zange nehmen. Fieberhaft arbeitet es in mir, was zu tun ist. Was würde wohl im Lehrbuch stehen? Das Fahrrad zurücklassen und sich klein machen, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten? Sich auf den Boden legen? In unseren europäischen Breiten sind wir es nicht gewohnt, diesen Extremen in freier Natur ausgesetzt zu sein. Meist lächelt man die Sorge über einen Blitzschlag einfach weg. Was soll schon passieren? Hier ist es anders. Ich bin hier draußen vollständig allem ausgeliefert. Und wenn es mich trifft, ist es vermutlich vorbei. Denn selbst wenn ich den Blitzschlag überlebe – würde mich hier draußen überhaupt irgendjemand finden?
Also tue ich in dem tosenden Chaos das Einzige, was mir noch einfällt: Ich fahre weiter. Mein ganzes Wesen ist schließlich auf Durchhalten getrimmt. Völlig durchnässt gehe ich aus dem Sattel und treibe die Pedale nach vorne. Es geht quälend langsam. Meter um Meter krieche ich die Straße entlang, versuche, mich an den gelben Mittelstreifen auf dem schwimmenden Asphalt zu orientieren.
Wie lange geht das gut?
Forrest Gump als Vorbild
Ich bin mal wieder unterwegs.
Diesmal auf dem Weg durch die USA, die ich zweimal durchqueren will: mit dem Fahrrad von Ost nach West, das heißt, von New York nach Los Angeles, und dann auf einer weiter südlich verlaufenden Route wieder zurück von Los Angeles nach New York. Das ist ein Traum von mir, seit ich mit 12 oder 13 Jahren den Film »Forrest Gump« gesehen habe. Natürlich ist die ganze Geschichte des Films viel komplexer, doch der Abschnitt, in dem Forrest anfängt, durch die gesamten USA zu laufen, und läuft und läuft, der hat sich mir besonders eingeprägt. So etwas wollte ich auch einmal machen. Ich habe mir aber vorgenommen, anders als der von Tom Hanks gespielte Filmheld nicht einfach irgendwann zu stoppen. Forrest hatte schließlich genug von dem Gelaufe. Ich werde erst genug haben, wenn ich wieder an der Brooklyn Bridge stehe.
Von Haus aus bin ich begeisterter Radfahrer. Mein Vater erzählt gern die Geschichte, dass ich schon als Kind, um zu meinem Radsportclub zu kommen, von unserem Dorf aus jedes Mal zunächst eine steile Bergkette überwinden musste – natürlich per Fahrrad. Später unternahm ich im Urlaub lange Radreisen in alle möglichen Teile der Welt. Die erste Ultradistanz fuhr ich im Sommer 2017 vom westlichsten Punkt Europas, dem Cabo da Roca in Portugal, bis nach Wladiwostok im russischen Fernen Osten. Um das zu realisieren, hatte ich noch meinen damaligen Arbeitgeber überzeugen müssen, der mich großzügig freistellte und meine Unternehmung finanziell unterstützte. Genau genommen habe ich es ihm schlecht gedankt, denn im Jahr darauf kündigte ich, um fortan das Abenteuer zu meinem Beruf zu machen. Mittlerweile haben mein Ex-Chef und ich aber wieder ein gutes Verhältnis.
Meine Radreisen führten mich auch immer wieder zu Weltrekorden. So halte ich den Rekord für die schnellste West-Ost-Durchquerung Europas auf dem Fahrrad (6400 Kilometer in gut 25 Tagen) und die schnellste Durchquerung Eurasiens (14.331 Kilometer in 64 Tagen). Beides auf der bereits erwähnten Fahrt 2017 von Portugal nach Wladiwostok. 2018 fuhr ich die Panamericana von Alaska nach Feuerland (23.112 Kilometer in knapp 98 Tagen) und 2019 »Cape to Cape« vom Nordkap in Norwegen bis zum Kap der guten Hoffnung in Südafrika (ca. 18.000 Kilometer in 72 Tagen).
Doch Rekorde zu sammeln war nie das einzige Ziel. Es ging mir vor allem darum, mich herauszufordern, etwas von der Welt zu sehen, Abenteuer zu erleben, auf andere Menschen zu treffen.
Während ich 2019 durch die Sahara fuhr, reifte deshalb ein neuer Gedanke in mir heran: Mit dem Rad hatte ich so ziemlich alles durchfahren – aber warum nicht auch die Sportart wechseln? Beziehungsweise andere Sportarten einbeziehen? Daraus entstand der Plan, die Welt einmal zu umrunden, und zwar in einem Triathlon: Schwimmen, Radfahren, Marathonlauf. Das bedurfte einiger Vorbereitung und war mit zahlreichen Unwägbarkeiten behaftet, vor allem weil zu dieser Zeit das Coronavirus umging und viele Landesgrenzen geschlossen waren. Als Einstimmung absolvierte ich im Sommer 2020 einen Triathlon rund um Deutschland, währenddessen ich den Bodensee durchschwamm, die Außengrenzen Deutschlands mit dem Fahrrad abfuhr und schließlich vom Bayerischen Wald und die Alpen entlang bis zum Start- und Zielpunkt Lindau lief.
Einmal um die Welt
Das klappte gut, und so startete ich Ende September 2020 auf die große Weltumrundung in 120 Ironman-Distanzen: ca. 460 Kilometer Schwimmen, über 21.000 Kilometer Radfahren und über 5000 Kilometer Laufen. Die ganze Geschichte erzähle ich in meinem Buch »Das Limit bin nur ich«, darum hier nur in Kürze: Die Schwimmstrecke längs der Adria verlangte mir alles ab. Zum Spielball von Wind und Wellen zu werden, denen menschliche Kräfte nichts entgegenzusetzen haben, war eine neue Erfahrung für mich. Ich schaffte es, auch wenn ich anschließend der Meinung war, dass meine Schwimmkarriere damit endgültig vorbei sei (das hat sich mittlerweile geändert, wie so viele Schwüre, die man während eines harten Rennens macht, schon kurz nach dem Ziel ihre Bedeutung verlieren). Als zweite Disziplin meines Mega-Triathlons folgten ein frohgemuter Aufbruch mit dem Rad durch Südosteuropa und ein wochenlanges, frustrierendes Warten in der Türkei, bis ich endlich die Einreisegenehmigung nach Russland erhielt. Wie gesagt, es war Pandemie und viele Grenzen waren geschlossen. Und heute, angesichts des Ukraine-Kriegs, wäre eine solche Reise überhaupt nicht mehr möglich.
Der erste Teil meines Triathlons: 54 Tage entlang der kroatischen Adriaküste
Mehr als ungemütlich: Im Winter mit dem Rad durch Sibirien
Sibirien durchquerte ich im Winter und stand, als ich im Mai in Wladiwostok ankam, vor einem neuen Problem. Hier nun schließt sich endlich der Kreis zum eingangs genannten »Forrest Gump«: Ich hatte vor, die Laufstrecke auf dessen Fußspuren durch die USA zu absolvieren. Hatte mir sogar eine rote Mütze mit der Aufschrift »Bubba Gump Shrimp Co.« zugelegt, wie sie auch Forrest bei seinem Lauf durch Amerika trägt. »I just felt like running« sollte auch zu meiner Devise werden. Doch die Grenzen der Vereinigten Staaten waren coronabedingt abgeriegelt.
Plan B sah vor, stattdessen durch Kanada zu laufen (ebenfalls dicht), Plan C durch Mexiko. Das klappte, und was ich niemals hätte voraussehen können: Die vermeintliche Notlösung Mexiko entwickelte sich zu einem grandiosen Laufabenteuer, das schöner nicht hätte sein können. Zu einer triumphalen Erfolgstour, während der ich Abertausende neue Anhänger gewann und als »Forrest Gump alemán«, als »deutscher Forrest Gump«, gewisse nationale Berühmtheit erlangte. Denn natürlich erzählte ich in vielen Interviews von meiner Liebe zu diesem Film, und natürlich trug ich auch in Mexiko die Bubba-Gump-Mütze.
Furioser Zieleinlauf in Cancún, Mexiko – das Ende meines Triathlons um die Welt
Mission unaccomplished
Ich hätte Mexiko also um keinen Preis missen wollen – und trotzdem steckte in mir noch dieser Stachel: Die geplante Durchquerung der USA stand nach wie vor fordernd auf meiner To-do-Liste und ließ mir keine Ruhe. Etwas unerfüllt zu lassen, zählt nicht zu meinen Charakterzügen. Hat sich einmal eine Idee in meinem Kopf zu einem konkreten Projekt geformt, finde ich erst meinen Frieden, wenn ich es durchgezogen habe. Also musste ein neuer Plan her …
Dazu muss man wissen, dass mein Leben ziemlich unstet verläuft, auch wenn ich mich nicht auf einer meiner Challenges befinde. Tatsächlich habe ich nicht einmal eine eigene Wohnung, sondern nur eine »Homebase« in der Schweiz. Wo ich mich jedoch nur selten länger aufhalte. Die meiste Zeit reise ich quer durch Europa, bin unterwegs zu Konferenzen, Vorträgen und Messen, zwischendrin gibt es Trainingslager und Fahrradtouren. Ich will mich keineswegs darüber beschweren, das ist das Leben, das ich mir ausgesucht habe. Aber dieses ständige Unterwegssein prägt einen doch und verstärkt die innere Rastlosigkeit noch ein Stück weit. Muss ich einmal längere Zeit an einem Ort verbringen, macht mich das nervös. Ich mag das Gefühl des Stillstands nicht, das sich sofort einstellt. Ich will dort draußen sein, in der Natur. Mein Gehirn arbeitet unaufhörlich an einem Plan für die nächste Challenge. Und treibt mich dazu an, die Ampel auf Grün zu schalten, sobald es möglich ist.
Nachdem ab Ende 2022 die Corona-Infektionszahlen sanken und die WHO im Mai 2023 die »internationale Gesundheitsnotlage« für beendet erklärt hatte, hoben auch die USA ihre pandemiebedingten...
Erscheint lt. Verlag | 16.12.2023 |
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Reihe/Serie | POLYGLOTT Abenteuer und Reiseberichte | POLYGLOTT Abenteuer und Reiseberichte |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Reisen ► Reiseberichte ► Nord- / Mittelamerika |
Schlagworte | Abenteuer • Abenteuerlust • Abenteuerreise • Ausdauersport • Extremsport • Forrest Gump • Langstreckenlauf • Limit bin nur ich • Longdistance Running • Marathon • Motivationscoach • Netflix Film • new york city marathon • quer durch Amerika • Reisebericht • Reiseerzählung • Roadtrip • Schokoriegel-Effekt • Sport • triathlons • Ultralauf • ultrarun • USA • Vereinigte Staaten von Amerika |
ISBN-10 | 3-8464-1004-7 / 3846410047 |
ISBN-13 | 978-3-8464-1004-2 / 9783846410042 |
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