Ein französisches Abenteuer (eBook)

Wie aus einem alten Haus in Südfrankreich unser zweites Zuhause wurde

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
250 Seiten
DuMont Reiseverlag
978-3-616-03250-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein französisches Abenteuer -  Trevor Dolby
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Trevor Dolby, ein erfolgreicher Verlagsmanager und Bücherliebhaber, lebt mit seiner Familie in London und träumt von einem zweiten Zuhause im warmen Südfrankreich. In dem kleinen Dorf Causses-et-Veyran werden sie schließlich fündig: An der Place de l'Eglise steht ein altes Haus, direkt neben der Kirche. Das Dach ist undicht, die Mauern brüchig, es gibt keinen Strom, keine Sanitäranlagen, die der Rede wert wären. Aber: Für die Londoner Familie ist es Liebe auf den ersten Blick. Mit dem Kauf stürzen sie sich in das Abenteuer ihres Lebens - ein baufälliges Haus, Renovierungsarbeiten mit Hindernissen, eine Sprache, die sie vor so manche Herausforderung stellt und die Eigenheiten des französischen Landlebens, an die man sich erst gewöhnen muss. Doch am Ende wird die britische Familie Teil des Dorfes und die einstige Bauruine Teil der Familiengeschichte.

'Diese Liebesaffäre zwischen einer englischen Familie und einem sehr alten französischen Haus ist turbulent und sentimental - und auch ein bisschen tragisch.' -Michael Palin

  • Charmant erzählt und mit feinem britischen Humor
  • Für alle, die von der Sehnsucht nach Südfrankreich gepackt sind
  • Für Fans von 'Ein gutes Jahr'

1

Dinge, über die wir
möglicherweise mehr wissen möchten

Vier Unschuldige – Eine unfreiwillige Barbesitzerin –
Ein Metzger – Offenes Geheimnis – Catering für 500 Menschen –
Handgreiflichkeiten an der Place du Marché

Es war der Abend der fête. Ich unterhielt mich auf der Place du Marché mit der alten Dido, als der Streit ausbrach. Wie in einem Westernfilm.

Dido war froh, jemand Neuem das Ohr abkauen zu können. Sie hatte die Dorfkneipe nie übernehmen wollen. Der maire – also der Bürgermeister – und einige andere hatten sie so lange bekniet, bis sie sich auf diese Schnapsidee, die ihr Leben ruinierte, eingelassen hatte. »Ich bin Künstlerin«, verkündete sie lautstark. »Um sieben in der Früh werde ich von Leuten aus dem Schlaf gerissen, die Kaffee haben wollen. Und um Mitternacht schmeiße ich genau dieselben Leute raus, da sie nicht heimgehen wollen, und sperre zu. Die Dorfkneipe ist immerhin kein Freudenhaus, das Tag und Nacht geöffnet hat. Da würde jeder den Verstand verlieren. Mir geht das auf jeden Fall so, und ich denke gar nicht daran, wieder zu öffnen, bis Mon … sieur … le … maire mir das Vermögen zurückzahlt, das ich in die Renovierung gesteckt habe.« Ob ich wisse, wie viel Zeit das in Anspruch genommen habe? Ob ich wisse, wie egoistisch die Menschen seien? Ob ich jemanden wisse, der ihr den Laden zu einem vernünftigen Preis abnehmen könne, denn sie wolle sich mit Sack und Pack auf nach Paris machen, wo sich ihr wahres Schicksal als Künstlerin auf der Place du Tertre oder der Place Pigalle erfüllen werde? »Ha!«, schnaubte sie, warf die Hände in die Luft und stürmte von dannen.

Marie-Claire saß in der Nähe auf einem Stuhl. Sie war über achtzig Jahre alt, unsere Nachbarin und unsere erste Freundin im Dorf. Sie schien mir genauso Französisch zu sprechen, wie ich es tat: ohne erkennbaren Sinn oder Verstand. Jegliche Verlaut­barung von mir ist ein Zeugnis von Optimismus und gutem Willen. Größtenteils sind meine Äußerungen aber zu leise, als dass man sie verstehen könnte, und ich habe das Gefühl, als würde ich mir irgendwelche Klick- und Pfeiflaute aus den Fingern saugen, die ausgesprochen dann hoffentlich, auf wundersame Weise, von selber einen französischen Satz bilden, den jemand verstehen kann. Mein Französisch ist ein lebendes linguistisches Experiment. Sollte ich die Sprache eines Tages auch nur annähernd fließend sprechen können, so beweist das, dass die Erde flach und genau 6026 Jahre alt ist.

Marie-Claire war eine Diebin. Wir hatten gerade unseren ersten Sommerurlaub hier angetreten, da sagte ich zu Hans und Lotten Bjerke – einem schwedischen Paar, das besser Englisch spricht als ich und das uns gegenüber wohnt –, was für eine nette alte Dame Marie-Claire doch sei. Hans wippte in seinen Brogues vor und zurück und flüsterte mir zu, dass ich die Haustür abschließen solle, weil Marie-Claire gern hereinschneie und sich Sachen ausborge. Ach, das ist schon in Ordnung, sagte ich, da ich »ausborgen« wörtlich nahm. »Nein! Das ist nicht in Ordnung!«, verkündete er und erklärte, dass Marie-Claire sich Dinge aus­leihe wie Töpfe, Pfannen, literweise gutes Olivenöl, Pflanzen, Besteck, tragbares Werkzeug wie Schraubenzieher oder Hämmer, Bücher, kleine Elektrogeräte und Lebensmittel aus dem Kühlschrank. Offenbar kamen die Bewohner des Dorfes von Zeit zu Zeit bei ihr vorbei, wenn sie genug von ihren Streifzügen hatten, und holten sich ihre Sachen zurück. Marie-Claire schien das nichts auszumachen, denn sie fing ihre Sammlung einfach wieder von vorne an.

Ich nickte ihr zur Begrüßung zu und bedeutete meiner Familie mit einer Handbewegung, dass ich uns neue Drinks holen würde. Ich schob mich durch die Menge zu der dreißig Meter langen Bar, die, wenn ich den Erzählungen glauben darf, denen in muffigen Rugby-Klubs im australischen Outback nicht ganz unähnlich ist, und kaufte zweimal Weißwein (Muscat) in Plastik­bechern und zwei Colas. Mit vier Getränken in zwei Händen machte ich mich unsicheren Schrittes auf den Rückweg durch die Nachzügler, die ihre Plätze noch nicht gefunden hatten, und wurde zum vierten Mal von einem der Mädchen aus dem Dorf gefragt, ob ich etwas zu essen wollte. Ich verneinte, woraufhin sie achselzuckend die anderen Gäste zu ihren Stühlen scheuchte – oder es zumindest versuchte. Ich reichte meiner Frau einen der Muscat-Becher und drückte meinen Kindern die Colas in die Hand.

»Na also«, rief ich fröhlich. »Ich hab doch gesagt, dass das schön wird.«

»Es ist heiß«, bemerkte Kaz.

»Es ist schön. Ob ich heiß sagen würde, weiß ich nicht.«

»Sei nicht dumm. Ich meine die Temperatur. Ich gehe hier gleich ein.«

Es war den ganzen Tag über 37 Grad heiß gewesen, und auch jetzt waren es noch gute 32. Alle auf dem Platz hatten rote, verschwitzte Gesichter. Ich nahm gerade einen Schluck des süßen, warmen, lokal gebrauten Alkohols, als ich hinter mir jemanden rufen hörte.

»B-b-bon j-jour M-m-m-madame Dolby!« Ich drehte mich um und sah den stotternden Metzger – haarig, untersetzt und von der Statur eines Miniaturkampfschiffs – mit ausgestreckten Armen auf uns zukommen. Auf seinen Wangen und seinem Kinn zeichneten sich dunkelblaue Schatten ab, wo sein vor zehn Minuten mit einem Laguiole-Messer rasierter Bart schon wieder nachgewachsen war. Er strotzte geradezu vor Testosteron. Ich hätte darauf gewettet, er könnte ein Wildschwein aus zwanzig Schritt Entfernung mit nur einem Blick besamen. Ich mag Monsieur Le Metzger (oder mochte, wohl eher, denn damals wusste ich noch nicht, dass er auch eine dunkle Seite hatte). Ich kann ihn nämlich verstehen. Bis er einen Satz rausgebracht hat, habe ich Zeit genug gehabt, jedes einzelne seiner Wörter nachzuschlagen, mir eine Antwort zurechtzulegen und mein Abendessen für die nächsten drei Wochen zu planen.

Monsieur Le Metzger übt, wie jeder im Dorf, mindestens drei Berufe aus. Einerseits führt er die Metzgerei. Sein Fleisch, das er nie in der Auslage präsentiert, sondern immer in seinem riesigen, begehbaren Kühlschrank lagert, kann es problemlos mit jedem Soho-Metzger mit fünfunddreißig Sternen aufnehmen. Er hat jedes Teilstück im Verkauf, vom Hirn bis zum Huf, in allen Arten und Formen. Ich schwöre, er manikürt die Hufe noch, bevor er sie einwickelt. Zu Weihnachten ist sein Angebot wirklich beeindruckend. Es gibt lokale Austern, Langusten, Seebarsch, diverse Weißfische, verschiedene Käsesorten, alle erdenklichen Geflügelvariationen, angefangen bei der Bekassine über Wachtel, Ente und Taube bis hin zur Waldschnepfe. Für die kulinarisch Ungebildeten hat er auch Hühnchen und Truthahn im Angebot. Im Nachbardorf oben in den Bergen führt Monsieur Le Metzger außerdem ein Restaurant, dessen Spezialität geschmorte Rinder­füße sind. Und obendrein übernimmt er auch das Catering für öffentliche Festivitäten wie diese.

Monsieur Le Butcher schüttelte mir enthusiastisch die Hand, küsste Kaz auf die Wange – links, rechts, links – winkte meinen Kindern George und Freya zu und kommentierte mit einer Geste und einem Pfiff durch die Zähne ihre beachtliche Größe (keines der beiden war größer als einen Meter sechzig). Er fuhr fort, mir in einer Zeichensprache, die gewiss nicht so schnell der neue Standard für offizielle Fernsehdolmetscher werden würde, zu dem Geniestreich zu gratulieren, zwei so große und gesunde Kinder hervorgebracht zu haben. Erneut ergriff er energisch meine Hand. Es werde ein herrlicher Abend werden, sagte er dann lächelnd und rieb sich, nachdem er mich losgelassen hatte, die Hände. Zu diesem Zeitpunkt wurden ganze Wagenladungen an Lebensmitteln geliefert, und Monsieur Le Metzger gab mir zu verstehen, dass er das Essen organisiert hätte und ihn jetzt die Pflicht riefe. Mit diesen Worten machte er sich fröhlich auf den Weg durch die Menschenmenge.

***

In Causses ist das Sommerfest das Highlight unter den gesellschaftlichen Ereignissen. Alle 556 Einwohner des Dorfes zahlen je zehn Euro, um an langen, aufgebockten Tischen zu sitzen, ein Drei-Gänge-Menü zu verzehren, Wein zu trinken und sich auf einer eigens aufgebauten Bühne ein Kabarettstück anzusehen. Die Feier wird speziell für das Dorf veranstaltet, und zwar nur für das Dorf. Es dient dem Zusammenhalt zwischen seinen Bewohnern. Andere Dörfer im Languedoc haben ihre Sommerfeste, und so hat auch Causses sein eigenes. Und deshalb kam alles so, wie es kam.

Ich nippte an meinem Getränk und sah mich um. Der honigfarbene Stein der mittelalterlichen Häuser war gut gepflegt. Von den Montagnes Noires, die die südlichen Ausläufer des franzö­sischen Zentralmassivs bilden, wehte in der warmen Abendluft schwacher Thymianduft herüber. Ein oder zwei Fledermäuse hatten sich bereits aus den Verstecken getraut, die sie tagsüber bewohnten, und jagten halsbrecherisch um die Dächer. Baumsegler riefen sich etwas zu, schossen in Formation zu Boden und dann wieder hoch in den Himmel, umflogen die hohen Steingebäude. Die untergehende Sonne ließ die roten Dächer rund um die Place du Marché aufleuchten, und das angenehme Geschnatter der Menge erfüllte die Luft.

Plötzlich nahm ich aus dem Augenwinkel eine scharfe Bewegung wahr und kurz darauf hörte ich einen Ausruf. Ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie sich ein kleiner, untersetzter Kerl über den Tisch warf, um einem weiteren stämmigen Einwohner an die Gurgel zu gehen. Der sprang zurück und sah zu, wie der Mann mit dem dicken Bauch auf dem Tisch landete, der für Teller, Pasteten und Weinflaschen, ganz sicher aber nicht für einen knapp...

Erscheint lt. Verlag 1.2.2023
Reihe/Serie DuMont Welt - Menschen - Reisen E-Book
Übersetzer Alexandra Jordan, Anja Samstag
Sprache deutsch
Original-Titel One, Place de L'Eglise
Themenwelt Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte englische Familie • Ferienhaus • Frankreich • französischer Lebensstil • Südfrankreich
ISBN-10 3-616-03250-4 / 3616032504
ISBN-13 978-3-616-03250-4 / 9783616032504
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