VON WEGEN. Allein auf der Via Alpina - 2363 Kilometer zu Fuss von Triest nach Monaco (eBook)
256 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60435-2 (ISBN)
Christina Ragettli, Jahrgang 1992, arbeitet im PR- und Kommunikationsbereich für Tourismus und Sport und ist in ihren winterlichen Ferienzeiten Skilehrerin. Aufgewachsen ist die Schweizerin in den Bündner Bergen, in Flims. Im Sommer 2020 startete sie trotz erschwerten Bedingungen ihr Abenteuer, einmal den Alpenbogen auf der roten Via Alpina zu durchwandern. Ihre Erlebnisse erzählt sie in ihrem ersten Buch, 'Von Wegen', das zum Schweizer Überraschungserfolg wurde und großes mediales Interesse weckte.
Christina Ragettli, Jahrgang 1992, arbeitet im PR- und Kommunikationsbereich für Tourismus und Sport und ist in ihren winterlichen Ferienzeiten Skilehrerin. Aufgewachsen ist die Schweizerin in den Bündner Bergen, in Flims. Im Sommer 2020 startete sie trotz erschwerten Bedingungen ihr Abenteuer, einmal den Alpenbogen auf der roten Via Alpina zu durchwandern. Ihre Erlebnisse erzählt sie in ihrem ersten Buch, "Von Wegen", das zum Schweizer Überraschungserfolg wurde und großes mediales Interesse weckte.
Vorbereitung
_ Sommer 2017
Es war Juni 2017 und ich hatte soeben ein weiteres E-Book über Fernwanderungen zu Ende gelesen. Sarah Marquis, eine 49-jährige Schweizerin, erzählte, wie sie die Wüste Gobi allein durchquerte und sich der Hitze und Sandstürmen stellte. Ganz passend, ich war nämlich gerade in den Ferien in Namibia. Doch mit der Wüste konnte ich persönlich noch nie viel anfangen – sie reizt mich nicht und ich mag Hitze nicht. Seit längerem befasste ich mich nun mit dem Thema Weitwandern. Erst vor einigen Jahren hatte ich das Wandern wiederentdeckt. Ich brauchte damals unbedingt ein Sommerhobby, denn immer, wenn das Flimser Skigebiet, wo ich wohne, im Frühling schloss, wusste ich nicht mehr, was ich am Wochenende unternehmen sollte. Es gab Jahre, da verbrachte ich einen Teil meiner Sommerferien in Zermatt, um auf dem Gletscher skifahren zu können. Auf meinem Handy hatte ich immer eine Countdown-App, die mitzählte, wie viele Tage es noch dauerte, bis im Herbst der Skibetrieb wieder starten konnte. Der Sommer war mir zu heiss und musste überbrückt werden.
Wandern empfand ich als langweilig. Etwas für alte Leute. Als Kind musste ich immer mitgehen. Meistens war es eine Qual, ausser wir wanderten zu diesem einen Bergrestaurant, wo es ein Trampolin gab. Die Einstellung, dass Wandern was für Langweiler ist, änderte ich erst mit etwa 20. Da entwickelte ich wieder Interesse an der Natur als faszinierender Schönheit und nicht als praktischem Spielplatz, um sich auszutoben. Als ich das erste Mal einen Klettersteig meisterte, merkte ich, dass Wandern durchaus spannend sein und für Adrenalinkicks sorgen kann. Später reizte mich das wilde Campieren am Fusse der heimischen Berge und so kam ich schlussendlich unverhofft, aber anscheinend unvermeidlich zum Mehrtageswandern.
Ich fing an, Bücher über Abenteurer zu lesen, und besonders die Geschichte einer jungen Frau auf dem Pacific Crest Trail (kurz pct) inspirierte mich. Cheryl Strayed machte den amerikanischen Weitwanderweg mit ihrem Buch Wild zu einer der bekanntesten Weitwanderrouten der Welt. Als ich das Bücher-Universum nach Wandergeschichten durchsuchte, fand ich viele Erzählungen von sogenannten pct-Hikern. Ich wurde neugierig und, nachdem ich von meinen Namibia-Ferien wieder in meinem Schweizer Heimatdorf Flims angekommen war, machte ich den ersten Schritt und trat auf Facebook diversen pct-Foren bei. Der wohl berühmteste Weitwanderweg der Welt zieht sich über 4000 Kilometer von der mexikanischen Grenze im Süden der usa hoch bis zur kanadischen Grenze im Norden. Diese Wanderung dauert durchschnittlich fünf bis sechs Monate und da sie so viele berühmte Geschichten hervorgebracht hat, brechen mittlerweile jedes Jahr tausende Leute auf, um die ganze Westküste der Vereinigten Staaten abzulaufen. Das bedeutet aber auch, dass man nicht wirklich allein wandert – zumindest las ich das so in meinen Büchern. Auf den Streckenabschnitten des Pacific Crest Trail gibt es immer wieder Hikertowns. Das sind kleine Ortschaften entlang der Strecke, die auf die Wanderer ausgerichtet sind. Da gibt es Poststationen, wo man seine Nachschub-Pakete abholen kann, und auf die Bedürfnisse der wandernden Menschen zugeschnittene Hostels, Campingplätze oder Restaurants. Immer wieder begegnet man Gleichgesinnten an diesen Orten und es bilden sich «Trail-Families». Manchmal schliessen sich einige mit gleichem Rhythmus und Wandertempo zusammen, um sich den Herausforderungen des Trails gemeinsam zu stellen. Für mich hörte sich das sehr beruhigend an, dass man zwar allein losgeht, aber, wenn man sich dafür entscheidet, auch immer in der Gruppe weitergehen könnte. In den pct-Foren war ich eine stille Mitleserin und sog alle Informationen auf.
Seit Sommer 2017 konnte ich mich auch in der realen Welt regelmässig übers Wandern austauschen: Bei meiner Arbeit in der Marketingabteilung eines Bündner Skigebietes hatten wir ein neues Teammitglied bekommen: Domenica. Ich kannte sie zwar schon lange, aber wir freundeten uns erst bei der Arbeit wirklich an – denn uns verband etwas. Domenica hatte bereits Weitwander-Erfahrung gesammelt und lief im Sommer 2016 zwei Wochen lang auf dem berühmten Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Wir tauschten uns in den Arbeitspausen lebhaft aus und träumten beide vom Pacific Crest Trail. Über das Facebook-Forum lernten wir Stefan kennen, einen Bündner, der auf dem pct war, aber leider nach einigen Wochen wegen einer Fussverletzung abbrechen musste. Domenica und ich waren Feuer und Flamme und luden ihn zum Abendessen ein. Wir wollten alles wissen, erarbeiteten gemeinsam einen riesigen Fragenkatalog und trafen uns mit Stefan in Chur. Ich nahm sogar das iPad mit und wir stellten ihm eine Frage nach der anderen, während ich seine Antworten schriftlich festhielt. Stefan erzählte uns viel übers richtige Schuhwerk, darüber, wie man seinen Stuhlgang mit der ultraleichten Schaufel verbuddelt oder wie man mit Bären umgeht beziehungsweise sie nicht neugierig macht.
_ Das Wandervirus ist ausgebrochen!
Während ich mich in den folgenden Monaten regelmässig über den pct informierte, kamen bereits die ersten Zweifel auf. Länger als einen Monat wandert man durch die Wüste Kaliforniens. Wandern in der Wüste? Ich bin lieber in den Bergen unterwegs. Und dass es dort viele Klapperschlangen gibt, fand ich auch nicht gerade motivierend.
In meiner Familie finden nur meine Mama und ich das Wandern faszinierend. Meine beiden jüngeren Brüder Gian und Andri sind absolute Adrenalin-Junkies. Wandern ist für sie, wie für mich zuvor auch, unendlich langweilig und mühsam. «Wieso machst du sowas freiwillig? Einen Berg hoch und auf der anderen Seite wieder runter?», fragten sie mich manchmal. Auch wenn wir in dieser Hinsicht verschieden sind, haben wir alle ein grosses Bedürfnis nach Action und Abenteuer. Wir sind ein eingeschworenes Team. In meinem Freundeskreis kenne ich kaum jemanden, der noch immer eine so enge Beziehung zu seinen Geschwistern pflegt.
Eines Tages rief mich mein Bruder Gian an. Er kenne jemanden, der gerade die Via Alpina wandere. «Die Via Alpina? Davon habe ich noch gar nie gehört!», sagte ich. Es verwunderte mich etwas, dass Gian mit einem Wanderthema auf mich zukam. Er selbst hatte damit gar nichts am Hut. Andererseits hatte er viele verrückte und mutige Freunde und, wie ich später herausfand, ist die Via Alpina eine toughe Weitwanderung entlang des gesamten Alpenhauptkamms. Gian schickte mir den Bloglink seines Kollegen Pascal. Er kannte ihn vom Freeriden. Fortan las ich von Pascals Erlebnissen auf der Via Alpina über den Blog oder auch auf Instagram. Er war im April 2017 in Monaco gestartet und ich klinkte mich quasi mittendrin ein, um sein Abenteuer mitzuerleben. Die lange rote Via Alpina ist eine eher unbekannte Weitwanderung, die grüne Via-Alpina-Route kennen hingegen viele. Als ich anfing zu googeln, um einen Überblick zu erhalten, lernte ich Folgendes: Die Via-Alpina-Organisation hat vor über zwanzig Jahren angefangen, zusammenhängende Wege in den Alpen als Weitwanderungen zu vermarkten. «Discover the Alps», so der Slogan. Es gibt in den verschiedenen Alpenländern separate Via-Alpina-Strecken, also beispielsweise eine französische Via Alpina (die blaue), eine schweizerische Via Alpina (die grüne), eine slowenische Via Alpina (die violette) und so weiter. Dann gibt es zusätzlich die Königsroute aller Via Alpinas – eben «die Rote». Sie führt durch alle acht Alpenländer, vom Meer in Monaco ans Meer nach Triest – oder umgekehrt. So wandert man von Monaco durch Frankreich und Italien, kommt in die Schweiz, wandert ins Fürstentum Liechtenstein, weiter nach Deutschland, Italien und Österreich. Von dort nach Slowenien, bevor man bei Italien wieder ans Meer gelangt – immer dem Alpenhauptkamm folgend. Dabei verläuft die rote Route nicht auf den bereits bestehenden länderspezifischen Via Alpinas, sondern es wurde eine neue Routenführung gewählt. Das heisst, man durchwandert irgendwann die Schweiz, folgt aber nicht der Strecke der Schweizer Via Alpina (der grünen), sondern wandert eher im Süden der Schweiz. Der...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2023 |
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Zusatzinfo | Mit 33 farbigen Abbildungen und einer farbigen Karte |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Reisen ► Reiseberichte ► Europa |
Reisen ► Reiseführer ► Europa | |
Schlagworte | Abenteuer Buch • allein wandern • Alpe-Adria-Trail • Alpen-Buch • Alpen-Pässe • Alpensolo • Alpen-Überquerung • Alpen Wanderweg • Andri Ragletti • ans Mittelmeer wandern • bergsteigen buch • Bergwandern • Fernwanderwege Europa • Klettern Buch • Reisebericht • solo reisen als Frau • solo wandern • Trekking • über die Alpen wandern • Wandern • Wandern Buch • wandern Frauen • Wandern in den Bergen • Weitwandern |
ISBN-10 | 3-492-60435-8 / 3492604358 |
ISBN-13 | 978-3-492-60435-2 / 9783492604352 |
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