Venedig - fünfzig Schritte abseits (eBook)

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2023 | 1. Auflage
152 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-87285-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Venedig - fünfzig Schritte abseits -  Siegfried Reinecke
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Venedig kennt man - und man kennt es doch nicht. Die Serenissima ist viel mehr als die Piazza San Marco und die Rialtobrücke. Das Buch führt zu Orten abseits des Mainstream, in diejenigen sestiere und Inseln, die nicht im Mittelpunkt des Besucherinteresses stehen. Manchmal sind sie nur fünfzig Schritte entfernt. Fotos und literarische Stadteindrücke zeichnen ein Bild Venedigs, wie es nur diejenigen kennenlernen, die es nicht bei einem einzigen flüchtigen Rendezvous belassen.

Dr. Siegfried Reinecke ist Literatur- und Medienwissenschafter und lebt seit 1987 in Berlin. Wissenschaftliche Tätigkeit an Hochschulen in Bochum und Berlin, Dozent und Lektor sowie Autor kultur- und politikwissenschaftlicher Publikationen. Von 2020 bis 2023 erschienen / erscheinen drei Romane, ein Essayband, ein Venedigportrait und eine wissenschaftliche Studie.

Dr. Siegfried Reinecke ist Literatur- und Medienwissenschafter und lebt seit 1987 in Berlin. Wissenschaftliche Tätigkeit an Hochschulen in Bochum und Berlin, Dozent und Lektor sowie Autor kultur- und politikwissenschaftlicher Publikationen. Von 2020 bis 2023 erschienen / erscheinen drei Romane, ein Essayband, ein Venedigportrait und eine wissenschaftliche Studie.

Von Santa Lucia zum Ghetto Nuovo

Wenn man auf die schönste Weise Venedig erreicht, dann kommt man im sestiere Cannaregio an. Die schönste Weise: Das ist im Falle dieser besonderen Stadt die Schiene. Gut, ganz falsch lag auch der Mann nicht, der Venedig wie kein anderer für alle Zeiten mit Tod und Verderben literarisch in Verbindung brachte; der befand nämlich: Entweder man nähere sich ihr auf dem Wasser oder gar nicht. Sein Nobelpreisträger-Kollege Hermann Hesse adelte hingegen die Annäherung über den Eisenweg auf der Ponte della Libertà: „Nichts ist so spannend als die Bahnfahrt nach Venedig, wenn allmählich die Bahn in die Lagune kommt und dann die Stadt aus dem Wasser aufsteigt.“

Und dann ist man am Ziel seiner Träume (und das nicht nur derjenigen von Bahnfans): der Bahnhof Venezia Santa Lucia. Genauer gesagt geht es um den Augenblick, wenn man aus dem Bahnhofgebäude tritt. Wo man andernorts über einen unansehnlichen Stationsvorplatz stiefeln muss, fällt man hier – in den Canal Grande. Bestechender kann der erste Eindruck einer Stadt nicht sein. Und der entscheidet schließlich.

Wer gute Freundinnen oder Freunde hat, führe sie auf diesem Weg an die Einzigartige heran. Oder, um es noch anders zu fassen: Hat man das Glück, einen Platz auf dem OrientExpress zu erwischen, ist mit dem Verlassen desselben ohnehin ausnahmslos jeder andere Bahnhof ein ästhetischer Rückschritt.

Wie beispielsweise in Florenz (Firenze S.M.N. = Santa Maria Novella) wurde die Ferrovia-Station nach einer lokalen Kirche benannt, mit dem Unterschied, dass Santa Lucia schon lange Geschichte ist. Die Architektur des Bahngebäudes ist nicht stilprägend, immerhin versteht sich der Bahnhof insgesamt ganz gut darauf, im Ensemble der anderen schönen Bauten im Hintergrund zu wirken.

Hier beginnt alles: Unmittelbar und unübersehbar vor sich hat man die imbarcaderos, die Anleger der vaporetti. Nicht selten, dass der ungeübte Venedig-Besucher jenen schon für diese hält und sich in die schwankende gelbweiße Bude begibt und auf deren Abfahrt wartet. Spätestens wenn ein wirkliches Boot beim Anlegen die stählerne Abschottung rammt, klärt sich das Missverständnis auf. Genau mit diesem spielen aber die letzten Bilder unter dem Nachspann zum Film Acqua alta nach der Romanvorlage von Donna Leon, in dem ein Anleger der Station Ferrovia tatsächlich schwimmend aus Richtung Bahnhof kommend die Scalzi-Brücke unterfährt. Ein, mit Verlaub, wirklich gelungener Gag mit Understatement.

Wenn man noch einen Augenblick Zeit opfert, bevor man sich in das gegenwärtige Abenteuer Venedig stürzt, besucht man ein Monument der Vergangenheit – auf dem Bahnsteig der Gleise 8 und 9. Es erinnert an vier Eisenbahner, die zwischen 1943 und 1945 für die Freiheit ihrer Stadt gestorben sind. Ihnen haben die Kollegen ein dauerhaftes Andenken gewidmet.

Ganz sicher noch erheblich mehr Besucher als über den Bahnhof Santa Lucia erreichen über die wuselige Piazzale Roma Venedig, den landgebundenen Verkehrsknotenpunkt am Eingang der Stadt. Sei es das Auto, der Bus oder die Tram: Sie alle haben hier Endstation und entlassen Massen von Besuchern. Und es trennen sich die weiteren Fuß- und WasserWege: die einen bleiben diesseits des Canal Grande, die anderen überqueren ihn gleich über die jüngste seiner vier Brücken: den Skandal geplagten Ponte della Constituzione.

Entrée der Stadt: Platz vor der stazione

Richtig ankommen: Ferrovia und Chiesa di Santa Maria di Nazareth (Scalzi)

Wegen zahlreicher Baumängel hatte die 94 Meter lange Bogenbrücke von Beginn an Probleme mit der Statik, viele Klagen (und Kläger) bezogen sich aber auch auf folgenreiche Stürze auf dem teilweise aus grünlichem, undurchsichtigem Glas bestehenden Boden des Bauwerks. Bei Regen, Eis oder Schnee war dieser spiegelglatt, Streumittel kam nicht infrage, denn das vertrug das Glas nicht. Inzwischen ist die Gefahr weitgehend gebannt; bleibt noch das Problem, das man einen ungewöhnlichen Bewegungsrhythmus entwickeln muss, um das eigenwillig gestaltete, stufige Auf und Ab zu bewältigen. Nicht mal einem Einheimischen ist das bisher gelungen. Und wer schon länger nicht mehr in der Stadt war, wird ihn auch kaum vermissen: den seltsamen eiförmigen Körper, der sich außen an die Brücke schmiegte und ein untaugliches Mittel darstellte, auch Menschen mit Bewegungseinschränkungen das Bauwerk nutzen zu lassen: das Transportgefäß ist längst entfernt worden, nicht zuletzt, weil es sich schnell aufheizte und etwaige Passagiere zwar am Ziel, aber gründlich gegrillt entließ.

Blick auf die scheinbar schwebende Ponte della Constituzione vom Hotelzimmer aus, 49 Schritte entfernt vom Canal Grande

Architektonisch rein Funktionales wie die Stazione Ferrovia trifft man im sestiere Cannaregio überhaupt eher selten an, im Gegenteil gibt es auch in diesem nicht ganz so glamourösen Teil der Stadt sehr viel Sehenswertes: Beim Heraustreten aus dem Bahnhof gleich nach links gewandt lohnt sich ein kurzer Abstecher in die Chiesa di Santa Maria di Nazareth. Das unterscheidet uns: Die meisten der gerade Angekommenen streben nach Verlassen des Bahnhofs direkt zu den nahen Vaporetto-Anlegern oder zu der Brücke gegenüber dem Gotteshaus, die sie zu den ungleich bekannteren Sehenswürdigkeiten führt, also Richtung Rialto und San Marco. Diese, eine der vier den Canal Grande überquerenden, wurde nach der umgangssprachlichen Bezeichnung des Gotteshauses benannt: Ponte degli Scalzi.

„Scalzo“ aber heißt so viel wie „barfuß“; was durchaus motiviert ist, wurde doch dem Orden der unbeschuhten Karmeliten hier 1636 der Bau eines Klosters genehmigt. Das musste zwei Jahrhunderte später schon den modernen Zeiten weichen, manifestiert in Gestalt des Bahnhofs.

Ungewöhnlich für Venedig, wurde für die zweistöckige Spätbarock-Fassade Marmor aus Carrara verwendet, was den reichlich mit Statuen versehenen wuchtigen ersten Eindruck des Gotteshauses noch verstärkt. Seine helle Erscheinung sticht besonders heraus. Der gute Goethe bemängelte bei seinem Besuch 1786, es fehle diesem Gebäude an Maß, Ordnung und Harmonie, so dass man von „dem hohen Geiste“ gar nichts spüre.

Selbst wenn man darin dem Dichter folgen wollte: Prachtvoll ausgestattet, ist der Innenraum allemal einen Besuch wert. Wobei seine größte Attraktion schon im Ersten Weltkrieg zerstört wurde: Giambattista Tiepolos Deckengemälde Il Trasporto della Casa di Loreto. Mittelbar war auch hier wieder der Bahnhof schuld, denn eigentlich ihn sollten die Bomben der österreichischen Truppen treffen. Endzeitstimmung kann auch beim Besuch der zweiten Kapelle im linken Seitenschiff aufkommen, denn hier befindet sich das Grab des letzten aller Dogen, Ludovico Manin.

Aus der Kirche heraustretend, wende man sich, will man in diesem sestiere bleiben, nach links und von nun an immer geradeaus. Die Lista di Espagna strotzt nur so vor Hotels, Restaurants und Läden und ist deshalb viel besucht. Doch nur bis zur Ponte Giulio folgen wir ihr, an deren Ende gleich rechts das Ristorante zu einem Lunch, noch mehr dessen Garten aber zu einem caffè oder zu kühlen Getränken einlädt. Hier werden auch die kleinen Appetizer, die cicchetti (in diesem Falle sogar warm) angeboten. Natürlich kann man auch ein oder zwei größere piatti zu sich nehmen.

Dieser Garten liegt unmittelbar am Canale di Cannaregio, weshalb man von hier aus das rege Treiben der Gondeln, Transportboote und Vaporettos auf dem Wasser wahrlich entspannt genießen kann, zumal das Grün um einen herum reichlichen Schatten spendet. Oder man setzt sich abends direkt an den Kanal und lässt sich dort bedienen. Die stetig wechselnde Szenerie auf dem Wasser zu verfolgen, lohnt sich, gegebenenfalls begleitet von einem zweiten Glas Amarone oder Prosecco.

Fünfer mit Schlagmann auf dem Canale di Cannaregio

Sentimentalische Idylle: Rendezvous des Altinternationalen mit dem rasanten Frecciarosso

Angenehme Fahrt: Stilbewusste Venedig-Kenner wählen den Simplon Orient-Express zur Anreise.

Ponte Giulio. Die immer gut frequentierte Brücke zu besuchen lohnt besonders in Vollmondnächten.

Cannaregios Pfund, mit dem es wuchert, sind ohnehin die vielen kleinen Kanäle und die riis, an denen sich wunderbar lustwandeln lässt und man sich kulinarisch gut betreut weiß. Das auch ganz unkonventionell: An den größeren, namentlich dem Canale di Cannaregio und ganz besonders dem Rio delle Misericordia bleibt man auch gerne sitzen, mit einem Glas in der Hand und einigen cicchetti, auf einer Treppe oder einem am Fondamente Ormesini vertäuten Boot. Das sind aber...

Erscheint lt. Verlag 16.2.2023
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseführer
Schlagworte Entdeckungen • Flair des Besonderen • Sestiere und Inseln • unbekannte Orte • Venedig
ISBN-10 3-347-87285-1 / 3347872851
ISBN-13 978-3-347-87285-1 / 9783347872851
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