Oomblik (eBook)

Zurück zum Moment - auf eigenen Wegen in Südafrika

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
240 Seiten
Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-95910-392-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Oomblik -  Lina Mallon
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Als Lina Mallon ein kleines Stück Land in Südafrika kauft und mit dem Bau einer Cabin beginnt, weiß sie, dass wir nie wissen, wo wir landen, wenn wir uns für einen neuen Weg entscheiden - und genau das der schönste Teil eines Abenteuers sein kann. Sie begibt sich auf unbekanntes Terrain, erlebt kleine und große Baupannen, Begegnungen mit Pavianen und breitschultrigen Männern in Khaki-Shorts. Sie zweifelt an sich, verläuft sich in ihrem eigenen Traum und kehrt Schritt für Schritt zu sich selbst zurück. Das Buch erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die sich überall auf der Welt zu Hause und doch nie angekommen fühlte. Eine Geschichte über das Reisen mit uns selbst, über die Frage danach, wo und wie man seinen Platz in der Weltfindet.

Lina Mallon ist freiberufliche Autorin, Kolumnistin und Fotografin, die in Hamburg und Kapstadt lebt. Während einer ihrer Reisen verliebt sie sich ungeplant, aber dafür Hals über Kopf in Südafrika. 2019 entscheidet sie sich dazu, ihre Auswanderung zu planen. Lina Mallons Bücher »schnell. liebig«, »zweit.nah« und »30 Women« sind SPIEGEL-Bestseller.

Lina Mallon ist freiberufliche Autorin, Kolumnistin und Fotografin, die in Hamburg und Kapstadt lebt. Während einer ihrer Reisen verliebt sie sich ungeplant, aber dafür Hals über Kopf in Südafrika. 2019 entscheidet sie sich dazu, ihre Auswanderung zu planen. Lina Mallons Bücher »schnell. liebig«, »zweit.nah« und »30 Women« sind SPIEGEL-Bestseller.

Der Funken


Zwei Wochen habe ich im Bootshaus von Chris’ Familie im südafrikanischen Lockdown verbracht, bevor mich ein Flug von Johannesburg zurück nach München und das Auto meiner Freundin schließlich bis zu meiner Wohnung in Hamburg bringt. Chris – das ist der Mann, in den ich mich in diesem Moment vielleicht verlieben könnte, den ich nicht date, den ich aber auch nicht nicht date. Und den ich nicht vergessen kann, auch wenn ich ihn auf unbestimmte Zeit nicht wiedersehen werde.

Ich erlebe die gesamte Rückreise – den Abschied, die vielen Unterschriften auf noch mehr Formularen, die Kontrollen, die Listen mit meinem Namen darauf, den Check-in, die Menschen, das Umladen des Gepäcks, das Warten, die Ungewissheit, noch mehr Papiere, noch mehr Stempel, die Unterbrechungen, schließlich die Landung – wie in Zeitlupe, wie eine Aneinanderreihung von Abschnitten, durch die ich beinahe automatisch geschoben werde. Der stille Flughafen fühlt sich surreal und befremdlich an, wie eine abgekapselte Zwischenstation, in der es gerade weder ein Datum noch einen Tagesablauf gibt. Als mich die Bundespolizei in die Ankunftshalle entlässt und ich auf einem menschenleeren Parkplatz auf Sabine warte, mit der ich mir für sieben Stunden die Strecke bis nach Hamburg teilen werde, fällt es mir schwer zu begreifen, dass ich zurück in Deutschland bin.

Noch nicht einmal als die Tür meiner Wohnung hinter mir ins Schloss fällt, komme ich wirklich an. Ich lasse den Koffer im Flur stehen, ziehe meine Schuhe aus und löse den Knoten, zu dem ich meine Haare vor mehr als 18 Stunden gebunden habe. Ich beziehe mein Bett neu, schalte meinen Geyser wieder an, dusche und lege mich mit nassen Haaren auf die Kissen, die sich in der Abendsonne, die durch meine Balkontür scheint, aufgewärmt haben. Es ist kurz nach sieben Uhr abends und noch hell, und obwohl es zwischen Südafrika und Deutschland gerade keine Zeitverschiebung gibt, fühle ich mich, als würde ich festgehalten von dem Gefühl, das wir Jetlag nennen. Außerhalb von Zeit und Raum, ziellos, erschöpft, aber nicht müde, abgenabelt von der Welt, bis wir nach ein paar Nächten wieder synchron mit ihr schienen.

Und auf einmal kommt mir ein Gedanke: Was, wenn dieser Jetlag der eigentliche Lockdown war?

***

»To feel inner stability, hold on to your routines and if that is not possible – find new ones.« Diesen Rat hat der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa seinen fellow South Africans in einer seiner wöchentlichen Ansprachen mit auf den Weg gegeben. Aber auf einer Farm, auf der wir uns frei bewegen durften, auf dem Sonnendeck, auf dem wir die Tage einfach verstreichen lassen und uns von allem, das sich um uns herum ständig änderte, aber wir nicht ändern konnten, abkapseln konnten, hatten wir keine Routine gebraucht. Chris und ich lernten uns gerade erst kennen, und ein Tag, den wir bei einem Herbstgewitter im Bett verbrachten, war genauso schön wie einer, an dem ich las und mich in Erinnerungen und Worte vertiefte, während er am Tisch neben mir zeichnete. Ohne Strom, ohne Lärm, ohne ständige Verbindung nach außen war es uns leichtgefallen, den weltweiten Lockdown, all seine Informationen und seine Nervosität auszublenden. Für mich fühlte sich die Welt nicht auf einmal viel zu klein auf diesen 52 Quadratmetern an – sondern genau richtig.

Zurück in Hamburg, nach 48 Stunden, die ich mit einem achtlos im Hintergrund laufenden Netflix-Bildschirm und bestelltem Essen im Bett verbracht habe, fühlt sich die gleiche Quadratmeterzahl auf einmal nicht mehr warm und geborgen, sondern beengend und gleichzeitig auch irgendwie leer an.

Auf der Farm habe ich die Stille der Natur genossen, aber hier in Eimsbüttel fehlt mir die Sammlung an menschlichen Geräuschen, die mir normalerweise das Gefühl gaben, ein Teil der Stadt zu sein. Das Klappern der Cappuccino-Tassen auf der Osterstraße, die Schritte der Spaziergänger, die Gespräche unten vor dem Obstladen, der Verkehr, der an der Ampel abebbt und nach einer kurzen Unterbrechung wieder anfährt, die U-Bahn, die sich surrend unter unserem Haus durch den Tunnel arbeitet – ohne all das fühlt sich meine Stadt wie fader Beton an, dem seine Seele fehlt.

Auf meinem ersten Spaziergang, zu dem mich meine Freundin Nori abholt, fühle ich mich wie ein Fremdkörper, der hier draußen zwar erlaubt, aber kaum geduldet ist. Und als ich mir schließlich einen Kaffee mache, die Bohnen automatisch von der Maschine mahlen lasse, Milch aufschäume und mich dann mit einer großen Tasse in der Hand wieder zurück in meine Kissen und die endlose Menge an Instagram Stories sinken lasse, die mich entweder ernüchtern, überfordern oder einfach nur abschalten lassen, beginne ich zu verstehen, dass die stetige Verbindung zur Welt – zu Unterhaltung, Zerstreuung, zu unzähligen Formen der Kommunikation, zu sozialen Netzwerken, zu jeglichem Komfort – nicht die war, die mir fehlte, überhaupt nicht die war, die ich brauche, um mich in diesem Lockdown zurechtzufinden, um zu mir selbst zu finden.

Das Gefühl von Glück entsteht selten einfach aus einer bestimmten Situation heraus – sondern wurzelt in unseren Gefühlen, die wir aus ihr ziehen. Gleiches gilt für das negative Gefühl, irgendwie verloren zu sein – es wurzelt niemals einfach nur in unseren Umständen, sondern in unseren Gedanken über diese.

In den letzten zwei Wochen, so viele Kilometer von meinem gewohnten Umfeld entfernt, in einem fremden Bett, an einem unbekannten Ort, den ich mir unter normalen Umständen niemals ausgesucht hätte, in der Stille des Highvelds, hatte ich mich nicht einen einzigen Moment lang einsam gefühlt, sondern das zeitlose Alleinsein genossen.

Zurück in meiner eigenen Wohnung, in der Nähe von all den Dingen, die ich liebe, die ich schätze, die mein Zuhause füllen – lähmt mich das Herunterticken der Stunden. Ich habe hier jede Ressource zur Hand, um meine Gedanken zu füttern, aber finde trotzdem keinen Appetit. Ganz egal wie viele Bücher ich mir bestelle, die zu lesen ich mich dann aber irgendwie doch nicht aufraffe, wie oft ich Brot backe, um es dann nicht einmal zu essen, wie viel Mühe ich in meine Pflegeroutine investiere, um im Spiegel dann doch in ein müdes Gesicht zu schauen – meine gezwungenen Routinen schaffen es nicht, die emotionale Leere auszugleichen, von der ich nicht einmal weiß, woher sie auf einmal kam oder was sie auslöste. (Nein, hier geht es nicht darum, dass mir dieser eine Typ fehlte, den ich gerade erst kennengelernt hatte, hier geht es um mich.)

Nicht der Lockdown ist mein Problem, ich selbst bin es.

In Mpumalanga habe ich Inspiration gefühlt, in unscheinbaren Momenten kleine Funken gefunden, mich selbst gehört und gespürt. Ich bin neugierig geworden auf ein Leben unplugged. Ich war verliebt – nicht in einen Mann, sondern in ein Land und seine vielen Facetten, in seine Weite und seine Wärme, die ich, egal welchen Teil Südafrikas ich besuche, immer wieder finde. Und genau das ist es, was ich jetzt vermisse, was ich auf Amazon nicht bestellen, in meinem Alltag im Lockdown nicht durch irgendeine Routine erzwingen kann.

Ich hatte in den zwei Wochen eine Sehnsucht in mir wiederentdeckt, die ich vor einigen Jahren aus den Augen verloren hatte, die zwischen meinen Reisen, meinem Job als Bloggerin und Fotografin, den vielen Möglichkeiten, die ich beruflich ausschöpfte, aber auch dem Tempo meines eigenen Lebens, meiner Dates, Kurztrips, Kolumnen, Briefings, Partys, Festivals, meiner Neugierde auf immer neue Erfahrungen – einfach verloren gegangen war.

Ich hocke mich vor mein Bücherregal und brauche einen Moment, bis ich den dunklen Einband wiederfinde, den ein dichter Wald und tiefes Grün ziert. Cabin Porn steht auf dem weißen Umschlag des Hardcovers, das ich vor einigen Jahren in den englischen Cotswolds gekauft habe. Ich erinnere mich noch genau an die Reise, die ich im Oktober 2015 unternommen habe. Für eine Woche war ich mit dem Zug erst nach Oxford und schließlich nach Chipping Campden gereist, wo ich im Bed and Breakfast The Seagrave Arms für ein paar Tage übernachtete. Ich schrieb dort am ersten Entwurf meines ersten Buches, spazierte jeden Tag mehr als 15 Kilometer durch die Landschaft, kehrte zum Lunch in ein Pub ein, wärmte mich am offenen Kamin bei einem Sandwich und einem Pint auf und stöberte auf dem Rückweg durch die kleinen Shops, die sich entlang der High Street reihten. In einem von ihnen stieß ich schließlich auf jenes Buch, das ich jetzt in den Händen halte.

Es ist ein Bildband über unzählige Hütten und Cabins, die meisten davon straight off the grid. »Are you yearning for a simpler existence? Find the rural escape of your dreams in this beautiful book from the creators of the wildly popular tumblr Cabin Porn«, beginnt die Sammlung, die Zach Klein und Steven Leckart gemeinsam kuratiert haben. Die Idee begann mit einer Gruppe von Freunden, die 55 Hektar Wald in Upstate New York verwalteten und gemeinsam erst auf Tumblr, später auf Instagram Inspirationen für ihre Bauprojekte sammelten und vorstellten. Mit immer mehr Häusern, die das Kollektiv besuchte, fotografierte und vorstellte, zog die Page eine immer größere Fangemeinde an und wurde zu einem internationalen Phänomen.

So viele Menschen sind fasziniert von dem, was eine kleine Hütte irgendwo im Nichts, abgeschnitten von der Zivilisation, repräsentiert. Ich war einer von ihnen, schon damals sofort angezogen vom leisen Kick des Alleinseins – und ich bin es jetzt wieder.

Ich lasse mich auf den Fußboden sinken und blättere durch die über...

Erscheint lt. Verlag 11.10.2022
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Afrika
Schlagworte Achtsam • Achtsamkeit • Afrika • Auswandern • Bestsellerautorin • cabin • cabin life • Eden Books • Entschleunigen • Entschleunigung • Existenzgründung • female empowerment • female entrepreneur • Frauenpower • Hakuna Matata • Hausbau • Herausforderung • Kapstadt • Memoir • Mut • nachhaltig • Nachhaltigkeit • Neuanfang • Neubeginn • Neustart • Reisen • Sachbuch • Safari • Schnell.liebig • Sehnsucht • Sehnsuchtsort • Südafrika • zweit.nah
ISBN-10 3-95910-392-1 / 3959103921
ISBN-13 978-3-95910-392-3 / 9783959103923
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Abenteuer zwischen Wüste und Auen

von Stefan Schreier; Hendrik van der Walt

eBook Download (2021)
Books on Demand (Verlag)
15,99