Wo die wilden Kräuter blühen (eBook)

Die besten Zutaten für mein Landleben in Südfrankreich
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
240 Seiten
Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-95910-372-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wo die wilden Kräuter blühen -  Sandy Neumann
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Der Süden Frankreichs ist für viele Menschen ein Sehnsuchtsort: Der Duft von Lavendel, reifen Aprikosen und Rosmarin hat auch der Food-Autorin Sandy Neumann den Kopf verdreht. Nach zahlreichen Entdeckungsreisen in der Region kauft sie sich mit ihrem Mann in den Corbières ein Natursteinhaus am Feldrand und schlägt dort Wurzeln. Anfänglich beäugen die Alteingesessenen die enthusiastische junge Frau noch mit Argwohn, aber bald wird sie auf kleine Märkte mitgenommen, bekommt Pflanzenableger geschenkt und kann den Dorfbewohner*innen so manches geheime Familienrezept entlocken. Die gebürtige Jenenserin thematisiert aber auch ihre Herkunft und schreibt darüber, wie ihr manche Momente von Gemeinsamkeit in der neuen Heimat seltsam vertraut erscheinen. Einfach mal bei Leuten anklopfen, ein Glas Wein zusammen genießen, den neuesten Klatsch und Tratsch durchgehen - die Schnelllebigkeit unserer Zeit scheint in solchen Momenten angenehm weit weg.

Die Autorin und Food-Bloggerin Sandy Neumann wurde 1977 in Jena geboren. Nach einem Psychologiestudium machte sie sich als Organisationsberaterin selbständig. Seit zwanzig Jahren bereist sie Frankreich auf der Suche nach kulinarischen Entdeckungen. Auf ihrem Blog »Confiture de Vivre« kann man sie dabei begleiten.

Die Autorin und Food-Bloggerin Sandy Neumann wurde 1977 in Jena geboren. Nach einem Psychologiestudium machte sie sich als Organisationsberaterin selbständig. Seit zwanzig Jahren bereist sie Frankreich auf der Suche nach kulinarischen Entdeckungen. Auf ihrem Blog »Confiture de Vivre« kann man sie dabei begleiten.

Vom Suchen und Finden


»Das Haus liegt gut.« Patrick klemmt sich das Dossier unter den Arm und ist bereit zum Aufbruch. »Es befindet sich außerhalb des denkmalgeschützten Bereichs in Tuchan. Das macht es leichter, wenn ihr Umbauten vornehmen wollt. Es liegt am Dorfende. Und es ist aus Naturstein«, macht er uns das Objekt schmackhaft.

»Aber ein Garten gehört nicht dazu …«, murmelt Steffen in seinen Bart.

In den letzten Tagen haben mein Mann und ich zusammen mit Patrick, dem Makler, sechs Häuser besichtigt – und uns sofort gedanklich wieder davon getrennt und die Zuversicht in den Wind geschrieben. Die Häuser sind zu groß, zu weit draußen, zu baufällig oder schlicht zu teuer.

Nun sind wir müde, ich bin traurig, der Traum vom Haus im Süden Frankreichs scheint mindestens so weit entfernt wie unser Wohnort Hamburg von Tuchan. Das Wünschen und das Sehnen helfen wohl nicht. Ich sehe uns schon weitere zehn Jahre lang suchen. Oder ewig.

Aber Patrick ist sehr engagiert, und »der Vollständigkeit halber«, wie er sagt, stimmen wir schließlich der Besichtigung des letzten Hauses auf seiner Liste zu.

»Ihr könntet das Dach anheben und die Mauern öffnen«, schlägt er vor.

Patrick stammt aus der Dordogne, lebte viele Jahre in Marokko, arbeitete dort als Reisejournalist. Wir schwärmen beide für die Berberküche.

»Und was ist mit dem Grundstück direkt hinterm Haus? Das ist zwar nicht so groß, würde uns jedoch genügen. Denn ohne Grundstück macht das wenig Sinn«, insistiert Steffen.

Patrick wiegt den Kopf bedenklich, lamentiert über den viel zu kalten April und schließt seine Daunenjacke bis unters Kinn. Er sieht aus, als bereite er sich auf eine Polarexpedition vor oder eine Reise nach Nordfrankreich, was hier im Süden ungefähr das Gleiche ist.

»Alles kommunales Gelände, kompliziert, eigentlich unverkäuflich …«

Die Stimmung ist eisig, passend zum Wind, der wie ein bockiger Terrier beißt und mich erschauern lässt. Die Wolken bedecken grau, bleischwer und tief die Weinberge der Region. Das ist wunderschön. Auch im Regen, Mitte April.

Die Reihe der Platanen steht Spalier, als wir durch Tuchan fahren, immer geradeaus, vorbei am Postamt, Richtung Cave Coopérative, der Winzergenossenschaft, und dann den Hügel hoch.

Nachdem wir angekommen sind, kramt Patrick in seiner Tasche und hält einen riesigen rostigen Bartschlüssel in der Hand. »Na ja, dass es in den Hautes Corbières kräftig stürmen kann, das wisst ihr. Und hier oben noch ein bisschen mehr.«

Wie er »oben« sagt, hört sich das an, als läge das Haus auf der Spitze des Mont Tauch, dem kargen Hügelmassiv, das sich im Nordwesten des Dorfes ausbreitet.

Der alte Naturstein zieht mich an. Dreihundert Jahre lang stehen die Mauern bereits und haben Schafe beherbergt. Es wirkt lebendig, gleichzeitig beruhigend und unaufgeregt erhaben, ein Refugium.

Patrick fummelt mit dem Schlüssel im Schloss, bevor sich die großen Läden öffnen lassen. Zwei Eingangstüren führen ins Haus. Eine davon mit Teilung in der Mitte, sodass der untere Teil geschlossen bleiben kann, während der obere geöffnet ist. Patrick nennt sie porte fermière, eine Tür, die in alten Bauernhäusern oft zu finden ist.

»Das Haus kennen wir …«, flüstere ich Steffen zu. »Das ist in einem der Parkhaus-Heftchen gewesen, weißt du noch?«

Mindestens vier Jahre muss das her sein. Sämtliche der kostenlosen Immobilienblättchen, die in den Straßen und Parkhäusern auslagen, haben wir damals gesammelt und an weinseligen lauen Abenden gewälzt.

»Stimmt, ich hab die Seite sogar aufgehoben. Trotz Minibild von ein mal zwei Zentimetern und fehlendem Grundstück …«

Ob das ein Zeichen ist, frage ich aber nur mich und nur ganz kurz.

Mit dem ersten Schritt stehen wir inmitten der weiten Wohnküche, dominiert von einem gemauerten offenen Rundbogen und einem Esstisch für mindestens zwölf Personen und zweihundert Holzwürmer.

Im Haus schweben der Geruch einiger Jahre Leerstand und der Atem unzähliger Geschichten. Alter Fliesenboden, überall sichtbarer Stein. Wie von selbst streiche ich zart über die unebenen Steine und sehe mich einen Haufen Gäste bewirten.

»Die Vorbesitzer haben die Ruine in den Achtzigerjahren gekauft. Viel war nicht mehr übrig.« Patrick hält eine aufgezogene vergilbte Fotografie in Händen.

»Nicht viel mehr als ein Steinhaufen, Wahnsinn!« Steffen wischt den Staub vom Foto und nickt beeindruckt.

»Der Kamin ist voll funktionstüchtig, die Heizkraft ist hervorragend. Für Holz kenne ich jemanden, das müsst ihr im Frühjahr bestellen.«

Wir folgen Patrick. Der Kaminraum öffnet sich sechs Meter nach oben und lässt Platz für lauschige Abende, prasselndes Feuer und den Funken einer Möglichkeit, dass das ein Haus für uns sein könnte.

Auf der knarzigen Treppe steigen wir ins Mezzanine, einen Zwischenbereich, eingezogen aus Holzbohlen, groß genug für zwei Schreibtische mit Aussicht. Die beiden Fenster geben den Blick frei auf die Hügel des Mont Tauch und den Canigou, den heiligen Berg der Katalanen. Wie es wohl wäre, hier morgens als Erstes rauszuschauen und der Natur so nah zu sein?

Patrick ist mit Steffen bereits im oberen Geschoss. Ein Raum geht nach Süden, ein großes Fenster verwandelt selbst das Grau von draußen in ein strahlendes Licht drinnen. Das Dorf breitet sich unter uns aus, in fünfhundert Metern Luftlinie grüßt das Château d’Aguilar, eine der alten Katharerburgen, majestätisch von seinem Felsvorsprung, und die kalksteinigen Wände des Massif de Vingrau wirken wie ein trotziger Schutz gegen alles Feindliche.

»Die Fenster sind sogar doppelt verglast und die Elektroleitungen noch in Ordnung.« Patrick wedelt mit dem Gutachten, das in Frankreich Attestation heißt, vor meinen Augen. Auch in Frankreich gibt es für so ziemlich alles Nachweise, Genehmigungen und andere administrative Unmöglichkeiten. Irgendwo ist immer für irgendetwas die Erlaubnis einzuholen.

Muffiger Teppichboden steigt mir in die Nase, ich fange den Blick von Steffen auf: »Der müsste natürlich raus. Wie auch im Gästezimmer.«

Ich halte den Ausblick aufs Dorf, die Steine, die Hügel fest, als Foto und im Herzen. »Gästezimmer?«, ich tauche aus meiner Welt auf.

»Ja, der kleine Raum nebenan. Nicht schlecht …«

Ich kann es gar nicht glauben, sollte mein Mann bereits Einrichtungsgedanken hegen!

Ein Bad, großzügig und in heißer Achtzigerjahre-Komplettausstattung in Himmelblau, preist uns Patrick an, und wir grinsen uns eins. Das wäre der Traum in der DDR gewesen …

Die Männer steigen über die Minileiter auf den Dachboden.

»Eine riesige Werkstatt, sogar noch mit Werkzeug und Material«, kommt Steffens Stimme gedämpft von oben.

Mich zieht es zurück in die Küche, ich inspiziere die Schränke. Neben der Spüle ragt ein Felsen direkt ins Haus. Darauf sitzend träume ich mich mit offenen Augen in die Vorratskammer, in der bereits hausgemachte Konfitüren mit meinem Namen im Regal stehen.

»Ich schließe ab, und ihr könnt euch ein bisschen beraten und umsehen.« Patrick drückt mir das Dossier in die Hand und zeigt mit der Hand nach draußen. »Die Nachbarn scheinen nicht da zu sein, ansonsten hätte ich euch vorgestellt.«

Drei Häuser gehen links vom Weg ab. Eine Treppe führt auf eine kleine Straße, die ins Dorf hinuntergeht. Die steingemauerte Außenküche schmiegt sich ans Haus und sucht Schutz vor dem Wind.

Steffen schreitet zählend das Terrain ab, fotografiert, macht Bestandsaufnahme, und ich schieße weitere Fotos mit Ausblick. Wir stehen hinterm Haus, neben einem Berg von Schrott, Klimbim und 15 rostigen Gasflaschen.

»So ganz genau scheint man es nicht zu nehmen, wem hier welcher Teil gehört oder auch nicht. Wird wohl vom Nachbarn sein.« Steffen zeigt auf das, was wir Unrat nennen würden.

Patrick kommt dazu und sieht genau, wo unser Blick hängt. »Das ist natürlich überhaupt kein Problem. Das kann ich klären, und dann wäre das alles weg.« Seine Hand macht eine ausladende Geste, die mehr so aussieht, als meinte er alles, auch alle Nachbarn.

Ein Auto nähert sich und hält neben uns. Pierre, der Besitzer der 15 rostigen Gasflaschen und des Hauses nebenan. Patrick stellt uns als potenzielle neue Besitzer vor und Pierre die Frage, ob er denn sehr bald für ein wenig Ordnung sorgen könne.

»Das ist gar kein Problem, macht euch keine Sorgen! Ich wollte das Material sowieso bald aufräumen.« Ganz beflissen nimmt er ein Teil von dem undefinierbaren Haufen »Material« und legt es näher an sein Grundstück. »Wenn ihr wieder da seid, kommt auf einen Kaffee vorbei. Und dann ist hier auch alles aufgeräumt. Ihr mögt es gern ordentlich, häh?!«

Ich habe Mühe, ihn zu verstehen, er nuschelt stark. Ich lächle, weil das hilft, und er grinst.

»Und du fragst beim Bürgermeister wegen des Grundstücks nach? Es geht ja gar nicht um viel. Das sind maximal hundert Quadratmeter. Ansonsten ist das für uns leider nicht attraktiv«, nimmt Steffen den Faden wieder auf. Das ist die Direktheit, die ich von meinem Mann kenne.

»Ich tue, was ich kann, aber das wird sehr schwer, wenn nicht unmöglich.« Patricks Gesichtszüge werden wieder zu Bedenkenträgern, und irgendwie wirkt er auch hilflos. Er hat’s schon nicht leicht mit uns.

Die tiefen Wolken hängen mittlerweile höher, es hat aufgehört zu regnen, der Wind nachgelassen, und wir steigen ins Auto.

Auf der D39...

Erscheint lt. Verlag 3.6.2022
Reihe/Serie Sehnsuchtsorte
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte Aprikosen • Auswandern • Auswanderung • Backen • Baguette • Blog • Bloggerin • Confiture de vivre • Corbieres • Corbières • Dorf • Dorfleben • Eden Books • Essen • Felder • Foodblog • Frankreich • Französisch • Gaumenschmaus • Gemeinschaft • Genuss • Gewürze • Gourmet • Idylle • Inspiration • Kochen • Kräuter • Küche • Lavendel • mediterran • Mediterrane Küche • Memoir • Neuanfang • Rezepte • Rosmarin • Sachbuch • Savoir vivre • Sommer • Süden • Südfrankreich • Wein • Weinanbau • weinernte
ISBN-10 3-95910-372-7 / 3959103727
ISBN-13 978-3-95910-372-5 / 9783959103725
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