Friedrich Barbarossa (eBook)

Der erste Stauferkaiser

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
130 Seiten
Verlag C.H.Beck
978-3-406-78198-8 (ISBN)

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Friedrich Barbarossa -  Knut Görich
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Der Aufstieg Friedrich Barbarossas vom schwäbischen Herzog zum römisch-deutschen König und zur Kaiserwürde war konfliktbeladen: Die Vorstellungen der Adelsgesellschaft von Rang und Ehre prägten seine Herrschaft und wurden oft genug Quelle blutiger Auseinandersetzungen. Doch insbesondere die Verhältnisse in Italien gestalteten sich als politische Herausforderung für den Staufer. Seine Fähigkeit zur Selbstbehauptung und zum Kompromiss musste sich nicht zuletzt im Verhältnis zu den selbstbewussten Kommunen Norditaliens unter Führung Mailands bewähren - aber auch in der gespannten Beziehung zu den Päpsten in Rom.

Knut Görich lehrt als Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Verlag C.H.Beck liegen von demselben Autor vor: "Die Staufer. Herrscher und Reich" (2019); "Friedrich Barbarossa. Eine Biographie" (2011).

Aufstieg der frühen Staufer


Als Sohn des Herzogs von Schwaben gehörte Friedrich Barbarossa zwar zum Kreis der mächtigsten weltlichen Fürsten des Reiches, hatte aber ursprünglich keinerlei Aussicht auf den Thron gehabt. Sein Großvater und Vater hatten schon einige Erfahrungen mit den ‹Spielregeln› der ranggeordneten Gesellschaft gemacht – also mit den im Zuge adliger Sozialisation erlernten, im politischen Agieren befolgten, aber nicht schriftlich formulierten Grundsätzen, denen das politische Mit- und Gegeneinander unterlag. Die Erlangung und Behauptung der schwäbischen Herzogswürde vollzog sich im Wechsel von Königsnähe und Königsferne.

Erst zwei Generationen vor Barbarossa war sein Großvater, Herzog Friedrich I. von Schwaben, auf die politische Bühne getreten. Abt Wibald von Corvey und Stablo fasste nach Barbarossas Königswahl dessen Wissen um seine Abstammung väterlicherseits in einer fünf Generationen zurückreichenden Vater-Sohn-Folge zusammen: «Friedrich zeugte Friedrich von Büren (de Buren). Friedrich von Büren zeugte Herzog Friedrich (I.), der Staufen (Stophen) gründete. Herzog Friedrich (I.) von Staufen (de Stophe) zeugte mit der Tochter König Heinrichs (IV.) Herzog Friedrich (II.). Herzog Friedrich (II.) zeugte König Friedrich (Barbarossa).» Tätigkeitsbereich und politische Stellung der beiden ersten Friedriche sind unbekannt. Der Geschichtsschreiber und Bischof Otto von Freising, ein Onkel Barbarossas, behauptet, Herzog Friedrich I. stamme «von den vornehmsten Grafen Schwabens» ab. Deshalb wird der erste Friedrich heute mit einem gleichnamigen Grafen im Riesgau bei Nördlingen identifiziert und Friedrich de Buren mit einem 1053 belegten schwäbischen Pfalzgrafen namens Friedrich. Darüber hinaus nimmt man an, die Vorfahren der Herzöge Schwabens müssten aus der Gegend ihrer namensgebenden Stammburg Hohenstaufen stammen und identifiziert das bei Göppingen gelegene Wäschenbeuren mit Buren. Auf diese Weise wird eine schwäbische Heimat der frühen Staufer konstruiert. Aber in den frühesten schriftlichen Quellen ist nur Besitz Friedrichs de Buren bei Schlettstadt im Elsass belegt, ferner seine Heirat mit einer gewissen Hildegard von Schlettstadt, die die moderne Forschung der Grafenfamilie von Dagsburg-Egisheim zuweist, und schließlich das Faktum, dass ein Bruder Friedrichs namens Otto Bischof von Straßburg war. Vielleicht kam Barbarossas Großvater erst 1079 mit der Übertragung der schwäbischen Herzogswürde in den Besitz des Hohenstaufen bei Göppingen und der Siedlung oder Burg über dem Remstal, an deren Stelle er dann das Kloster Lorch als Familiengrablege gründete. Die neue These einer elsässischen Herkunft der Staufer ist daher nicht aus der Luft gegriffen (Ziemann), aber starke Gegenargumente (Hlawitschka) sind (noch?) nicht entkräftet.

Friedrichs Rangerhöhung zum Herzog war eine Folge des Konflikts zwischen Kaiser Heinrich IV. (†1106) und einigen Reichsfürsten. In Sachsen hatte der König ohne viel Rücksicht auf Rang und Ansprüche des einheimischen Adels seine eigenen Interessen verfolgt und landfremde Funktionsträger in Gunst und Schutz genommen. Außerdem wandte er seine Huld rangniedrigeren Herren zu, vertraute ihrem Rat und räumte ihnen damit eine Position ein, die andere Fürsten auf Grund ihres Ranges für sich beanspruchten. Deshalb sagten sich Rudolf von Rheinfelden, seit 1057 Herzog von Schwaben, Berthold von Zähringen, seit 1061 Herzog von Kärnten, und Welf IV., seit 1070 Herzog von Bayern, gemeinsam vom König los. Auf ihr Betreiben drohten die versammelten Fürsten 1076 dem König mit Absetzung, bevor sie Rudolf 1077 zum Gegenkönig wählten. Schwaben, wo alle drei süddeutschen Herzöge über Besitz verfügten, wurde zum Zentrum der Auseinandersetzung. In dieser Situation versprach Heinrich IV. dem Sohn Friedrichs von Büren seine Tochter Agnes als Gemahlin und erhob ihn zum Herzog von Schwaben. Als Heinrich IV. später den Ausgleich mit seinen herzoglichen Gegnern suchte, belohnte er Friedrich I. für dessen Treue. Das bisherige Herzogtum Schwaben wurde in zwei prinzipiell gleichberechtigte Herzogsherrschaften aufgeteilt: Während Friedrich I. als Herzog bestätigt wurde und den Norden und Osten mit Ulm als Vorort behalten durfte, wurde der Westen und Süden mit Zürich als Mittelpunkt an Berthold II. von Zähringen, der nach Rudolfs Schlachtentod als (Gegen-)Herzog von Schwaben fungiert hatte, als neues Herzogtum übertragen. Obwohl an Besitz und prestigeträchtiger Herkunft dem Zähringer ebenso unterlegen wie dem Welfen, war Friedrich I. durch kaiserliche Gunst in den Kreis der ranghöchsten Fürsten aufgerückt.

Mit der Bezeichnung «Heinriche von Waiblingen» fasst Otto von Freising Salier und Staufer zu einer einzigen Kaiserfamilie zusammen – so genannt nach dem Ort Waiblingen im unteren Remstal, der erst in salischem, dann in staufischem Besitz war. Die Herrscher, die wir heute als «Staufer» bezeichnen, waren ihren Zeitgenossen also als «Waiblinger» bekannt. Der Staufername dagegen ist eine Erfindung spätmittelalterlicher Geschichtsschreiber: Sie projizierten die übliche Praxis der Adelsfamilien, sich nach ihrem in väterlicher Linie weitergegebenen Hauptbesitz zu nennen, zurück auf das 12. Jahrhundert. Aber keiner der Herrscher, die wir heute als «Staufer» bezeichnen, hat sich selbst jemals so genannt, denn ihre verwandtschaftliche Bindung zum salischen Kaiserhaus war ungleich prestigeträchtiger als eine auf den Hohenstaufen verweisende Herkunftsbezeichnung.

Als Friedrich I. 1105 starb, folgte ihm sein ältester Sohn Friedrich II., damals 15 Jahre alt, im Herzogtum. 1110/11 nahm Friedrich II. am ersten Italienzug seines Onkels Heinrich V. (†1126) teil, und während dessen schwerer Krankheit galt er sogar als dessen möglicher Nachfolger. Solche Aussichten machten den Staufer auch für den Herzog von Bayern interessant, den Welfen Heinrich den Schwarzen: Er gab Friedrich II. seine Tochter Judith zur Frau. Dieses Ehebündnis beschwichtigte die aus der vorigen Generation herrührenden Rivalitäten zu Gunsten erhoffter Eintracht unter Verwandten. Als Heinrich V. 1116 erneut nach Italien aufbrach, machte er seine staufischen Neffen Friedrich II. und Konrad, dem er die Herzogsgewalt in Franken übertrug, zu seinen Sachwaltern im deutschen Reichsteil. In Ausbau und Verteidigung des salischen Reichs- und Hausbesitzes war Friedrich II. so erfolgreich, dass man vom ihm sagte, er schleppe am Schwanz seines Pferdes stets eine Burg hinter sich her. Auch wenn Friedrich II. seine eigenen Interessen nicht so uneigennützig hinter die des Kaisers zurückstellte, wie Otto von Freising später meinte, war er als dessen Verwandter und treuer Gefolgsmann einer der einflussreichsten Männer am Hof. Gegenüber den fürstlichen Gegnern Heinrichs V., die sich im Investiturstreit auf die Seite des Papstes stellten, vertrat er als Neffe des Kaisers dessen Interessen, aber er gehörte auch zu jenen, die den Kaiser zum Versprechen drängten, seine Haltung gegenüber dem Papst und der Fürstenopposition vom Rat einer paritätisch besetzten Versammlung der Großen abhängig zu machen. Im Oktober 1121 verpflichteten sich 24 Fürsten eidlich, den Streit zwischen Kaiser und Papst durch Rat und Tat so lösen zu wollen, dass «das Recht und die Ehre des Reiches» gewahrt bleibe. Der Eid verband die fürstlichen Anhänger und Gegner Heinrichs V. zu einer Friedensgemeinschaft und ebnete 1122 den Weg zur Beilegung des Investiturstreits mit dem Wormser Konkordat. Dass sich Friedrich II. als Folge seiner Einbindung in diese fürstliche Schwureinung bei der strittigen Erhebung des Bischofs von Würzburg gegen seinen kaiserlichen Onkel stellte, beeinträchtigte ihr Vertrauensverhältnis nicht. Als Heinrich V. 1125 kinderlos starb, übertrug er dem Staufer sein Erbe.

Als nächster Verwandter des verstorbenen Königs beanspruchte Friedrich II. die Thronfolge. Aber in der Versammlung, zu der sich die fürstlichen Königswähler unter Vorsitz des Erzbischofs Adalbert von Mainz einfanden, vermochte er die Rangerhöhung, die seine Wahl zum König bedeutet hätte, seinen bisherigen Standesgenossen nicht erträglich zu machen. Denn während der Herzog von Sachsen, Lothar von Supplingenburg, und der Markgraf von Österreich, Leopold III. von Babenberg, Demut demonstrierten, indem sie unter Tränen in Abrede stellten, überhaupt gewählt werden zu wollen, jedem anderen Gewählten aber ihren Gehorsam versprachen, demonstrierte Friedrich II. besonderes Rangbewusstsein. Adalbert lockte den Ehrgeiz des...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2022
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Geld / Bank / Börse
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Reisen Reiseführer Europa
Geschichte Allgemeine Geschichte Mittelalter
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Schlagworte 12. Jahrhundert • Biographie • Deutschland • Friedrich Barbarossa • Herrschaft • Hochmittelalter • Italien • Kaiser • Kreuzzug • Krieg • Mittelalter • Mythos • Politik • Porträt • Staufer
ISBN-10 3-406-78198-5 / 3406781985
ISBN-13 978-3-406-78198-8 / 9783406781988
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