Ein Meer aus Licht und Farben (eBook)

Mein Neubeginn in Südschweden
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
240 Seiten
Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-95910-325-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Meer aus Licht und Farben -  Sylvia B. Lindström
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Nach einer schmerzlichen Trennung sieht Sylvia Brandis in Deutschland als alleinerziehende Mutter ohne Job und festen Wohnsitz einer ungewissen Zukunft entgegen. Also gibt sie ihrem Leben eine ganz neue Wendung und wandert mit ihrem dreijährigen Sohn Hauke nach Schweden aus - ein Land, das sie lediglich aus Astrid Lindgrens Kinderbüchern kennt. Ihr Sehnsuchtsort ist eine heile Welt mit einsamen Wäldern, Seen, gemütlichen Holzhäusern, mit freundlichen und toleranten Menschen. In einer solchen friedvollen Idylle soll Hauke aufwachsen. Doch der Alltag auf Öland, einer Insel im Südosten Schwedens, wo sie schließlich landet, sieht anders aus: Wer hier Fuß fassen will, darf sich für keine Arbeit zu schade sein. Und so gründet Sylvia zusammen mit einem öländischen Fischer eine kleine Firma, die Holzpferde herstellt. Sie verdingt sich zudem als Dolmetscherin, Zeitungsbotin, Aushilfskraft im ambulanten Pflegedienst, Märchenerzählerin für Kinder und Erwachsene und Spezialistin für Problempferde. Nach der Hochzeit mit Haukes »Wunschvater« ist ihr Glück allerdings noch lange nicht perfekt. Denn das Leben hat noch weitaus mehr mit Sylvia vor ...

Sylvia Brandis Lindström, geboren in Hamburg, arbeitete mit Dressurpferden, brach ihr Studium der Tiermedizin nach einigen Semestern ab und widmete sich neben der täglichen Arbeit auf einem Gestüt fortan dem Schreiben, unter anderem von Kinder- und Jugendbüchern. 1988 gewann sie beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt das Stipendium der Kärntner Industrie. 1992 zog sie nach Schweden und lebt seit 1994 auf der Insel Öland, wo sie als Physiotherapeutin für Pferde und freie Autorin tätig ist.

Sylvia Brandis Lindström, geboren in Hamburg, arbeitete mit Dressurpferden, brach ihr Studium der Tiermedizin nach einigen Semestern ab und widmete sich neben der täglichen Arbeit auf einem Gestüt fortan dem Schreiben, unter anderem von Kinder- und Jugendbüchern. 1988 gewann sie beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt das Stipendium der Kärntner Industrie. 1992 zog sie nach Schweden und lebt seit 1994 auf der Insel Öland, wo sie als Physiotherapeutin für Pferde und freie Autorin tätig ist.

WILLKOMMEN IM
NIEMANDSLAND


Unsere Rückkehr nach Tegelvik zu Beginn des neuen Jahres fühlte sich bereits ein bisschen wie nach Hause kommen an. Das bedeutete zugleich auch, dass der Lack des Funkelnagelneuen ab war.

Ich verstand inzwischen zu viel Schwedisch, um mir noch einreden zu können, dass die Leute hier im neuen Land grundsätzlich netter, toleranter, lebensklüger oder einfach nur sympathischer waren als im alten.

Der so angenehm trockene Humor der Holsteiner fehlte mir zuweilen und auch die deutsche Direktheit. In Schweden hielt man mit seiner Meinung, vor allem wenn sie von der aller anderen abwich, lieber hinter dem Berg. »Att ha åsikter« – Standpunkte zu haben, das gilt hierzulande als nichts Gutes. Mit zu viel Aufrichtigkeit machst du dich in Schweden kaum beliebt.

Daran, dass ich begonnen hatte, die Schattenseiten des Landes zu bekritteln, war möglicherweise die Kälte im Haus nicht ganz unschuldig. Ständiges Frösteln macht eben unduldsam. Und auch die Invasion der Mäuse, die immer zahlreicher und frecher in Erscheinung traten, verdüsterte mein Weltbild. Einzig in unserer nächtlichen Bastion, meinem Arbeitszimmer unterm Dach, ließen die Mäuse uns zufrieden.

Unsere junge Katze Dana hatte zwar zu jagen begonnen. Doch noch waren ihr die grausamen Spiele mit ihren Opfern wichtiger als die Pflicht des effektiven Tötens.

Tatkräftig wie immer sagte Åke Hilfe zu. Gift und ein kleines Kind im Haus – das gehe nicht gut zusammen, sagte er und kam mit einer Spezialanordnung, die er als die effektivste und billigste Mäusefalle der Welt bezeichnete: ein Eimer mit Wasser, auf den während der Nacht ein mit Speck eingeriebenes Holzbrett als eine Art von Leiter führte.

Die Mäuse benutzten sie tatsächlich, fielen ins Wasser und waren am kommenden Morgen ertrunken.

Als erster Anblick, noch ein wenig schlaftrunken nach halb durchgeschriebener Nacht, waren diese Wasserleichen nicht unbedingt das, was ich als guten Start in einen neuen Tag bezeichne. Ich entsorgte sie, um Hauke den Anblick des Massakers zu ersparen, und gab Åke Eimer und Brett zurück. Er lachte mich natürlich aus und fand mich allzu zimperlich.

Doch ich setzte lieber auf Katze Dana, kürzte ihre Futterration, und tatsächlich begann sie ihren Job allmählich ernster zu nehmen. Sie aß zwar immer noch kein Mäusefleisch, reihte die erlegten Kreaturen jedoch von nun an stets fein säuberlich auf der Fußmatte im Flur auf. Es waren jeden Morgen zwischen fünf und neun. Dennoch reduzierte sich die Anzahl der überlebenden Hausbesetzer allzu langsam.

Schließlich half jedoch unsere Politik der Abschreckung. Solange unsere stets ein wenig hungrige Katze leise maunzend durch die Räume patrouillierte, wagten sich die Mäuse immer seltener hervor. Stattdessen hörten wir sie fortan umso geschäftiger durch die Isolierung in den Wänden wuseln. Es schien, als wollten sie sich durch extra hektische und geräuschvolle Geschäftigkeit für die drastischen Maßnahmen rächen. Solange sie es dabei beließen, konnten wir zufrieden sein.

Ich war im Prozess der neuen Heimatfindung einen guten Schritt vorangekommen und wohnte nun in einer Art von Niemandsland. In Deutschland war ich ohne eigenen Wohnsitz nur noch Gast. Und in Schweden hatten wir den exotischen Reiz der Neuankömmlinge eingebüßt, ohne jedoch bereits als heimatberechtigt zu gelten. Ich hatte zwar eine Reihe von Bekanntschaften gemacht. Doch Bekannte sind nicht unbedingt Vertraute, und engere Freundschaften entwickelten sich im Norden offenbar nur langsam. Natürlich war auch die Sprache, die ich noch nicht perfekt beherrschte, ein gewisses Hindernis. Ich konnte mich in Alltagsdingen recht mühelos verständlich machen, doch wenn es um kompliziertere Dinge ging, fehlten mir nicht selten die richtigen Worte. Das, was ich sagen wollte, klang zu meiner eigenen Enttäuschung oft allzu platt.

Ich ahnte bereits, dass auch das Schreiben möglicherweise auf die Dauer ein Problem werden konnte. Nicht allein der Sprache wegen. Auch alle meine beruflichen Kontakte lagen nun auf Eis. Meine sporadischen Rundfunkaufträge in Deutschland als freie Mitarbeiterin für unterschiedliche Sender fielen jetzt natürlich weg.

Das Schreiben war auch in Schleswig-Holstein und meinem Alltag im Pferdegeschäft stets meine einsame Insel gewesen, auf die ich mich bei Bedarf zurückzog. Doch hier in Schweden schrieb ich zudem in einer fremden Sprache, die niemand meiner neuen Bekannten verstand. Einen Text zu kopieren, loszuschicken und dann auf eine Antwort zu warten, kostete Energie, Zeit und Geld. Ohne Internet war ich damals erheblich mehr auf mich gestellt und isoliert als heute.

Die beiden neuen Kinderbücher waren fertig, die Manuskripte angenommen worden, und demnächst würde ich die Belegexemplare zugeschickt bekommen. Das erste Exemplar eines eigenen druckfrischen Buches in der Hand zu halten ist immer festlich und besonders. Doch wem, außer Hauke, sollte ich die Bücher hier schon zeigen?

Nora würde mich im kommenden Sommer im neuen Haus besuchen. Das hatten wir bereits geplant. Wir schrieben uns hin und wieder Briefe, und sie hatte mir ein paar Kassetten mit ihrer Lieblingsmusik aufgenommen, die ich nun im Autoradio ständig hörte. Wie bereits gesagt: Nichts geht über alte Kinderfreundschaften!

Und ich sah ein, dass ich derart überlebenswichtiges Rüstzeug fürs Leben als brauchbare Mutter auch meinem Sohn nicht länger vorenthalten durfte. Auch er musste neue Freunde finden und endlich andere Kinder treffen. Daran ging kein Weg mehr vorbei.

Einmal in der Woche verbrachte Hauke von nun an ein paar Stunden bei einer Tagesmutter im Dorf. Zwischen fünf und sieben Kinder turnten und tobten durch den direkt an einer Wiese mit allgemeinem Bolzplatz gelegenen Bungalow, wo Maggan mit ihrem Mann und ihren beiden halbwüchsigen Söhnen wohnte. Sie war freundlich, gutmütig und fürsorglich. Ich musste Hauke allerdings beim ersten Mal mit einer Überraschung beim Nachhausekommen bestechen. Sonst wäre er nicht dort im fremden Haus und bei all den lärmenden Kindern geblieben.

Das Projekt Tagesmutter hatte ihm anfangs gar nicht gefallen. Wozu andere Kinder? Er spielte viel lieber allein oder mit mir. Ich war ein bisschen alarmiert und verstand zugleich seine Unsicherheit. Würde er sich überhaupt auf Schwedisch gut genug verständlich machen können? Würden die anderen Kinder ihn hänseln? Kinder können ja bekanntlich ziemlich grausam sein. Dann dachte ich an Bauer Sjöblom und seine Herrscherin und war mir wieder meiner Sache sicher. Denn ein Muttersöhnchen wollte ich aus meinem Kind nicht machen!

Maggans Tageskinder erwiesen sich dann als äußerst freundlich, jedes wollte sich gern um den schüchternen Neuen kümmern, der meist lächelnd zu Boden blickte, ihn an die Hand nehmen, um ihm alles zu zeigen und zu erklären. Jeder wollte mit ihm spielen.

Ein kleiner Ausländer! Toll! Das war doch endlich mal was!

»Hauki!«, riefen sie. »Komm her! Guck mal! Hier gibt’s Lego! Probier mal! Magst du das? Schmeckt es dir? Willst du gern Fußball spielen?«

»Weiß nicht recht«, murmelte das deutsche Kind verlegen.

»Macht nichts, Hauki. Guck doch einfach erst mal zu!«

Natürlich fanden die anderen Kinder es anfangs sonderbar, dass Hauke nur einmal in der Woche kam. Doch das erhöhte umso mehr seinen Seltenheitswert. Auch dass er mit mir in einer fremden Sprache redete, verlieh ihm weitere exotische Pluspunkte.

Bald hatte er zum ersten Mal im Leben einen gleichaltrigen besten Freund: Fredrik, einen klein gewachsenen, pfiffigen Rothaarigen mit unzähligen Sommersprossen. Im Alter von knapp vier Jahren war es noch durchaus ein Vorteil, stets der Kleinste von allen zu sein. Denn Fredrik war freundlich, forsch und furchtlos und auf eine liebenswerte Weise frech. Voller Energie schlug er Saltos auf Maggans Sofas, stand kinderleicht auf seinen beiden Händen und war zudem ein Akrobat am Ball. Alle fanden ihn einnehmend und bewunderten ihn, auch Hauke.

Die Kälte in Tegelvik war Besuch nicht richtig zuzumuten. Doch wenn wir erst nach Hid gezogen waren, würde Hauke alle seine neuen Freunde einladen können. Platz zum Spielen bot der große, eingezäunte Garten schließlich mehr als genug.

Seine beiden imaginären Brüder Stefan und Simon verloren nun allmählich an Bedeutung. Mit den wirklichen Kindern spielte er inzwischen andere Spiele, und das war gut so. Auch der Wald und die weißen Wolken hoch oben am Himmel wurden wortkarg.

Bei der Tagesmutter durfte er das Kinderprogramm des Fernsehens und manchmal auch Videofilme sehen. Viele der anderen Kinder spielten zu Hause bereits auf den Computern ihrer Eltern. Schweden war in technischen Belangen Deutschland ziemlich weit voraus. Ich schrieb immer noch auf meiner alten elektrischen Schreibmaschine und wollte daran auch nichts ändern. Computerspiele und Videofilme hatte es bislang in Haukes Leben nicht gegeben, und was man nicht kennt, das vermisst man auch nicht.

Einmal die Woche. Das war uns beiden zunächst genug. Zu Hause kehrte Hauke dann gern in unser provisorisches, privates Wunderland zurück, und auch ich wusste mein Leben als sein Mentor und die Gunst, an seiner Seite die Welt noch einmal mit unverbrauchten Augen sehen zu dürfen, umso mehr zu schätzen.

Die Liebe zu einem Kind ist eine Schule des beharrlichen Loslassens, ihr Ziel, einst guten Mutes getrennte Wege zu gehen. Manche Dinge, die du bereits weißt, musst du dennoch erst begreifen.

Die Rückkehr des Lichtes bedeutet in Schweden noch mehr als in südlicheren Ländern....

Erscheint lt. Verlag 4.6.2021
Reihe/Serie Sehnsuchtsorte
Sehnsuchtsorte
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte auswanderin • Auswandern • Autobiografie • Autobiographie • Dressurreiten • Eden Books • Elch • Goodbye Deutschland • Köttbullar • Memoir • Mittsommer • Mittsommerfest • Natur • Neuanfang • Neubeginn • Neustart • Öland • Pferde • Schären • Schweden • Sehnsuchtsort • Skandinavien • Südschweden • Sweden • Weite • Zimtschnecken
ISBN-10 3-95910-325-5 / 3959103255
ISBN-13 978-3-95910-325-1 / 9783959103251
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