Lübeck 220.000 Einwohner
Lübeck ist Weltkulturerbe, und das zu Recht. Die berühmte Silhouette der „Königin der Hanse“ mit ihren sieben Kirchtürmen grüßt schon von Weitem, etwas vom Ruhm und Reichtum vergangener Zeiten ist in der Altstadt an jeder Ecke zu spüren.
Vom Wasser umschlossen: Weltkulturerbe Lübeck
Fast scheint es, als sei Lübeck mit seinen jahrhundertealten, Betriebsamkeit atmenden Straßenzügen und den vielen historischen Gebäuden so etwas wie ein lebendes Museum, das überdies noch bequem zu Fuß erkundet werden kann. Die gesamte Altstadt befindet sich auf einem von der Trave umflossenen Oval. Wenn Sie zunächst eine andere Sicht auf die Stadt einnehmen wollen - kein Problem. Auf den Travekanälen verkehren stündlich Ausflugsschiffe, die die Altstadt mit ihren Salzspeichern am Ufer auch von der sehenswerten Wasserseite aus zugänglich machen.
Stadtbummel
Das nach wie vor schönste Entree in die Altstadt bildet das wuchtige, doppeltürmige Holstentor. Von hier ist es nur ein kurzes Stück hinauf zum weltberühmten Rathaus und der gewaltigen St.-Marien-Kirche. Noch vor Beginn eines Stadtrundgangs kann man vom Turm der nur wenige Schritte entfernten St.-Petri-Kirche einen herrlichen Rundblick über die Stadt genießen. Ein Aufzug führt hinauf zur 50 m hohen Aussichtsplattform (4 €). Oben angekommen, erkennt man, dass sich die Stadt auf einem Hügel befindet, von dessen Zentrum um die Marienkirche die Straßen fast schachbrettartig nach allen Seiten hinunter zum Wasser führen. Es wird auch deutlich, dass Lübecks historisches Zentrum nur rund 1 km breit und knapp 2 km lang ist, alles ist also bequem zu Fuß erreichbar.
Noch ist die Altstadt nicht autofrei, aber verkehrsberuhigt. Vom Markt aus zieht sich die stets geschäftige Fußgängerzone, die Breite Straße, nach Norden. Auf ihr ist auch das berühmte Café Niederegger zu finden, das den Ruf Lübecks als Marzipanstadt mitbegründet hat (→ Lübecker Marzipan). Aber v. a. das jenseits von Markt und Geschäftsmeile liegende Lübeck lohnt, entdeckt und erlaufen zu werden. Dicht gedrängte Häuserzeilen mit über 3000 prächtigen Patrizierhäusern, die stolz ihre typischen Stufengiebel zeigen, schmücken viele Straßen und Plätze. Prunkvolle Exemplare finden sich beispielsweise im Ostteil der Altstadt, so in der Fleischhauer- Hüx- und in der Wahmstraße. Alle drei Straßen bilden zudem ein wunderbar abwechslungsreiches Shopping-Viertel. Ebenfalls sehenswert sind die Gruben (so heißen die zur Trave führenden Straßen) im Südwesten, insbesondere die im Schatten von St. Petri beginnende Große Petersgrube. Sie ist die einzige Altstadtstraße, in der die ursprünglichen Fassaden der Gebäude vollständig erhalten geblieben und darüber hinaus auch noch Bürgerhäuser aller Baustile zu finden sind. Die Große Petersgrube mündet in die Straße An der Obertrave, wo einige Restaurants zur Einkehr einladen und auch Traverundfahrten starten. Eine wenig bekannte Besonderheit ist der Bau an der Obertrave 19-20, der von außen wie ein uralter, schöner Speicher aussieht. Das aber ist nur Tarnung, denn es handelt sich schlicht um einen Bunker.
Obwohl Lübeck einst eine überaus reiche Stadt war, lebten in der Hansestadt natürlich nicht nur wohlhabende Kaufleute. Im Norden der Altstadt liegt beispielsweise das Gängeviertel (an der Engelsgrube), wo auf engstem Raum die spätmittelalterlichen Handwerker und Tagelöhner wohnten. Deren ehemalige Behausungen sind durch Gänge verbunden, die teilweise so niedrig sind, dass man sich tief bücken muss, um hindurchzugelangen. Heute ist die Hinterhofidylle der winzigen, blumenberankten Häuschen liebevoll restauriert, und es lohnt sich unbedingt, bei einem Stadtspaziergang in diese andere Welt mit ihren „Scheinsackgassen“ und versteckten Ausgängen einzutauchen. In der gesamten Altstadt sind heute noch etwa 90 dieser typischen Lübecker Gänge erhalten geblieben.
Stadtgeschichte
Dreimal musste Lübeck gegründet werden, ehe es sich in voller Blüte entwickeln konnte. Etwas nördlich der heutigen Stadt, am Zusammenfluss von Trave und Schwartau (Alt-Lübeck genannt), entstand um das Jahr 1000 die Slawensiedlung Liubice, was „die Liebliche, die Schöne“ bedeutet. Doch im Jahr 1138 wurde diese Siedlung, in der sich mittlerweile bereits eine Niederlassung deutscher Kaufleute mit christlicher Kirche behauptete, im Zuge innerslawischer Auseinandersetzungen von heidnischen Slawen komplett niedergebrannt.
Lebensgroße Marzipanfiguren: Marzipansalon im Café Niederegger
Die Neugründung erfolgte 1143 unter der Federführung des Schauenburger Grafen Adolf II., der auf eben jenem Hügel zwischen Trave und Wakenitz, der heute noch die Altstadt bildet, eine Siedlung errichten ließ. Hier bestand seit alter Zeit ein Handelsweg, deshalb war der Standort ein idealer Ausgangspunkt, um das slawische Gebiet zu unterwerfen. Schnell zog die neue Stadt viele Kaufleute an und wickelte einen immer größeren Teil des Nordosthandels ab. Das wiederum war dem Lehnsherren des Grafen, Herzog Heinrich dem Löwen, ein Dorn im Auge, denn in seinem unmittelbaren Einflussbereich nahm der Handel ab. Deswegen forderte er Adolf II. auf, ihm die Hälfte der städtischen Einnahmen zu überlassen, was dieser jedoch ablehnte. Daraufhin entzog der Herzog der Stadt das Recht auf einen Fernhandelsmarkt, womit den hiesigen Kaufleuten die Existenzgrundlage genommen wurde. Das vorläufige Ende der Stadtgeschichte markierte schließlich ein verheerender Brand im Jahr 1157, dem große Teile der Siedlung zum Opfer fielen.
Der Neuanfang und damit gewissermaßen die dritte Stadtgründung ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Nachdem Heinrich der Löwe den Kaufleuten nach der Brandkatastrophe einen neuen Siedlungsplatz im Lande Ratzeburg zugeteilt hatte, der jedoch wirtschaftlich nicht sonderlich florierte, ließ er sie kurzerhand zurückholen und wies sie an, ihre alte Siedlung wiederzuerrichten. So entstand Lübeck 1159 unter Heinrich dem Löwen nochmals, und zwar mit einem Grundriss, der heute noch Bestand hat. Eine seiner ersten Maßnahmen bestand darin, Lübeck zum Bischofssitz zu machen (den Grundstein für den Dom soll er angeblich selbst gelegt haben), sodass die Stadt schon bald zum Zentrum der Missionierung Ostholsteins wurde. Zudem stattete er Lübeck mit einem Stadtrecht (nach Soester Vorbild) aus, welches später „Lübisches Recht“ genannt und mehr als 100 Städten im Ostseeraum verliehen wurde.
Stiftshof in der Glockengießerstraße
Aus Brandschutzgründen waren ab 1250 nur noch Backsteine als Baumaterial erlaubt. Auf engstem Raum entstanden so prächtige Häuser und Höfe, deren kunstvolle Giebel noch heute den Charme der Stadt ausmachen. Aufgrund seiner vielfältigen Handelsbeziehungen gelangte Lübeck innerhalb kürzester Zeit zu Macht und Reichtum. Dokumentiert wird dies u. a. durch die berühmten sieben Kirchtürme, die innerhalb von nur fünf Jahrzehnten, nämlich zwischen 1170 und 1220, erbaut wurden.
Zwar fiel die Stadt 1201 zwischenzeitlich in die Hände der Dänen, aber mit der Schlacht von Bornhöved (1227) erlangte auch Lübeck seine Souveränität zurück und wuchs rasant weiter. Denn nun wurde die neue Metropole an der Ostsee von Friedrich II. auch noch zur freien Reichsstadt erhoben, war also fortan keinem Grafen, Herzog oder Bischof, sondern lediglich dem Kaiser verpflichtet. Im Jahr 1300 trat die Stadt dann der Hanse bei und konnte hier rasch eine Führungsrolle übernehmen, ja sich zur „Königin der Hanse“ entwickeln (→ Kasten). Was Venedig für das Mittelmeer war, wurde Lübeck für die Ostsee, nämlich das Handelszentrum schlechthin. Die Metropole wuchs immer weiter und war bald nach Köln die zweitgrößte Stadt des Reiches. Die politische Macht lag bei den reichen Kaufleuten, was fast zwangsläufig zu Differenzen mit den kirchlichen Autoritäten führen musste. Als steinernes Sinnbild kaufmännischen Selbstbewusstseins ließen die stolzen Ratsherren ab 1250 die gigantische Marienkirche bauen. Der Bischof, weitgehend entmachtet und des selbstherrlichen Rates überdrüssig, zog nach Eutin und lenkte seitdem von dort die Geschicke seines Bistums Lübeck.
Im Zeitalter der Reformation musste Lübeck behutsam vorgehen, denn die freie Reichsstadt unterstand ja dem katholischen...