Ab in den Süden! (eBook)

Mein Selbstversuch, Cluburlaub und Pauschalsonne lieben zu lernen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
260 Seiten
DuMont Reiseverlag
978-3-616-49120-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ab in den Süden! -  Are Kalvø
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Das E-Book basiert auf: 1. Auflage 2020, Dumont Reiseverlag

Sonne und Meer, freundliche, entspannte Einheimische, mediterrane Traditionen - wer träumt nicht von einem Urlaub mit diesen Zutaten? Jeder wahrscheinlich, außer Are Kalvø! Den Versprechungen der Reisekataloge misstraut der norwegische Comedian genauso wie den verklärten Erzählungen von Urlaubsheimkehrern. Ein Selbstversuch soll helfen, die Süden-Sehnsucht zu verstehen: Auf Mallorca mischt er sich unter feucht-fröhliche Pauschaltouristen, in Griechenland begibt er sich auf die Suche nach unverfälschter Ursprünglichkeit.

  • Feinster norwegischer Humor
  • DIE Lektüre für die Sonnenliege daheim
  • Vom Erfolgsautor  von 'Frei.Luft.Hölle'

Tipp: Setzen Sie Ihre persönlichen Lesezeichen an den interessanten Stellen und machen Sie sich Notizen... und durchsuchen Sie das E-Book mit der praktischen Volltextsuche!



<p><strong>Are Kalvø</strong> ist einer der führenden norwegischen Komiker und Satiriker. Er macht Stand-Up seit über 25 Jahren. Er hat auch Musicals, Revuen, eine Oper und elf Bücher zu verschiedenen Themen wie Religion, Politik, Fußball und Zeitnutzung geschrieben. Das hat ihm ein großes Publikum, viel Lob, viele Preise und ein paar Schimpfwörter eingebracht. Kalvø schreibt oft über Dinge, die er nicht so gut kennt.</p>

Der Süden ist ein anderer Ort

1 Beim Lesen von Süden-Reisekatalogen fällt mir auf, dass viele der darin beschriebenen Reiseziele große Ähnlichkeiten mit der Kleinstadt Moltustranda an der norwegischen Westküste haben.

In solchen Reisekatalogen werden griechische Urlaubsorte beispielsweise so beschrieben: »Das kleine Fischerdorf Spinatos besticht durch seine idyllische Lage weit draußen am Meer. Hier hat man es nicht eilig. Hier scheint die Zeit stillzustehen.«

Auch Moltustranda liegt weit draußen am Meer. Man hat es dort definitiv nicht eilig, und ich kenne etliche Leute, die der Meinung sind, in Moltustranda stehe die Zeit still, und zwar schon lange.

Aber keiner käme deshalb auf die Idee, den Familienurlaub oder seine Flitterwochen dort zu verbringen.

Nicht, dass ich etwas gegen Moltustranda hätte. Ganz und gar nicht. Ich kenne sogar ein paar nette Menschen, die aus Moltustranda kommen. Nur ist es eben kein Ort, wo man seinen Urlaub verbringt. Natürlich hängt das mit dem Klima zusammen, mit der geringen Anzahl an Übernachtungsmöglichkeiten und mit Moltustrandas eher begrenztem Gastronomieangebot. In erster Linie aber hat es damit zu tun, dass der Süden ein komplett anderer Ort ist. Ein Ort, an dem ganz andere Regeln gelten als zu Hause, wo ganz andere Dinge als romantisch, exotisch und idyllisch erlebt werden.

Fisch zum Beispiel.

Sprich mehrmals nacheinander das Wort »Fisch« aus.

Fisch Fisch Fisch Fisch.

Was du hörst, ist nicht der Klang von Urlaub. Du hörst nicht den Klang von etwas Exotischem oder Idyllischem. Was du hörst, ist das Gegenteil von Urlaub. Das Gegenteil von Freiheit, Luxus, Partystimmung und Gemütlichkeit.

Fisch Fisch Fisch Fisch.

Prickelnde Spannung, Verliebtheit und flimmernde Hitze klingen anders. Das ist nicht der Klang von sorglosen Tagen, späten Abenden und Wellenrauschen am Sandstrand.

Bei Fisch denkt man nicht an Urlaub. Man denkt nicht einmal an Wochenende. Fisch ist Dienstag. Fisch ist Schulmensa. Fisch ist vernünftig. Fisch ist gut für dich. Fisch, das ist der Klang, der Geschmack und der Geruch von Alltag, an dem es nichts im Fernsehen gibt und nichts zu tun und nichts, worauf man sich freuen kann, und nichts Interessantes zum Abendessen.

Und Fischer?

Sprich das Wort »Fischer« aus, und du denkst an harte Arbeit, hohe See, Fangquoten, leergefischte Meere, geringe Einkünfte und an kleine Küstenorte ohne Supermarkt und ohne Friseur, die von Landflucht bedroht sind. Du denkst an deftigen Humor, aber nicht an Romantik am Strand. Und ganz bestimmt nicht an Sommer und Sonne, ja nicht einmal an gutes Wetter, sondern nur an stinknormales Sauwetter.

Aber wenn du das Wort »Fisch« oder »Fischer« in einem Süden-Katalog liest, denkst du an herrliche Strände, an Ruhe und Entspannung, an paradiesische Kleinstädte mit freundlichen alten sonnengebräunten Menschen in weißen Steinhäusern.

»Fischerdorf« ist eins von diesen Wörtern, die plötzlich etwas Faszinierendes und Romantisches bekommen, wenn es um den Süden geht. Und zwar nur dann. Auch Moltustranda ist ein Fischerdorf. Aber niemand findet Moltustranda faszinierend.

Wann hast du zuletzt an einem Samstagabend zu Hause gesessen und dich gelangweilt, um dich dann zu deiner Liebsten umzudrehen und zu sagen: »Weißt du was, Schatz, lass uns mal einen Fischer besuchen«?

Im Süden wäre das ein ganz normaler Vorschlag. In seinem Katalog für die Kanarischen Inseln lockt ein Reiseveranstalter die Urlauber mit folgendem Angebot:

»Wir besuchen eine sympathische und ganz typische Fischerfamilie. Es wird ein unvergesslicher Abend am Strand bei der Fischerhütte. Die Frau des Fischers bereitet eine landestypische Spezialität zu: Paella und einen herrlichen Salat. Dazu trinken wir Rosé. Zum Tanz wird Kaffee mit Cognac serviert.«

Noch besser, als am Abend einen Fischer und seine Familie zu besuchen, ist es, mit ihm im Boot hinauszufahren. Viele Urlauber aus der Fischereination Norwegen interessieren sich zu Hause nicht nennenswert für das Thema, stehen in den Ferien aber gern um halb fünf morgens auf, um einen echten Fischer bei seiner Arbeit zu erleben.

Nicht nur Fischer wirken im Süden besonders faszinierend. Auch alte Leute sind hier etwas Besonderes. Es tauchen in den Katalogen der Reiseveranstalter zwar nicht viele Fotos von Einheimischen auf, aber die Bilder, die man findet, zeigen häufig sehr alte Menschen. Runzelige Frauen mit Damenbart. Unrasierte Männer mit abenteuerlichen Kopfbedeckungen. Bestimmt gibt es beides auch in Moltustranda, ohne dass wir Kataloge damit füllen würden. Doch im Süden ist alles, was alt ist, idyllisch. Das gilt für alte Menschen ebenso wie für alte Dinge, insbesondere für alte unpraktische Gegenstände, die nicht mehr funktionieren. Im Mallorca-Programm von Star Tours ist unter der Überschrift »Idyllisches Mallorca« über einen Ausflug zum ehemaligen Landgut La Granja Folgendes zu lesen:

»Auf La Granja geht das Leben noch immer seinen Gang wie in früheren Zeiten. Wir machen einen Spaziergang durch den schönen und üppigen Garten, vorbei an prächtigen Blumen und Tomaten. Alles ist so erhalten, wie es früher einmal war. Die Nebengebäude enthalten nicht nur alte Landwirtschaftsgeräte, hier gibt es auch Tiere anzuschauen. Im Wohnhaus können wir unter anderem die Schlafzimmer, den Speisesaal und die Folterkammer besichtigen.«

Eine idyllische Folterkammer ist natürlich absurd. Aber auch so ist dies ein Beispiel dafür, dass wir im Süden Dinge tun, auf die wir zu Hause im Leben nicht kommen würden. Ferien auf dem Bauernhof sind eine Sache. In seinem Urlaub einen stillgelegten und unbewohnten Hof mit leeren Ställen zu besuchen, ist etwas ganz anderes. Welcher Norweger würde schon einen Ferientag in seiner Heimat damit verbringen, einen stillgelegten Bauernhof zu besuchen und alte Kartoffelsetzmaschinen und einen Massey Ferguson ohne Räder zu besichtigen? Und sich als Höhepunkt des Ausflugs die Stelle hinter dem Stall anschauen, wo der Großbauer in alten Tagen ungehorsame Knechte grün und blau prügelte?

Im Süden finden wir ganz andere Dinge interessant als zu Hause. Und wir sind weitaus offener dafür, etwas Interessantes zu erleben, wenn wir im Süden sind. Als ich zum ersten Mal mit meinen Eltern auf Süden-Tour reiste, war ich fest entschlossen, diese Augenblicke, die ich als authentische Süden-Momente empfand, diese kleinen Episoden, die mir das Gefühl gaben, ganz woanders zu sein, in vollen Zügen zu genießen. Ein Mann mit einem Glas Wein in einem Straßencafé. (Zu Hause hätte ich gedacht: ein feister Typ, der am helllichten Tag Alkohol trinkt.) Eine alte Dame, die an ihrem Fenster steht und die Passanten betrachtet. (Zu Hause hätte ich gesagt: »Was glotzt du so, du alte Schachtel?«)

Was mir auf meiner ersten Süden-Tour am besten gefiel und mir wirklich das Gefühl vermittelte, in der großen weiten Welt zu sein, war mein abendlicher Spaziergang zum Strand, wo ich eine halbe Stunde lang aufs Wasser schaute. Ich glaube nicht, dass ich an etwas Besonderes dachte, während ich dastand und aufs Mittelmeer starrte, aber ich weiß noch, dass ich den Eindruck erwecken wollte, ich dächte an etwas Besonderes. Etwas ganz Besonderes. Und Tiefgründiges.

Wasser hatten wir zu Hause auch. Jede Menge sogar. Das war es nicht. Aber ich hatte nie eine halbe Stunde am Fjord gestanden und aufs Wasser hinausgeschaut. Wer sich in meinem Heimatort am ehesten am Wasser aufhielt, waren die Leute, die sich am Kai herumtrieben. Sie hatten Autos und parkten demonstrativ mit dem Wagenheck zum Fjord. Hätte ich mich damals, als frischgebackener Teenager, eine halbe Stunde neben ihre Autos gestellt und auf den Fjord hinausgeblickt, ohne etwas zu sagen, hätten mich die Leute für den Rest meines Lebens als total durchgeknallt betrachtet, so viel steht fest.

Im Süden sind ganz andere Dinge statusträchtig als zu Hause, und dort gilt auch eine vollkommen andere Hierarchie. Wer schon eine Woche in einem Hotel im Süden verbracht hat, steht höher in der Hierarchie als die Frischlinge, die gerade erst mit dem Bus vom Flughafen angekommen sind. Er darf sich am Strand über die Bleichgesichter lustig machen und am nächsten Morgen kichern, wenn die Bleichgesichter keine Bleichgesichter mehr sind, sondern sonnenverbrannt zum Frühstück erscheinen.

Was das betrifft, ist ein Urlaub im Süden dem Militärdienst nicht ganz unähnlich. Auch beim Militär hat derjenige, der am längsten dabei ist, den höchsten Status und darf die Frischlinge mobben, ja, es ist sogar seine Aufgabe. Natürlich gibt es entscheidende Unterschiede zwischen Urlaub im Süden und dem Militärdienst. Bei der Armee sind zum Beispiel wenig Frauen, bei Militärübungen herrschen häufig dreißig Grad minus, und anders als im Urlaub möchtest du beim Militärdienst am liebsten sofort nach Hause. Aber vieles ähnelt sich auch: Eine Gruppe von Menschen, die sich sonst nie begegnet wären, ist an einem Ort versammelt, um Dinge zu tun, die sie zu Hause nicht tun würden. In beiden Szenarien übernehmen die Leute verschiedene Rollen innerhalb der Gruppe. Sowohl in einer Gruppe von Wehrdienstleistenden als auch in einer Reisegruppe kristallisiert sich schon früh heraus, wer der Spaßvogel ist, wer am liebsten Party macht, wer sich gern mal zurückzieht und wer kurz vor Mitternacht unbedingt ein Lied anstimmen muss. Außerdem sind Süden-Touristen und Soldaten uniformiert. Im Süden besteht die Uniform aus Minimalbekleidung.

Wenn Menschen auf die eine oder andere Weise uniformiert sind, passiert etwas mit ihnen. Das fällt mir jedes Mal auf, wenn im Supermarkt nebenan »mexikanische Woche« ist und einer der jungen Verkäufer – ein normalerweise...

Erscheint lt. Verlag 9.2.2021
Reihe/Serie DuMont Welt - Menschen - Reisen E-Book
Übersetzer Wolfgang Butt
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte Cluburlaub • humor urlaub • Massentourismus • Pauschaltourismus • Puschalurlaub • reisen humor • Urlauberlebnis • urlaub stories
ISBN-10 3-616-49120-7 / 3616491207
ISBN-13 978-3-616-49120-2 / 9783616491202
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