Finne dein Glück (eBook)

Eine Spurensuche im Land der Mitternachtssonne
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
304 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491366-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Finne dein Glück -  Bernd Gieseking
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Bernd Gieseking ist unterwegs im Land der Glücksweltmeister. Er reist von Süd nach Nord, von Helsinki nach Inari und dann über Rovaniemi, Oulu, die Insel Hailuoto und Turku wieder zurück. Er besucht langjährige Freunde und trifft Künstlerinnen und einen Bierbrauer, eine Bischöfin, einen Tierarzt, eine Mumin-Expertin, einen ehemaligen Musiker der Leningrad Cowboys, einen Mitarbeiter des samischen Parlaments, die finnische Vize-Meisterin im Hobby Horsing in der Disziplin Dressur, er sitzt in zahlreichen Saunen, spricht mit einem Lakritz-Hersteller und reist zu den finnischen Meisterschaften im Watercross. Gieseking fragt Finnen, warum sie glücklich sind, aber auch ob Deutsche in Finnland und Finnen in Deutschland glücklich sein können. Und er fragt sich selbst, warum er in Finnland immer wieder so glücklich ist.

Bernd Gieseking, geboren 1958 in Minden-Kutenhausen, ist Kabarettist und Autor von Kolumnen für die »Wahrheit«-Seite der »taz«, Kinderbüchern, Kinderhörspielen für den WDR und den HR sowie diversen anderen Büchern. Seine im FISCHER Taschenbuch erschienen Finnland-Bücher »Finne dich selbst!« und »Das kuriose Finnland-Buch - Was Reiseführer verschweigen« sind Bestseller.

Bernd Gieseking, geboren 1958 in Minden-Kutenhausen, ist Kabarettist und Autor von Kolumnen für die »Wahrheit«-Seite der »taz«, Kinderbüchern, Kinderhörspielen für den WDR und den HR sowie diversen anderen Büchern. Seine im FISCHER Taschenbuch erschienen Finnland-Bücher »Finne dich selbst!« und »Das kuriose Finnland-Buch – Was Reiseführer verschweigen« sind Bestseller.

Finnland, das macht Gieseking deutlich, ist viel mehr als Rentiere, Glögg, Weihnachtsmann und Sauna

Keine Frage, hier schreibt ein Fan für andere Fans.

Eine Lektüre für vor oder nach dem Urlaub, die das Herz wärmt.

Bernd Gieseking hat viel Überraschendes zusammengetragen, schreibt auf den Punkt und baut Pointen ein, wo sie passen.

Neben seinem Humor, der durch jede Zeile dringt, machen vor allem seine reportagigen Beschreibungen Spaß

Seine Bücher (...) sind Meisterwerke der Komik.

Tag 4 Helsinki


Auf ein Bier mit dem FC Germania Helsinki

Ich bringe mein Fahrrad zurück zum Hotel und mache mich dann zu Fuß erneut auf den Weg in die City. Ich bin verabredet »auf ein Bier«, wobei es heute auch mehr werden könnten, denn ich habe zwei Verabredungen »auf ein Bier« hintereinander. Deshalb lasse ich das Fahrrad lieber »zuhause«.

Treffpunkt ist die »Baari U. Kaleva«, eine Kneipe in der Kalevankatu direkt im Zentrum. Eine der Besonderheiten des »U. Kaleva« ist, dass hier ausschließlich finnische Musik gespielt wird: Die großen Tango-Interpreten wie Reijo Taipale fehlen ebenso wenig wie Bands mit schrägen Namen wie »Laika & The Cosmonauts« oder »Freud, Marx, Engels & Jung«.

Ich setze mich draußen auf die Terrasse und schaue den Leuten zu. Hier flanieren Finnland und die Welt. Ich bin mindestens eine Stunde zu früh dran für meine erste Verabredung, aber ich will ja ankommen in Helsinki. Meine Seele hechelt meinem Körper noch ein wenig hinterher. Gut möglich, dass sie noch in der Warteschlange in Travemünde steckt, denn, wie mir vor Jahren eine weise, ältere Finnin erklärt hat: »Die Seele reist nicht so schnell wie der Körper.«

Aus dem Innenraum dringt leise finnische Musik, und leise Finnen trinken leckeres finnisches Bier. Ich gehe nach drinnen an die Theke, um mir auch eines zu holen. Ich grüße auf Finnisch, bestelle auf Englisch und bin überrascht, als der Mann hinter dem Tresen mir den Preis auf Deutsch nennt. Ohne jeden Akzent. Auf meine verwunderte Nachfrage sagt er: »Na, weil ich auch aus Deutschland bin.« Ich nehme mir vor, bei nächster Gelegenheit an meinem Englisch zu arbeiten, damit man den deutschen Einschlag nicht mehr ganz so stark heraushört. Aber immerhin hielt man mich in Italien schon mal für einen Schweden.

»Dieter«, stellt er sich vor und gibt mir die Hand.

»Bernd, freut mich«, sage ich.

Dieter stammt aus Siegen. Später erfahre ich, dass er gemeinsam mit seiner finnischen Frau nicht nur diese, sondern noch eine weitere Kneipe in einem anderen Stadtviertel betreibt, das »Sirdie«, zusammengesetzt aus den Vornamen der beiden: Sirpa und Dieter.

Dieter erzählt mir, dass viele Deutsche auf ein Bier ins »U. Kaleva« kommen. Er deutet auf ein Trikot an der Wand. »Auch die Jungs vom FC Germania Helsinki.«

Ich muss lachen: »Mit denen bin ich hier bei dir verabredet.« Klein ist die Welt in Finnland, hier kennt wirklich jeder jeden.

Er stellt mir das Bier auf den Tresen: »Na denn, Prost!«

In dem Moment kommt Ville auch schon zur Tür herein. Ville stammt aus Tampere. Ich bin mit der ganzen Familie befreundet, die mehrere Jahre in Düsseldorf gelebt hat. Seit seinen Jahren in Deutschland trägt Ville eine schwere Last: Er ist Fan von Fortuna Düsseldorf. Drei- bis fünfmal pro Saison fliegt er mit Freunden zu Spielen seines Lieblingsvereins. Er ist ein echter Fan, aber nicht nur von Fußball. Er ist ein genauer Beobachter und äußerst interessierter Bürger. Er ist ein wandelndes Finnland-Lexikon, und weiß deshalb auch alles Mögliche über dieses Pub zu berichten. Benannt ist es nach Urho Kaleva Kekkonen, der 25 Jahre lang finnischer Staatspräsident war. Kein anderes in einem demokratischen Land gewähltes Staatsoberhaupt war länger im Amt. Für ihn wurden extra die Gesetze geändert, in denen nur eine maximale Amtszeit von zwölf Jahren erlaubt war. Charakteristisch für ihn war eine dicke, eckige Brille; in der Bar kann man T-Shirts kaufen, auf denen Kekkonen karikiert mit dieser Glasbausteinumrandung als Piktogramm aufgedruckt ist. Ville erzählt noch etwas für die Abteilung »Unnützes Wissen«: 1924 war dieser Kekkonen finnischer Meister im Standhochsprung. Wikipedia verrät uns dazu: Diese Disziplin war von 1900 bis 1912 sogar olympisch.

Ville müsste eigentlich Kulturbotschafter werden. Er weiß alles über finnisches Leben, inklusive der geschichtlichen Daten. Beruflich ist er selbständiger Taxifahrer, außerdem hat er eine halbe Stelle in einer Bank. Ich freue mich, dass er trotzdem Zeit hat. Kein Problem, meint er, es sei Wochenanfang. Und Sommer, da würden die Leute kaum Taxi fahren, alle seien im Urlaub in ihren Sommerhäusern, den mökkis. Erst im Herbst beginne die richtige Saison, sagt er.

Unvermittelt fragt er mich, ob mir nicht kalt sei. Wir sitzen draußen, kein Problem für mich. Ich bin Ostwestfale und sitze hier im T-Shirt. Kältetechnisch liegen wir höchstens ein, zwei Grad hinter den Finnen.

»Terassikausi«, lacht er. Das ist der Ausdruck für »die Terrassensaison ist eröffnet«. Normalerweise beginnt die in Finnland sogar schon Ende April. »Dieses Jahr haben wir den kältesten Juli seit fünfzig Jahren«, sagt Ville. »Sonst sind es so zwischen 20 und manchmal 28 Grad, diese Woche hatten wir nur 13.« Er grinst: »Der Sommer in Finnland ist kurz, aber mit wenig Schnee!«

Ich erzähle, dass ich Rita in zwei Wochen in Lappland treffe. Ville lacht. »Wenn es da 15 Grad sind, dann ist es warm. Wenn es ganz schlecht kommt, dann schneit es!« Anfang Juni hätten sie tatsächlich noch Schnee in Lappland gehabt.

Er gibt mir noch einen wichtigen Tipp für die Fahrt: »Wenn dich ein entgegenkommendes Fahrzeug anblinkt, dann heißt das: Aufpassen, da ist ein Rentier auf der Fahrbahn. Oder an der Fahrbahn. Und wenn es an der Fahrbahn steht, ist es ganz schnell auf der Fahrbahn.«

Weil Ville als Taxifahrer natürlich jede Menge Touristen transportiert, frage ich ihn, wie die Touristen auf Helsinki schauen.

»In Helsinki leben 600000 Menschen, die Stadt hat die gleiche Größe wie Düsseldorf. Das hier ist kein Hongkong, kein Singapur. Wenn ich Touristen vom Flughafen zum Zentrum fahre, sagen die einen: ›Oh, es ist so schön klein hier und dann die Natur!‹ Und die anderen fragen mich: ›Okay, und wo ist jetzt das Zentrum?‹ Wenn ich dann sage, wir sind schon im Zentrum, können sie das gar nicht fassen. ›Aber wo sind die Skyscraper, die hohen Gebäude?‹ Tja. Es gibt keine hohen Gebäude, das hier ist Finnland!«

Ich erzähle Ville, dass gleich zwei Leute vom FC Germania Helsinki kommen werden.

»Die müssen in den unteren Ligen spielen«, sagt Ville. »Die kenne ich gar nicht.«

Diese Lücke in seinem unerschöpflichen Wissensschatz gilt es zu schließen.

»Bleib doch da, dann kannst du sie kennenlernen.«

 

Wenig später kommen zwei Männer im besten Alter auf uns zu, breites Grinsen im Gesicht und einen Fanschal um die Schultern. Tim und Konsta sind Gründungs- und Vorstandsmitglieder und wesentliche Motoren des in Finnland ordnungsgemäß eingetragenen Fußballvereins FC Germania Helsinki. Tim ist der »Presi«. Ich stelle mich und ihnen Ville vor. Und hole dann Bier für vier. Als ich zurückkomme, sind die drei in regem Austausch. Fußballfans unter sich.

Auf der Facebook-Seite des Vereins ist zu lesen: »Wir sind die beste deutschsprachige Fußballmannschaft in Finnland.« Dem ist nichts hinzuzufügen. Und dann steht da noch: »Der Spaß am Spiel steht bei uns an erster Stelle.« Das stellen die beiden an diesem Abend ständig unter Beweis. Den Besucher ihrer Webseite begrüßen sie mit dem ironischen Motto: »Veikkausliiga, wir kommen.« Das ist die finnische Bundesliga.

Unser »Meeting« ist ein beinah zufälliges, mindestens aber spontanes Treffen. Ich war zwei Tage zuvor erst, am Samstagmorgen, im Hotel, noch bevor ich meinen Rucksack ausgeräumt hatte, ins Internet gegangen. Aus Spaß hatte ich verschiedene Suchbegriffe eingegeben. Finnland, Deutschland, Helsinki, Deutsche und Finnen. Und so war ich auf den FC Germania Helsinki gestoßen. Bitte? Eine deutsche Fußballmannschaft in Finnland? In Helsinki?

Ich hatte ihnen über Facebook geschrieben, wer ich sei und dass ich sie gerne treffen würde. Die erste Antwort kam nach Sekunden, und kurz darauf stand auch schon der Treffpunkt fest: »Montagabend, im ›U. Kaleva‹.«

Konsta stammt unüberhörbar aus Nürnberg, Tim aus dem Erzgebirge. Beide leben schon lange in Finnland. Konsta kam 2006 als Bauingenieur für ein deutsches Unternehmen ins Land. Aus 16 Monaten wurden 13 Jahre. Mittlerweile arbeitet er als Bauleiter für eine schwedische Firma.

Tim ist Jurist bei einer privaten Beratungsfirma, Schwerpunkt Europäisches Chemikalienrecht. »Im Sommer bin ich zwölf Jahre in Finnland. Ursprünglich bin ich wegen einer Finnin hierhergekommen und hab mir dann eine Arbeit gesucht. Bei Konsta war es umgekehrt. Er hatte erst Arbeit und hat dann hier seine spätere Frau kennengelernt. Die meisten verschlägt es aus privaten Gründen in den Norden. Und dann bauen sie sich hier etwas auf.«

Tim und Konsta leben etwas außerhalb, in Tikkurila und Kerava. Als Ville das hört, sagt er grinsend: »Susiraja

Bitte? Ville klärt mich auf. Susiraja heißt »Wolfgrenze«. »Es gibt ein Leben innerhalb des Stadtrings Nummer drei von Helsinki – und alles jenseits davon liegt für uns Städter im Wolfsgebiet.« Susiraja – ein charmanter Begriff für »außerhalb« und »Provinz«.

Tim und Konsta haben mir ein Geschenk mitgebracht. Einen Fanschal mit eingewebtem Vereinsemblem. Ein Kreis mit Vereinsname und Gründungsjahr, der ein eigenwilliges Motiv umschließt: ein Boot, darüber zwei so witzige wie irritierende Vuvuzelas und ein...

Erscheint lt. Verlag 26.5.2021
Zusatzinfo 1 s/w-Abbildung
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte Abenteuer • Bewusst leben • Elche • Glück • Glücksländer • Glücksweltmeister • Hailuoto • Helsinki • Hobby Horsing • Hurtigroute • Inari • Leningrad Cowboys • Mitternachtssonne • Norden • Nordmeer • Oulu • Reisen • Rentier • Rovaniemi • Samen • Skandinavien • Tierwelt • Turku
ISBN-10 3-10-491366-8 / 3104913668
ISBN-13 978-3-10-491366-7 / 9783104913667
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