Unterwegs im Land der Götter - Reisen durch Indien Pakistan Nepal -  Karl-Ernst  Peters

Unterwegs im Land der Götter - Reisen durch Indien Pakistan Nepal (eBook)

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2016 | 1. Auflage
342 Seiten
Verlag DeBehr
978-3-95753-280-0 (ISBN)
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330 Millionen Götter hat Indien, das Land voller Gegensätze, voll unglaublicher Schönheit und bitterster Armut vorzuweisen. Aus dem Kastensystem resultieren die unterschiedlichsten Sitten und Gebräuche. Kunst, Kultur und Magie reihen sich ein neben Bettlern, Garküchen und Rikschas, im Staub der Straße werden Zähne behandelt oder gleich gezogen. In der Ferne erkennt man das Taj Mahal. In Pakistan, einst ein Teil Indiens, pulsieren Vergangenheit und Gegenwart nebeneinander. In dem benachbarten Nepal wiederum ist die Lebensart eine völlig andere. Karl-Ernst Peters hat diese drei Länder bereist und sich ganz auf die Fremde eingelassen. Er lädt den Leser auf eine mit Fachwissen fundierte und mit Bildern unterlegte Reise in das faszinierende Land der Götter ein. REISEBERICHT - REISEFÜHRER - LANDESTYPISCHE BESONDERHEITEN - VERHALTENSTIPPS - AUSFLUGSZIELE

 

Einstimmung

Früher war Indien wesentlich größer als heute, da sich Pakistan und Bangladesh aus religiösen unüberbrückbaren Differenzen abspalteten, nachdem das Land von den Briten und durch den gewaltlosen Kampf Gandhis unabhängig wurde. Was dem Hindu heilig ist, wird vom Moslem gegessen. Indien ist ein Vielvölkerstaat. Fast in jeder Region wird eine andere Sprache oder Dialekt gesprochen. Auf den Geldscheinen waren, wenn ich richtig gezählt habe, 13 Sprachen vertreten, die den Wert des Scheines angaben. Die Amtssprache ist Hindi. Damals waren sechs Schuljahre das Minimum. Es wurden in der Schule drei Sprachen gelernt, die regionale, Englisch und Hindi. Was das Englische anbelangt, waren die Aussprache und das Verstehen eine Katastrophe.

Wir sind 1982, 1983 und 1984 durch diesen Kontinent gefahren. Ein Land mit so vielen Gegensätzen findet man wahrscheinlich nirgendwo anders auf der Welt. Zwei Charaktere, die nur hier zu finden sind, erschweren das Leben der Menschen ungemein, was bei Ausländern ebenfalls zu größeren Problemen führen kann. Das Kastensystem und die daraus resultierenden Lebensgewohnheiten. Sitten, Gebräuche und die Götter werde ich nicht ausführlich beschreiben. Dazu gibt es bereits genügend Reiseführer. Außerdem wäre es zu viel an Infos und langweilig für Außenstehende. Kaum einer würde es bis zum Schluss lesen. Ich habe nur meine Momentaufnahmen niedergeschrieben, da ich glaube, die Berichte so verständlicher und einfacher halten zu können. Da sind zu einem Teil die 330 Millionen Götter mit den verschiedensten Religionsrichtungen. Jeder Ort hat neben den Hauptgöttern seine eigenen Ortsgötter. Hier leben Hindus, Jains, Buddhisten, Sikh, Moslems und viele andere. Die Hauptgötter sind Brahma, der Schöpfer aller Dinge, Shiva, der mächtigste Gott, er ist der Zerstörer und gleichzeitig Erneuerer. Einhundertundeine verschiedene Formen soll er annehmen können. Neben Shiva ist heute Vishnu der Erhalter einer der Oberen. Dazu gibt es noch göttliche Diener wie den Hanuman, den Affengott. Durga und Kali sind böse Göttinnen. Vor denen sollte man sich in Acht nehmen. Dann gibt es noch Ganesha, der mit dem Elefantenkopf, der Gott der Weisheit.

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Wenn ich die Geschichte von Ganesha noch richtig in Erinnerung habe, hatte Brahma den Verdacht, er habe ein Auge auf seine Frau geworfen. Aus Eifersucht schlug er dem vermeintlichen Nebenbuhler den Kopf ab. Nachdem er eines Besseren belehrt wurde, bereute er die Tat und ein vorbeikommender Elefant wurde seines Kopfes beraubt und der kopflose Gott mit dem Elefantenkopf versehen, ihm wurde ein neues Leben eingehaucht. So wurde er Ganesha. Es gibt noch unzählige andere Geschichten der vielen Götter. Aber diese alle zu erzählen, würde den Rahmen sprengen. Von jedem der 330 Millionen Götter gibt es mehrere Erzählungen.

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Die Hindus sind in Kasten eingeteilt. Diese reichen von den Parias (Unberührbare), zu denen auch wir Ausländer gehören, da wir keine Kasten kennen. Man kann auch nicht konvertieren. Als Hindu wird man in die Kaste der Eltern hineingeboren. Weitere Kasten sind die Handwerker, Kaufleute, Krieger und Priester. Dazwischen gibt es inzwischen unendlich viele Unterkasten. Man glaubt, dass man bei jeder Wiedergeburt eine Stufe höher steigt, bis man das Nirwana (Nichts) erreicht hat. Dann ist man erlöst. Aber da das Leben manchmal Dinge verlangt oder aber freiwillig macht, die nicht mit der Vorstellung zum Erreichen des Nirwanas vereinbar sind, wird man immer wieder zurückgeworfen. Die Krieger waren früher die höchste Stufe, aber die Priester haben geschickt ihre Religion ausgenutzt und bilden heute die Oberkaste. Heiraten kann man nur innerhalb seiner Kaste. Wer sich nicht daran hält, wird verstoßen und muss den Rest seines Lebens als Paria verbringen. Fast alle Religionsrichtungen leben vegetarisch. Tiere, insbesondere die weiblichen, gelten als heilig, da sie die Fruchtbarkeit symbolisieren. Die Kühe liefen, als wir dort waren, unbehelligt in den Städten herum und es kümmerte niemanden, selbst wenn sie beschlossen, sich mitten auf der Straße hinzulegen. Dies geschah wahrscheinlich aus Schwäche, da sie halb verhungert aussahen. Man erzählte uns, einige würden die Kühe sogar melken, was ich mir nicht vorstellen konnte. Hatten sie doch so gut wie keine Euter, waren mehr am Hungern als am Leben. Was sollte da schon herauskommen? War die Milch bei dieser Abfallernährung überhaupt genießbar? In vielen Städten liefen auch Arbeitselefanten frei herum. Auf dem Nacken saßen ihre Mahouts (Führer) und leiteten sie durch den Verkehr. Die Tiere werden trotz des lebensgefährlichen Verkehrs nicht angefahren. Sie sind schließlich heilig.

Die Jains leben besonders streng nach diesen Regeln. Sie haben ständig einen Besen dabei, mit dem sie den Boden fegen und tragen einen Mundschutz. Wie alle Hindus glauben sie an die Wiedergeburt. Als was man wiedergeboren wird, hängt davon ab, wie man sich in seinem vorherigen Leben verhalten hat. War man gut und gläubig, stieg man in eine höhere Stufe des Lebens auf. Ein schlechter Lebenswandel wurde bestraft. Man kam vielleicht als Insekt zurück. Die Jains fegen deshalb und tragen einen Mundschutz, um zu verhindern, ein Insekt zu zertreten oder zu verschlucken. Es könnte ja die eigene Großmutter gewesen sein. Darum wird auch nichts Fleischiges gegessen.

Es gibt noch eine für uns unvorstellbare Sitte bei den Hindus, die Witwenverbrennung. Die Hochzeiten werden wie in vielen Ländern von den Eltern arrangiert. Die Liebe zählt natürlich nicht, sondern nur die soziale Sicherung und der Vorteil beider Familien. Wenn nun der Mann stirbt, da er meist viel älter als die Frau ist, wird die Witwe lebend am Fußende auf den Scheiterhaufen gesetzt. Die Toten werden in Indien verbrannt und auf dem toten Gatten sitzt dann die Frau. Sie verewigt sich mit einem rot gefärbten Handabdruck an der Haustüre und geht in Begleitung anderer Familienmitglieder zur Verbrennungsstätte. Diese Unsitte ist für deren Vorstellung die einzige Lösung, denn Witwen kann man nicht wieder verheiraten. Sie sind darum unnütze Esser. Manchmal werden die Frauen auch wieder zu ihren eigenen Familien geschickt, wo sie als Belastung wie Sklaven gehalten werden. Dort müssen sie alle Arbeiten verrichten, die keiner machen will. Wenn der Tote mehrere Frauen besitzt, gehen nur die Lieblingsfrauen auf den Scheiterhaufen. Die Engländer haben dies verboten, aber selbst heute wird die Verbrennung mitunter noch so gehandhabt. Als wir 1984 in Indien waren, wurde ein solcher Fall von der Presse gemeldet. Die Polizei ist nicht eingeschritten, sondern eine Hälfte hatte sich zivil angezogen und der Verbrennung beigewohnt, ohne einzugreifen, die anderen sind in ein Nachbardorf gefahren, weil es dort angeblich etwas zu regeln gegeben hätte. Traditionen sind, selbst wenn sie barbarisch sind, hartnäckig und es dauert meist ewig, bis sie ausgerottet sind.

Die Moslems sind unbeliebt, da sie Fleisch essen, insbesondere Kühe. Diese Probleme führten auch zur Spaltung Indiens in das heutige Pakistan und Bangladesh. Dort leben die Moslems heute. Es leben nur noch wenige Moslems in Indien.

Die Sikhs (Schüler) hingegen kennen überhaupt keine Kasten. Dort macht jeder alles. Sie sind die Gebildeten und haben eine längere Lebenserwartung. Ihr Bundesstaat heißt Punjab. Sie glauben an zehn Gurus, ihre Lehrmeister. Ihre Religion ist eine Mischung aus der muslimischen und hinduistischen Weltanschauung. Die Lehren sind in einem Buch niedergeschrieben, dem Granth. Es wird im goldenen Tempel von Amritsar aufbewahrt. Die Gemeinschaft wurde im 15. Jahrhundert vom Guru Nanak gegründet. Die Sikhs tragen Bärte, die genau wie das Haupthaar nie geschnitten werden. Farbige Turbane, die in der Stirn geknotet sind, in die sie kleine Schwerter hineinbinden, sind ein weiteres Zeichen ihrer Religion. In früheren Zeiten trugen sie richtige Schwerter, was aber heute verboten ist, darum das kleine versteckte Schwert im Turban. Sie trinken keinen Alkohol und rauchen nicht. Selbst Bethel kauen ist untersagt. Sie können die Moslems auf den Tod nicht leiden. Das liegt in der Vergangenheit. Die Perser fielen ständig in ihr Land ein. Es wurde geraubt und geplündert, was sich fortbewegen ließ, insbesondere nach den Ernten. Eines Tages beschlossen die Bauern, dass es ein Ende haben muss. Sie trainierten die Kampftechniken von angeheuerten Kriegern und beim nächsten Besuch der Perser bekamen sie so einen Denkzettel verpasst, dass sie nie mehr daran dachten wiederzukommen. Die Abneigung gegen Moslems besteht auch heute noch. Als Indien geteilt wurde, stellte das Militär Sikhs an die Grenze zu Pakistan, um sicherzugehen, dass keine Moslems über die Grenze kommen. Als der Punjab und Kaschmir geteilt wurde, stellten sich die Sikhs an der Grenze auf und hielten die Züge an. Die Moslems wurden enthauptet, dann durfte der Zug weiterfahren. Erst als sie Indira Gandhi ermordeten, darauf komme ich später noch zurück, wurden die Sikhs von der Grenze abgezogen, da sie nun eine Sicherheitsgefahr darstellten.

Bei unserem ersten Besuch in diesem Land hatten wir einen Führer, der in Deutschland studiert und gearbeitet hatte und der Neffe eines Maharadschas war. Er öffnete uns Türen, die sonst verschlossen blieben. Wenn die Palastangestellten ihn sahen, wurden Verneigungen im Sekundentakt gemacht. Er erzählte uns, dass er vor Kurzem geheiratet hatte. Die Ehe sei natürlich von den Eltern arrangiert worden. Auf den Hochzeitsbildern, die er uns zeigte, sahen wir ein königlich herausgeputztes Brautpaar. Einige Hundert Gäste waren geladen gewesen und es gab natürlich nur das...

Erscheint lt. Verlag 5.4.2016
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
Reisen
ISBN-10 3-95753-280-9 / 3957532809
ISBN-13 978-3-95753-280-0 / 9783957532800
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