SuperSize Life (eBook)

Mein texanisches Jahr
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2021 | 1. Auflage
hansanord Verlag
978-3-940873-81-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

SuperSize Life - Anna Sophia Burch
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Kühe, Pferde und Kakteen, das war das Bild, das ich von meinem zukünftigen Gastland hatte.
Ich war auf sonnengegerbte Cowboys, heiße Wüstensonne und viel Barbecue gefasst, als ich meinen Koffer packte.
Das Abenteuer, ein Jahr alleine im tiefsten Süden der USA den American Way of Life hautnah mitzuerleben, begann mit Vorfreude und ängstlicher Spannung.
Es wurde ein Jahr, randvoll mit Highschool, Familienleben, Fastfood, Thanksgiving, Baseballgames, Cinnamon Rolls, Road Trips und vielen neuen Bekanntschaften aller Art.
Neben Texas kam ich in den Genuss von unvergesslichen Tagen in Mississippi, New York und Florida - eine Reise führte sogar bis nach Hawaii.
Ein Austauschjahr ist eine Wundertüte, die so manche Überraschung bereit hält.
Ist der Schritt ins Ungewisse gewagt, kann man nur gewinnen an Erfahrungen, Eindrücken und Freundschaften fürs Leben.

Meine Zeit in Texas - eine Einleitung




Mein Blick schweift über meine schnarchende Sitznachbarin weit aus dem Fenster und verliert sich im Wolkenmeer. Der Himmel scheint unendlich zu sein und das Flugzeug schon unendlich weit weg von zu Hause. Die Abschiedsbriefe liegen noch ungelesen auf meinem Schoß, zu groß das Risiko, in Tränen auszubrechen und somit meine Mascara schon zum zweiten Mal zu ruinieren.

Jetzt sitze ich hier alleine im Flugzeug. Hinter mir die Schweiz, unter mir der Atlantik und vor mir das große Unbekannte.

Die Stewardess mit den knallroten Lippen schiebt ihren Wagen durch die viel zu engen Gänge. Zu pappigen Käsesandwiches fehlt mir jedoch jeglicher Appetit. Meine italienische Sitznachbarin ist inzwischen aufgewacht und lässt sich lauthals über den wässrigen, untrinkbaren Kaffee aus. Sogar die hilfsbereite Stewardess scheint am Ende ihrer Geduld zu sein mit dieser unzufriedenen Lady.

Mein Abenteuer hat begonnen.

Der Abschied von der Familie ist geschafft und war weitaus schwieriger als vorgestellt. Die ganze Familie brachte mich um vier Uhr morgens zum Flughafen. Mein Gesicht muss meinen Abschiedsschmerz gespiegelt haben, denn die Angestellte ließ meine drei Kilo Übergewicht beim Gepäck kommentarlos durchgehen. Das Warten war das Schlimmste. Die quälenden Stunden vor dem erwarteten Abschied zogen sich wie Kaugummi. Aber mein Gefühlscocktail aus Adrenalin, Vorfreude und Abschiedsschmerz wirkte wie eine Droge und ließ mich funktionieren.

Im Vorfeld musste ich mich schon von all meinen Freunden und Schulkameraden verabschieden – eine sehr emotionale Angelegenheit:. So endete die Grillparty am See tränenreich. Meine Freundin Lara und ich verdarben allen die Stimmung. Wie ein Häufchen Elend saßen wir eng umschlungen da und weinten und heulten um die Wette. Ich wurde nach diesem dramatischen Abschied noch mehrmals von Bekannten und Freunden angesprochen, ob irgendetwas Schlimmes passiert sei, sie hätten uns beide so schrecklich weinen sehen. Es gibt doch nichts Besseres, als das eigene Image ein wenig aufzupeppen, bevor man für ein Jahr nach Amerika verreist.

Den endgültigen Abschied am Flughafen realisierte ich nicht wirklich: Ich umarmte noch einmal meine vier liebsten Menschen, ließ mich mit Küssen überschütten, dann rannte ich beinahe durch die Zollkontrolle.

Erst in London Heathrow wird mir klar, dass es jetzt kein Zurück mehr gibt. Dieses Mal handelt es sich nicht nur um eine kleine Reise oder eine Klassenfahrt. Zehn Monate weg von zu Hause, dreihundert Tage ohne meine Familie und Freunde, ohne meine fürsorgliche Mama. Ein Weihnachten ohne traditionelle Weihnachtsbäckerei und einmal Ostern ohne Schweizer Schokolade. Ein knappes Jahr ohne irgendetwas Klares, Beständiges oder Vertrautes. Das macht mir Angst. Ich frage mich das erste Mal, ob das Austauschjahr die richtige Entscheidung für mich ist.

Die ganze Anmeldeprozedur fing schon vor einem Jahr an, als ich mich mit meinen Freundinnen Anja und Carmen über die große weite Welt unterhielt. Die Erde ist ein einziges Überraschungspaket. Fast zweihundert Länder, einzigartige Kulturen und atemberaubende Landschaften, die nur darauf warten, erkundet zu werden. Wie soll man sich da noch auf die Schule konzentrieren können. Unsere Mitschüler konnten es. Aber wir waren hellauf begeistert von der Idee, uns ein Jahr lang eine Auszeit vom eintönigen Schulalltag zu gönnen und in eine neue Kultur einzutauchen. Weit weg von alten Beziehungskisten und launischen Lehrern irgendwo frisch anzufangen. Für Carmen war es keine Frage, wohin ihr Austauschjahr gehen würde: Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, Traum und Ziel von vielen Auswanderern, war auch ihre Traumdestination. Ich selbst hatte noch nie viel für das Land des Fast Foods übrig und meinte nur zynisch zu ihr: „Viel Spaß beim Fettwerden.“ Wer hätte gedacht, dass meine Wahl später auch mal auf die USA fallen würde. Die verrückte Anja wählte ein exotisches Ziel, ihre Reise sollte nach São Paulo, Brasilien, gehen.

Zum damaligen Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wohin es mich verschlagen würde, aber meine Reiselust war geweckt. Sogar von meinem ab und an aufflackernden Heimweh ließ ich mich nicht beirren. Aber die vielen Entscheidungen, die es zu treffen galt! Damit habe ich mich noch nie leicht getan. Stunden verbrachte ich mit dem Erstellen von Pro- und Kontra-Listen für verschiedene Länder. England war zu nah, Argentinien zu spanisch und Kanada zu kalt. So fiel meine Wahl, nicht zuletzt wegen des Überraschungseffekts, auf so ein riesiges Land wie Amerika, trotz der Cheeseburger und der vielen Autos.

Aufgeregt füllte ich die Online-Anmeldung aus mit einigen Wahlstaaten an der Nordostküste, die kulturell Europa am ähnlichsten sind. Um meine eigenen Bedenken zu übergehen, warf ich mich sozusagen selbst ins kalte Wasser und meldete mich an. Zu weit weg war der Moment des Abschiedes, um real zu sein, lange genug die Zeit, bis es endlich losging, um sich an den Gedanken zu gewöhnen.

Als der große Schritt der Anmeldung endlich gewagt war, verbrachte ich Wochen mit dem Warten auf die Rückmeldung meiner Organisation. Doch der Zufall wollte es, dass meine Anmeldung verloren ging, und so musste ich mit der ganzen Prozedur noch einmal von vorne beginnen. Das war nur der Anfang von vielen weiteren dummen Zu- und Zwischenfällen, die sich wie ein roter Faden durch mein Auslandsjahr ziehen sollten. Davon wusste ich aber damals noch nichts und füllte unbekümmert noch einmal die Anmeldung aus. Hätte ich auch nur ein wenig Aberglaube in mir, wäre ich sicherlich von all den schlechten Omen aufgerüttelt worden und hätte mein Austauschjahr gecancelt.

„Vegetarisch oder das Fleischmenü für Sie?“, reisst mich die Stewardess mit den roten Lippen aus meiner Tagträumerei, und ich schrecke von meinem Tagebuch hoch. „Vegetarisch, bitte“, und dann ist sie auch schon wieder mit meiner Nachbarin beschäftigt, deren Leben anscheinend davon abhängt, Parmesan für ihre Pasta zu bekommen. Ich krame meine iPod-Stöpsel aus dem Rucksack und versuche, mit lautem Hip-Hop mein Umfeld auszulöschen.

Im Februar kam die erste große Nachricht. Gerade als ich meinen Rucksack schwungvoll in die Ecke werfen wollte, kam meine Mama angerannt und umarmte mich so fest, dass mir die Luft wegblieb. Mit Tränen in den Augen berichtete sie mir, dass mich eine Gastfamilie in Petaluma, einem Vorort von San Francisco, aufnehmen wolle. Was für ein Zufall, denn genau in diesem Ort hatte auch meine Mutter vor fünfundzwanzig Jahren einen Sprachaufenthalt verbracht! Ich war so überwältigt, meine Emotionen blieben irgendwo zwischen Lachen und Weinen stecken. San Francisco liegt zwar nicht gerade an der Nordostküste, aber wer sagt schon nein zu Kalifornien? Untypisch ist es, so früh platziert zu werden, und so war ich auch die erste unter meinen Freunden, die mit dieser Neuigkeit zur Schule kam. Durch den E-Mail-Kontakt mit der Gastfamilie stieg meine Vorfreude. Erste Fotos wurden ausgetauscht, und die Familie schien trotz knappgehaltener E-Mails sympathisch zu sein. Schreibfaulheit sei sowieso typisch amerikanisch tröstete mich meine Mutter.

Einen Monat später kam jedoch die enttäuschende Nachricht, in der mir knapp die Lage geschildert wurde. Die Gastmutter hatte ihren Job als Lehrerin verloren und dadurch war es der Familie finanziell nicht mehr möglich, mich aufzunehmen. Wie eine Seifenblase zerplatzte mein Traum von einem Austauschjahr in Nordkalifornien, mit Ausflügen an den Strand und Shoppen in San Francisco. Ich war untröstlich und wollte von Amerika erst mal gar nichts mehr wissen. Auch der interessante Vorschlag der Gastmutter, eine Tupperware-Party für mich zu schmeißen, um so eine passende Gastfamilie zu finden, erschien mir nicht besonders prickelnd. Ein Austauschschüler lässt sich nun mal nicht so einfach wie das neueste multifunktionale Küchengerät höchstbietend versteigern. So kam meine Anmeldung zurück in den Pott. Doch die Vorfreude auf mein Amerika-Jahr war getrübt.

Der Pilot scheint einen schlechten Tag zu haben, denn schon zum dritten Mal wird das Flugzeug mächtig durchgeschüttelt. Aber mir ist das momentan einerlei, obwohl es nicht die schönste Vorstellung ist, im Atlantik zu ertrinken. Schade, dass ich keine Beruhigungsmusik mit Delfinstimmen auf meinem iPod habe. Wenigstens scheint meine Nachbarin durch die Turbulenzen stillgestellt zu sein. Weiss um die Nase wühlt sie hektisch in ihrer großen Tasche, bis sie ihre Schlaftabletten gefunden hat.

Ich atme tief ein und öffne den Umschlag von Mamas Abschiedsbrief. Durch Tränenschleier lese ich die lieben Zeilen. Sogar mein kleiner Bruder hat mit seiner krakeligen Handschrift ein Briefchen geschrieben, wie sehr er mich vermissen werde. Was für eine schlechte Idee, mir alle Briefe für den Flug aufzuheben. Alles, was zurückbleibt, ist ein flaues Gefühl im Magen und schon erste Anzeichen von Heimweh. Die Italienerin scheint in einen komaartigen Schlaf gefallen zu sein. Wie friedlich doch Schlafende aussehen. Mir soll es recht sein, denn für Small Talk fehlen mir momentan jegliche Nerven.

Ich unterdrücke ein Gähnen. Reisen ist doch immer viel zu anstrengend. Die letzten Wochen, ja beinahe Monate, habe ich nicht gerade viel geschlafen. Viel zu viele Freunde, mit denen ich unbedingt noch einmal etwas unternehmen wollte, Festivals, die nicht zu verpassen waren, und nebenbei noch eine liebe Tochter und Schwester sein, um in den nächsten zehn Monaten in guter Erinnerung zu bleiben. Die Zeit bekommt einen ganz anderen Wert, wenn das Abreisedatum bekannt ist. Jede Minute wird wertvoll genutzt und die Tage mit...

Erscheint lt. Verlag 8.1.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Sachbuch/Ratgeber
Reisen Reiseführer Nord- / Mittelamerika
Schlagworte Abenteuer • Aupair • Austausch • Austauschjahr • Gastfamilie • Reise • Roadtrip • Texas • USA
ISBN-10 3-940873-81-0 / 3940873810
ISBN-13 978-3-940873-81-1 / 9783940873811
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