European Outdoor Film Tour

Seit elf Jahren feiert die European Outdoor Film Tour, kurz E.O.F.T., Outdoorhelden. Was die Cannes-Rolle für die Werbung ist, ist die E.O.F.T. fürs Abenteuer: Die Besten der Besten buhlen darum, dort ihre Filme zeigen zu dürfen. Infos und Termine: www.eoft.eu

»Erstmals bietet ein Band zur Filmtour Hintergründiges und Persönliches über Menschen, die nach neuen Herausforderungen suchen, die sich in Grenzbereiche wagen, die Träume verwirklichen. Der handliche Band ergänzt wunderbar die Kulturreihe.« (Sächsischer Zeitung)

»Mit zahlreichen Behind-the-scene-Fotos und knackigen Reportagen, die zeigen, wie die Abenteurer ihre Aktionen vorbereiten, was sie antreibt und motiviert.« (Globetrotter)

»Feel the Spirit«

Nervenaufreibend, rasant und nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen: ob zu Fuß durch China, mit dem Fallschirm vom 420 Meter hohen Jin-Mao-Wolkenkratzer in Shanghai, 300 Tage auf einer einsamen Insel oder ohne sicherndes Seil eine fast vierhundert Meter hohe Felswand hinauf … Gewöhnlich sind die Helden der European Outdoor Film Tour, kurz E.O.F.T., ganz sicher nicht, und so mancher mag sie auch als verrückt bezeichnen, aber sie gehören zu jener Elite furchtloser Abenteurer, die im 21. Jahrhundert Grenzen überschreiten und ganz neue Maßstäbe setzen.

Dabei ist es heutzutage nicht mehr so einfach wie vor hundert Jahren, absolutes Neuland zu betreten. Der Südpol ist schon längst kein unberührter Fleck mehr auf der Landkarte und der Wettlauf um die höchsten Gipfel der Welt bereits seit Jahrzehnten entschieden. Dennoch gehen den Abenteurern unseres Jahrhunderts auf der Suche nach neuen spannenden Herausforderungen die Ideen nicht aus. Dabei kommt es ihnen allerdings immer weniger auf das Ziel an, sondern darauf, dass sie der gewählten Route oder Disziplin ihren ganz persönlichen Stempel aufdrücken. Die Helden von heute sind Individualisten, die für eine Herausforderung eine ganz persönliche Lösung suchen – und zumeist auch finden. Dabei wollen sie ihr Publikum inspirieren und vorleben, dass keine Idee so verrückt ist, dass man sie nicht in die Tat umsetzen kann.

Ein Glück, dass ihnen heutzutage die hochentwickelte Filmtechnik die Möglichkeit gibt, durch mitreißende Bilder und spannende Filme von ihren Erlebnissen zu berichten. Während der deutsche Profikajaker Olaf Obsommer mit seinen Aufnahmen vor allem erreichen möchte, dass »alle geiler aufs Paddeln werden. Träume gelebt werden. Oder dass die Jugend motiviert wird, Abenteuer zu suchen, zu tun und darüber zu berichten«, ist für den Schweizer Abenteurer Thomas Ulrich ganz entscheidend, das Potenzial aufzuzeigen, das in jedem von uns schlummert. Er muss es wissen, denn er kämpfte tagelang auf einer einsam in der Arktis dahintreibenden Eisscholle ums nackte Überleben. Er kennt das Gefühl, bis zur Erschöpfung gegen die Hoffnungslosigkeit anzugehen.

Zur Jahrtausendwende, als auch die Foto- und Aufnahmetechnik im Amateurbereich immer weniger Wünsche offen ließ, kam uns eine spannende Idee – gemäß unserer Überzeugung: »Je technischer und digitaler unsere Welt, desto größer die Sehnsucht des Menschen nach richtigen Abenteuern und authentischen Naturerlebnissen.« Und damit auch die Lust auf außergewöhnliche Abenteuer- und Outdoorfilme. Deshalb entwickelten wir mit unserer frisch gegründeten Kommunikationsagentur Moving Adventures Medien GmbH das Konzept zu einem Filmprogramm, das einmal jährlich zu einem Treff- und Austauschpunkt für die Outdoor-Community werden sollte. Um die Finanzierung zu sichern, wurde eine handfeste langfristige Partnerschaft mit den renommierten Outdoorausstattern Mammut und GORE-TEX® verhandelt.

In dem Filmprogramm wollten wir nicht nur die klassischen Disziplinen wie Bergsteiger-, Mountainbike- oder Kajakfilme, sondern die komplette Bandbreite spannender Outdoorabenteuer einbeziehen. Im Fokus natürlich immer außergewöhnliche, inspirierende Persönlichkeiten, wie zum Beispiel die Extremkajaker Tyler Bradt und Seth Warren, die in ihrem Film »Oil & Water« eine ganz besondere Facette ihres Abenteurerdaseins vorstellen. Gemeinsam fuhren sie mehrere Monate in ihrem frittenölbetriebenen Truck »Baby« von Alaska bis zum südlichsten Zipfel Südamerikas. Aufgrund von »Babys« Umweltfreundlichkeit konnten die zwei jungen US-Amerikaner die 34000 Kilometer lange Strecke ohne einen einzigen Tropfen Benzin zurücklegen. Die Abstecher an die wildesten Kajakspots entlang der Route waren nur ein willkommener Nebeneffekt dieses Abenteuers, das an Nachhaltigkeit kaum zu überbieten ist.

Die erste Filmtournee fand schließlich im Jahr 2001 statt und absolvierte 16 Stationen in Deutschland. Das Programm zeigte noch einen wilden Mix unterschiedlichster Filmqualitäten – und hätte die ein oder andere kleine Video8-Kamera in der Hand der Protagonisten nicht so spannende Bilder produziert, wäre man womöglich auf die Idee gekommen, die Pixel auf der Leinwand zu zählen. Heute tourt die E.O.F.T. durch neun europäische Länder mit über 200 Tourstops. Die Filme sind durchweg in bester HD-Qualität – ultrakleine Actionkameras ermöglichen noch authentischere Aufnahmen aus der subjektiven Perspektive der Protagonisten.

Vor allem professionelle Kameramänner wie Jochen Schmoll und Hubert Rieger wissen diese Entwicklung zu schätzen, wenn sie auf der Jagd nach den besten Bildern gemeinsam mit Kletterern an der Steilwand hängen oder mit Bergsteigern auf über 8000 Meter steigen. Und auch die Macher des Mountainbikefilms »Life Cycles«, Derek Frankowski und Ryan Gibb, beweisen mit ihrem Gespür für den richtigen Augenblick, was man an Ästhetik aus dem Genre herausholen kann. Den beiden ist mit ihrem Film ein Kunstwerk von hervorragender Brillanz und unvorstellbarer Bildgewalt gelungen.

Doch trotz der stark verbesserten Aufnahmetechnik und Projektion bilden in erster Linie die faszinierenden Abenteurerpersönlichkeiten den Höhepunkt und die Seele der Tour – so wie der sympathische Publikumsliebling Xavier Rosset mit seiner modernen Robinsonade »300 Tage«. Jeder Besucher der E.O.F.T. 10/11 diskutierte in der Pause erregt über das Schicksal des von ihm aufgezogenen kleinen Wildschweins, das er liebevoll auf den Namen Peggy taufte und das eines Tages spurlos verschwand. Hatte Xavier es etwa tatsächlich …?

Das Medium Film stößt hier an seine Grenzen. Bestimmte Erlebnisse und Episoden können nicht allein durch Bilder transportiert werden. Deshalb erscheint begleitend zur Filmtour dieser fantastisch bebilderte Leseband, den ihr jetzt in Händen haltet und der einen zusätzlichen Blick hinter die »Kulissen« und Entstehungsgeschichten der Filmbeiträge wirft sowie ganz persönliche Einblicke in die Welt der Protagonisten erlaubt. So verrät uns Kris Holm, einer der Pioniere und Begründer des sportlichen Wettkampfs im Einradfahren, wie er auf den heftigsten Downhill-Trails an der Nordküste Vancouvers mit nur einem Rad gegen die Weltspitze auf zwei Rädern antrat. Und der Australier Jon Muir, dessen Abenteurerleben mit Sicherheit ein mehrbändiges Werk füllen könnte, berichtet neben seiner spektakulären Solodurchquerung des australischen Outbacks von einem schweren Sturz beim Klettern, bei dem er dem Tod nur knapp entkommen ist.

Zudem wird im Buch auch den ganz jungen Nachwuchsabenteurern auf den Zahn gefühlt, wie der erst zwanzigjährigen, aber bereits mehrfachen deutschen Meisterin im Bouldern Juliane Wurm, die mit Kletterlegende Lynn Hill und Boulderkollegin Anna Stöhr während eines furchteinflößenden Gewitters den Castleton Tower in Utah bezwang. Oder dem noch jungen, aber in der Kletterszene bereits als Star gehandelten Free-Solo-Kletterer Alex Honnold. Es scheint fast so, als würde er an nur zwei halben Fingern mehrere hundert Meter die Wände »hochspazieren« – ungesichert, versteht sich, denn ein bisschen Nervenkitzel muss schon sein.

Aber vor allem sind es auch die Anekdoten am Rande des Geschehens, die die Filmbeiträge der Tour oftmals gar nicht erfassen und von denen wir hier erfahren. So mussten Stefan Glowacz und sein Team in Brasilien während der Erstbegehung des Piedra Riscada bei der Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Pflichten einige Partys und zahlreiche Gläser Cachaça über sich ergehen lassen. Und nicht zu vergessen auch die vier abenteuerlustigen Frauen der »Baffin Babes«, die während ihrer Expedition auf Baffin Island eigens eine »Schokoladensparkasse« gründeten, um die geringen Vorräte besser einzuteilen.



Zur Einstimmung auf die nun folgenden achtzehn Abenteuer voller Adrenalin und Verrücktheiten noch eine kleine Episode, die sich während der E.O.F.T. 07/08 auf der Bühne im Münchner Kulturzentrum Gasteig zugetragen hat: BASE-Jumpinglegende André Bach wollte das Publikum mit einem Spontanauftritt begeistern. Die Zeit bis dahin nutzte er, um sich nach einem langen Flug mit bayerischer Kost zu stärken. Doch die Größe und Wucht einer Maß Bier schien der Extremsportler unterschätzt zu haben. Beim Interview auf der Bühne waren seine Antworten sehr einsilbig, aber dafür konnte der Moderator ihn kaum davon abhalten, zum Stagediving anzusetzen – bei einem Saal mit Reihenbestuhlung und ohne Fallschirm ein äußerst gewagtes Abenteuer …

Wir wünschen Hochspannung, Spaß und Inspiration!

Joachim Hellinger, Thomas Witt
München, Juli 2013