Tiger fressen keine Yogis
Solibro Verlag
978-3-932927-22-5 (ISBN)
Helge Timmerberg, geboren 1952 in Dorfitter (Hessen), entschloß sich mit zwanzig im Himalaja dazu, Journalist zu werden. Seitdem schreibt er Reise- und Abenteuerreportagen aus allen Teilen der Welt - bisher mit Ausnahme der Fidschis und Australien. Nur Crew-Mitglieder der großen Fluglinien sind möglicherweise mehr unterwegs. Seine Wohnung nennt er Basis-Camp, und alle Ansätze des modernen Nomaden, ernsthaft seßhaft zu werden, schlugen bisher fehl. Er versuchte es in Marrakesch (drei Jahre), in Havanna (zwei Jahre) und Wien. Timmerberg ist das enfant terrible des deutschen Journalismus, der es schafft, in BILD und ZEIT gleichzeitig zu schreiben. Darüber hinaus schreibt Timmerberg für die wichtigsten Pressetitel der Republik, wie z. B. in Bunte, Süddeutsche Zeitung Magazin, Stern, Der Spiegel, Die Zeit, Die Woche, Bild, BZ, Elle, Playboy, Penthouse, Lui, Merian, Pur, Wiener, Wienerin, Allegra. Er testete für verschiedene Redaktionen so gut wie sämtliche Drogen, und war ein wichtiger Reporter des legendären Lifestylemagazins Tempo, bei dem er schon mal mit einer spektakulären Reportage über die Pornoindustrie aufgrund des erfolgten Verkaufsverbots in Bayern die Auflage verdoppelte. Helge Timmerberg ist aber nicht nur als Skandaljournalist bekannt geworden, sondern hat sich auch durch seine abenteuerlichen Reiseberichte einen Namen gemacht, die in jeder Hinsicht den ganzen Mann forderten.
Loco Romantico (Andalusien)(Auszüge)Ich war genervt, müde und ohne jede Hoffnung, daß wir doch noch einmal zu einer Party kommen würden, die nicht vorbei oder verschoben oder sonstwie ausgefallen war. Sieben Stunden Autofahrt steckten mir im Rücken, und diese Stadt gefiel mir nicht, und die Wohnung, in die man mich gebracht hatte, gefiel mir auch nicht, und am wenigsten gefiel ich mir selbst.Same old story. Der alte bescheuerte Blues. Irgendein Zigeuner erzählt mir etwas von Wahnsinns-Fiestas, zu denen er mich bringen will, und von dem einzigen, dem echten, dem ursprünglichen Flamenco, und ich habe nichts Besseres zu tun, als ihn und seine Frau und seine Tochter und seinen Sohn in den Wagen zu packen und mich für den Rest des Lebens darauf einzustellen, ihr Essen zu bezahlen.Doch der Mann hatte mich beeindruckt. Allein sein Name. Loco Romantico. Zuerst hörte ich noch ein L zuviel. Local Romantico, und ich fand das enorm witzig. Der lokale Romantiker. So wie der lokale Säufer, der lokale Hurenbock, der lokale Journalist. Sie klärten mich auf. Kein zweites L. Nur Loco. Und loco ist das spanische Wort für verrückt.Er hat sich den Namen selbst gegeben. Er darf das. Loco ist ein Sänger, ein cantanzore, wie man unter Zigeunern sagt. Noch dazu ist er ein genialer Poet. Erzählte mir seine Frau. Und alles, was sie mir über Loco erzählte, ging in die Richtung, es hier mit dem begnadesten Naturtalent zu tun zu haben, das das lichtbeschienene Andalusien in den letzten fünfhundert Jahren hervorgebracht hat. Die Bauern der Sierra Nevada werden zu weinen beginnen, wenn sie Locos Gedichte hören. Geschichten über die Kommunikation zwischen Biene und Ameise und ähnliches. "Zen", sagte seine Frau. "Reiner, naiver Zen."Ich gehe also mit Loco und seiner ehrgeizigen, höchst manipulativen Frau Samina seit drei Stunden durch die Straßen von Jerez, und im Kinderwagen schläft Sol, der neun Monate alte Säugling, und daneben trabt Nu, die neunjährige Tochter, und Nu weint. Weil es spät nach Mitternacht ist und der Wind Regen aus Marokko bringt. Und egal, wohin wir gehen, wir kommen nicht an. Keine Fiestas, kein Flamenco.(.)Ja, auch ich war dabei. In einer weißgekalkten Höhle mit hundert kitschigen Tellern an den Wänden, und ein paar grell geschminkte Omas wollten mir und den fünf Gästen aus Tokio Kastagnetten andrehen, zum zehnfachen des üblichen Preises. Ja, sie haben auch getanzt und gesungen und Gitarre gespielt, eine halbe Stunde lang, für zweitausend Peseten pro Mann und Japaner, und genauso gut hätten sie einen blökenden Esel durch die Stuhlreihen treiben können. Um ein Haar hätte ich die Contenance verloren, als ich da wieder herauskam. Weil ich der Esel war und es hätte wissen müssen. Für Flamenco zu bezahlen bringt dasselbe wie bezahlter Sex. Für beide Seiten. Als Konsument bist du ein Freier, als Interpret eine Hure. Und was dabei auf der Strecke bleibt, ist diese menschliche Qualität, die man Ehre nennt. Oder, wie die Spanier sagen: honor. Und es gibt keinen Flamenco ohne honor.Loco hatte noch immer traurige Augen. Er sagte wieder nur einen Satz und Samina übersetzte. "Loco sagt, du gibst der Zeit keine Zeit.""Hat er das genauso formuliert", fragte ich Samina, "oder sind das deine Worte?""Seine", sagte sie."Dann ist er wirklich gut.""Er ist noch besser. Du hast ihn überhaupt noch nicht kennengelernt. Und du wirst ihn auch nicht mehr kennenlernen. Du fährst ja nach dem Frühstück." Sie lächelte.(.)
Erscheint lt. Verlag | 22.6.2020 |
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Sprache | deutsch |
Maße | 120 x 190 mm |
Gewicht | 210 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Reisen ► Reiseberichte |
Schlagworte | Abenteuer • Biografisch • Drogen • enfant terrible • Indien • Journalist • Kultbuch • Kulturen • New Journalism • Reise • Reisereportagen • Skandaljournalist • Subjektivismus • Tempo |
ISBN-10 | 3-932927-22-2 / 3932927222 |
ISBN-13 | 978-3-932927-22-5 / 9783932927225 |
Zustand | Neuware |
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