Rechtsleitfaden KI im Unternehmen (eBook)
308 Seiten
Rheinwerk Computing (Verlag)
978-3-367-10100-9 (ISBN)
Ein unverzichtbarer Ratgeber für alle, die sich mit der Implementierung und Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) im Unternehmen beschäftigen. In präziser und zugänglicher Sprache erfahren Sie alles über die rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Einführung von KI-Technologien in Unternehmen berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören Themen wie Datenschutz, Urheberrecht, Haftungsfragen und die Compliance mit internationalen Standards und Gesetzen. Mit praktischen Beispielen und Fallstudien illustrierten die Autoren die komplexen rechtlichen Herausforderungen und bieten Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen. Ob Sie ein Startup leiten, das in die Welt der KI eintaucht, oder ein etabliertes Unternehmen, das seine Prozesse durch KI-Technologien optimieren möchte - dieses Buch bietet Ihnen Orientierung für Ihre Pläne und Herausforderungen.
Aus dem Inhalt:
- Technische Grundlagen von Künstlicher Intelligenz
- Einsatz von ChatGPT und Co.
- Training eigener Algorithmen
- Softwareerstellung mit KI
- Unterstützung durch Sprachassistenten
- Werbetexten und Kreativarbeit erledigen lassen
- Human Resources: KI als Personalchef
- Datenanalyse
- Softwareentwicklung
- Sprachassistenten
1.2 KI versus Urheberrecht
In diesem Abschnitt erhalten Sie einen ersten Überblick über die urheberrechtlichen Problemstellungen im Zusammenhang mit generativer KI. Zudem erläutern wir einige Grundprinzipien des Urheberrechts.
Generative KI bietet Ihnen die Möglichkeit, komplexe kreative Inhalte mit geringem Aufwand und vor allem in kurzer Zeit zu erstellen. Es eröffnen sich Anwendungsmöglichkeiten für Laien in Unternehmen, die bisher von externen Dienstleistern wie Grafikern, Mediendesignern und ähnlichen kreativen Berufsbildern abgedeckt wurden. Doch so praktisch diese neuen Möglichkeiten für den Einsatz in Ihrem Unternehmen auch sein mögen: Aus rechtlicher Sicht birgt der unreflektierte Einsatz von KI mitunter auf dem Gebiet des Urheberrechts einige Fallstricke, die es zu vermeiden gilt.
Für Anbieter von KI und Rechteinhaber, aber auch für Sie als Nutzer, ergeben sich auf rechtlicher Ebene bedeutende Problemfelder. Wie Sie in Abschnitt 1.1.3 gelernt haben, benötigen Anbieter von KI-Anwendungen Trainingsdaten, also den notwendigen »Input«, um die Fähigkeiten der KI-Anwendung zielgerichtet weiterentwickeln zu können. Doch welche Trainingsdaten können verwendet werden und wo gibt es urheberrechtliche Hürden? Was bedeutet Gemeinfreiheit in diesem Zusammenhang und worum handelt es sich bei Text- und Data-Mining? (Lesen Sie hierzu Abschnitt 3.2.3.) Rechteinhaber – häufig Kreative, die ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf ihrer Werke bestreiten – sehen aktuell ihre Rechte bedroht und fürchten zum Teil um ihre berufliche Zukunft. Die Folge ist, dass sich einige Rechteinhaber gegen jede Nutzung ihrer Werke im Zusammenhang mit KI wehren. So streikten bereits im Sommer 2023 eine Reihe Beschäftigter der Filmindustrie in Hollywood und versuchten auf diese Weise, dem Einzug von KI, was mit der sukzessiven Ersetzung von Drehbuchautoren und Schauspielern einhergehen könnte, einen Riegel vorzuschieben. Ist die Sorge begründet?
Eine weitere bedeutende Frage ist, wie das Urheberrecht mit KI-generierten Inhalten, dem »Output«, umgeht. Besteht an ihnen ein Urheberrecht? Welche Gefahren bestehen bei einer arglosen Verwendung KI-generierter Inhalte? Ein Aspekt, dem Sie als Nutzer besondere Beachtung schenken sollten.
Hinzu kommt die rasante technische Entwicklung im Bereich der KI. Eine KI, die heute Stand der Technik ist, kann in wenigen Wochen schon wieder veraltet sein.
Hintergrundwissen
Das von OpenAI entwickelte KI-Modell GPT ist vor allem für seine Fähigkeiten im Bereich der Textgenerierung bekannt. Die im November 2022 veröffentlichte Version GPT-3.5 wurde mit 175 Millionen Parametern trainiert. Die bereits vier Monate später veröffentlichte Version GPT-4 basiert auf 100 Billionen Parametern und kann so deutlich verbesserte Ergebnisse liefern, die kaum von menschlichen Inhalten zu unterscheiden sind. Darüber hinaus enthält GPT-4 noch eine Reihe weiterer signifikanter Verbesserungen, wie beispielsweise die neuerdings mögliche Interaktion mit Bildern, eine verbesserte Steuerbarkeit und damit individuellere Interaktion oder die Fähigkeit, Kontext zu verstehen.
Dieser Umstand und weitere Aspekte machen die rechtliche Betrachtung nicht einfach. Aus diesem Grund ist die Bildung eines Rechtsrahmens für den Umgang mit KI eine anspruchsvolle Aufgabe. Die im Entwicklungsprozess befindliche KI-Verordnung (AI Act) der Europäischen Union stellt eine erste Anstrengung in diese Richtung dar (hierzu mehr in Abschnitt 5.1).
Übersicht: Urheberrechtliche Problemstellungen bei generativer KI
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Training und Urheberrecht: Für das Training von generativer KI werden große Mengen Inhalte benötigt, die fast immer urheberrechtlich geschützt sind. Mehr hierzu lesen Sie in Abschnitt 3.2.
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Schutz von KI-generierten Inhalten: KI-generierte Inhalte werden nicht durch Menschen, sondern durch Software geschaffen. Das Urheberrecht basiert jedoch auf dem menschlichen Kreativprozess. Mehr in Abschnitt 1.2.1.
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Urheberrechtsverletzungen durch generative KI: KI-generierte Inhalte können potenziell Plagiate urheberrechtlich geschützter Werke darstellen und damit rechtsverletzend sein. Lesen Sie hierzu Abschnitt 2.3.1.
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Übertragung von KI-generierten Inhalten: Da KI-generierte Inhalte nicht vom Urheberrecht geschützt werden, können diese auch nicht wie üblich lizenziert werden. Es müssen kreative juristische Lösungen erarbeitet werden, bis der Gesetzgeber nachbessert. Lesen Sie mehr in Abschnitt 2.3.4.
Um die vorgenannten Problemstellungen zu durchdringen, ist ein Grundverständnis der Funktionsweise des Urheberrechts essenziell. Nachfolgend erhalten Sie daher zunächst einige einführende Erläuterungen, bevor wir im späteren Verlauf des Buches näher auf die Problemfelder eingehen.
1.2.1 Das Schöpferprinzip: warum KI-generierte Inhalte nicht vom Urheberrecht geschützt sind
Im Zentrum des deutschen Urheberrechts steht das Schöpferprinzip. Der deutsche Gesetzgeber folgt damit einem Ansatz, der den Menschen als Schaffenden in den Mittelpunkt stellt. Urheber ist stets der Schöpfer eines Werkes, also diejenige natürliche Person, die das Werk durch eine persönliche geistige Leistung selbst geschaffen hat. Werke sind also immer persönliche geistige Schöpfungen.
Sie sind Urheber!
Sie selbst sind in Ihrem Leben schon oft Urheber geworden. Schon der Druck auf den Auslöser einer Kamera ist ein schöpferischer Akt, dessen Ergebnis die Fotografie ist – das geschützte Werk, an dem Sie als Schöpfer im Moment der Schöpfung ein Urheberrecht erwerben.
Die Bindung an das Schöpferprinzip bedeutet auch, dass Ihr Unternehmen niemals Urheber, sondern stets nur Inhaber vom Urheberrecht abgeleiteter Nutzungsrechte sein kann, da ein Unternehmen, also eine juristische Person, selbst keine geistige Leistung entfalten kann. Das Urheberrecht ist immer an einen Schöpfer, den Menschen, gebunden. Bezogen auf Unternehmensstrukturen erwirbt also grundsätzlich der Mitarbeiter, der das Werk geschaffen hat, auch das Urheberrecht an diesem Werk. Dies gilt auch, wenn das Werk im Rahmen der geschuldeten Arbeitsleistung im Unternehmen erschaffen wird.
Praxistipp: Nutzungsrechte regeln
Sofern Ihr Unternehmen im kreativen Bereich agiert und Ihre Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit – unabhängig von KI – urheberrechtlich geschützte Werke erstellen, erhalten Sie als Arbeitgeber meist »automatisch« ein Nutzungsrecht an diesen Werken – jedenfalls in gewissem Umfang. Es ist aber sinnvoll, im Arbeitsvertrag zu regeln, welche Nutzungsrechte an diesen Werken dem Arbeitgeber eingeräumt werden. Auf diese Weise kann der Umfang der Nutzungsrechteübertragung genau definiert und somit Streitpotenzial im Keim erstickt werden.
Aus dem Schöpferprinzip folgt damit auch, dass eine KI selbst nicht als Urheber in Betracht kommt, da nur ein Mensch Urheber sein kann. Was für das Zusammenwirken zwischen Mensch und KI gilt, klären wir im weiteren Verlauf.
Achtung, nicht jede Schöpfung eines Menschen ist auch ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Sofern Sie ein Urheberrecht begründen möchten, muss Ihr geschaffenes Werk die sogenannte Schöpfungshöhe erreichen, also das normale, alltägliche Maß an Kreativität überschreiten und eine besondere Individualität aufweisen. Nicht jede Aneinanderreihung von Worten, nicht jede Tonfolge oder auch jeder Pinselstrich vermag diese Voraussetzung zu erfüllen. Die Abgrenzung ist dabei nicht immer einfach und muss in Zweifelsfällen von den Gerichten vorgenommen werden. Gleichwohl sind die Anforderungen für die Erreichung der Schöpfungshöhe im deutschen Recht nicht allzu hoch.
Hintergrundwissen
Die Abgrenzung, ob ein Werk vorliegt, erfolgt anhand des Begriffs der »kleinen Münze«. Die »kleine Münze« hielt bereits vor gut einhundert Jahren Einzug in das deutsche Urheberrecht und wurde von der deutschen Gerichtsbarkeit bis heute in einer Vielzahl von Entscheidungen bestätigt. Der Begriff beschreibt solche Schöpfungen, die an der untersten Grenze der gerade noch urheberrechtlich geschützten Werke liegen, und bringt zum Ausdruck, dass für die Annahme eines urheberrechtlichen Schutzes keine allzu großen Anforderungen zu stellen sind, denn auch die »kleine Münze«, die sich nach nicht viel anhört, ist urheberrechtlich geschützt. Als Beispiel für die »kleine Münze« dient der charakteristische Jingle der ARD-Tagesschau, der Ihnen sicherlich direkt in den Ohren klingt, wenn Sie diesen Text lesen. Diese kurze Folge von sechs Tönen genießt bereits urheberrechtlichen Schutz.
Praxistipp: Schöpfungshöhe einschätzen
Eine einfache Frage, die Sie sich zur groben Einordnung einer Schöpfung selbst stellen können, lautet »Würde...
Erscheint lt. Verlag | 4.7.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Mathematik / Informatik ► Informatik |
Recht / Steuern ► Wirtschaftsrecht | |
ISBN-10 | 3-367-10100-1 / 3367101001 |
ISBN-13 | 978-3-367-10100-9 / 9783367101009 |
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