Virtuelle Güter im Rechtsverkehr -  Johanna Voget

Virtuelle Güter im Rechtsverkehr (eBook)

Anerkennung absoluter Rechte, Verkehrsfähigkeit von Nutzungsrechten und Tokenisierung des Rechts am Beispiel virtueller Güter im Metaverse
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
296 Seiten
Fachmedien Recht und Wirtschaft (Verlag)
978-3-8005-9679-9 (ISBN)
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Während die Einordnung von Daten und digitalen Inhalten in das Korsett der Privatrechtsordnung bereits seit Jahrzehnten umstritten ist, treten mit Non-fungible Token (NFTs) und den neuen virtuellen Welten unter dem Buzzword 'Metaverse' neuartige Phänomene auf, welche die Diskussion wieder entfachen und verändern. In diesem Zusammenhang nimmt die Untersuchung die Auswirkungen der Blockchaintechnologie auf das Privatrecht, begrenzt auf die Tokenisierung digitaler Inhalte, in den Blick. Das Werk widmet sich der Forschungsfrage, welche Rechte an virtuellen Gütern bestehen und wie diese am Markt gehandelt werden können. Hierzu stellt es die Besonderheiten virtueller Güter im Vergleich zu anderen digitalen Inhalten heraus und zeigt das wirtschaftliche Bedürfnis für die Anerkennung absoluter Rechte, die Übertragbarkeit von Nutzungsrechten und eine Tokenisierung mit dinglicher Wirkung auf. Auf der Grundlage der Zwecke des Sacheigentums und der Immaterialgüterrechte sowie unter Berücksichtigung der ersten Regelungsansätze in einzelnen Rechtskreisen entwickelt die Arbeit Reformvorschläge, die dem wachsenden Markt virtueller Güter und der entstehenden Tokenökonomie Rechnung tragen.

Johanna Voget LL.M., ist als Rechtsanwältin im Bereich Data Technology bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP in Düsseldorf beschäftigt. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Münster absolvierte sie das zweite juristische Examen am Landgericht Münster.

I. Die virtuelle Welt


Die Skepsis der Gesellschaft bezüglich der neuen virtuellen Welt beruht überwiegend auf ihrer Unwissenheit, was genau diese Welt, das „Metaverse“, eigentlich ist. Steckt mehr hinter dem viel kursierenden Buzz-Word oder handelt es sich doch nur um einen Hype, der bald wieder der Vergangenheit angehören wird?

Der Begriff „Metaverse“ wurde im Jahr 1992 durch Neal Stephenson in dem Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ erschaffen. Das zusammengesetzte Wort beschreibt ein Universum im „jenseits“ (meta-). Gemeint ist damit ein zukünftiges virtuelles Universum, eine Iteration des Internets.11 „Das eine“ Metaverse als solches existiert in der Praxis jedoch nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Akkumulation verschiedener virtueller Welten.12 Erklärtes Ziel dieser virtuellen Realitäten ist es, die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft darzustellen und die Grenzen der realen Welt zu erweitern.13 Das Metaverse ist dabei im Grunde schlicht die nächste logische Stufe des Internets, das sog. Web 3.0.14 Darunter wird nach aktuellen Definitionsmodellen ein dezentrales Internet15 verstanden, welches nicht durch einzelne Plattformen bestimmt wird, sondern durch die Nutzung der Blockchaintechnologie eine tokenbasierte Wirtschaft unter der Herrschaft der Nutzer darstellt.16 Die Differenzierung des Web 3.0 vom derzeit vorherrschenden Web 2.0 lässt sich mit wenigen Worten wie folgt beschreiben: „Web 2: Users are the data, corporations own the platform, and the code is closed. Web 3: Users own their data, contributors own the platform, and the code is open.“17

Als nächste Entwicklungsstufe des Internets ist das Metaverse damit zukünftig für jeden Einzelnen relevant und mit zahlreichen neuen Chancen versehen. Dabei wird es das Internet in seiner derzeitigen Form, das Web 2.0, nicht ersetzen, sondern darauf aufbauen, es erweitern und weiterentwickeln.18

Nachstehend wird der Versuch einer Definition und Konkretisierung der Merkmale der neuen virtuellen Welt unternommen sowie die wirtschaftliche Relevanz des Metaverse aufgezeigt.

1. Definition der virtuellen Realität

Eine virtuelle Realität bezeichnet eine technisch erzeugte künstliche, dreidimensionale Umgebung, die für den Menschen so aufbereitet wird, dass der Eindruck entsteht, der Einzelne befände sich in Echtzeit in eben dieser Realität und könne mit ihr interagieren.19

Sie ist gekennzeichnet durch die Merkmale der Imagination, Interaktion und der Immersion, dem „Eintauchen“.20 Aufgabe der virtuellen Realität als immersive Umgebung ist es, alle fünf Sinne des Menschen anzusprechen und so eine vollständige Interaktion zwischen Mensch und virtueller Umgebung durch eine personalisierte und intuitive Verbindung zu ermöglichen.21 Durch die Bewegung im Raum kann der Mensch, besser als auf einem Bildschirm und ähnlich wie im realen Leben, virtuelle Welten erkunden.22 Das Merkmal der Imagination steht für die realitätsgetreue Einrichtung der virtuellen Umgebung als Abbildung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften.23

2. Attribute des Metaverse

Über diese grundlegende Beschreibung der virtuellen Umgebung hinaus, kann eine greifbare allgemeingültige Definition des Metaverse allerdings noch kaum formuliert werden. Vielmehr befindet sich die neue Welt im Entstehungsprozess, die einzelnen virtuellen Realitäten entwickeln sich jeden Tag weiter.

Nach den ersten Versuchen einer allgemeingültigen Charakterisierung wird das Metaverse als ein Zusammenschluss mehrerer virtueller Räume verstanden, die als Schauplatz für alle Formen von Arbeit, Bildung und Unterhaltungserfahrungen dienen.24

Einige Wesensmerkmale des Metaverse sind nach vorherrschender Auffassung bereits feststehend und zur Kennzeichnung maßgeblich:25

Es soll dezentral organisiert und somit nicht in sich abgeschlossen sein. Gemeint ist damit, dass die Nutzer mehr Kontrolle über ihre Daten und digitalen Güter innehaben sollen, nicht mehr von einer zentralen Entität abhängig sind und die virtuelle Welt mitgestalten können.26 In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass das Metaversum gemeinschaftsbasierte Standards und Protokolle (wie das Open Web) und ein „quelloffenes“ Metaversen-Betriebssystem erfordern wird.27 Die konkrete Ausgestaltung der Dezentralität ist jedoch noch offen.

Ein weiteres Merkmal des Metaverse soll die Interoperabilität darstellen.28 Bislang mangelt es technisch an der Umsetzung dieses Attributs, sodass (noch) kein „großes, einheitliches Metaverse“ existiert. In Zukunft sollen Nutzer aber mit der eigenen virtuellen Persönlichkeit in Gestalt eines Avatars beliebig zwischen den verschiedenen virtuellen Welten wechseln können und auch die erworbenen virtuellen Güter auf jeder Plattform nutzen können.

Das Metaverse soll persistent sein. Das heißt, es besteht dauerhaft, pausiert oder endet nie und der Zugriff ist rund um die Uhr möglich.29 In räumlicher Hinsicht besteht es weltweit, jedermann kann also von jedem Ort aus – eine Verbindung zum Internet vorausgesetzt – das Metaverse betreten.30

Dabei soll es auch synchron ausgestaltet, also parallel zum „echten“ Leben ablaufen,31 und „live“ sein, also in Echtzeit stattfinden.32 Für ein gleichzeitiges Erleben innerhalb der virtuellen Welt, beispielsweise auf einem virtuellen Konzert, ist aber eine enorme Rechenleistung und eine kontinuierliche Kommunikation erforderlich, sodass derzeit (noch) Tricks zur Darstellung einer vermeintlichen Parallelität angewendet werden.33

Zuletzt soll das Metaverse, wie der Bergriff der virtuellen Welt bereits gezeigt hat, immersiv sein, also die Möglichkeit des „Eintauchens“ bieten.

3. Wirtschaftliche und praktische Bedeutung

Bereits seit den 1990er Jahren reift die Technik um die virtuellen Realitäten. Ihren ersten Anwendungsbereich fanden diese in der produzierenden Wirtschaft, bei der Entwicklung, Produktion und dem Marketing.34 Dergestalt nutzen Unternehmen die virtuelle Realität zunehmend, um digitale Zwillinge ihrer Fabriken, Maschinen und Produkte herzustellen, und ganze Produktionsprozesse vor der analogen Umsetzung digital ablaufen zu lassen, um sie zu prüfen und zu optimieren.35

Im Jahr 2003 trat mit der Plattform „Second Life“ des Gründerunternehmens Linden Lab ein erster Versuch der Nutzung der immersiven Umgebung auch durch Private auf den Markt, mit dem Ziel, eine vollständige zweite Realität aufzubauen, in der sich die Nutzer wie im echten Leben betätigen können.36 In einem eigenen virtuellen Wirtschaftssystem können Dienstleistungen und virtuelle Produkte angeboten und erworben werden. Gezahlt wird mit einer eigenen virtuellen Währung, die, zu einem von einer eigenen Börse berechneten Kurs, in reales Geld umgetauscht werden kann.37 In der Hochphase um das Jahr 2013 erschufen sich nach Angaben von Linden Lab mehr als 30 Millionen Nutzer eine Identität auf der Plattform, zwischenzeitlich waren jedoch nur noch rund 30.000–60.000 Nutzer gleichzeitig aktiv.38 Durch den aktuellen Aufschwung der Thematik um virtuelle Welten in der Öffentlichkeit stieg auch auf Second Life die Zahl der aktiven Nutzer wieder auf rund 900.000.39

Eine weitere wesentliche Branche im Bereich der Technik und Nutzung virtueller Realitäten, die bereits seit den 90er Jahren am Markt vertreten ist und sich seither massiv entwickelt hat, ist die der sog. Massive Multi-Player Online Role-Playing Games (MMORPGs). Spiele wie „World of Warcraft“, „Fortnite“ oder „Roblox“ können zeitgleich von einer Vielzahl an Nutzern gespielt werden und leben von deren Kreativität, eigene Güter zu erschaffen oder Aufgaben allein oder gemeinsam mit anderen Nutzern zu bewältigen.40 Die audio-visuelle Ausgestaltung dieser Spiele verschafft einen Eindruck, wie die zukünftigen virtuellen Welten und das Metaverse aussehen werden und erfreuen sich insbesondere unter den Jugendlichen enormer Beliebtheit. Roblox konnte im Sommer 2020 164 Millionen aktive Spieler aufweisen, Fortnite im Jahr 2021 durchschnittlich sogar 350 Millionen spielende Nutzer pro Tag.41 Auch im Bereich des „eSports“, virtuellen Sportwettkämpfen, steigt die Zahl der Zuschauer und der weltweite Gesamtumsatz zusehends an.42

Zunächst waren technische Unreifen, sowie hohe Anschaffungs- und Wartungskosten Grund dafür, dass sich die virtuelle Welt nicht vollends am Markt durchsetzen konnte. Durch die stetig ausgefeilteren, leistungsstärkeren VR-Lösungen, sowie die zunehmende Verbreitung und finanzielle Erschwinglichkeit von Hardware und mobilen Endgeräten, wie beispielsweise VR-Brillen, nimmt die Bedeutung der Technologie und die Möglichkeit der Nutzung durch ein breites Publikum immens zu.43

Nach der Umbenennung des Facebook Konzerns in Meta und der Ankündigung Mark Zuckerbergs ein „Metaversum“ zu erschaffen,44 ist dieses Buzzword in aller Munde. Neben Meta arbeiten aber auch Unternehmen wie Microsoft und Epic Games an der Entwicklung virtueller Realitäten und investieren Milliardenbeträge in dieses Projekt.45 Solche sind in den vergangenen Monaten unter Namen wie Decentraland oder The Sandbox auf den Markt getreten.

In der Folge wurden bereits erste virtuelle Konzerte von weltweit bekannten...

Erscheint lt. Verlag 4.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Steuern / Steuerrecht
ISBN-10 3-8005-9679-2 / 3800596792
ISBN-13 978-3-8005-9679-9 / 9783800596799
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