Denkmalrecht Sachsen-Anhalt -  Thorsten Franz

Denkmalrecht Sachsen-Anhalt (eBook)

Darstellung für Studium und Praxis
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
304 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3929-2 (ISBN)
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Das Buch bietet eine systematische Darstellung des Denkmalschutzrechts in Sachsen-Anhalt. Alle Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes des Landes werden mit der dazu ergangenen Rechtsprechung behandelt. Außerdem umfasst das Werk eine Vorschriftensammlung, u.a. mit den amtlichen Erläuterungen zu den Paragrafen des Denkmalschutzgesetzes. Es wendet sich an alle, die in Denkmalschutz und Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt tätig sind sowie an Studierende, die sich mit dem Denkmalwesen in diesem Bundesland befassen. Für die meisten Fragen des Denkmalschutzrechts aus Studium und Praxis bietet es Antworten oder weiterführende Hinweise.

Der Autor ist Professor für Öffentliches Recht, insbesondere Bau-, Planungs- und Umweltrecht, an der Hochschule Harz, zudem außerplanmäßiger Professor der Universität Halle. Er hat zahlreiche Beiträge und über 20 Bücher zum Verwaltungsrecht verfasst.

C. Denkmalschutz und Verfassungsrecht


I. Denkmalschutz als Staatsaufgabe


Nach der Landesverfassung47 sorgt das Land, unterstützt von den Kommunen, für den Schutz und die Pflege der Denkmale von Kultur und Natur. Das Nähere regeln die Gesetze.48 Denkmalschutz und Denkmalpflege sind mithin eine Staatsaufgabe.

Die Denkmalpflege gilt gemeinhin als eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang.49 Die Verfassung schafft aber keinen absoluten Vorrang oder Nachrang des Denkmalschutzes vor anderen öffentlichen Belangen. Fraglos haben der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, der Schutz der Menschenwürde sowie des Wesensgehalts der Grundrechte Vorrang gegenüber dem Denkmalschutz. Im Übrigen ist es jedoch Frage einfachgesetzlicher Vorgaben und einer Abwägung im Einzelfall, ob der Denkmalschutz gegenüber anderen (auch verfassungsrechtlichen) Belangen zurücktreten muss oder (relativen) Vorrang genießt. Aus dem Staatsziel Umweltschutz des Grundgesetzes ergibt sich kein unbedingter Vorrang dieses Ziels gegenüber dem landesverfassungsrechtlich verankerten Denkmalschutz.50 Das Umweltschutzstaatsziel kann nur etwa dazu führen, dass dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung bei Abwägungsentscheidungen zwischen konkurrierenden Interessen eine verstärkte Durchsetzungsfähigkeit zukommt und daher je nach Lage des Einzelfalls Einschränkungen im Erscheinungsbild eines Denkmals eher hinzunehmen sind, als dies ohne das Umweltschutzstaatsziel der Fall wäre. 51

II. Eigentumsfreiheit


Lit.: Hösch, Denkmalschutz und Eigentum, ThürVBl. 2003, 145-154; Kimminich, Die Eigentumsgarantie im Naturund Denkmalschutz, NuR 1994, 261-270; Körner, Denkmalschutz und Eigentumsschutz – Neues aus der Rechtsprechung, LKV 2013, 57-63; Martin/Mieth/Spennemann, Die Zumutbarkeit im Denkmalrecht: Eigentumsgrundrecht und Denkmalschutz in der Praxis, 2. Aufl., 2017; Moench, Denkmalschutz und Eigentumsbeschränkung, BauR 1993, 420-433; Ossenbühl, Zum Verhältnis von Eigentumsschutz und Denkmalschutz, JZ 1999, 899-900; Otting, Denkmalschutz zwischen Eigentümerinteressen und Gemeinwohlbindung, BauR 2000, 514-520

Die Beschränkungen, die das Denkmalschutzrecht den Eigentümern von Denkmalen auferlegt, sind Regelungen des Inhalts und der Schranken des Grundeigentums i.S.v. Art. 14 I 2 GG. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Genehmigungspflicht für die Beseitigung eines Kulturdenkmals.52 Sie sind dem Grundsatz nach als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums („Eigentum verpflichtet“) vom Denkmaleigentümer entschädigungslos hinzunehmen. Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf die Sozialbindung des Eigentums muss es der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird.53 Das Eigentumsgrundrecht schützt „nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums“54.

Anders liegt der Fall, wenn dem Eigentümer aufgrund denkmalrechtlicher Beschränkungen „keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit55 mehr verbleibt bzw. es bloßes „Zuschussobjekt“56 ist und er es „praktisch auch nicht veräußern kann“57. Kann selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch mehr machen und es praktisch nicht veräußern, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt.58 Muss der Pflichtige die Erhaltungspflicht allein im öffentlichen Interesse tragen, ohne Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können, nähert sich die Rechtsposition des Betroffenen einer Lage, die den Namen „Eigentum“ nicht mehr verdient und eine Versagung einer Abbruchgenehmigung wäre unzumutbar.59 Entsprechend dürfen dem Eigentümer keine Erhaltungsmaßnahmen aufgegeben werden, die eine unzumutbare Belastung bewirken.

Die Sozialbindung gilt für Alt- wie Neueigentümer von Denkmälern und grundsätzlich unabhängig von Schäden. So unterliegt auch ein Eigentümer der Sozialpflichtigkeit seines Grundeigentums, der ein marodes Denkmal zu einem günstigen Preis erworben hat. Mit seiner Sozialbindung wäre es unvereinbar, könnte er den Vorteil des billigen Erwerbs auf Kosten des Denkmalschutzes durch Abbruch oder Inkaufnahme des Verfalls ausnutzen.60

Nur, wenn denkmalschutzrechtliche Bindungen im Einzelfall eine derart schwere, unzumutbare Belastung eines Eigentümers bewirken, liegt ausnahmsweise eine ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung des Eigentums vor. „Soweit eine Nutzungsbeschränkung dem Eigentümer nur gegen eine Ausgleichsleistung zugemutet werden kann, gebieten es die bei der Inhaltsbestimmung des Eigentums (Art. 14 I 2 GG) zu beachtenden Grundsätze nicht, daß über eine solche Ausgleichsleistung bereits in dem nutzungsbeschränkenden Verwaltungsakt selbst entschieden wird.“61

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu: „Denkmalschutzrechtliche Regelungen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, sind mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn sie unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers nicht ausschließen und keinerlei Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Eigentumsbeschränkungen enthalten.“62 „Ausgleichsregelungen, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen Härtefällen wahren sollen, sind unzulänglich, wenn sie sich darauf beschränken, dem Betroffenen einen Entschädigungsanspruch in Geld zuzubilligen. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, daß in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten.“63 „Wie der Gesetzgeber auf normativer Ebene mit der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums auch Voraussetzungen, Art und Umfang des Ausgleichs sonst unverhältnismäßiger Belastungen zu regeln hat, muß die Verwaltung bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich über den gegebenenfalls erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach entscheiden. Die Voraussetzungen dafür muß der Gesetzgeber schaffen.“64 Aus der Rspr. des BVerwG65: „Die Privatnützigkeit des Eigentums an einem Baudenkmal wird nahezu vollständig beseitigt, wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann (…)66. Es ist mit der Eigentumsfreiheit vereinbar, dem Denkmaleigentümer die Darlegungslast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen aufzuerlegen.“67

Soll aufgrund Denkmalschutzrechts dem Eigentümer das Eigentum an seinem Denkmal entzogen werden und auf den Staat übergehen, liegt eine (entschädigungspflichtige) Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG vor. Eine Enteignung ist konkret, trifft den Adressaten individuell, indem sie ihm sein Eigentum zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ganz oder teilweise entzieht. Beschränkungen, die diese Merkmale nicht erfüllen, sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen.

Bsp.: keine enteignende Wirkung der Versagung einer Abbruchgenehmigung oder der Nichtberücksichtigung von Renovierungs-, Erhaltungs-, Bewirtschaftungs- und sonstigen Folgekosten in diesem Verfahren68

Eine Unterschutzstellung beinhaltet keine Enteignung.69 Einen Eigentumsentzug stellen nutzungsbeschränkende Maßnahmen im Interesse des Denkmalschutzes selbst dann nicht dar, wenn sie einen gesetzlichen Übernahmeanspruch des Eigentümers auslösen können. Sie sind nicht Enteignung, sondern Inhaltsbestimmung des Eigentums.70 Ein solcher Übernahmeanspruch ist indes im sachsen-anhaltischen Recht ohnehin nicht vorgesehen.71

Die verfassungsrechtlichen Vorgaben gelten für den Landesgesetzgeber und Verordnungsgeber ebenso wie für die gemeindlichen Satzungsgeber, die Bebauungspläne erlassen, um denkmalgeschützte Bausubstanz zu erhalten. Die Konkretisierung der Sozialbindung unterliegt der Bindung des Gleichheitssatzes.72 Dem Landesgesetzgeber ist es unbenommen, in seinem Denkmalschutzgesetz die Belange des Eigentümers in stärkerem Maße zu berücksichtigen, als ihm dies durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zwingend vorgegeben ist.73

Die §§ 9 I, 10 IV DenkmSchG LSA sind verfassungsgemäß.74 Sie konkretisieren die Sozialpflichtigkeit in nicht zu beanstandender Weise.75 So werden etwa die durch den Anliegergebrauch gedeckten Werbemöglichkeiten mit dem Denkmal in zulässiger Weise beschnitten.76

III. Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden


Die...

Erscheint lt. Verlag 14.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Öffentliches Recht Verwaltungsverfahrensrecht
ISBN-10 3-7597-3929-6 / 3759739296
ISBN-13 978-3-7597-3929-2 / 9783759739292
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