Wachstumschancengesetz (eBook)
236 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-6278-5 (ISBN)
Andreas Bolik Dr. Andreas S. Bolik, Partner, Steuerberater, Diplom-Ökonom, National Office Tax, EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft. Er leitet das Knowledge Center der steuerlichen Grundsatzabteilung von EY und ist ein vielseitiger Generalist mit langjähriger Berufserfahrung und besonderen Kenntnissen im Ertragsteuer- und Steuerbilanzrecht. Als analytischer Kopf und kreativer Berater mit ganzheitlichem Ansatz ist er gefragter Referent bei Webcasts, Podcasts und Vortragsveranstaltungen. Verfasser vielfältiger Gutachten und Stellungnahmen. Roland Nonnenmacher Roland Nonnenmacher, Director, Head of Tax Policy Germany, National Office Tax, EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft. Er begleitet die Steuerpolitik im Zentrum Berlins an der Schnittstelle von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Bei EY leitet er den Bereich Steuerpolitik innerhalb der steuerlichen Grundsatzabteilung. Kollegen und Mandanten versorgt er mit verlässlichen Informationen zu den neuesten Entwicklungen im steuerpolitischen Berlin. In Stellungnahmen und Fachartikeln bringt er die Position der Wirtschaft in die Debatte ein. Er ist Ansprechpartner für Ministerien und Parlamentarier.
Andreas Bolik Dr. Andreas S. Bolik, Partner, Steuerberater, Diplom-Ökonom, National Office Tax, EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft. Er leitet das Knowledge Center der steuerlichen Grundsatzabteilung von EY und ist ein vielseitiger Generalist mit langjähriger Berufserfahrung und besonderen Kenntnissen im Ertragsteuer- und Steuerbilanzrecht. Als analytischer Kopf und kreativer Berater mit ganzheitlichem Ansatz ist er gefragter Referent bei Webcasts, Podcasts und Vortragsveranstaltungen. Verfasser vielfältiger Gutachten und Stellungnahmen. Roland Nonnenmacher Roland Nonnenmacher, Director, Head of Tax Policy Germany, National Office Tax, EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft. Er begleitet die Steuerpolitik im Zentrum Berlins an der Schnittstelle von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Bei EY leitet er den Bereich Steuerpolitik innerhalb der steuerlichen Grundsatzabteilung. Kollegen und Mandanten versorgt er mit verlässlichen Informationen zu den neuesten Entwicklungen im steuerpolitischen Berlin. In Stellungnahmen und Fachartikeln bringt er die Position der Wirtschaft in die Debatte ein. Er ist Ansprechpartner für Ministerien und Parlamentarier.
1.2 Anpassung der Definition der Zinsaufwendungen
Nach bisheriger Gesetzeslage sind Zinsaufwendungen i. S. d. § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.7 Welche Arten von Vergütungen vom sachlichen Anwendungsbereich der Zinsschranke erfasst sind, wird insbesondere seit Veröffentlichung des BMF-Schreibens im Jahr 20088 strittig diskutiert und ist ein häufiger Diskussionspunkt in Betriebsprüfungen.
Der überwiegende Teil in der Literatur befürwortet eine »enge« Auslegung des Zinsbegriffs. Danach sind bislang vom Zinsbegriff Vergütungen als Entgelte für die zeitlich begrenzte Zurverfügungstellung von Fremdkapital erfasst.9 Dagegen legt die Finanzverwaltung den Begriff profiskalisch »weit« aus. Gemäß der Verwaltungsauffassung sind unter Zinsaufwendungen auch Vergütungen zu verstehen, die zwar stellenweise nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z. B. Damnum, Disagio, Vorfälligkeitsentschädigungen, Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden).10 Im Jahr 2023 hat sich der BFH einer tendenziell »engen« Auslegung des Zinsbegriffs i. S. d. § 4h EStG a. F. angeschlossen und entgegen der Verwaltungsauffassung sog. Arrangement Fees nicht generell als Zinsaufwendungen i. S. d. Zinsschranke des § 4h EStG a. F. qualifiziert.11 Zwar ist diese gerichtliche Auslegung der Zinsabgrenzung bzw. der Reichweite des Zinsbegriffs für Steuerpflichtige erfreulich, jedoch nur für Veranlagungszeiträume bis 2023, denn für Veranlagungszeiträume ab dem VZ 2024 haben Steuerpflichtige nun den angepassten Begriff der Zinsaufwendungen i. S. d. § 4h EStG i. d. F. Kreditzweitmarktförderungsgesetzes zu beachten. Der Gesetzgeber hat den Begriff der Zinsaufwendungen in § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG an die Vorgaben der ATAD-Richtlinie mittels eines Verweises auf Art. 2 Abs. 1 der ATAD-Richtlinie erweitert und auch die Definition der Zinserträge in § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG angepasst.
Eine Folgewirkung dieser weiten Zinsabgrenzung besteht u. E. darin, dass diese Kosten (Erträge) im Zusammenhang mit einer Fremdkapitalüberlassung entsprechend das steuerliche EBITDA im Sinne der Zinsschranke (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG) erhöhen (mindern). Mithin wirken sich diese Aufwendungen (Erträge) im Ergebnis zu 70 % auf die Zinsschranke aus, da nach § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG das verrechenbare EBITDA der Zinsschranke 30 % des um die Zinsaufwendungen erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns beträgt. Zwar würden bspw. Bauzeitzinsen über die Berücksichtigung von AfA-Beträgen auch ohne Anpassung Eingang in das verrechenbare Zinsschranken-EBITDA finden. Für die meisten anderen zinsähnlichen Aufwendungen und (Fremd-)Kapitalbeschaffungskosten gilt dies jedoch nicht, weil diese Betriebsausgaben den maßgeblichen Gewinn i.S.d. § 4 h Abs. 3 Satz 1 EStG gemindert haben und entsprechend für die Berechnung des EBITDA wieder hinzugerechnet werden müssen.
Gemäß § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG a. F. führte die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen. Diese Sonderregelung ist infolge der Erweiterung des Zinsbegriffs entbehrlich geworden, da die Auf- und Abzinsung vom erweiterten Zinsbegriff des Art. 2 Abs. 1 ATAD bereits erfasst ist. Auf dieser Grundlage wurde die bisherige Sonderregelung in § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG a. F. aufgehoben. Seit der Aufhebung des Abzinsungsgebots von Verbindlichkeiten aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG i. R. d. Vierten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz, BGBl. I 2022, 911) war der Anwendungsbereich des § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG jedoch ohnehin erheblich eingeschränkt.12
§ 4h Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG |
Alte Fassung | Neue Fassung |
Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. | Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (ABl. L 193 vom 19.7.2016, S. 1), die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. |
Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben. | Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art und wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben. |
Die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen. | ./. |
Durch den statischen Verweis auf Art. 2 Abs. 1 ATAD sollen laut Gesetzesbegründung sämtliche in der ATAD-Richtlinie aufgeführten Regelbeispiele erfasst sein.13 Gemäß Art. 2 Abs. 1 der ATAD-Richtlinie sind Zinsaufwendungen:
Fremdkapitalkosten für alle Arten von Forderungen, sonstige Kosten, die nach nationalem Recht wirtschaftlich gleichwertig mit Zinsen und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kapital sind, einschließlich — unter anderem —
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Zahlungen im Rahmen von Beteiligungsdarlehen,
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kalkulatorische Zinsen auf Instrumente wie Wandelanleihen und Nullkuponanleihen,
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Beträge im Rahmen von alternativen Finanzierungsmodalitäten, wie sie z. B. islamische Banken praktizieren,
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die Finanzierungskosten im Rahmen von Finanzierungsleasing,
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im Bilanzwert eines zugehörigen Vermögenswerts enthaltene kapitalisierte Zinsen, oder die Amortisation kapitalisierter Zinsen,
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gegebenenfalls Beträge, die durch Bezugnahme auf eine Finanzierungsrendite im Rahmen von Verrechnungspreisregelungen gemessen werden,
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Beträge fiktiver Zinsen im Rahmen von Derivaten oder Hedging-Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Fremdkapital eines Unternehmens,
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bestimmte Wechselkursgewinne und -verluste auf Fremdkapital und
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Instrumente im Zusammenhang mit der Beschaffung von Kapital, Garantiegebühren für Finanzierungsvereinbarungen, Vermittlungsgebühren und ähnliche Kosten im Zusammenhang mit der Aufnahme von Fremdkapital.
Der Zinsbegriff erweitert sich damit von zuvor reinen Vergütungen für Fremdkapital14 auf Zinsaufwendungen für alle Arten von Forderungen, andere nach nationalem Recht wirtschaftlich mit Zinsen vergleichbare Aufwendungen sowie ähnliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital.15 Zumindest wurde auch der Begriff der Zinserträge entsprechend dem Grundgedanken der ATAD-Vorgaben angepasst, indem neben den »Erträgen aus Kapitalforderungen jeglicher Art« auch »wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen« erfasst werden (§ 4h Abs. 3 Satz 3 EStG).16 Allerdings wird im Gegensatz zu den Zinsaufwendungen bei der Definition der Zinserträge nicht explizit auf die ATAD-Richtlinie -bzw. deren analoge Anwendung auf Zinserträge – verwiesen.
Entsprechend besteht die Gefahr, dass bestimmte sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital zwar beim Belasteten zu Zinsschrankenzinsaufwendungen führen, dieselben Zahlungen jedoch beim Empfänger nicht als Zinsschrankenzinserträge gewertet werden. Diese mögliche Asymmetrie könnte dazu führen, dass durch Auslegung der Anwendungsbereich der Zinsschranke auf profiskalische Weise weiter ausgeweitet werden könnte, weshalb die weitere Rechtsanwendung zeigen muss, ob die Finanzverwaltung auch bei den Zinserträgen eine analoge Anwendung der ATAD-Richtlinie mittragen wird. In der Literatur wird eine entsprechende Auslegung bereits gefordert.17
Steuerpflichtige sollten sich folglich umgehend mit der potenziellen Erweiterung des Zinsbegriffs auseinandersetzen und insbesondere bei bislang nicht von der Zinsdefinition erfassten Aufwendungen prüfen, ob diese nunmehr vom »neuen« Zinsbegriff in ihren Buchhaltungs- und Systemen zur Tax Compliance erfasst werden. Dies ist insbesondere im Bereich der Immobilienfinanzierung (Real Estate) und im Entwicklungsbereich (Development) wichtig, da dort in der Praxis bspw. häufig (Bauzeit-) Zinsaufwendungen in den Anschaffungskosten aktiviert werden. Entsprechend sind dann aufwendige Wertungen erforderlich, in welchen Zeitpunkten sich diese aktivierten Zinsaufwendungen »drehen«. Insoweit erlangen Periodisierungsfragen an Bedeutung, weil...
Erscheint lt. Verlag | 5.8.2024 |
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Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Recht / Steuern ► Steuern / Steuerrecht |
Schlagworte | Abschreibung • Andreas S. Bolik • Bilanz und Außensteuerrecht • eRechnung • EY • Forschungszulage • innerstaatliche Steuergestaltung • Klimaschutzinvestitionsprämie • Konzernfinanzierung • Mitteilungspflicht • Personengesellschaften • Roland Nonnenmacher • Verlustabzug • Verlustnutzung • Wachstumschancengesetz • Zinshöhenschranke • Zinsschranke |
ISBN-10 | 3-7910-6278-6 / 3791062786 |
ISBN-13 | 978-3-7910-6278-5 / 9783791062785 |
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