D. Anmeldung
1.29 Eintragungen in das Handelsregister erfolgen i. d. R. nur auf Anmeldung.
I. Rechtsnatur
1.30 Nach heute h. M. ist die Anmeldung eine
Verfahrenserklärung gegenüber dem Registergericht und keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung.
29) Mit dem verfahrensrechtlichen Charakter der Anmeldung ist es nicht vereinbar, dass sie
auflösend bedingt oder durch einen
Endzeitpunkt befristet ist (§§ 158 ff. BGB); auch kann sie wegen Willensmängeln nicht angefochten werden (§§ 119 ff. BGB) und § 181 BGB ist nicht anwendbar.
30) Das Fehlen oder die Unwirksamkeit einer Anmeldung hat wegen ihres Verfahrenscharakters
keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage.
Beispiel:
Wird ein kleines Unternehmen (z. B. Tante-Emma-Laden) aufgrund einer unwirksamen, weil auflösend bedingten Anmeldung im HR eingetragen, so entsteht mit der konstitutiven Eintragung die Kaufmannseigenschaft trotzdem.
1.31 Eine
aufschiebend bedingte oder mit einem
Anfangszeitpunkt versehene Anmeldung kann erst dann dem Registergericht vorgelegt und von diesem vollzogen werden, wenn die aufschiebende Bedingung eingetreten oder der Anfangszeitpunkt erreicht ist.
31) Eine Handelsregisteranmeldung kann auch bereits erklärt, unterzeichnet und notariell beglaubigt werden, wenn die materielle Tatsache bereits eingetreten ist, aber noch dem Registergericht vorzulegende
Anlagen fehlen, z. B. die Abgabe der Anmeldung einer bereits beschlossenen Geschäftsführerbestellung beim Notar, wenn der dem Registergericht vorzulegende Gesellschafterbeschluss darüber (§ 39 Abs. 2 GmbHG) nicht bei der Anmeldung vorlag; die Vorlage der notariell beglaubigten Anmeldung beim Registergericht kann jedoch nur zusammen mit dem Gesellschafterbeschluss erfolgen.
32) 1.32 Unsicherheiten bestehen bei der Frage, ob eine Anmeldung bereits erklärt, unterzeichnet und notariell beglaubigt werden kann hinsichtlich solcher Tatsachen, die materiell erst noch beschlossen, vereinbart usw. werden müssen oder in der Zukunft liegen (z. B. die Bestellung eines Prokuristen einer KG oder eines Geschäftsführers einer GmbH.
1.33 Zumindest in den Fällen, wo die materielle Rechtsänderung (z. B. durch eine Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung) bereits erfolgt ist, aber die damit verbundene Rechtswirkung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll, kann eine notwendige Handelsregisteranmeldung bereits vorfristig notariell beglaubigt und nach dem Erreichen des Zeitpunkts zum Handelsregister eingereicht werden.
33) 1.34 Denn hierbei ist darauf abzustellen, dass die Anmeldung zum Handelsregister erst mit ihrem Zugang beim Registergericht wirksam wird. Für die Frage, ob eine Anmeldung wirksam ist, kommt es folglich auf den Zeitpunkt an, in dem sie mit dem Willen des Erklärenden in den Rechtsverkehr gelangt. Hat der Erklärende die Anmeldung selbst in Händen, liegt die Abgabe erst im Zeitpunkt des Absendens vor; befindet sich die Anmeldung beim Notar, ist sie dann abgegeben, wenn sie aufgrund der Anweisung des Erklärenden in den Rechtsverkehr gelangt und dieser keine Möglichkeit hat, die Erklärung noch zurückzuhalten.
1.35 Die Erklärung und notarielle Beglaubigung der Anmeldung ist deshalb streng zu trennen von ihrer Abgabe und ihrem Zugang durch Vorlage beim Registergericht. Liegen im Zeitpunkt des Zugangs beim Registergericht die einzutragenden Tatsachen materiell wirksam vor, ist die Anmeldung wirksam, auch wenn die Anmeldung schon erklärt wurde zu einem Zeitpunkt, in dem die einzutragenden Tatsachen materiell noch gar nicht existent waren. Bei der Anmeldung und Versicherung (§ 39 Abs. 3 GmbHG) des „zukünftigen“ GmbH-Geschäftsführers wäre es auch möglich, dass der Notar die Anmeldung und Versicherung zunächst erklären und unterzeichnen lässt und erst nach wirksamer Beschlussfassung die Unterschrift beglaubigt, wenn er sich noch positiv an den Vorgang der Vollziehung der Unterschrift erinnert.
34) Im Beglaubigungsvermerk muss der Notar nicht den Tag der Vollziehung der Unterschriftsleistung angeben. Wird danach die notariell beglaubigte Anmeldung einschließlich des Gesellschafterbeschlusses (§ 39 Abs. 2 GmbHG) dem Registergericht vorgelegt, liegt zu diesem Zeitpunkt, auf den es ankommt, eine wirksame Anmeldung vor. Eine weitere Möglichkeit für die notarielle Praxis, der Anmeldung eines noch zu bestellenden Geschäftsführers zum Erfolg zu verhelfen, wird darin gesehen, auf dem noch beizufügenden Gesellschafterbeschluss kein Datum anzugeben, so dass nicht ersichtlich ist, ob er vor oder nach der Erklärung, Unterzeichnung und notariellen Beglaubigung der Anmeldung erfolgt ist.
35) 1.36 Die Anmeldung besteht aus der Antragserklärung und dem Sachvortrag.
1.37 Der Antrag ist somit ein Teil der Anmeldung. Das Wort „beantragen“ muss nicht verwendet werden; es genügt vielmehr jede Erklärung, aus der sich ergibt, dass eine Eintragung im HR gewollt ist.
1.38 Üblich sind folgende Formulierungen:
„Es wird zur Eintragung in das Handelsregister beantragt: …“
„Wir melden folgendes zur Eintragung in das Handelsregister an: …“
1.39 Der zweite Teil der Anmeldung ist der sog. Sachvortrag. Darin müssen die Antragsziele dargestellt werden, z. B.
– Eintragung einer Einzelprokura;
– Eintragung eines Haftungsausschlusses.
II. Anmeldeberechtigung und -verpflichtung
1.40 Zur Anmeldung verpflichtet oder berechtigt sind der „Einzelkaufmann“ (§§ 29, 31 HGB) bzw. bei den Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und der GbR in der Regel „sämtliche Gesellschafter“ (vgl. §§ 106 Abs. 7 HGB bzw. §707 Abs. 4 BGB).
1.41 Die Anmeldeberechtigung bzw. -verpflichtung muss vorliegen
zum Zeitpunkt des Eingangs der Anmeldung beim Registergericht, noch nicht bei Erklärung oder Unterzeichnung oder der notariellen Beglaubigung der Anmeldung.
36) III. Inhalt
1.42 Der Inhalt der Anmeldung richtet sich nach den anzumeldenden Tatsachen und den hierfür einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, auf denen die Eintragungsfähigkeit mit oder ohne Anmeldepflicht beruht, z. B.
§ 106 Abs. 2 Nr. 1–3 HGB. Als Grundlage der Handelsregistereintragung muss die Anmeldung einen klaren und bestimmten Inhalt haben. Bestimmte, im Gesetz verwendete Formulierungen brauchen aber nicht verwendet zu werden.
37) Als Verfahrenserklärung ist die
Anmeldung auslegungsfähig.
– Meldet der bisherige Prokurist eines Einzelkaufmannes einen Inhaberwechsel auf ihn an, kann darin zugleich die Anmeldung des Erlöschens seiner Prokura gesehen werden.
38) – Wird bei einem Inhaberwechsel das Bestehenbleiben einer Prokura angemeldet, so kann darin die Anmeldung des Erlöschens und der Neuerteilung der Prokura gesehen werden.
39) 1.43 Die Anmeldung der in das Register einzutragenden Geschäftsanschrift bzw. die erfolgte Eintragung der Geschäftsanschrift macht es entbehrlich, zusätzlich die Lage der Geschäftsräume nach § 24 Abs. 2 HRV mitzuteilen.
1.44 Wegen der immer größer werdenden Zahl eingetragener Gesellschafter, Geschäftsführer und anderer Personen war es erforderlich, ihre eindeutige Identifizierung sicherzustellen. Dieses erfolgt seit dem Handelsrechtsreformgesetz von 1998 durch die Hinzufügung des Geburtsdatums (§ 387 Abs. 2 FamFG, § 24 Abs. 1 HRV).
1.45 Zusätzlich ist in jeder Anmeldung der Gegenstand des Unternehmens mitzuteilen, sofern sich dieser nicht eindeutig aus der Firma ergibt, § 24 Abs. 4 HRV (für die GbR = § 3 Abs. 1 GesRV). Um Unklarheiten vorzubeugen, ob sich der Unternehmensgegenstand der Firma entnehmen lässt, sollte er stets in der Anmeldung enthalten sein.
IV. Vertretung
1. Allgemeines
1.46 Die Anmeldung kann auch von einem Vertreter vorgenommen werden, da die durch § 10 Abs. 2 FamFG geltenden Beschränkungen auf das Verfahren zur Herbeiführung einer Registereintragung bei öffentlich-beglaubigten Anmeldungen nicht anwendbar sind (§ 378 Abs. 1 FamFG). Zur Vornahme der Anmeldung durch einen Vertreter bedarf es der Vorlage einer Vollmacht.
1.47 Die Erteilung der Vollmacht erfolgt nach § 167 Abs. 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem Vertreter oder dem Registergericht. Die Vollmacht muss gem. § 12 Abs. 1 S. 3 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form eingereicht werden. Das Erfordernis der öffentlichen Beglaubigung aus § 12 Abs. 1 HGB ist stärker als die nach § 11 FamFG vorgeschriebene Schriftform. Die Vollmacht zur Anmeldung kann auch schon im Gesellschaftsvertrag enthalten sein. Sie muss aber auch in diesem Fall in öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen sein.
40) Bevollmächtigte können nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 Nr. 1 FamFG grundsätzlich natürliche und juristische Personen sein. Da aber juristische Personen...