Die Verwirkung der Vergütung des Insolvenzverwalters -  Philip Falk

Die Verwirkung der Vergütung des Insolvenzverwalters (eBook)

de lege lata und de lege ferenda -

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
254 Seiten
RWS Verlag
978-3-8145-5622-2 (ISBN)
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In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Insolvenzverwalter in bestimmten Fällen seinen aus § 63 InsO folgenden Vergütungsanspruch verwirken kann. Diesen Verwirkungstatbestand leitet die Rechtsprechung aus einem in § 654 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken her, wonach derjenige seinen Lohnanspruch verwirke, der vorsätzlich oder grob leichtfertig die ihm obliegende Treuepflicht so schwerwiegend verletzt, dass er sich seines Lohnes als unwürdig erweist. Die dogmatische Begründung und die damit verbundenen Auswirkungen dieser Verwirkungsrechtsprechung sind bisher nicht umfassend beleuchtet worden. Der Autor zeigt die Schwächen der bisherigen Rechtsprechung auf und erarbeitet alternative Lösungswege.

Philip Falk studierte Rechtswissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M. Derzeit absolviert er sein Referendariat am Landgericht Frankfurt/M.

§ 2
Grundsätzliches und Herleitung der Problemstellung

A.  Grundsätzliches


I.  Der Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters


1.  Grundzüge des Vergütungsanspruchs
6  Die gesetzliche Grundlage der Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters bilden die in § 63 InsO getroffenen Regelungen.8) Nach § 63 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter einen Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung sowie Erstattung angemessener Auslagen. Auch wenn der Wortlaut der Vorschrift insoweit zunächst einen anderen Anschein erweckt, ist für den Anspruch zentral, dass insbesondere die Vergütung angemessen zu sein hat.9) Die Vorgabe der Angemessenheit folgt bereits unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Schutz des Anspruchs des Verwalters aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG.10) Zur konkreten Bestimmung einer angemessenen Vergütung dient als Berechnungsgrundlage der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Verfahrensbeendigung. Ausgehend davon ist die sogenannte Regelvergütung des Verwalters an Hand von Staffelsätzen zu ermitteln.11) Allerdings sind in Anbetracht der Schwierigkeit oder des Umfangs der Geschäftsführung auch Abweichung von der Regelvergütung sowohl in Form einer Erhöhung aber auch einer Kürzung möglich.12) Konkretisiert wird dieser grundlegende Vergütungsrahmen der Insolvenzordnung durch die Bestimmungen der Insolvenzrechtlichen Vergütungsordnung (InsVV).13) In dieser ist unter anderem geregelt, wie die für die Berechnung der Regelvergütung maßgebliche Insolvenzmasse im Einzelnen zu bestimmen ist, welche Staffelsätze jeweils Anwendung finden und auch in welchen Fällen ein Übersteigen des Regelsatzes oder Zurückbleiben hinter diesem gerechtfertigt ist. Als Kosten des Verfahrens im Sinne des § 54 Nr. 2 InsO nehmen die Ansprüche des Verwalters auf Vergütung sowie Erstattung von Auslagen den Rang von Masseverbindlichkeiten nach § 53 InsO ein.14) Der Vergütungsanspruch des Verwalters ist daher vorweg aus der Masse zu befriedigen.15)
2.  Auswirkungen von Pflichtverletzungen auf den Vergütungsanspruch
7  Nach der insolvenzrechtlichen Vergütungskonzeption sind Pflichtverletzungen des Verwalters und entsprechende Einwände einer mangelhaften oder erfolglosen Geschäftsführung für das Bestehen und die Höhe des Vergütungsanspruchs grundsätzlich ohne Bedeutung.16) Weder die InsO noch die InsVV sehen insofern gewährleistungsrechtliche Regelungen oder anderweitige Bestimmungen zum Umgang mit Pflichtverletzungen des Verwalters vor.17) Hintergrund dessen ist die rechtliche Ausgestaltung der Verwaltervergütung. Faktisch hat der Vergütungsanspruch zwar einen Erfolgscharakter, da der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit des Verwalters insoweit maßgeblich für die Vergütung ist, dass eine höhere Insolvenzmasse im Ergebnis auch eine höhere Regelvergütung bedeutet.18) Rechtlich ist die Vergütung aber dennoch als Tätigkeitsvergütung und nicht als Erfolgshonorar konzipiert.19) Vergütet wird nicht die Herbeiführung eines bestimmten Verwertungserfolges, sondern die Übernahme der Geschäftsführung. Bezugspunkt der Vergütung ist somit die tatsächlich erbrachte Tätigkeit als solche.20)
8  Vor dem Hintergrund der Festsetzung der Vergütung des Verwalters durch das Insolvenzgericht nach Maßgabe des § 64 InsO ließe sich zwar daran denken, dass das Gericht bei etwaigen Pflichtverletzungen oder anderweitigen Verfehlungen des Verwalters gegebenenfalls dennoch dazu berechtigt sein könnte, in eigener Ermessensausübung die Vergütung zu kürzen. Zum Zeitpunkt des Festsetzungsverfahrens ist der Vergütungsanspruch durch die tatsächliche Aufnahme der Tätigkeit des Insolvenzverwalters allerdings einerseits bereits entstanden und andererseits hat der Festsetzungsbeschluss auch nur deklaratorische Bedeutung.21) Durch den Festsetzungsbeschluss wird lediglich die Höhe des Vergütungsanspruchs konkretisiert und der Verwalter zur Entnahme einer entsprechenden Vergütung aus der Masse berechtigt.22) Bei der Bestimmung der Höhe des Anspruchs ist das Insolvenzgericht dabei grundsätzlich auch an die gesetzlich vorgesehenen Regelsätze sowie die in der InsVV vorgesehenen Zu- und Abschlagstatbestände gebunden und kann die Angemessenheit der Vergütung nicht in freiem Ermessen eigenständig bestimmen.23)
3.  Auswirkungen der Entlassung des Verwalters auf den Vergütungsanspruch
9  Im Rahmen seiner Aufsicht über den Insolvenzverwalter hat das Insolvenzgericht als „ultima ratio“ zwar die Möglichkeit, den Verwalter nach § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO aus wichtigem Grund aus seinem Amt zu entlassen.24) Einen wichtigen Grund im Sinne des § 59 InsO stellen dabei insbesondere erhebliche Pflichtverletzungen des Verwalters bei der Amtsführung dar.25) Dennoch hat auch der aus wichtigem Grund entlassene Verwalter einen grundsätzlich vollwertigen Anspruch auf Vergütung für seine bisher erbrachte Tätigkeit.26) Insofern kann die auch auf einer Pflichtverletzung des Verwalters beruhende Entlassung nicht per se zu einer Minderung der Vergütung des Verwalters führen.
10  Auch die bei vorzeitiger Beendigung des Verwalteramts nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 lit. c) InsVV vorgesehene Kürzung der Vergütung vermag hieran nichts zu ändern. Da sich eine vorzeitige Beendigung auch aus der Entlassung des Verwalters nach § 59 InsO ergeben kann,27) ließe sich zwar daran denken, dass Pflichtwidrigkeiten insofern doch zu einer Kürzung der Vergütung führen können. Allerdings knüpft die Vergütungskürzung nach § 3 Abs. 2 lit. c) InsVV systematisch alleine an den vorzeitigen Abbruch der Tätigkeit des Insolvenzverwalters an. Die Abschlagsregelung soll vor allem dem Umstand Rechnung tragen, dass aufgrund der zeitlich verkürzten Geschäftsführung des Insolvenzverwalters Teile der zu erbringenden Arbeit noch unerledigt sind, die in der Folge noch vom neu eingesetzten Verwalter ausgeführt werden müssen oder deren Erledigung bei Einstellung des Verfahrens ohnehin obsolet wird.28) Der Grund der vorzeitigen Beendigung des Verwalteramtes ist für den Abschlag von der Regelvergütung also ohne Bedeutung, sodass auch potenzielle Pflichtverletzungen des Verwalters an dieser Stelle irrelevant sind.29)

II.  Geltendmachung von Gegenansprüchen


11  Angesichts potenzieller Pflichtverletzungen des Insolvenzverwalters drängt sich aber die Frage auf, inwiefern zumindest aus der persönlichen Haftung des Verwalters nach den §§ 60 ff. InsO resultierende Schadensersatzansprüche unmittelbar gegen dessen Vergütungsanspruch vorgebracht werden können, insbesondere, ob derartige Gegenansprüche bei Festsetzung der Vergütung vom Insolvenzgericht zu berücksichtigen sind.
1.  Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen
12  Eine Berücksichtigung im Wege der Aufrechnung gegen den Vergütungsanspruch ist jedenfalls umstritten. Teilweise wird angenommen, eine Aufrechnung sei im Festsetzungsverfahren zumindest dann denkbar, wenn der Insolvenzrichter das Verfahren nach § 18 Abs. 2 Satz 3 RPflG an sich gezogen habe, da nur dem Richter und nicht dem grundsätzlich nach § 3 Nr. 2 lit. e) RPflG zuständigen Rechtspfleger die Entscheidungskompetenz über einen möglichen materiell-rechtlichen Gegenanspruch zukomme.30) Ausgangspunkt dieser Argumentation bildet die Rechtsprechung des IX. Senates des Bundesgerichtshofs zur Möglichkeit der Geltendmachung von Gegenansprüchen im Vergütungsfestsetzungsverfahren.31) Der Senat lehnt nämlich sowohl die Möglichkeit der Aufrechnung als auch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ab und verweist zur Begründung auf die mangelnde Zuständigkeit des Rechtspflegers.32)
13  Insofern ist zwar das Ergebnis des Senats überzeugend, nicht aber die Begründung, da der Verweis auf funktionelle Zuständigkeiten innerhalb des Insolvenzgerichts zu kurz greift. Denn im Rahmen des Festsetzungsverfahrens ist es generell – und unabhängig von den konkreten Zuständigkeiten oder fachlichen Kompetenzen – nicht möglich, Gegenansprüche geltend zu machen, da dies im Widerspruch zur prozessualen Funktion des Festsetzungsverfahrens sowie der Funktion und Stellung des Insolvenzgerichts im Insolvenzverfahren stünde.33) Die Möglichkeit der Geltendmachung von Gegenansprüchen durch Aufrechnung oder Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts ist mithin nicht davon abhängig, ob der Rechtspfleger oder der Richter zuständig ist.34) Aufgabe des Insolvenzgerichts ist es nämlich, die Aufsicht über den Insolvenzverwalter auszuüben, sowie das Verfahren zu leiten und zu überwachen, ohne aber dass dem Gericht dabei die Kompetenz zukäme, über materiell-rechtliche Fragen wie beispielsweise das Bestehen von Gegenforderungen zu entscheiden.35) Eine Entscheidung über materiell-rechtliche Ansprüche kann daher auch dann nicht stattfinden, wenn ausnahmsweise der Richter nach § 18 Abs. 2 Satz 3 RPflG zuständig ist.36) Zur Durchsetzung von materiell-rechtlichen Gegenansprüchen dient nicht das Festsetzungsverfahren, sondern der Klageweg des Zivilprozesses.37)
14  Selbst wenn man die Möglichkeit der Aufrechnung im Rahmen des Festsetzungsverfahrens annehmen würde, dürfte ein entsprechendes Verlangen allerdings ohnehin selten erfolgreich...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Wirtschaftsrecht
ISBN-10 3-8145-5622-4 / 3814556224
ISBN-13 978-3-8145-5622-2 / 9783814556222
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