Recht im Studium der Sozialen Arbeit (eBook)
144 Seiten
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
978-3-415-07287-9 (ISBN)
Einleitung
I.Allgemeine Hinweise
Die juristische Ausbildungsliteratur ist sehr vielfältig. Vor allem liegen allgemeine Lehrbücher zu den einzelnen Rechtsgebieten vor. Daneben gibt es Lehrbücher, die speziell den von Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen bzw. Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen zu beherrschenden Rechtsstoff theoretisch in den Blick nehmen. Wichtig ist allerdings nicht nur die theoretische Erfassung des Stoffes, sondern auch die juristische Arbeit am Fall. Insoweit ist die Rechtswissenschaft auch eine angewandte Wissenschaft. Die Anwendung des Rechts in der Klausur und in der späteren Berufstätigkeit muss eingeübt werden, was nur mit Fallbeispielen aus dem späteren Berufsleben gelingen kann.
Das vorliegende Fallbuch greift einige wichtige Lehrgebiete auf, die an deutschen Hochschulen in Studiengängen der Sozialen Arbeit gelehrt werden (Allgemeines Zivilrecht, Familienrecht, Kinder- und Jugendhilferecht und sonstiges Sozialrecht, Verwaltungsrecht und Strafrecht). Bei der Auswahl der Rechtsgebiete erfolgte eine Orientierung am Lehrangebot der Pflichtmodule im Studiengang Soziale Arbeit der Fakultät Soziale Arbeit am Campus Benediktbeuern der Katholischen Stiftungshochschule München. Es werden gängige und wichtige Problemlagen aus diesen ausgewählten Rechtsgebieten aufgezeigt. Dabei ist dem Autor bewusst, dass nicht alle Bereiche der Rechtsgebiete und alle rechtlichen Probleme abgedeckt werden können. Vielmehr soll nur ein Auszug der wichtigsten Rechtsfragen gegeben werden, weshalb Vollständigkeit nicht das Ziel des Buches ist und nicht erwartet werden sollte. Anliegen des Buches ist es, anhand von Fallarbeit wichtige Bereiche der einzelnen Rechtsgebiete aus der Sozialen Arbeit, die naturgemäß immer zum Klausurstoff zählen, aufzuzeigen und das Problembewusstsein zu schulen. Nicht zuletzt soll dieses Fallbuch den Studierenden aber auch bildlich veranschaulichen, in welchen Berufsfeldern der Sozialen Arbeit Recht zur Anwendung kommt und welch große praktische Bedeutung das Recht für den künftigen Beruf hat.
Die Fälle sollen aber vorwiegend zur Klausurvorbereitung dienen. Die ausformulierten Lösungshinweise möchten einen beispielhaften Lösungsweg aufzeigen, der in einer Klausurlösung in diesem Umfang von den Studierenden sicher nicht erwartet werden kann. Die Hinweise auf die neueste Literatur und Rechtsprechung in den Fußnoten sollen eine Anregung zur vertieften Beschäftigung mit der Thematik sein. Für die Vertiefung kommt den Studierenden zugute, dass die zitierten Urteile über das Aktenzeichen mit den gängigen Suchmaschinen im Internet leicht auffindbar sind und heutzutage auch meistens frei zugänglich sind, weshalb bei den zitierten Urteilen auf die Angabe einer Fundstelle meist verzichtet wurde. Die im Literaturverzeichnis erwähnte Literatur müsste in den meisten Hochschulbibliotheken zur Verfügung stehen; wenn nicht, freut sich das Bibliothekspersonal über einen Anschaffungsvorschlag. Zudem soll den Studierenden für die spätere berufliche Praxis auch aufgezeigt werden, dass man sich z. B. einen noch unbekannten unbestimmten Rechtsbegriff mit der Hilfe eines Kommentars oder einer gerichtlichen Entscheidung selbst erschließen kann.
Die Fälle sind vom Bearbeitungsumfang unterschiedlich ausgestaltet. Dies liegt vor allem daran, dass es bei Rechtsklausuren in Bachelor- und Masterstudiengängen nicht immer üblich ist, einen „großen“ Fall, sondern oft nur kleinere Fälle bearbeiten zu lassen. Zum anderen variieren die Bearbeitungszeiten an den einzelnen Hochschulen sehr, weil die zeitlichen Vorgaben in den Studien- und Prüfungsordnungen unterschiedlich ausgestaltet sind oder ein kleinerer Rechtsfall manchmal in eine fachübergreifende Modulprüfung eingepasst wird. Daher gibt es im Studium der Sozialen Arbeit keine Standardgröße für einen zu lösenden Rechtsfall, sodass diesen Umständen durch unterschiedliche „Fallgrößen“ in diesem Buch Rechnung getragen wurde. Daher ist auch der Schwierigkeitsgrad unterschiedlich, zumal die Verwendung des Buches in Bachelor- und Masterstudiengängen möglich sein sollte.
II.Zur Arbeit mit den Fällen
Für grundsätzliche Fragen, wie ein Fall bearbeitet werden kann, darf zunächst auf die bereits vorliegenden Werke verwiesen werden[1]. Einige Hinweise sind aber auch für dieses Fallbuch angezeigt, da bei der Klausurkorrektur oft der Eindruck entsteht, dass Studierende einige Selbstverständlichkeiten der Fallbearbeitung manchmal vergessen oder für weniger wichtig erachten. Die nachfolgenden Hinweise gehen davon aus, dass dieses Fallbuch zur Klausurvorbereitung genutzt wird und auch mit dem Fallbuch das Schreiben von Klausuren geübt wird. Dann empfiehlt sich folgende Herangehensweise:
Erfassen des Sachverhalts und der Fallfrage
Von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Fallarbeit ist die genaue Erfassung des Sachverhalts. Bei Studierenden fällt auf, dass sie beim Sachverhalt der Fälle gerne logisch erscheinende Varianten einbauen würden. Hierzu ist jedoch eindringlich darauf hinzuweisen, dass der Sachverhalt immer als feststehend hingenommen werden muss und nicht verändert werden darf.
Der Sachverhalt sollte nach einem ersten Lesen bei einem zweiten Lesen vielleicht schon an den wichtigen Stellen farblich markiert werden. Wichtig ist auch, dass die Fallfrage genau beachtet wird und sich während der Bearbeitung immer wieder vor Augen geführt wird, was der Arbeitsauftrag, der in der Fallfrage zum Ausdruck kommt, ist. Dadurch vermeidet man ein Abdriften in fiktive Fragestellungen, die nicht Gegenstand der eigentlichen Fallfrage sind.
Gedankliche Durchdringung der aufgeworfenen Rechtsfragen
Nach dem genauen Erfassen des Sachverhalts und der Fallfrage muss das Gesetz zur Hand genommen werden, um die Normen zu finden, die zur Lösung des Falles herangezogen werden können. Diese sollten auf einem Blatt niedergeschrieben werden. An dieser Stelle wird man schon bemerken, dass – bei einer gedanklichen Kurzsubsumtion – eine Norm wesentlich besser passt als eine andere. An dieser Stelle erfolgt eine erste Filterung der wichtigen und der unwichtigen Normen.
Lösungsskizze
Bei einer Lösungsskizze sollten die gefundenen Normen nun etwas genauer analysiert werden und stichpunktartig die Probleme an den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen skizziert werden. Schon bei der Anfertigung einer Lösungsskizze wird deutlich, an welcher Stelle die Hauptprobleme des Falles liegen und ein Schwerpunkt gesetzt werden muss. Bei der Erstellung der Lösungsskizze muss schon ein wesentlicher Teil der Arbeit erfolgen, das Subsumieren (Herausarbeiten der Voraussetzungen der Norm, Unterordnung des Sachverhalts unter die Voraussetzungen der Norm[2]). Wenn an dieser Stelle sauber gearbeitet wird, wird das Ausformulieren der Lösung kein Problem mehr darstellen. Bei Studierenden fällt als Hauptfehler allerdings oft auf, dass nicht alle Voraussetzungen der Norm herausgefiltert werden, sondern schon nach dem Lokalisieren einer vermeintlichen „Hauptvoraussetzung“ und dem Einordnen des Sachverhalts unter diese „Hauptvoraussetzung“ die Norm vorschnell für anwendbar erklärt und die Rechtsfolge der Norm als gegeben erachtet wird. Übersehen wird dabei häufig, dass die Norm noch weitere – vermeintlich „kleinere“ – Voraussetzungen hat, die aber durch den Sachverhalt vielleicht nicht erfüllt werden. Die Rechtsfolge tritt aber nur dann ein, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind („Wenn-dann-Satz“).
Niederschrift der Lösung
Aus Zeitgründen erliegen Studierende manchmal der Versuchung, nur eine Lösungsskizze vorzulegen, weil aus der Lösungsskizze auch die wesentlichen Elemente der Lösung ersichtlich sind. Grundsätzlich sollte aber bei einer Klausurbearbeitung davon ausgegangen werden, dass eine ausformulierte Lösung erwartet wird, sofern es im Bearbeitervermerk nicht anders angegeben ist. In der späteren beruflichen Praxis wird die Klärung kleinerer Rechtsprobleme zwar häufig mittels einer Skizze möglich sein. Allerdings werden von Vorgesetzten auch schriftliche Ausarbeitungen zu bestimmten Rechtsproblemen erwartet, die geübt sein sollten.
Hinsichtlich der Stilarten für die Ausformulierung (Gutachten- oder Urteilsstil) bietet sich bei Klausuren außerhalb des Jurastudiums wohl nur der Gutachtenstil an, da die Urteilstechnik in der späteren Berufspraxis nicht beherrscht werden muss. Beim Gutachtensstil wird das Problem des Falles vorangestellt. Danach erfolgt die Begründung. Die Begründung erwähnt die Norm sowie deren Voraussetzungen und subsumiert den Sachverhalt unter die Voraussetzungen, um das Eintreten der Rechtsfolge bejahen oder verneinen zu können. Das so gefundene Ergebnis wird am Schluss dargestellt (während beim Urteilsstil das Ergebnis vorangestellt wird).
Im Idealfall sollte die Niederschrift der Lösung nur noch eine Ausformulierung der Lösungsskizze sein. Allerdings wird erfahrungsgemäß bei der Ausformulierung der Lösung noch der eine oder andere Aspekt entdeckt, der ein weiteres Nachdenken erfordert. Dies ist dann eine sinnvolle Gelegenheit, das gefundene Ergebnis einer Schlüssigkeitskontrolle zu unterziehen und ggf. anzupassen oder zu ändern.
Wichtig ist, dass Fundstellen im Gesetz genau belegt werden. Gerade zu Studienbeginn bereitet das korrekte juristische Zitieren oft noch Schwierigkeiten. Bei der Ausformulierung der Lösung sollte daher auch das korrekte Zitieren des Gesetzestextes beherrscht werden.
Lerneffekt
Zunächst sollte bei der Arbeit mit diesem Buch die selbst ausgearbeitete Lösung mit den Lösungshinweisen des jeweiligen Falles...
Erscheint lt. Verlag | 10.5.2023 |
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Reihe/Serie | Studienprogramm Recht | Studienprogramm Recht |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Recht / Steuern ► Arbeits- / Sozialrecht ► Arbeitsrecht |
Schlagworte | Recht für Sozialpädagogen • Recht im Sozialpädgagogikstudium • SGB • Sozialgesetzbücher • Sozialpädagogen • Sozialpädagogik • Sozialpädagogikstudenten • Sozialrecht • Studium • Studium der Sozialen Arbeit |
ISBN-10 | 3-415-07287-8 / 3415072878 |
ISBN-13 | 978-3-415-07287-9 / 9783415072879 |
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