Rechtsprechung zum öffentlichen Baurecht (eBook)
70 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-5418-7 (ISBN)
3. Inhalt
Inhalt der Anordnung ist ihr (verfügender) Teil, das Verlangen der Bauaufsichtsbehörde. Dieses muss für die Herstellung oder Sicherung rechtmäßiger Zustände erforderlich sein.
Gemäß § 108 I SchlHLVwG muss ein Verwaltungsakt inhaltliche hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Unter Zugrundelegung eines die Behörde und den Adressaten umgreifenden gemeinsamen Verständnishorizontes muss der Anordnung durch Auslegung zu entnehmen sein, welches konkrete Verhalten verhindert werden soll oder vom Adressaten erwartet wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnehmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Die Konkretisierung dessen, was geboten ist, muss bereits im anordnenden Verwaltungsakt erfolgen und darf nicht der Vollstreckung überlassen bleiben. Im Vollstreckungsverfahren ist lediglich festzustellen, dass das Verhalten des Adressaten in tatsächlicher Hinsicht der konkreten Anordnung des Verwaltungsaktes nicht entspricht (BVerwGE 148,146 =NVwZ 2014,889 Rn. 13; BVerwGE 94,341 =NVwZ 1994,1013 Ls =BeckRS 1993,30427384).46
3.1. Einstellung rechtswidriger Arbeiten
Bei genehmigungspflichtigen Vorhaben kann die Einstellung von Bauarbeiten schon dann angeordnet werden, wenn ohne oder abweichend von der Baugenehmigung gebaut wird und nicht offensichtlich ist, dass eine Baugenehmigung erteilt werden kann47. Die einzustellenden Bauarbeiten sind so zu bezeichnen, dass nicht (auch) die Bauarbeiten erfasst werden, die der Baugenehmigung genügen48.
"Begonnen" iSv § 74 VII HessBauO wurde eine Baumaßnahme idR nur dann, wenn sie in Einklang mit der ihr zugrundeliegenden Baugenehmigung steht.
Das Anbringen eines Bauschildes stellt keine den Anforderungen des § 75 III HessBauO genügende Baubeginnsanzeige dar.
Für die Annahme,dass eine ordnungsmäßige Baubeginnsanzeige konstitutiv für einen -rechtmäßigen- Baubeginn ist, spricht, dass die Bauaufsicht gem. § 81 I Nr.1 HessBauO die Baueinstellung verfügen darf, wenn keine Baubeginnsanzeige vorliegt49.
Der Erlass einer Einstellungsverfügung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist nicht erst dann ermessensfehlerfrei möglich, wenn die ungenehmigte Maßnahme auch materiell nicht genehmigungsfähig ist, sondern in der Regel bereits bei Vorliegen nur formeller Illegalität. In diesen Fällen ist regelmäßig auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gerechtfertigt.50
Für den Erlass einer Baueinstellung gemäß § 78 I LSABauO reicht schon ein durch Tatsachen belegter "Anfangsverdacht" eines Rechtsverstoßes aus; die Errichtung einer (ungenehmigten) Anlage darf schon dann vorbeugend gestoppt werden, wenn die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit jedenfalls ernstlich zweifelhaft ist. § 60 I Nr. 11 Buchst. a LSABauO erfasst nur Maßnahmen innerhalb baulicher Anlagen, nicht jedoch die Erneuerung von Außenwänden.51
3.2. Ausführung erforderlicher Arbeiten
Werden dem Betroffenen Baumaßnahmen an Teilen vorhandener baulicher Anlagen abverlangt, genügt es nicht, die „Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes“ anzuordnen. Vielmehr erfordert der Bestimmtheitsgrundsatz, die Bauteile (namentlich: Wände), an denen die Vornahme von Arbeiten gewünscht wird, nicht nur im Wort, sondern durch Beifügung eines Planes und darin enthaltener Einzeichnungen so eindeutig zu verdeutlichen, dass aus seiner Sicht nicht nur kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, welche der Innenwände wiederhergestellt und in bestimmter Weise versteift werden sollen, sondern auch, bis zu welcher Höhe und in welcher Breite/Wandstärke dies geschehen soll52.
Das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz (HmbWoSchG) findet auf Räumlichkeiten Anwendung,die – sofern das Gebäude damals schon errichtet war- zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Zweckentfremdungsverordnung vom 7.Dezember 1971 geschützten Wohnraum dargestellt haben. Diese setzt voraus, dass die Räumlichkeiten seinerzeit zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt gewesen sind.
An der Wohneignung kann es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen fehlen; rechtlich ungeeignet sind Räume, die – etwa wegen entgegenstehender baurechtlicher Vorschriften – aus Rechtsgründen so nicht bewohnt werden dürfen; unbeachtlich ist dabei jedoch eine – nur – formelle Baurechtswidrigkeit, also das Fehlen lediglich der die (materiell baurechtmäßige) Wohnnutzung deckende Baugenehmigung.
Eine ein Wiederherstellungsgebot nach § 12 Abs. 2 Satz 1 HmbWoSchG begründende Veränderung kann vorliegen, wenn in dem Wohngebäude bauliche Maßnahmen ohne erforderliche Baugenehmigung vorgenommen wurden (formelle Baurechtswidrigkeit) und aufgrund einer späteren Änderung bauordnungsrechtlicher Vorschriften keine Genehmigungsfähigkeit gegeben ist (materielle Baurechtswidrigkeit).
Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Wiederherstellungsgebots.
Im Hinblick auf die Unzumutbarkeit gemäß § 12 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HmbWoSchG trifft den Verfügungsberechtigten jedenfalls eine gesteigerte Darlegungslast.
§13 Abs. 1 Satz 1 HdmbWoSchG ermächtigt dazu, den Verfügungsberechtigten aufzufordem, in regelmäßigen Abständen nachzuweisen, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Wohneignung durchgeführt werden53.
Eine Anordnung der Denkmalschutzbehörde zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands eines widerrechtlich vollständig zerstörten Kulturdenkmals nach § 11 II SächsDSchG kommt auch dann in Betracht, wenn die Replik (Nachbau) nicht die Denkmaleigenschaft des untergegangenen Denkmals wieder aufleben lassen und fortführen kann54.
Wer ein sanierungsbedürftiges Baudenkmal "sehenden Auges" erwirbt, dessen Sanierungsbedürftigkeit offensichtlich ist und dem die Denkmaleigenschaft bekannt ist, kann sich auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung jedenfalls dann nicht berufen, wenn ihm eine Veräußerungsmöglichkeit des Objekts zu einem angemessenen Preis angeboten wird55.
§ 15 Abs. 3 HBKG stellt keine allgemeine Eingriffsermächtigung zur Mängelbeseitigungsanordnung für den Brandschutz dar, sondern knüpft an die Voraussetzungen der Gefahrenverhütungsschau nach § 15 Abs. 2 HBKG an56.
Der Anordnung eines Rückbaus wegen Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze steht nicht entgegen, dass sie keine rechtmäßigen Zustände herstellt hinsichtlich der überschrittenen Grundflächenzahl und der unterschrittenen Mindestgröße des Grundstücks57.
Die Bauaufsichtsbehörde kann auch Sicherungsmaßnahmen anordnen, wenn sie dem Schutz anderer Rechtsgüter vor den Gefahren dienen, die von einem nicht baurechtskonformen Zustand einer baulichen Anlage ausgehen (z.B. Anlegung eines behelfsmäßigen Bürgersteigs wegen Schäden am Dach)58.
Bei Abbruch einer Doppelhaushälfte ist nach niedersächsischem Recht neben dem abbrechenden Bauherrn der Eigentümer des Nachbarhauses für die Sicherung der verbleibenden Trennwand bauordnungsrechtlich verantwortlich; dies gilt unabhängig davon, ob die Sicherung während der Abbrucharbeiten oder danach erfolgt59.
Hat die Behörde die Gefahrenlage selbst beseitigt (hier: durch Anbringung eines Absperrgitters), so ist ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht mehr gegeben. Ob es sich bei dem – fest angebrachten – Gitter um eine provisorische oder dauerhafte Absperrung handelt, ist insoweit ohne Bedeutung.60
Die Anlegung einer Außentreppe kann nicht angeordnet werden, wenn es sich entgegen der behördlichen Ansicht nicht um ein Altenwohnheim handelt.61
Dem Eigentümer eines Grundstücks kann vorläufig untersagt werden, mit den Vorarbeiten für den Abriss des auf dem Grundstück befindlichen ehemaligen Kinder- und Jugendheimes zu beginnen, um Platz für ein Flüchtlingswohngebäude zu schaffen.62
Das Interesse der Behörde zu verhindern, dass durch den unmittelbar bevorstehenden Abriss des auf dem beschlagnahmten Grundstück befindlichen Gebäudes vollendete Tatsachen geschaffen werden, kann überwiegen.63
3.3. Beseitigung von baulichen Anlagen oder deren Teile
Die Anwendbarkeit des § 84 RhPfLBauO beschränkt sich nicht allein auf baurechtliche Genehmigungsverfahren, sondern gilt auch, soweit Eingriffsmaßnahmen im Raum stehen.
§ 84 RhPfLBauO dient der Vermeidung von Doppelzuständigkeiten und weist in den dort vorgesehenen Fällen die alleinige Aufsichtszuständigkeit der jeweiligen Fachbehörde zu.
Die sachliche Zuständigkeit für eine Beseitigungsverfügung betreffend eine nach § 76 I...
Erscheint lt. Verlag | 30.6.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Recht / Steuern ► Öffentliches Recht ► Verwaltungsverfahrensrecht |
ISBN-10 | 3-7562-5418-6 / 3756254186 |
ISBN-13 | 978-3-7562-5418-7 / 9783756254187 |
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