Betriebsführungsvertrag -  Kai Köhn

Betriebsführungsvertrag (eBook)

Formularbuch

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
328 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7557-9097-6 (ISBN)
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Das Formularbuch dient der Gestaltung von Betriebsführungsverträgen. Es besteht aus zwei Abschnitten. In einem ersten Abschnitt sind die Grundlagen zum Betriebsführungsvertrag dargestellt. Diese dienen dem Verständnis des Betriebsführungsvertrags. Der zweite Abschnitt enthält vier Betriebsführungsverträge (Vertragsmuster) nebst weiteren Formularen, die jeweils für den Abschluss des Vertrags benötigt werden. In dem Formularteil werden ein echter Betriebsführungsvertrag, ein konzerninterner unechter Betriebsführungsvertrag und zwei Teilbetriebsführungsverträge abgebildet. Weil sich die gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Betriebsführungsvertrags nach der Rechtsform der beteiligten Vertragspartner richten, sind an den Betriebsführungsverträgen Vertragspartner unterschiedlicher Rechtsformen (AG, GmbH, GmbH & Co. KG, eG) beteiligt. Einer der Betriebsführungsverträge (über die technische Betriebsführung von Windenergieanlagen) hält einer AGB-Klauselkontrolle Stand und eignet sich daher für eine Mehrfachverwendung. Die Erläuterungen zum Formularteil sind so ausführlich gehalten, dass das Werk neben seinem primären Zweck, bei der Gestaltung von Betriebsführungsverträgen als Arbeitsmittel zu dienen, auch als Nachschlagewerk zur Klärung von Rechtsfragen genutzt werden kann, die sich im Rahmen der Umsetzung von Betriebsführungsverträgen ergeben. Das Formularbuch richtet sich in erster Linie an Notare, Rechtsanwälte und Unternehmensjuristen. Darüber hinaus soll es auch juristischen Laien eine Orientierungshilfe bieten.

Der Autor Dr. Kai Köhn ist Rechtsanwalt in Hannover. Er verfügt über eine mehrjährige praktische Erfahrung in der Gestaltung von Betriebsführungsverträgen im Bereich der Erneuerbaren Energien und hat zu dem Thema Betriebsführungsvertrag bereits drei Zeitschriftenartikel veröffentlicht.

A. Allgemeine Erläuterungen zum Betriebsführungsvertrag


I. Begriff, Erscheinungsformen, Anwendungsbereiche und Verbreitung


1. Begriff


Der Betriebsführungsvertrag ist ein Vertrag, durch den ein Unternehmen (Betriebsführer) beauftragt wird, den Betrieb eines anderen Unternehmens (Eigentümer) für Rechnung des anderen Unternehmens zu führen1.

Im Regelfall bestimmt der Betriebsführungsvertrag, dass der Betriebsführer im Namen des Eigentümers handelt (sogenannter echter Betriebsführungsvertrag). Möglich ist auch eine vertragliche Gestaltung, nach welcher der Betriebsführer im eigenen Namen handelt (sogenannter unechter Betriebsführungsvertrag)2.

2. Erscheinungsformen


Der Betriebsführungsvertrag hat unterschiedliche Erscheinungsformen. Gegenständlich kann er den gesamten Betrieb bzw. alle Betriebe, Unternehmensbereiche (Sparten) oder Einzel- oder Teilbetriebe des Eigentümers erfassen3. Inhaltlich kann der Betriebsführungsvertrag sämtliche Aufgaben der Betriebsführung betreffen oder nur Ausschnitte, etwa den Bereich Finanzen, Marketing, Produktion, Vertrieb, Personal oder EDV4. Ferner kann er sich auf einfache Maßnahmen der Betriebsführung beschränken oder vorsehen, dass der Betriebsführer auch für die unternehmerischen Leitungsentscheidungen zuständig ist5.

3. Anwendungsbereiche


Die Anwendungsbereiche für den Abschuss eines Betriebsführungsvertrags sind vielfältig: Im Regelfall bedient sich der Eigentümer eines Betriebsführers, weil dieser über eine besondere fachliche Expertise, Branchenkenntnisse, Managementkapazitäten und/oder Goodwill verfügt. Im Konzern kann der Betriebsführungsvertrag der Einordnung des abhängigen Unternehmens in den Konzern des herrschenden Unternehmens dienen, wobei das herrschende Unternehmen sowohl Eigentümer als auch Betriebsführer sein kann. Bei Familiengesellschaften bietet sich der Abschluss eines Betriebsführungsvertrags an, um die Führung der Eigentümergesellschaft unabhängig von den Mitgliedern der Familie zu gestalten oder – im Erbfall – für eine Übergangszeit dem Nachfolger aus den Reihen der Familie zu ermöglichen, sich in die Betriebsführung einzuarbeiten. In der Krise des Eigentümers können durch den Abschluss eines Betriebsführungsvertrags die Interessen der Gläubiger des Eigentümers gesichert werden. Ferner kann der Betrieb eines Unternehmens so klein sein, dass sich die Verwaltung durch ein anderes Unternehmen gegenüber der Unterhaltung einer eigenen Verwaltung als wirtschaftlicher darstellt6.

4. Verbreitung


Erste Betriebsführungsverträge wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen Privateisenbahngesellschaften und dem preußischen Staat geschlossen. In den 1970er Jahren gewannen Betriebsführungsverträge in der Lichtspieltheater-Branche zunehmend an Bedeutung. Heute finden Betriebsführungsverträge in den verschiedensten Wirtschaftszweigen Anwendung, ohne dass sich dafür in den Besonderheiten dieser Wirtschaftszweige eine Ursache finden ließe7. Besonders verbreitet sind Betriebsführungsverträge im Bereich der Energie- und Wasserversorgung, im Finanz- und Versicherungswesen sowie in der Hotelbranche8.

II. Rechtliche Qualifikation


1. Rechtsnatur, Handelsgeschäft und Allgemeine Geschäftsbedingungen


a) Rechtsnatur

Der Betriebsführungsvertrag ist gesetzlich nicht geregelt9. Erfolgt die Betriebsführung gegen Entgelt, ist der Vertrag über die Betriebsführung nach ganz h. M. als ein Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB mit Dienstvertragscharakter zu qualifizieren10. Bei einer unentgeltlichen Betriebsführung liegt ein Auftrag (§ 662 BGB) vor11. Dementsprechend finden auf den Betriebsführungsvertrag – über die Verweisung gemäß § 675 Abs. 1 BGB bzw. unmittelbar – die Vorschriften des Auftragsrechts und bei einer entgeltlichen Betriebsführung ergänzend die dienstvertraglichen Vorschriften Anwendung, soweit der Betriebsführungsvertrag nicht zulässiger Weise von den gesetzlichen Bestimmungen abweicht.

b) Handelsgeschäft

Bei einem (entgeltlichen) Betriebsführungsvertrag unter Kaufleuten handelt es sich sowohl für den Eigentümer als auch für den Betriebsführer um ein Handelsgeschäft i. S. d. § 343 HGB. Eine abweichende Ansicht ordnet demgegenüber alle Unternehmensverträge, zu denen nach der h. M. der Betriebsführungsvertrag jedenfalls dann zählt, wenn er gegenständlich und inhaltlich den gesamten Betrieb bzw. alle Betriebe des Eigentümers erfasst12, nicht als Handelsgeschäft, sondern als strukturänderndes Organisationsgeschäft ein13.§ 343 HGB differenziert indes nicht danach, ob das Geschäft einen Einfluss auf die Organisationsverfassung des Kaufmanns hat. Maßgebend für die rechtliche Einordnung eines Geschäfts als Handelsgeschäft ist, ob es zum Betrieb des Handelsgewerbes des Kaufmanns gehört. Das trifft auf alle Geschäfte zu, die dem Interesse des Handelsgewerbes, der Erhaltung seiner Substanz und der Erzielung von Gewinn dienen14. Dies lässt sich bei einem (entgeltlichen) Betriebsführungsvertrag sowohl für den Eigentümer als auch für den Betriebsführer bejahen. Nach der Rechtsprechung und in Teilen der Literatur werden daher selbst die Unternehmensverträge des § 291 AktG als Handelsgeschäfte angesehen15. Aufgrund seiner Eigenschaft als Handelsgeschäft finden auf den Betriebsführungsvertrag die Vorschriften über Handelsgeschäfte Anwendung.

c) Allgemeine Geschäftsbedingungen

Sind die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 BGB erfüllt, unterliegen die Regelungen des Betriebsführungsvertrags einer AGB-Klauselkontrolle. Die Bereichsausnahme betreffend Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB findet nach h. M. keine Anwendung16.

2. Einordnung als Unternehmensvertrag


a) Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien

aa) Führung des gesamten Betriebs

Handelt es sich bei dem Eigentümer um eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien und erfasst der Betriebsführungsvertrag (gegenständlich und inhaltlich) den gesamten Betrieb bzw. alle Betriebe des Eigentümerunternehmens, wird unterschiedlich beurteilt, ob es sich bei einem Betriebsführungsvertrag um einen Unternehmensvertrag i. S. d. § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG handelt oder dieser jedenfalls analog § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG zu behandeln ist.

Der Streit ist praktischer Bedeutung, da die Einstufung des Betriebsführungsvertrags als Unternehmensvertrag zur Folge hat, dass die Bestimmungen der §§ 293 ff. AktG zu beachten sind.

Die h. M. hält § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG für (überwiegend entsprechend, vereinzelt auch direkt) anwendbar17. Bei einem Betriebsführungsvertrag werde – wie bei Betriebsüberlassungsverträgen – die Führung der Geschäfte einen Dritten überlassen. Dies stelle einen schwerwiegenden Eingriff in die Unternehmensverfassung des Eigentümers dar, der die Zustimmung der Hauptversammlung als unerlässlich erscheinen lasse18. Im Hinblick darauf, dass es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei den Verträgen des § 292 AktG im Gegensatz zu Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen um „schuldrechtliche Verträge mit Austausch von Leistung und Gegenleistung“ handelt19, werden innerhalb der h. M. teilweise nur entgeltliche Vertragsgestaltungen anerkannt20, während nach anderer Auffassung das Fehlen einer Vergütungsabrede ohne Belang ist21.

Nach der Gegenauffassung ist der Betriebsführungsvertrag nicht mit einem Unternehmensvertrag gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG vergleichbar, da im Gegensatz zu Betriebspacht- und Überlassungsverträgen der Eigentümer weiterhin das wirtschaftliche Risiko aus der Tätigkeit des Unternehmens trage; im Übrigen sei eine Analogie nicht mit dem numerus clausus der Unternehmensvertragstypen vereinbar22.

Teilweise wird die Anwendbarkeit des § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG verneint, sofern die Mutter-AG die Betriebsführung einer Tochtergesellschaft anvertraut (jedenfalls wenn die Satzung der Mutter-AG eine Ermächtigung enthält, das Unternehmen auch über Tochtergesellschaften zu betreiben)23, sofern zugunsten des Eigentümers umfassenden Einfluss-, Mitwirkungs- und Informationsrechte vereinbart werden, die dem...

Erscheint lt. Verlag 24.1.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Wirtschaftsrecht
ISBN-10 3-7557-9097-1 / 3755790971
ISBN-13 978-3-7557-9097-6 / 9783755790976
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