Personalmanagement in der öffentlichen Verwaltung (eBook)
243 Seiten
Deutscher Gemeindeverlag
978-3-555-01955-0 (ISBN)
Simone Seidel ist lizenzierte Eignungsdiagnostikerin, freiberufliche Dozentin und Coach für den öffentlichen Sektor und Privatwirtschaft.
Simone Seidel ist lizenzierte Eignungsdiagnostikerin, freiberufliche Dozentin und Coach für den öffentlichen Sektor und Privatwirtschaft.
Dafür muss sich die Organisationsabteilung ebenso für den Outcome des Fachbereiches interessieren wie andere Querschnittsbereiche. Es muss ein Verständnis vorliegen, worin die gemeinsame Aufgabe besteht. Hierfür braucht es keine gesonderte Projektbeschreibung. Dieses Vorgehen ist kein Projekt, sondern laufendes Verwaltungshandeln fokussiert auf die gemeinsame Kundenperspektive. Das bedeutet, es gibt immer nur einen Kunden und dieser ist der unmittelbare oder mittelbare Empfänger der Verwaltungsleistung.
60Besteht ein gemeinsames Zielverständnis?
Die Vereinbarung von Zielen setzt die Einführung eines Kontraktmanagements voraus. Dabei sind folgende Sichtweisen aufeinander abzustimmen:
• Externe Kundensicht (Leistungsempfänger),
• Fachbereiche,
• Management (Querschnittsbereiche),
• IT-technische Sicht.
Das Hauptziel besteht in der möglichst effizienten Gestaltung aller Prozessaktivitäten zur Leistungserstellung (Output).
Merke! Nicht der ist Kunde, für den der nächste Prozessschritt ausgeführt wird. Es gibt für alle am Prozess Beteiligten nur einen Kunden. Das ist derjenige, der am Ende der Prozesskette Leistungsempfänger ist. So erhalten alle Beteiligten eine gemeinsame Sicht auf ein Ziel.
61Wie wichtig ist die Organisationsentwicklung für das Personalmanagement?
Das Personalmanagement betrachtet aus der Sicht des arbeitstätigen Menschen in der Organisation die Dimension Arbeitssystem. Ausgehend vom Ansatz, motivierende Faktoren der Arbeitszufriedenheit u. a. durch die Gestaltung ganzheitlicher Arbeitszusammenhänge als Anreizsystem zur Leistungserbringung und -erhaltung zu nutzen, ist es Aufgabe des Personalmanagements, eine Architektur zu schaffen, die es den Fach- und Unterstützungsbereichen ermöglicht, ihre Prozesse zu analysieren, Schwachstellen zu identifizieren und Prozessschritte aufeinander abzustimmen, um letztlich eine gemeinsame Migrationsstrategie zu entwickeln (vgl. von Rosenstiel/Molt/Rüttinger, 2005, S. 69 f.). Personalmanagement und Organisationsentwicklung gehen dabei Hand in Hand. Die Personalentwicklung muss hierbei die Abstimmungs- und Veränderungsprozesse begleiten. Das geschieht durch eine enge Verknüpfung von Arbeiten und Lernen. In dynamischen Veränderungssituationen, wie dies bei einer Restrukturierung der Prozesse der Fall ist, können vom Arbeitsprozess getrennte Lernformen, wie externe Seminare, nicht zielführend sein.
Ein Beispiel für eine strukturelle Architektur durch das Personalmanagement sind der Umgang mit Doppelarbeit und eine angemessene Leitungsspanne. Die Analyse von Doppelarbeit erfordert zunächst eine Dokumentation der Ist-Prozesse. Allerdings ist dabei sorgfältig darauf zu achten, dass nicht nur die zu einem Prozess gehörenden Schritte betrachtet werden. Vielmehr sind Quervergleiche zu anderen Prozessen anzustellen. Dies gelingt, indem ausgehend vom Outcome, der Leistungsprozess rückverfolgt wird.
Zunächst muss der realisierte Outcome und alle am Prozess Beteiligten identifiziert werden. Das schließt den Kunden als externen Leistungsempfänger ein. Eine Prozessanalyse setzt deshalb beim Leistungsempfänger, beispielsweise mittels Befragung, an.
Ziele der Prozessanalyse können sein:
• Reduzierung der Anzahl an Prozessschritten bei Doppelarbeit,
• Reduzierung von organisatorischen Schnittstellen, die eine durchgängige Verantwortung sicherstellen sollen,
• Prozessdurchlauf durch zeitgleiches Arbeiten beschleunigen, anstatt wasserfallartig die einzelnen Arbeitsschritte nacheinander abzuarbeiten.
Im zweiten Schritt ist dann zu prüfen, welche Schnittstellen zu weiteren Leistungen bestehen und ob einzelne Schritte zusammengeführt oder vereinfacht werden können.
Oft fördert eine geringe Leitungsspanne bei komplexen Aufgaben die Anzahl an Schnittstellen und damit das Risiko von Doppelarbeit. Die Leitungsspanne bezeichnet die Anzahl der Stellen, die einer übergeordneten Stelle direkt unterstellt sind und wird unter anderem nach Schwierigkeit und Umfang der Aufgaben bemessen.
Besteht das Ziel darin, Doppelarbeit zu vermeiden, muss also auch die Leitungsspanne und der Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter als Schwachstelle in Betracht gezogen werden.
Eine Befragung zu Schnittstellen unter 60 Personalpraktikern von Landes- und Kommunalbehörden ergab folgendes Bild (Abbildung 10):
Gefragt wurde: Wie gehen Sie mit Doppelarbeit bzw. doppelter Zuständigkeit um?
Die nachfolgenden Antworten wurden nach Häufigkeit geordnet:
Abb. 10: Mehrfachzuständigkeit, eigene Darstellung
62Eine weitere Herausforderung für die Prozessperspektive im Personalmanagement besteht durch das Spannungsfeld dezentraler und zentraler Verantwortungsteilung.
Eine Befragung unter 21 Gemeinden (Abbildung 10) ergab, dass als eines der schwierigsten Probleme die Einführung von dezentraler Ressourcenverantwortung bei gleichzeitig zentraler Steuerung ist. Dies umso mehr, da dies Voraussetzung für die Einführung eines Kontraktmanagements auf allen Verwaltungsebenen ist.
Vor diesem Hintergrund zeichnen sich insbesondere in den fortgeschrittenen Kommunen erhebliche institutionelle Fliehkräfte ab und die „Fachbereichsegoismen“ haben sich durch die dezentralen Verantwortungsstrukturen teilweise verstärkt.
Auch bei der Beispielstadt wird darauf hingewiesen, dass die Fachbereiche mittlerweile ein (quasi-autonomes) Eigenleben führen und durch zentrale Maßnahmen nur schwer kontrolliert und gesteuert werden können. Besonders schwierig scheint die Tatsache, dass auch nach außen wirksame Verträge nunmehr dezentral „gemanagt“ werden und von der „Verwaltungszentrale“ nicht mehr überblickt, geschweige denn koordiniert und abgestimmt werden können.
Die Schwierigkeit besteht nicht in der Dezentralisierung, sondern darin, dass nicht geklärt wurde, wie sich die Aufgaben und Rollen der zentralen Steuerung hin zur Unterstützung der Fachbereiche verändern müssen.
63b) Organisationsdiagnose. Die Organisationsdiagnose dient dazu, organisationale Wirkungsmechanismen zu analysieren. Sie wird mit dem Ziel unternommen, den Ist-Zustand der Organisation für praktische Fragestellungen, wie in unten stehendem Beispiel ausgeführt, zu untersuchen und die Passung von normativen Strukturen und Regeln mit den Erwartungen der Anspruchsgruppen und Organisationszielen zu klären. Zu diesem Zweck wird eine systematische und methodische Untersuchung des Arbeitssystems vorgenommen, aus der Vorgaben für die weitere Entwicklung abgeleitet werden können.
Praxistipp:
Die Organisationsdiagnose ist für folgende Aufgaben relevant:
• Unterstützung bei der Stellenbemessung,
• Unterstützung bei der Arbeits- und Anforderungsanalyse,
• Prüfung, ob Strukturveränderungen erfolgversprechend sind,
• Implementierung von Strategien des Personalmanagements,
• Managemententscheidungen über Bereitstellung und Verteilung von Ressourcen,
• Überprüfung der Passung des aktuellen Führungsverständnisses mit den Organisationszielen.
Hierfür ist die Erhebung folgender Daten wesentlich:
• zu erstellende Leistungen (Output) nach Ähnlichkeitsprinzip;
Kriterien dafür sind:
– ähnliche Leistungsempfänger (Kunden),
– vergleichbare Qualifikationsvoraussetzungen und Kompetenzen,
– verwandte Arbeitsanforderungen,
– vergleichbare Ergebnisse.
• Verhaltens-Ergebnis-Kontingenz;
• persönliche Bedürfnisse;
• Organisationsziele;
• erzielte Wirksamkeit (Outcome) der Leistung:
– beabsichtigte Wirkung und
– unbeabsichtigte Wirkung
• anhand von Befragungen, Auswertung von Beschwerden.
Die Organisationsanalyse bedient sich einer Vielzahl von Methoden wie:
• Dokumentenanalyse,
• Mitarbeiterbefragung,
• Expertenbefragung (z. B. Führungskräfte),
• Workshops und
• Fragebögen.
Organisationsanalysen erfordern, je nach Zielstellung und Methodeneinsatz, einen relativ hohen Aufwand. Häufig fällt die Entscheidung zugunsten externer Berater, da die eigenen Verwaltungskapazitäten überwiegend nicht für zusätzliche Aufträge dieser Dimension vorgehalten werden. Der häufigste Grund ist jedoch in einem möglichen Akzeptanzproblem zu suchen, das vor allem dann zum Tragen kommt, wenn die Untersuchungsergebnisse Einsparpotenziale in den betreffenden Organisationsbereichen aufdecken. Es ist einerseits nachvollziehbar, dass sich die interne Organisationsabteilung nicht dem Verdacht mangelhafter Objektivität ausgesetzt sehen möchte.
Andererseits sind externe Gutachten nicht nur sehr kostenintensiv, die Ergebnisse sind auch mindestens ebenso schwer zu vermitteln, da die Außensicht bei Betroffenen verständlicherweise wegen fehlendem Verständnis für interne Zusammenhänge auf Widerstand stößt. Die Folge ist allzu oft, dass ein externes Gutachten nach dem anderen beauftragt wird, in der Hoffnung, dass der nächste vorgehaltene Spiegel nur die Mängel jener zeigt, die man ohnehin als Verursacher des Problems sieht.
Nicht jedes vermeintliche Problem ist auch ein solches und nicht jedes Problem kann und muss aktiv angegangen werden. Blinder Aktionismus aus falsch...
Erscheint lt. Verlag | 5.5.2021 |
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Zusatzinfo | 46 Abb., 34 Tab. |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Recht / Steuern ► Öffentliches Recht ► Verwaltungsverfahrensrecht |
Schlagworte | Personalarbeit • Personalauswahl • Personalauswahlgespräche • Personalauswahlverfahren • Personalcontrolling • Personalführung • Personalplanung |
ISBN-10 | 3-555-01955-4 / 3555019554 |
ISBN-13 | 978-3-555-01955-0 / 9783555019550 |
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