NEBG - Niedersächsisches Erwachsenenbildungsgesetz -  Burggraf Dietrich,  Grote Detlef,  Kolbe Harald,  Lippert Gerhard

NEBG - Niedersächsisches Erwachsenenbildungsgesetz (eBook)

Erläuterte Textausgabe
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2020 | 1. Auflage
148 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-4113-6 (ISBN)
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Das Erwachsenenbildungsrecht ist ein vergleichsweise kleines, aber ausdifferenziertes Rechtsgebiet. Es kennt bis heute keinen einschlägigen, fachlich ausgewiesenen Kommentar. Die vorliegende erläuterte Textausgabe zum Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz (NEBG) will diese Lücke schließen und bildungspolitische Gundentscheidungen sowie förderunstechnische Mechanismen erklären.

Leiter des Bildungszentrums HVHS Hustedt (2009-2016) und der Volkshochschulen Emden, Braunschweig und Hannover (1988-2009) sowie päd. Mitarbeiter und Reg. Geschäftsführer der Evangelischen Erwachsenenbildung (1980-1988), Lehraufträge an der Leibniz Universität Hannover zum Themenbereich Management und neue Rechtsformen in der Erwachsenen- u. Weiterbildung sowie Politische Bildung, Change-Management/ Interimsleitungen HVHS Europahaus Aurich (2016) und Arbeit und Leben Sachsen-Anhalt (2019-2020).

§ 2 Grundsätze der staatlichen Förderung

(2) 1Das Land fördert die Erwachsenenbildung durch Finanzhilfen nach Maßgabe der jährlichen Festsetzungen im Haushaltsplan. § 4 Abs. 1 2Ziel der Förderung ist es, ein plurales, bedarfsgerechtes und flächendeckendes Bildungsangebot zu schaffen und zu erhalten.

(2) Finanzhilfe erhalten

  1. die Träger der Einrichtungen auf kommunaler Ebene (in der Regel Volkshochschulen) gemäß § 6,
  2. Landeseinrichtungen gemäß § 5 sowie
  3. Heimvolkshochschulen gemäß § 7, wenn ihre Finanzhilfeberechtigung gemäß § 3 festgestellt worden ist. § 10

(3) Die staatliche Förderung lässt die Eigenständigkeit der Einrichtungen oder ihrer Träger, die selbständige Gestaltung des Angebots und die Auswahl des Personals unberührt.

Vorbemerkung

Die Grundsätze staatlicher Förderung nennen das Förderungsziel (Erwachsenenbildung) ebenso wie das Steuerungsinstrument (Finanzhilfe). Das Ziel eines pluralen, bedarfsgerechten und flächendeckenden Bildungsangebotes definiert das Interesse des Landes und nimmt dabei das gewachsene Selbstverständnis der niedersächsischen Erwachsenenbildung auf.

Die Sicherstellung eines Bildungsangebotes im Sinne dieses Gesetzes erwartet von den finanzhilfeberechtigten Trägern der Erwachsenenbildung, ohne eine Nachfrageorientierung auszuschließen, ein plurales, bedarfsorientiertes und flächendeckendes Grundangebot für alle Bürgerinnen und Bürger vorzuhalten. Dabei sind die Träger der Erwachsenenbildung in ihrer bildungspolitischen Bedeutung und Finanzhilfeberechtigung gleichrangig und sichern bei Wahrung ihres Profils insgesamt das Ziel des Gesetzes.

Mit diesem Gesamtsystem aus Einrichtungen auf kommunaler Ebene, Landeseinrichtungen und Heimvolkshochschulen unterscheidet sich das Gesetz von denen anderer Länder und verlangt den gleichrangigen Interessensausgleich zwischen den unterschiedlichen Trägern und Trägerverbänden.

Als Gesamtsystem muss die Erwachsenenbildung immer wieder neu den Nachweis erbringen, das Ziel eines pluralen, bedarfsgerechten und flächendeckenden Bildungsangebotes sicher zu stellen, d. h. zu schaffen und zu erhalten. Dabei lässt die staatliche Förderung die Eigenständigkeit der Einrichtungen oder ihrer Träger, die selbständige Gestaltung des Angebotes, die Auswahl des Personals und damit auch die Betriebsorganisation unberührt.

In den §§ 2 bis 7 NEBG und im jeweiligen Haushaltsplan des Landes werden Voraussetzungen, Höhe und Verteilung der Finanzhilfen, auf die die als förderungsberechtigt anerkannten Einrichtungen Rechtsansprüche haben, geregelt. Dies bedeutet aber nicht, dass das Land gehindert wäre, den Einrichtungen weitere Zuwendungen zu gewähren, wenn besondere Umstände das erforderlich machen. Dies gilt insbesondere in wirtschaftlichen oder politischen Krisensituationen. Dabei können Krisen die Existenz von Bildungseinrichtungen, insbesondere von solchen in privater Trägerschaft, schwer gefährden. Das kann umgehend dazu führen, dass das Gesamtsystem der niedersächsischen Erwachsenenbildung seinem gesetzlichen Auftrag gem. § 2, ein plurales, bedarfsgerechtes und flächendeckendes Bildungsangebot zu schaffen, nicht mehr nachkommen kann. Dringend erforderlich sind in solchen Fällen auch zusätzliche geeignete finanzielle Mittel, die die Funktionsfähigkeit der Erwachsenenbildung sichern.

Zu Abs. 1 S. 1

Die Förderung der Erwachsenenbildung durch Finanzhilfen des Landes nach Maßgabe der jährlichen Festsetzung im Haushaltsplan impliziert die prinzipielle Förderung der Erwachsenenbildung und gewährt Vertrauensschutz. Soll das Ziel der Förderung erreicht werden, ist ein entsprechender Ansatz im Haushaltsplan vorzusehen. Insofern bindet sich der Gesetzgeber, die Erwachsenenbildung angemessen zu fördern. Den Haushaltsgesetzgeber bindet § 2 aber nicht. Mit dem Haushaltsfeststellungsgesetz kann das Land auch in das NEBG eingreifen und seine finanziellen Leistungen bezogen auf die Laufzeit des Haushaltes einschränken oder erweitern.

Zu Abs. 1 S. 2

Das Ziel der Förderung, ein plurales, bedarfsgerechtes und flächendeckendes Bildungsangebot zu schaffen und zu erhalten, hat prägende Auswirkungen auf die Profilbildung, Leistungsfähigkeit und Entwicklung der niedersächsischen Erwachsenenbildung.

Plurales Bildungsangebot

Die Pluralität des Gesamtangebotes aller förderungsberechtigten Einrichtungen bezieht sich auf die Kräfte der Zivilgesellschaft, Traditionen und Zielgruppen, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen. Dabei hat die Offenheit der Gesellschaft eine zentrale Bedeutung. Als normatives Prinzip wendet sich Pluralismus gegen autoritäres oder totalitäres staatliches Handeln und ist ein politisch zu verteidigendes, unverzichtbares Strukturmerkmal der freiheitlichen rechtsstaatlichen Demokratie.

Für eine plurale bildungspolitische Orientierung ist ein offener und fairer Wettbewerb der Interessen und Meinungen ein demokratisches Strukturprinzip. Der Diskurs ist dabei ein wesentliches Element des Ausgleiches. Die Erwachsenenbildung folgt als Gesamtsystem diesem pluralen Verständnis und stellt durch ihre Vielfalt die Pluralität sicher. Dazu tragen profilierte Zielgruppenangebote und die selbständige Gestaltung des Bildungsangebotes der einzelnen Träger in besonderer Weise bei.

Bedarfsgerechtes Bildungsangebot

Der persönliche und gesellschaftliche Bildungsbedarf wird von den Trägern der Erwachsenenbildung erhoben und in praktische Bildungsarbeit umgesetzt. Das Gesetz definiert diesen Bedarf nicht, nennt aber in § 8 besondere gesellschaftliche Erfordernisse, die privilegiert gefördert werden. Der Nachweis eines bedarfsgerechten Bildungsangebotes erweist sich letztlich durch die erfolgreiche Inanspruchnahme des Bildungsangebotes.

Flächendeckendes Bildungsangebot

Das Ziel eines flächendeckenden Bildungsangebotes meint die Erreichbarkeit der Erwachsenbildung im Flächenland Niedersachsen. Dazu sollen in allen Landesteilen Angebote vorgehalten werden. Im ländlichen Raum erfolgt darüber hinaus eine besondere Förderung (§ 4 Abs. 3 Nr. 10.).

Alle drei Förderziele bedingen und ergänzen sich und sind wechselseitig jeweils aus der Perspektive der Pluralität, der Bedarfsorientierung und der Flächendeckung verschränkt. Das Gesetz gibt diese Ziele der Erwachsenenbildung als Gesamtsystem bei gleichzeitiger Unabhängigkeit der Träger vor.

Zu § 2 Abs. 2

Aus der Formulierung „Finanzhilfe erhalten“ ergibt sich zwingend, dass wirtschaftlicher Empfänger nur eine der in Nr. 1 bis 3 genannten förderungsberechtigten Einrichtungen sein kann. Die hier genannten Einrichtungstypen werden im Folgenden auch als „Säulen“ der niedersächsischen Erwachsenenbildung bezeichnet. Bei rechtlich unselbstständigen Einrichtungen (z. B. unselbstständige kommunale VHS) ist deren juristischer Träger Empfänger der Finanzhilfe, muss diese jedoch im vollen Umfang an die Einrichtung für die dem NEBG entsprechenden Aufgaben weiterleiten.

Zu § 2 Abs. 3

Im ersten Gesetz von 1970 wurde die Unabhängigkeit der Erwachsenenbildung in einem gesonderten Paragraphen geregelt:

§ 4 NEBG (1970)

„Die staatliche Förderung der Erwachsenenbildung lässt das Recht der Einrichtungen auf selbstständige Lehrplangestaltung unberührt. Die Einrichtungen sind in der Auswahl der Leiter und Mitarbeiter und in der Lehre frei.“

Dem Gesetzgeber war es offenbar bereits zu Beginn einer gesetzlich geregelten Erwachsenenbildung wichtig, die besondere Stellung der Erwachsenenbildung im gesamten Bildungswesen hervorzuheben. Das wird durch § 1 Abs. 1 S. 1 NEBG („Die Erwachsenenbildung ist ein eigenständiger, gleichberechtigter Teil des Bildungswesens.“) eingeleitet und durch § 2 Abs. 3 NEBG fortgesetzt. Wenn der Gesetzgeber der Exekutive in anderen Bildungsbereichen eine größere Einflussnahme bspw. in der Lehrplangestaltung oder der Personalauswahl ermöglicht, schließt er diese für die Erwachsenenbildung aus.

Der Gesetzgeber hat bereits in den ersten Beratungen zu dem Gesetz, das in 1970 verabschiedet wurde, ausgedrückt, dass die staatliche Kontrolle eine nachgeordnete Rolle spielen sollte. Dies wurde nicht zuletzt auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass die auf der Grundlage des Gesetzes notwendigen Überprüfungen der Einrichtungen und des Arbeitsumfangs in die Hände eines beliehenen Unternehmers, dem Dachverband der gesetzlich geförderten Erwachsenenbildungseinrichtungen gelegt wurden.

Ein wesentlicher Grund für die verordnete geringe Einflussnahme durch das fördernde Land ist sicherlich auch darin zu sehen, dass absehbar die Höhe der staatlichen Förderung (auf der Grundlage des NEBG) gemessen am gesamten Volumen des Wirtschaftsplanes einer Einrichtung eine nicht...

Erscheint lt. Verlag 19.5.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Wirtschaftsrecht
ISBN-10 3-7519-4113-4 / 3751941134
ISBN-13 978-3-7519-4113-6 / 9783751941136
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