Max Roderich: Verbrechen und Strafe

Christine Störr (Herausgeber)

Buch | Softcover
180 Seiten
2020
Verlag Friedrich Mauke KG
978-3-948259-00-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Max Roderich: Verbrechen und Strafe -
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Die besten Geschichten schreibt das wahre Leben.Genau dort fand der Sachsen-Gothaer Justizbeamte Jacob Dietzsch, alias Max Roderich, im Jahr 1850 den Stoff für seine Kriminalgeschichten. Mit großer Genauigkeit und Detailtreue schildert er anhand der originalen Justizakten Verbrechen, die damals in seiner Heimat die Öffentlichkeit beschäftigten. Dietzsch beschreibt die Arbeit der Ermittlungsrichter, Untersuchungsführer und Gendarmen. Er schildert aber auch die Hierarchie im Dorf, einer Welt zwischen Dorfvorstehern oben und Mägden und Knechten ganz unten in der Gemeinschaft. Das Buch ist deshalb auch ein spannender Einblick in das dörfl iche Alltagsleben am Vorabend der industriellen Revolution. Ein unterhaltsames Stück Kulturgeschichte.

Vorwort7
Die Ermordung der Anna Dorothea Simon zu Urba im Herzogthum G.11
Tragisches Abenteuer der Hanna Paulev zu Kleinschmalkalden58
Die Tödtung des Schultheißen Hardt zu Heuberg im Herzogthum G.74
Die Brände zu Süßleben im Herzogthum G. 105

Kriminalgeschichten faszinieren uns. Seit beinahe 50 Jahren sendet die ARD immer sonntags ihre »Tatort«-Reihe. Inzwischen kommt diese auf mehr als 1.000 Folgen. Auch die Bestsellerlisten des Buchmarktes führen regelmäßig Kriminalromane an. Wir lassen uns fesseln von der Spannung der Ermittlungsarbeit, puzzeln die einzelnen Teile, die sich nach und nach offenbaren, zusammen und haben am Ende den Täter oder auch die Täterin überführt – oder uns doch auf die falsche Fährte lenken lassen. Vielleicht ist es nicht zuletzt die Faszination des Bösen, verbunden mit der inneren Erleichterung, daß sich das beschriebene Verbrechen nicht lohnt und der Täter die gerechte Strafe findet. Dieses Interesse an der Verbrechensaufklärung ist keineswegs ein Phänomen unserer Zeit. Der Siegeszug der Kriminalliteratur begann schon vor langer Zeit. Bereits ab 1734 erschien in Frankreich in schneller Folge eine zwanzigbändige Sammlung von Kriminalfällen, die der Juristen Francois de Pitaval nach den Akten aufbereitet und in einzelnen Geschichten aufgeschrieben hatte. Er schuf damit eine neue literarische Gattung, die fortan seinen Namen führte. Die Pitavale, die seit dem entstanden, nahmen alle mehr oder weniger authentische Strafrechtsfälle zum Vorbild, mal zur Belehrung, natürlich immer auch zur Unterhaltung. Und interessant ist es ja wirklich, was im Zusammenleben der Menschen alles so passieren kann. In den Mittelpunkt des Interesses rückte bald schon die Frage, wie und warum ein Mensch zum Verbrecher wird. In der Zeit der Aufklärung wurden dazu ganze Zeitschriftenreihen gegründet und ganze Bücherregale gefüllt. Der Erfolg bei den Leserinnen und Lesern gab den Autoren meistens Recht. Aus der großen Zahl an Autoren, die sich in der Nachfolge von Pita­val sahen, ragt im deutschen Sprachraum Friedrich Schiller hervor. Schon seine »Räuber« bringen eine Verbrechens- und Verbrechergeschichte auf die Theaterbühne, die weniger die Tat selbst als die Tatmotive auslotet. In seinem Werk »Der Verbrecher aus verlorener Ehre« (1787) griff Schiller dann – wie einst Pitaval – einen authentischen Fall auf, den er literarisch verarbeitete. Dem folgte eine von ihm betreute Auswahl aus der Sammlung des Pitaval, die Schiller unter dem Titel »Merkwürdige Rechtsfälle als ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit« von 1792 bis 1795 in vier Bänden herausgab. In der Einleitung zum ersten Band benennt Schiller den Grund, warum er die von Pitaval ein halbes Jahrhundert zuvor zusammengetragenen Geschichten noch immer für lesenswert hält: »Man erblickt hier den Menschen in den verwickeltesten Lagen […]. Das geheime Spiel der Leidenschaft entfaltet sich hier vor unsern Augen, und über die verborgenen Gänge der Intrigue, über die Machinationen des geistlichen sowohl als weltlichen Betruges wird mancher Strahl der Wahrheit verbreitet. Triebfedern, welche sich im gewöhnlichen Leben dem Auge des Beobachters verstecken, treten bei solchen Anlässen, wo Leben, Freiheit und Eigenthum auf dem Spiele steht, sichtbarer hervor, und so ist der Kriminalrichter im Stande, tiefere Blicke in das Menschenherz zu thun.« Ein Kriminalprozess enthülle »das Innerste der Gedanken und bringt das versteckteste Gewebe der Bosheit an den Tag«, bringe Menschenkenntnis und vermittle Rechtskenntnisse, so Friedrich Schiller. Der populäre Stoff sollte dem Herausgeber Schiller natürlich auch einen ordentlichen Gewinn einbringen, damit er sich wieder den schwierigen, weniger publikumsstarken Werken zuwenden konnte. Der Krimi als Brotkunst also. Die Herausgeberschaft dürfte für Schiller wirtschaftlich jedenfalls nicht von Nachteil gewesen sein. Auch im Herzogtum Sachsen-Gotha lebte im 19. Jahrhundert ein Autor, der von den Pitaval-Geschichten begeistert war, der Regierungssekretär Jacob Franz Carl Maximilian Dietzsch (1797–1860). Unter dem Pseudonym »Max Roderich« hatte er bereits mehrere Romane vor allem über die Napoleonische Zeit veröffentlicht. Im Jahr 1850 erschien dann im Verlag Friedrich Mauke in Jena das Buch »Verbrechen und Strafe«. Darin erzählt Dietzsch im Stile des Pitaval verschiedene Strafrechtsfälle, die sich so im Herzogtum Gotha ereignet haben sollen. Die Mehrheit der Fälle datiert auf die Zeit zwischen 1815 und 1840. Dietzsch bezieht sich bei seiner Darstellung auf die originalen Gerichtsakten. Als Sekretär bei der Herzoglichen Landesregierung, tätig unter anderem in der Aktenregistratur, hatte er jedenfalls ungehinderten Zugang zu den Akten. Jakob Dietzsch nahm schon damals Rücksicht auf den Datenschutz. Die Ortsnamen und die Personennamen wurden abgewandelt. So wurde etwa aus dem Ort Herbsleben im Buch der Ortsname »Süßleben«. Das erschwert uns heute zwar die Ein- und Zuordnung. Doch können wir hoffen, die Darstellung tatsächlich nahe an der Realität, wie sie sich in den Ermittlungen ergab, vorzufinden. In der Schilderung der Ermittlungsarbeit und der Ermittlungsergebnisse schimmert für uns nachgeborene Leserinnen und Leser auch ein Eindruck vom Alltagsleben durch, wie es sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen Rennsteig und Hörselfluß darstellte. Wir blicken in das Leben der Dorfbewohner, der Bauern, Knechte und Mägde, der Gutspächter und Dorfvorsteher. Jakob Dietzsch ist dabei ein gewissenhafter Chronist. Er zielt nicht auf einfache Effekte ab, sondern will darlegen und erklären. Aber er wertet auch, wo er Unzulänglichkeiten sieht, sei es bei den Bewohnern der Dörfer oder auch den Ermittlungsbehörden. So sehen wir die Gesellschaft ehrlich ausgebreitet als ein streitbares Miteinander, das mühsam befriedet werden muss und in dem zuweilen unvermutet ein Ausbruch von Bosheit und Gewalt erfolgt. Nicht in jedem Fall kann uns Dietzsch eine Aufklärung der dargestellten Straftat liefern. Auch hier ist er also nah am wahren Leben. Aber die Ausgewogenheit, mit der er das Für und Wider eines ermittelten Tathergangs ausführt, gibt uns Zeugnis von der Ernsthaftigkeit, mit der schon damals die Wahrheitsfindung verfolgt wurde. Dank der ausführlichen Darstellung der Ermittlungsarbeit verschafft uns Jakob Dietzsch auch einen spannenden Einblick in eine Welt im Wandel. Noch gelten die alten Gesetze aus der Feudalzeit und dem Absolutismus. Die Reichspolizeiordnung aus dem 16. Jahrhundert und die Herzoglichen Landesordnungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert geben Verfahren und Strafform vor. Der Urteilsspruch erfolgt zuweilen noch durch auswärtige »Spruchcollegien«, denen die Akten übersandt wurden und die allein nach Aktenlage das Urteil sprechen, ohne den Angeklagten oder die Angeklagte je selbst gesehen oder vernommen zu haben. Doch es schimmert auch schon die neue Epoche durch, die unmittelbar ansteht. Rechtsmediziner erscheinen am Tatort, Sachverständige werden mit Gutachten beauftragt, Gendarmen übernehmen Zeugenbefragungen. Vor allem wird das Unbehagen über die alten Regeln, die kaum taugen, eine Tat aufzuklären und den Tatumständen gerecht zu werden, deutlich angesprochen. Im Jahr 1850, dem Jahr des Erscheinens von Dietzsch Werk »Verbrechen und Strafe«, trat im Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha ein Strafgesetzbuch in Kraft, das schon gar nicht mehr weit entfernt war von unserem heutigen Verständnis von Strafnorm und Strafprozess. Einfacher ist die eigentliche Ermittlungsarbeit damit freilich nicht geworden. Denn noch immer ist es der Anspruch, jede Straftat, jede Störung des Zusammenlebens, aufzuklären und die Täterin oder den Täter für sein Tun zur Verantwortung zu ziehen. Zugleich bleibt es die stete Herausforderung, den Grund jeder Tat zu erforschen, das Motiv des Handelns aufzudecken, um den tragischen Unfall von der Vorsatztat, die Unachtsamkeit von der boshaften Absicht zu unterscheiden. Nur so kann eine angemessene Reaktion der staatlichen Gemeinschaft gefunden werden. Und es bleibt die fortwährende Aufgabe, nicht allein den Täterinnen und Tätern Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, sondern immer auch den Opfern, die für uns mehr sein müssen als der Anlass einer Ermittlung oder der Grund einer Strafe. Hier bleiben die überlieferten Geschichten zumeist noch ebenso vage wie die heutigen Krimis. Für den vorliegenden Band, der als erster eine ganze Reihe einleiten soll, war ich gehalten, eine Auswahl aus den von Jakob Dietzsch aufgezeichneten Geschichten zu treffen. Ich entschied mich dafür, eine Auswahl vor allem nach dem Zeitraum der Handlung vorzunehmen und einen Zeitraum von 25 Jahren abzubilden. Diese zeitliche Fokussierung schien mir ein geeignetes Mittel der Auswahl, schärft sie doch den Blick in die Lebensumstände der nachgezeichneten Personen. Denn so sind alle in den Schilderungen auftauchenden Personen über die einzelnen Geschichten hinweg Zeitgenossen. Die Schreibweise der Originalausgabe wurde weitestgehend beibehalten. Wie schon im Jahr 1850 kann auch die Neuausgabe des Buches »Verbrechen und Strafe« im Verlag Friedrich Mauke erscheinen, der im Jahr 2017 neu eingerichtet wurde. Ich hoffe nun, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, meine Freude bei der Lektüre dieser historischen Sammlung teilen und wünsche Ihnen unterhaltsame Stunden mit einem besonderen Werk.

Kriminalgeschichten faszinieren uns. Seit beinahe 50 Jahren sendet die ARD immer sonntags ihre »Tatort«-Reihe. Inzwischen kommt diese auf mehr als 1.000 Folgen. Auch die Bestsellerlisten des Buchmarktes führen regelmäßig Kriminalromane an. Wir lassen uns fesseln von der Spannung der Ermittlungsarbeit, puzzeln die einzelnen Teile, die sich nach und nach offenbaren, zusammen und haben am Ende den Täter oder auch die Täterin überführt - oder uns doch auf die falsche Fährte lenken lassen. Vielleicht ist es nicht zuletzt die Faszination des Bösen, verbunden mit der inneren Erleichterung, daß sich das beschriebene Verbrechen nicht lohnt und der Täter die gerechte Strafe findet.Dieses Interesse an der Verbrechensaufklärung ist keineswegs ein Phänomen unserer Zeit. Der Siegeszug der Kriminalliteratur begann schon vor langer Zeit. Bereits ab 1734 erschien in Frankreich in schneller Folge eine zwanzigbändige Sammlung von Kriminalfällen, die der Juristen Francois de Pitaval nach den Akten aufbereitet und in einzelnen Geschichten aufgeschrieben hatte. Er schuf damit eine neue literarische Gattung, die fortan seinen Namen führte. Die Pitavale, die seit dem entstanden, nahmen alle mehr oder weniger authentische Strafrechtsfälle zum Vorbild, mal zur Belehrung, natürlich immer auch zur Unterhaltung. Und interessant ist es ja wirklich, was im Zusammenleben der Menschen alles so passieren kann. In den Mittelpunkt des Interesses rückte bald schon die Frage, wie und warum ein Mensch zum Verbrecher wird. In der Zeit der Aufklärung wurden dazu ganze Zeitschriftenreihen gegründet und ganze Bücherregale gefüllt. Der Erfolg bei den Leserinnen und Lesern gab den Autoren meistens Recht.Aus der großen Zahl an Autoren, die sich in der Nachfolge von Pitaval sahen, ragt im deutschen Sprachraum Friedrich Schiller hervor. Schon seine »Räuber« bringen eine Verbrechens- und Verbrechergeschichte auf die Theaterbühne, die weniger die Tat selbst als die Tatmotive auslotet. In seinem Werk »Der Verbrecher aus verlorener Ehre« (1787) griff Schiller dann - wie einst Pitaval - einen authentischen Fall auf, den er literarisch verarbeitete. Dem folgte eine von ihm betreute Auswahl aus der Sammlung des Pitaval, die Schiller unter dem Titel »Merkwürdige Rechtsfälle als ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit« von 1792 bis 1795 in vier Bänden herausgab. In der Einleitung zum ersten Band benennt Schiller den Grund, warum er die von Pitaval ein halbes Jahrhundert zuvor zusammengetragenen Geschichten noch immer für lesenswert hält:»Man erblickt hier den Menschen in den verwickeltesten Lagen [...]. Das geheime Spiel der Leidenschaft entfaltet sich hier vor unsern Augen, und über die verborgenen Gänge der Intrigue, über die Machinationen des geistlichen sowohl als weltlichen Betruges wird mancher Strahl der Wahrheit verbreitet. Triebfedern, welche sich im gewöhnlichen Leben dem Auge des Beobachters verstecken, treten bei solchen Anlässen, wo Leben, Freiheit und Eigenthum auf dem Spiele steht, sichtbarer hervor, und so ist der Kriminalrichter im Stande, tiefere Blicke in das Menschenherz zu thun.« Ein Kriminalprozess enthülle »das Innerste der Gedanken und bringt das versteckteste Gewebe der Bosheit an den Tag«, bringe Menschenkenntnis und vermittle Rechtskenntnisse, so Friedrich Schiller. Der populäre Stoff sollte dem Herausgeber Schiller natürlich auch einen ordentlichen Gewinn einbringen, damit er sich wieder den schwierigen, weniger publikumsstarken Werken zuwenden konnte. Der Krimi als Brotkunst also. Die Herausgeberschaft dürfte für Schiller wirtschaftlich jedenfalls nicht von Nachteil gewesen sein.Auch im Herzogtum Sachsen-Gotha lebte im 19. Jahrhundert ein Autor, der von den Pitaval-Geschichten begeistert war, der Regierungssekretär Jacob Franz Carl Maximilian Dietzsch (1797-1860). Unter dem Pseudonym »Max Roderich« hatte er bereits mehrere Romane vor allem über die Napoleonische Zeit veröffentlicht. Im Jahr 1850 erschien dann im Verlag Friedrich Mauke in Jena das B

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Maukes Justiz- und Kriminalgeschichten ; 1
Verlagsort Jena
Sprache deutsch
Maße 125 x 195 mm
Gewicht 213 g
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Militärgeschichte
Recht / Steuern Allgemeines / Lexika
Recht / Steuern Rechtsgeschichte
Schlagworte Gotha • Herbsleben • Mordfälle • Pitaval • Rechtsgeschichte • Sachsen-Gotha
ISBN-10 3-948259-00-3 / 3948259003
ISBN-13 978-3-948259-00-6 / 9783948259006
Zustand Neuware
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