Sicherheitsrisiko Föderalismus!? -  James Wille

Sicherheitsrisiko Föderalismus!? (eBook)

Braucht die Deutsche Polizei eine Reform?

(Autor)

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2017 | 1. Auflage
328 Seiten
TWENTYSIX (Verlag)
978-3-7407-3831-0 (ISBN)
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Seit Anbeginn polizeilicher Strukturen sind überwiegend die Länder in Deutschland für die Sicherheit zuständig. Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland ist der föderale Staatsaufbau auch für die Innere Sicherheit maßgebend. Über sieben Jahrzehnte hat der Föderalismus die Sicherheitsarchitektur der Länder zu einem "Patchwork-System" werden lassen, das Organisation, Information und Kommunikation bei der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung erheblichen stören und immer wieder zu Pannen führen. Eine moderne Polizei, die die Probleme des 21. Jahrhunderts lösen soll, braucht eine vorausschauende einheitliche länderübergreifende Organisationsstruktur, eine zentralisierte Verbrechensbekämpfung in den Ländern, eine zentralisierte Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus auf Bundesebene. Der Autor beschreibt nach einer geschichtlichen Einführung den Ist-Zustand der heutigen Sicherheitsarchitektur, insbesondere die Organisationsstrukturen der Länderpolizeien und die politische Einflussnahme. Er führt eine Schwachstellenanalyse durch und macht Vorschläge, mit welchen Mitteln die Effizienz und Effektivität polizeilicher Arbeit im 21. Jahrhundert gesteigert und Lösungen der heutigen Probleme angegangen werden können.

James P. Wille wurde 1949 in Bad Tölz geboren, besuchte in Bochum Volksschule und Gymnasium, begann 1968 in Münster seine polizeiliche Ausbildung an der Polizeischule "Carl Severing", wechselte nach Abschluss der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung 1984 von der Schutz- zur Kriminalpolizei, versah seinen Dienst beim Polizeipräsidium Bochum zunächst auf der Kriminalwache, dann in einem Außenkommissariat für allgemeine Kriminalität als Sachbearbeiter, wechselte 1987 zum polizeilichen Staatsschutz und wurde Sachgebietsleiter für Rechtsextremismus, wechselte 1994 in das Fachkommissariat für Betrug und wurde stellvertretender Dienststellenleiter, war ab 2002 Dienststellenleiter in zwei Regionalkommissariaten, danach in einem Fachkommissariat. 2010 wurde James P. Wille als Erster Kriminalhauptkommissar in den altersbedingten Ruhestand versetzt. Von 2002 bis 2010 war er Mitglied des CDU-Arbeitskreises "Polizei" im nordrhein-westfälischen Landtag.

Erstes Kapitel


1. Einführung


In seiner „Einführung in die Staatslehre“ definiert Martin Kriele den „Inneren Frieden“11, die Innere Sicherheit so: (Zitat)

„Der Innere Friede ist die fundamentale Voraussetzung für die Entwicklung und Durchsetzbarkeit eines Rechts, das die Freiheit schützt und Gerechtigkeit schafft, er ist Voraussetzung für ein planvolles Wirtschaften, für Zusammenarbeit und Vertrauen in den zwischenmenschlichen Beziehungen, und er ist fundamentale Voraussetzung dafür, dass nicht alle geistigen Kräfte des Menschen aufs Überleben und Durchkommen konzentriert sind, sondern dass sich Sittlichkeit, Kultur, Kunst, Wissenschaft und Wohlstand entfalten können.“

Kriele sieht den „Inneren Frieden“ vielleicht noch ein Stück weitergehend als den Begriff „Innere Sicherheit“. Wenn die „Innere Sicherheit“ Teil des „Inneren Friedens“ ist, ist sie nach Auffassung Krieles fundamentale Voraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben der Menschen in einem Staatswesen. Die Innere Sicherheit, weil fundamentales Element, ist eine der gesellschaftlichen Triebfedern und gleichzeitig Leitplanke für die gesellschaftliche Entwicklung und die Schaffung moderner Staatswesen, wie sie in den meisten, überwiegend westlichen Demokratien zu finden sind. Sie, die Innere Sicherheit, ist Resultat einer über Jahrhunderte durchlaufenden Entwicklung, die zwar in hohem Maße ihre Verwirklichung gefunden hat, aber immer noch verbesserungsfähig ist. Im ersten Kapitel möchte ich zunächst einen kurzen geschichtlichen Überblick voranstellen, der die Entwicklung der Polizei im Allgemeinen und im Speziellen in Deutschland darstellen soll, ein geschichtlicher Abriss, dessen Aufgabe es nicht sein soll, eine umfassende geschichtliche Darstellung abzuliefern. Dies wäre ein Thema für sich, das hier den Rahmen sprengen würde. Von daher dient sie ausschließlich des besseren Verständnisses, warum die Polizei heute so ist, wie sie ist.

1.1 Die geschichtliche Entwicklung der Polizei bis zum Ende des 2. Weltkrieges


1.1.1 Der Begriff „Polizei“


Der Begriff „Polizei“ verdankt seinen Ursprung dem antiken Griechenland, der Geburtsstätte des modernen Staatswesens. Das griechische „Polis“ bezeichnete ursprünglich die Herrenburg, den befestigten oft von einer Siedlung umgebenen Sitz der mykenischen Herrscher. Sie waren im 2. Jahrtausend v. Chr., vor allem im Ostteil des griechischen Festlandes sowie auf dem Peloponnes unter dem Einfluss kretisch-minoischer Vorbilder entstanden. Der Prozess der Polis-Bildung fand seinen Abschluss etwa im 9. Jh. v. Chr. Er hatte weitreichende soziale Veränderungen zur Folge. Die Adelsgesellschaft mit ihren spezifischen Normen wandelte sich zur Bürgerschaft - „Demos“ - um, der alle Freien als politisch Gleichberechtigte angehörten. Jedoch waren die Verfassungsformen in den Poleis sehr unterschiedlich und die Demokratie nur eine davon. Die Blütezeit der Polis war nur von begrenzter Dauer. Dennoch blieb die Polis ein leuchtendes Relikt der antiken Staatstheorien und galt als Heimat von Recht und Gesetz (Dike und Nomos), Disziplin und Ordnung (Kosmos und Eunomia), Gleichheit und Eintracht (Isonomia und Homonoia). Plato prägte den Begriff der Politeia, dem Bild des Staates als Abbild seiner Seele. Unter den Begriffen Polis oder Politeia versteht man also das auf eine Verfassung, auf Recht und Gesetz, Disziplin und Ordnung aufgebautes Gemeinwesen. Der davon abgeleitete Begriff „Polizei“ sollte erst viel später seinen Einzug in die Geschichte halten.

1.1.2 Cohortes Urbanae


Neben der griechischen Antike galt Rom als eine der größten organisierten Gesellschaften in der Geschichte der Menschheit. Eine Polizei im heutigen Sinne war in den frühen Zeiten völlig unbekannt. Ein jeder hatte selber für seine Sicherheit zu sorgen. Zwar gab es eine Art Ordnungsdienst, der sich überwiegend um die Einhaltung von Gesetzen im Zusammenhang mit dem Abhalten der Märkte und dem Betreiben der Bäder beschäftigten. Auch wurde das Glückspiel eben durch diese Ordnungshüter im weitesten Sinne überwacht, doch eine Polizei, die für die Innere Sicherheit zuständig war, gab es, wie schon erwähnt, nicht. Erst unter Kaiser Augustus wurde eine Art Schutztruppe, die „cohortes urbanae“, aufgestellt, die sich mit der Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere der Raubkriminalität befassen sollte. Strukturiert waren die cohortes urbanae allerdings wie eine Militäreinheit, ohne selber Soldaten zu sein. Also doch schon eine Art Polizei in den frühen Jahrhunderten nach der Zeitenwende (357 n.Ch.).

1.1.3 Maréchaussée


Die wohl erste organisierte Polizei, wenn auch der Begriff als solcher noch keine Verwendung fand, dürfte Ludwig XIV aufgestellt haben. Sie nannte sich Maréchaussée (Wegesäuberer), die aus ca. 3500 Mann bestand. Diese Einheit, später Gendarmerie („gens d’arms = Männer, die Waffen tragen dürfen oder Volk in Waffen“) genannt, wurde im Kampf gegen Räuberbanden, die mehrere hundert Mann stark waren, erfolgreich eingesetzt und stellte den Frieden im Lande wieder her.

Der Ursprung der Maréchaussée geht sogar ins 12. Jh. zu Zeiten der Herrschaft Königs Philipp Auguste zurück. Er beauftragte den „Grand Sénéchal", später den „Connétable“, die allgemeine Justiz über die Armee und ihrem Gefolge auszuüben, um den Straftaten, die von diesen ausgingen, Herr zu werden. Unterstützt wurde der „Connétable“ in der Ausübung seiner Zuständigkeit von den „Maréchaux“, welche über die Instanz der „curia mareschallorum“ verfügten, einer mobilen Gerichtsmannschaft, der sog. „Prévots des Maréchaux“. 1439 gründete Charles VII eine ständige königliche Truppe zu Pferde und zu Fuß. Sie erhielt den Namen „Gens d'Armes“. Sie wurde zur territorialen Organisation der Maréchaussé. Unter Francois Ier wurde 1536 die Macht der Maréchaussé auf die Bekämpfung der „Crimes de grand chemin“ (Straftaten von Soldaten wie auch Zivilisten) erweitert. Mit dieser wichtigen Maßnahme hatte die Maréchaussé erstmals gemischte Zuständigkeiten. Im Verlauf des 16. Jh. wurde die Maréchaussé der örtlich zuständigen Gerichtsbarkeit unterstellt. Sie war angewiesen ihre Ermittlungen in Protokollen festzuhalten und den Gerichten zu übergeben. Damit vollzog sich die Abhängigkeit der Maréchaussé zur Justiz.

Wie man unschwer erkennen kann, haben sich einige Begriffe im Zusammenhang mit polizeilichen Begriffen bis heute gehalten. Übernommen wurde der Begriff „Gendarmerie“, in Frankreich, im deutschen Kaiserreich sowie in einigen europäischen Staaten wie z.B. in Belgien, in den Niederlanden und in Österreich. Auch der Begriff „Konstabler“ oder „Marschall“ sind sowohl als Dienstgrad im Militär wie auch bei verschiedenen europäischen wie außereuropäischen Polizeien zu finden.

1.1.4 Die frühe „Polizei“ in Deutschland


Die frühen Anfänge der Polizei in Deutschland, sofern man überhaupt zu diesem Zeitabschnitt von einer Polizei sprechen kann, gehen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Auch damals galt schon der Grundsatz „alle Macht den Fürsten“. Die Fürsten, auf die der Kaiser zur Sicherung des Reiches angewiesen war, ließen keinen Zweifel aufkommen, aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses schrittweise ihre Kompetenzen zu vergrößern. So gingen nach und nach das Recht der Gerichtsbarkeit, das Bann-, das Geleit- oder das Befestigungsrecht auf die Fürsten über. Doch damit konnte man noch nicht von einer polizeilichen Hoheit sprechen. Mit dem stetigen Aufkommen der Bildung von Städten ließen sich erste Ansätze erkennen, die man als eine Art polizeilichen Schutz bezeichnen könnte, der sich insbesondere in den Bereichen Feuerschutz, Bau-, Gewerbe- und Gesundheitswesen darstellte. Als quasi Polizisten bediente man sich Soldaten, Wächter und Knechte. Das Resultat dieser ersten Ansätze, Sicherheit in den Städten zu erzeugen, war ein sichtbarer wirtschaftlicher Aufschwung. Im Gegensatz zu den Städten...

Erscheint lt. Verlag 6.12.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Allgemeines / Lexika
ISBN-10 3-7407-3831-6 / 3740738316
ISBN-13 978-3-7407-3831-0 / 9783740738310
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