§ 2
Regelsätze
(1) Der Insolvenzverwalter erhält in der Regel
1. von den ersten 25.000 Euro der Insolvenzmasse 40 vom Hundert,
2. von dem Mehrbetrag bis zu 50.000 Euro 25 vom Hundert,
3. von dem Mehrbetrag bis zu 250.000 Euro 7 vom Hundert,
4. von dem Mehrbetrag bis zu 500.000 Euro 3 vom Hundert,
5. von dem Mehrbetrag bis zu 25.000.000 Euro 2 vom Hundert,
6. von dem Mehrbetrag bis zu 50.000.000 Euro 1 vom Hundert,
7. von dem darüber hinausgehenden Betrag 0,5 vom Hundert.
(2) 1Haben in dem Verfahren nicht mehr als 10 Gläubiger ihre Forderungen angemeldet, so soll die Vergütung in der Regel mindestens 1.000 Euro betragen. 2Von 11 bis zu 30 Gläubigern erhöht sich die Vergütung für je angefangene 5 Gläubiger um 150 Euro. 3Ab 31 Gläubiger erhöht sich die Vergütung je angefangene 5 Gläubiger um 100 Euro.
Literatur: Blersch, Die Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung,
ZIP 2004, 2311;
Graeber, Vorläufige Verwaltung zum Mindesttarif oder Explosion der Zuschläge, ZInsO 2006, 794;
Gruhl, Umsatz- und Einkommensentwicklung in der Anwaltschaft: Der STAR-Bericht 2015/2016, BRAK-Mitteilungen 2017, 13;
Haarmeyer/Mock, Insolvenzrechtliche Vergütung und Inflation, ZInsO 2014, 573;
Keller, Berechnungsformeln zur Vergütung des Insolvenzverwalters, NZI 2005, 23;
Hartung, Reflexionen über den Rechtsmarkt, NJW-aktuell, Heft 24/2017, 7;
Stapper/Häußner, Reform der Mindestvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters?, ZInsO 2014, 2349;
Vill, Zur Reform des insolvenzrechtlichen Vergütungsrechts, in: Festschrift für Bruno M. Kübler, 2015, 741;
Zimmer, Verjährung der nicht festgesetzten Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nach der Schuldrechtsreform,
ZVI 2004, 662;
Zimmer, Beschränkung der Vergütungsfestsetzung gegen die Staatskasse auf die Mindestvergütung (BGH – IX ZB 245/11) – rechtswidrige Verfahrenseröffnungen und „kalte“ Versagung der Restschuldbefreiung?, InsbürO 2014, 162.
Übersicht
III. Anspruchsgrundlage und Rechtsnatur 5 IV. Regelvergütung (§ 2 Abs. 1 InsVV) 7 2. Regelvergütung nach Wortlaut der Norm
12 3. Inflationsbedingte Anpassung
23 a) Auffassung des Bundesverfassungsgerichts
23 b) Auffassung des Bundesgerichtshofs
28 c) Zwischenfazit und Problemstellung
35 d) Rahmenbedingungen (Untersuchung 1)
36 e) Relevanter Schwellenwert
40 f) Auswirkung der Inflation auf die Teilungsmasse (Untersuchung 2)
42 g) Anpassung der Staffelstufen (Ergebnis)
57 h) Gegenargument Kostenquote bzw. Effizienzsteigerung
61 4. Erhöhte Regelvergütung
65 V. Mindestvergütung (§ 2 Abs. 2 InsVV) 66 2. Höhe der Mindestvergütung des Insolvenzverwalters
69 c) Inflationsausgleich
75 d) Vergleichsrechnung und Ergebnis
79 3. Höhe der Mindestvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters
84 4. Höhe der Mindestvergütung des (vorläufigen) Sachwalters
86 I. Normzweck
1 Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung. § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt, dass der Regelsatz der Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse bestimmt wird. Da das Insolvenzverfahren ein Gerichtsverfahren ist und die Vergütung des Insolvenzverwalters zum
Kostenrecht gehört,
1) gilt mithin auch hier der Grundsatz, dass zunächst ein
Gegenstandswert zu ermitteln ist, auf Basis dessen eine Vergütung anhand eines Tabellenwerts abzulesen ist. § 1 InsVV bestimmt insoweit den Gegenstandswert, § 2 Abs. 1 InsVV stellt die Tabelle zur Bestimmung der Vergütung dar. Da die Vergütung in § 2 Abs. 1 InsVV jedoch in mehreren Stufen degressiv ausgestaltet ist, wird von einer
Staffelvergütung gesprochen, die gleichzeitig die
Regelvergütung des Insolvenzverwalters darstellt.
2 Systematisch etwas misslungen ist die sog. Mehrvergütung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV, die zur Regelvergütung des § 2 Abs. 1 InsVV addiert wird, um zur erhöhten Regelvergütung zu gelangen; diese ist einerseits maßgeblich für die Frage, ob die Regelmindestvergütung gemäß § 2 Abs. 2 InsVV erreicht wird oder eben diese festzusetzen ist, andererseits Basis für die Ermittlung von Zu- bzw. Abschlägen gemäß § 3 InsVV bzw. für die Ermittlung der Auslagenpauschale des § 8 Abs. 3 InsVV.
II. Historie
3 Das Grundprinzip des § 2 InsVV ist seit Einführung der InsVV zum
1.1.19992) unverändert. Durch das Gesetz zur Einführung des Euro in Rechtspflegegesetzen und in Gesetzen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, zur Änderung der Mahnvordruckverordnungen sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 13.12.2001
3) mit Wirkung zum
1.1.20024) wurden die in
Deutsche Mark ausgedrückten Werte in Euro-Werte umgewandelt, wobei fast ausschließlich ein Verhältnis 2:1 Anwendung fand, was eine minimale Reduzierung der Vergütungssätze bedeutete. Einer Übergangsregelung bedurfte es nicht (§ 19 Rz. 13). Eine Besonderheit ergibt sich nur dann, wenn ein Insolvenzverwalter in heutiger Zeit ein vor dem 1.1.2002 eröffnetes Insolvenzverfahren abschließt und – aus welchen Gründen auch immer – erst jetzt seine Vergütung als
vorläufiger Verwalter geltend macht. Die Beendigung der vorläufigen Verwaltung fällt dann in den Zeitraum vor der Währungsumstellung, sodass die Vergütung des vorläufigen Verwalters zunächst vollständig in
Deutsche Mark zu berechnen, jedoch abschließend in Euro festzusetzen ist; dies führt zu einem geringfügigen Vorteil des vorläufigen Verwalters, da nun der tatsächliche Umrechnungskurs von 1,95583 statt des vereinfachten Umrechnungskurses in Höhe von 2,0 zur Anwendung kommt.
4 Mit der Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) vom 4.10.2004
5) trug der Verordnungsgeber dem Umstand Rechnung, dass der BGH die
Mindestvergütung des Insolvenzverwalters
6) in Höhe von 500 € als verfassungswidrig niedrig eingestuft hatte, jedoch erst für Bestellungen ab dem 1.1.2004. Dies führte zu einer Anhebung des Grundwerts der Mindestvergütung in § 2 Abs. 2 Satz 1 InsVV auf 1.000 € sowie zu einer von der Gläubigerzahl abhängigen Anhebung der Mindestvergütung in § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 InsVV für Verfahren, die
seit dem 1.1.2004 eröffnet werden (§ 19 Abs. 1 InsVV).
III. Anspruchsgrundlage und Rechtsnatur
5 Anspruchsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters ist § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO. Gemäß § 65 InsO soll die InsVV diese Vergütung näher regeln. Maßgeblich ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO der Wert der Insolvenzmasse zum Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Dieser Wert wird ermittelt anhand § 1 InsVV. Neben dem Wert der Insolvenzmasse finden sich auch die Begriffe der vergütungsrechtlichen Teilungsmasse oder der Berechnungsgrundlage. Dogmatisch zutreffend dürfte der Begriff Gegenstandswert sein, da das Insolvenzverfahren ein Gerichtsverfahren, die InsO eine Verfahrensordnung und die InsVV einer Gebührenordnung vergleichbar ist. Auf Basis dieses Gegenstandswerts ist anhand der Tabelle des § 2 Abs. 1 InsVV die Regelvergütung zu bestimmen.
6 Insoweit hat § 2 Abs. 1 InsVV lediglich
wertausfüllenden Charakter, wie auch die entsprechenden Anlagen zum GKG oder RVG. Die über §§ 1, 2 Abs. 1 InsVV ermittelte Regelvergütung hat die – über die Prüfung der Tatbestände des § 3 InsVV –
widerlegbare Vermutung der Angemessenheit auf ihrer Seite.
7) Daher ist es für die Anwendung des § 2 InsVV gleichgültig, wie ein sog.
Normalverfahren zu definieren ist; dies gehört in die Kommentierung des § 3 InsVV, da es bei § 2 InsVV im Grundsatz nur zu rechnen, nicht zu werten gilt. Etwas anderes gilt nur im Hinblick auf die Angemessenheit der Mindestvergütung und die Notwendigkeit eines – unabhängig von der konkreten Arbeitsbelastung – erforderlichen Inflationsausgleichs.
IV. Regelvergütung (§ 2 Abs. 1 InsVV)
1. Anwendungsbereich
7 Die Berechnung der Vergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV betrifft zunächst den Insolvenzverwalter. Wegen der Bezugnahme auf dessen Vergütung in § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO gilt die Berechnungsmethode auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter, wenngleich auf Basis einer anderen Berechnungsgrundlage und...