Polizei- und Ordnungsrecht Nordrhein-Westfalen -  Hans-Gerd Pieper

Polizei- und Ordnungsrecht Nordrhein-Westfalen (eBook)

Eine fallbezogene Darstellung
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2017 | 1. Auflage
259 Seiten
Deutscher Gemeindeverlag
978-3-555-01920-8 (ISBN)
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Das Lehrbuch wendet sich in erster Linie an Studierende der Rechtswissenschaften in Nordrhein-Westfalen, ist aber auch geeignet für Rechtsreferendare oder Studierende an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Es stellt, überwiegend fallbezogen, die examensrelevanten Inhalte des Polizei-und Ordnungsrechts in Nordrhein-Westfalen dar und berücksichtigt bevorzugt die Rechtsprechung von nordrhein-westfälischen Gerichten sowie die Beiträge von Professoren. Zahlreiche Aufbauschemata dienen der schnellen Information und Wiederholung.

Hans-Gerd Pieper ist Rechtsanwalt und seit 13 Jahren Lehrbeauftragter für die Fächer Polizei- und Ordnungsrecht an der FHöV des Landes NRW, Abteilung Münster. Zudem war er 20 Jahre lang als Repetitor bei Alpmann und Schmidt tätig. Der Autor verfügt für den Bereich des Öffentlichen Rechts über eine langjährige Autoren- und Herausgebertätigkeit. Er ist Autor zahlreicher Lehrbücher und Aufsätze zum Staatsrecht und besonderen Verwaltungsrecht.

Hans-Gerd Pieper ist Rechtsanwalt und seit 13 Jahren Lehrbeauftragter für die Fächer Polizei- und Ordnungsrecht an der FHöV des Landes NRW, Abteilung Münster. Zudem war er 20 Jahre lang als Repetitor bei Alpmann und Schmidt tätig. Der Autor verfügt für den Bereich des Öffentlichen Rechts über eine langjährige Autoren- und Herausgebertätigkeit. Er ist Autor zahlreicher Lehrbücher und Aufsätze zum Staatsrecht und besonderen Verwaltungsrecht.

2. Abschnitt:Die ordnungsbehördliche Verfügung


14Grundfälle zum allgemeinen POR bei Beaucamp JA 2009, 279; zu typischen Klausurproblemen vgl. Poscher/Rusteberg JuS 2011, 888 (mehrere Teile).

A.Prüfschema: Rechtmäßigkeit einer ordnungsbehördlichen Verfügung


A.Ermächtigungsgrundlage bzw. Befugnisnorm („Vorbehalt des Gesetzes“)

I.  Aus Sonderordnungsrecht; wenn (–)

II.  aus dem OBG

1.  § 24 Nr. 1–13 OBG i. V. m. PolG (sog. Standardermächtigungen); wenn (–)

2.  § 14 Abs. 1 OBG

Beachte: Auch bei den formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen ist im konkreten Fall zunächst zu untersuchen, ob nicht eine Norm des Sonderordnungsrechts einschlägig ist und damit die Anwendbarkeit des OBG verdrängt (Grundsatz der Subsidiarität des OBG zum Sonderordnungsrecht).

B.Formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen („Vorrang des Gesetzes“)

I.  Zuständigkeit

1.  sachlich/instanziell: §§ 5, 3 Abs. 1, 1. Fall OBG

2.  örtlich

a)  § 4 OBG

b)  evtl. ergänzend: § 3 VwVfG NRW

Mögliche Probleme:

–  Zuständigkeit bei störendem Hoheitsträger

–  Selbsteintrittsrecht gemäß § 6 OBG

II.  Form im weiteren Sinne

1.  grds. Schriftform gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 OBG

2.  §§ 37 Abs. 3, 39 Abs. 1 VwVfG NRW

III.  Verfahren

1.  §§ 20, 28 Abs. 1 VwVfG NRW

2.  evtl. Mitwirkung des Bürgers (z. B. Beteiligung gemäß §§ 73, 74 BauO NRW); sog. mitwirkungsbedürftiger VA

3.  evtl. Mitwirkung weiterer Behörden (z. B. Anhörung gemäß § 35 Abs. 4 GewO); sog. mehrstufiger VA

C.Materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen („Vorrang des Gesetzes“)

I.  Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage

1.  Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung betroffen

Mögliches Problem: Vorrang zivilgerichtlichen Rechtsschutzes (§ 1 Abs. 2 PolG analog)

2.  konkrete Gefahr (oder Störung)

–  evtl. engere Gefahrbegriffe, z. B. gegenwärtige Gefahr

–  evtl. subjektive Gefahrbegriffe, z. B. Anscheinsgefahr oder Gefahrenverdacht

II.  Ordnungspflicht bzw. Störereigenschaft des Adressaten

1.  Handlungsstörer gemäß § 17 OBG

2.  Zustandsstörer gemäß § 18 OBG

3.  Nichtstörer oder Notstandspflichtiger gemäß § 19 OBG

Mögliche Probleme:

–  adressatneutraler VA

–  Kausalitätstheorien, Zweckveranlasser

–  Rechtsnachfolge in die Ordnungspflicht

–  Anforderungen an den Verdachts- oder Anscheinsstörer

–  Haftungsreduktion wegen Art. 14 GG bei „Opferposition“

–  Legalisierungswirkung, insbes. von Altgenehmigungen

III.  Zulässige Rechtsfolge

IV.  (Entspricht die behördlich gesetzte Rechtsfolge den) allg. Rechtmäßigkeitsanforderungen?

1.  keine Ermessensfehler; §§ 16, 23 S. 2 OBG

2.  ordnungsgemäße Betätigung des Auswahlermessens bei Störermehrheit; §§ 15, 22, 21 S. 2 OBG

3.  Verhältnismäßigkeit

Mögliche Probleme:

–  Gefahr- oder Störererforschungseingriff

–  Duldung

4.  bei Anlass: Bestimmtheit; § 37 Abs. 1 VwVfG NRW

5.  bei Anlass: Möglichkeit der Handlungspflichterfüllung

B.Ermächtigungsgrundlage


15Grundfälle bei Büscher JA 2010, 719, 791.

I.Definitionen und Abgrenzung


1.Ermächtigungsgrundlagen

16Ermächtigungsgrundlagen sind nur solche Normen, die einem Träger hoheitlicher Gewalt bzw. dessen Behörde ausdrücklich die Befugnis einräumen, unter bestimmten Tatbestandsvoraussetzungen Rechtsfolgen ggü. dem Bürger oder einem anderen Hoheitsträger zu setzen (Befugnisnorm).

Beispiel: § 14 Abs. 1 OBG

Nicht ausreichend sind Zuständigkeitsnormen, Aufgabenzuweisungen oder Verbote.

2.Zuständigkeitsnormen

17Zuständigkeitsnormen (wie z. B. §§ 5 Abs. 1 OBG, 11 Abs. 1 Nr. 1 POG) dienen zunächst nur dazu, bestimmten Behördeninstanzen (z. B. örtliche Ordnungsbehörde – Ordnungsamt –, Kreispolizeibehörde) bestimmte Aufgaben oder die Durchführung bestimmter Gesetze zuzuweisen; eine Eingriffsermächtigung stellen sie nach ganz h. M. nicht dar.

3.Aufgabenzuweisungen

18Gleiches gilt für Aufgabenzuweisungen (wie z. B. §§ 1 Abs. 1 OBG, 1 Abs. 1 S. 1 PolG), welche bestimmte Aufgaben (z. B. Gefahrenabwehr) staatlichen Organen (z. B. „Polizei“) oder Behörden (z. B. „Ordnungsbehörden“) zuweisen.

Umstritten ist dieser rechtliche Befund insbes. im Bereich behördlicher Warnerklärungen vor Jugendsekten oder vor schädlichen Lebensmitteln.42

4.Verbote/Gebote

19Verbote oder Gebote (wie z. B. § 32 Abs. 1 StVO) enthalten ebenfalls keine Befugnis der zuständigen Behörde, bei Nichtbeachtung eine Verfügung ggü. dem Bürger zu erlassen. Die Behörde muss vielmehr eine weitere Ermächtigungsgrundlage (z. B. § 14 Abs. 1 OBG i. V. m. § 32 Abs. 1 StVO) heranziehen, um einen drohenden oder erfolgten Verstoß gegen das Gebot/Verbot zu verhindern (sog. unselbstständige Ordnungsverfügung).

II.Erforderlichkeit einer Ermächtigungsgrundlage; Vorbehalt des Gesetzes


20Ordnungsrechtliche Verfügungen bedeuten regelmäßig einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG oder in besondere Freiheitsrechte, wie z. B. Art. 12 und 14 GG. Damit handelt es sich um grundrechtsrelevante Maßnahmen, die stets den sog. Vorbehalt des Gesetzes auslösen, dogmatisch begründet aus dem jeweils betroffenen Grundrecht und dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG.43

Sofern für eine belastende Ordnungsverfügung eine Ermächtigungsgrundlage fehlt oder unwirksam ist wegen Verfassungswidrigkeit,44 ist der entsprechende VA schon deshalb materiell rechtswidrig wegen Verletzung des konkret betroffenen Grundrechts und wegen Verstoßes gegen Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip).

Unwirksamkeit kann insbes. dann vorliegen, wenn die vorhandene Ermächtigungsgrundlage nicht hinreichend bestimmt ist in Ansehung der Beeinträchtigung beim -Adressaten und des Rangs des jeweiligen Grundrechts. Dies ist insbes. problematisch bei Heranziehung der Generalklausel (§§ 14 Abs. 1 OBG, 8 Abs. 1 PolG) für Eingriffe in die Berufsfreiheit,45 in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG46 oder in sonstige besondere Freiheitsgrundrechte.47

III.Normenhierarchie; Subsidiarität


1.„Sonderordnungsrecht vor allgemeinem Ordnungsrecht“; § 14 Abs. 2 OBG48

21Wegen des Grundsatzes der Subsidiarität des OBG zum Sonderordnungsrecht ist zunächst im konkreten Fall zu prüfen, ob nicht das Sonderordnungsrecht des Bundes (z. B. § 35 Abs. 1 GewO) oder das Sonderordnungsrecht des Landes NRW (z. B. § 15 LImSchG) die erforderliche Ermächtigungsgrundlage gibt.

2.„Standardermächtigung vor Generalklausel“49

22Sofern das nicht der Fall ist, darf nicht direkt § 14 Abs. 1 OBG als ordnungsrechtliche Generalklausel herangezogen werden, sondern es muss zunächst untersucht werden, ob im konkreten Fall nicht sog. Standardermächtigungen nach dem PolG i. V. m. § 24 OBG einschlägig sind (Subsidiarität der ordnungsrechtlichen Generalklausel zu Standardermächtigungen).50

IV.Anwendbarkeit der Generalklausel bei atypischen, aber grundrechtsintensiven Eingriffsmaßnahmen?


23Unklar und umstritten sind die Voraussetzungen, unter denen auch intensive Grundrechtseingriffe auf die Generalklausel gestützt werden können.

Beispiele: Glasverbot im Straßenkarneval,51 Meldeauflage an potenzielle Straftäter,52 Standortbestimmung eines Handys zur Verhinderung eines Selbstmordes,53 landesrechtlich nicht geregelte körperliche Untersuchung zur Gefahrenabwehr54

24–  Nach einer Auffassung (Meinung 1) sind Eingriffsmaßnahmen mit besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriffen, insbes. in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, gestützt auf die ordnungs- oder polizeirechtlichen Generalklauseln...

Erscheint lt. Verlag 28.6.2017
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Öffentliches Recht Besonderes Verwaltungsrecht
Schlagworte Besonderes Verwaltungsrecht • Gefahrenabwehrrecht • Öffentliches Recht • Ordnungsrecht • Polizeirecht
ISBN-10 3-555-01920-1 / 3555019201
ISBN-13 978-3-555-01920-8 / 9783555019208
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