Bundeskanzlerermessen im Verfassungsstaat. -  Christian Tobias Roth

Bundeskanzlerermessen im Verfassungsstaat. (eBook)

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2009 | 1. Auflage
252 Seiten
Duncker & Humblot GmbH (Verlag)
978-3-428-52953-7 (ISBN)
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'Ermessen' ist ein Rechtsbegriff, dessen Herkunft und primäres Anwendungsgebiet im Verwaltungsrecht liegt. Das Bundesverfassungsgericht verwendet den Terminus in einigen bedeutenden Urteilen, um seine Nachprüfungskompetenz gegenüber den staatsleitenden Regierungsorganen abzugrenzen. Diese Begriffsübertragung markiert eine besondere Schnittstelle zwischen Verwaltungs- und Verfassungsrecht, die es zu hinterfragen gilt: Ob und unter welchen Voraussetzungen eignet sich Ermessen zur Erfassung von Entscheidungsspielräumen der Bundesregierung und des Bundeskanzlers? Und wie verhält sich ein 'Bundeskanzlerermessen' zu der Vielzahl anderer Begriffe - Gestaltungsspielraum, Einschätzungsprärogative oder Beurteilungsspielraum -, welche die Grenzen der Rechtsbindung von Verfassungsorganen umschreiben? Christian Tobias Roth untersucht zunächst verschiedene Formen von Injustiziabilität im Regierungsbereich und grenzt sie gegenüber dem Ermessen ab. Eine Auswertung höchstrichterlicher Urteile erschließt sodann die Funktion und den abstrakten Bedeutungsgehalt der in der Rechtsprechung anzutreffenden Begriffe. Ausgehend vom Verwaltungsrecht erörtert der Autor die Struktur von Ermessen und identifiziert es als eine von Normenhierarchie und Entscheidungsträger unabhängige Beschränkung richterlicher Kontrolle. Dieser Befund erlaubt nicht nur seine Transformation in das Verfassungsrecht; verfassungsrechtlich erscheint sie sogar geboten. Ermessen kann hier dazu beitragen, die Sphären des Rechts und der Politik in weiten Teilen kommensurabel zu gestalten. Gleichwohl verbietet sich eine Gleichsetzung mit einer lediglich durch den Verfassungsrahmen negativ begrenzten politischen Gestaltungsfreiheit. Am Beispiel der Art. 64, 65 und 68 GG untersucht der Autor die verschiedenen Entscheidungskategorien anhand konkreter Normen und praktisch relevanter Konstellationen. Die Frage nach einem gubernativen oder einem 'Bundeskanzlerermessen' ist zugleich die Frage nach den Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit. Sie wird im letzten Kapitel unter Einbeziehung der gewonnenen Erkenntnisse beleuchtet.

Vorwort 8
Inhaltsverzeichnis 10
A. Einleitung 16
B. Historische Einordnung und inhaltliche Abgrenzung politischen Ermessens 20
I. Die Theorien von den Regierungsakten und politisches Ermessen aus historischer Perspektive 20
II. Faktische und prozessuale Injustiziabilitäten Abgrenzung zum Ermessen 27
1. Unterlassen einer Klage aus politischen Gründen 28
2. Verfahrensrechtliche Injustiziabilität 28
a) § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO 28
b) Art. 93 Abs. 1 GG 30
c) Gesetzliche Ausnahmen 32
III. Ausschluss des Rechtswegs und Ausgestaltung der Rechtsbindung 33
C. Gubernative Entscheidungsspielräume in der Rechtsprechung 35
I. Einteilung nach Sachbereichen 36
II. Einteilung nach Entscheidungsspielräumen 38
1. Politisches Ermessen 38
a) Außenpolitischer Initiativbereich der Regierung 38
b) Verteidigungspolitik 39
c) Verfassungsrechtliche Gebote 40
d) Verfassungsrechtliche Schutzpflichten 40
e) Staatsorganisationsrecht 41
f) Ergebnis 42
2. Gestaltungsspielraum 43
3. Einschätzungsprärogative 44
a) Außen- und Verteidigungspolitik 44
b) Risikoentscheidungen im innenpolitischen Bereich 45
c) Ergebnis 46
4. Beurteilungsspielraum 47
III. Typisierung der Entscheidungsspielräume 48
IV. Entscheidungsäquivalenz zwischen Legislative und Gubernative 51
V. Entscheidungsspielräume als objektiv-rechtliche Kompetenzgrenzen 52
VI. Kontrollmaßstäbe und Kontrolldichte 52
1. Rechtsbindung der politischen Organe 52
2. Rechtsbindung der Judikative 53
3. Politische Kontrolle als Surrogat gerichtlicher Kontrolle 57
VII. Ergebnis 58
D. Ermessen im Allgemeinen Verwaltungsrecht 59
I. Verfassungsrechtliche Fragen des Ermessens 59
II. Voraussetzungen und Inhalt des Ermessens 60
III. Rechtliche Bindungen der Ermessensentscheidung 62
IV. Folgerungen für die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen 64
V. Ansätze und Kritik einer Kategorisierung administrativer Letztentscheidungsrechte 66
1. Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff 66
2. Weitere Kategorisierungsansätze 69
a) Planungsermessen 69
b) Gestaltende Verwaltung 71
3. Einheitstheorien 73
VI. Zugrunde gelegte verwaltungsrechtliche Begriffsbedeutungen 74
1. Beurteilungsspielraum 74
2. Ermessen 75
3. Gestaltungsfreiheit 75
E. Verwaltungsrechtliche Entscheidungskategorien im Verfassungsrecht? 76
I. Übertragbarkeit des Ermessensbegriffs 76
1. Kritik und Ablehnung einer Begriffsübertragung 76
2. Anerkennung des Ermessens als verfassungsrechtliche Entscheidungsform 78
3. Politisches Ermessen als Unterfall eines einheitlichen Ermessensbegriffs 81
II. Voraussetzungen und Grenzen einer Begriffsübertragung 83
1. Die Stufentheorie des Rechts und ihre Rezeption in der zeitgenössischen Rechtswissenschaft 83
2. Differenzierende Konzeptionen 87
a) Freie und gebundene Staatstätigkeit 88
b) Diskussion unter Geltung des Grundgesetzes 90
c) Entscheidungskategorien nach den differenzierenden Ansätzen 92
F. Systematisierung öffentlich-rechtlicher Entscheidungsspielräume am Beispiel der Regierung 96
I. Unterscheidung zwischen Entscheidungsspielräumen und Organfunktion 96
II. Rechtsbindung der Regierung 97
III. Die Verfassung des Grundgesetzes als Rahmenordnung 98
IV. Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Determination staatlicher Entscheidungen 102
1. Differenzierung zwischen formellen und materiellen Maßstäben 102
2. Materiell-rechtliche Doppelfunktion der Verfassung 103
3. Folgerungen für das Verhältnis von Recht und Politik 106
V. Korrelation der Entscheidungsstruktur mit der Qualität der Rechtsbindung 108
1. Abgrenzung und Exklusivität zwischen Vollzug und Zwecksetzung 109
2. Relativierung der Abgrenzung unter dem Aspekt der Allgemeinwohlverpflichtung? 114
3. Zuordnung des Ermessens nach den entwickelten Kriterien 116
VI. Ergebnis: Abgrenzung zwischen Gestaltungsfreiheit und Ermessen 117
VII. Voraussetzungen und Erscheinungsformen von Gestaltungsfreiheit 118
1. Legislative und gubernative Gestaltungsfreiheit 118
2. Der Vorbehalt des Gesetzes und seine Grenzen 120
3. Grenzen des parlamentarischen Zugriffsrechts 122
4. Strukturelle Äquivalenz legislativer und gubernativer Entscheidungen 125
5. Administrative Gestaltungsfreiheit? 129
G. Verfassungsrechtliche Determination gubernativer Entscheidungen 133
I. Normspezifische Betrachtung 133
1. Art. 64 Abs. 1 GG 133
a) Materielles Kabinettsbildungsrecht 133
aa) Mitsprache des Bundespräsidenten bei der Ministerernennung? 133
(1) Rechtliches Prüfungsrecht 134
(2) Politisches Prüfungsrecht 134
bb) Umfang des rechtlichen Prüfungsrechts 138
(1) Wählbarkeits- und Inkompatibilitätsvorschriften 139
(2) Verfassungstreue des Kandidaten? 139
(3) Keine Geltung des Art. 33 Abs. 2 GG 140
cc) Politisches Ermessen 141
dd) Entlassung 142
b) Organisationsgewalt 144
c) Politische Grenzen bei Kabinettsbildung und Kabinettsorganisation 147
2. Art. 65 GG 148
a) Richtlinienkompetenz 148
aa) Tatbestandsmerkmal „Richtlinien“ 149
bb) Beurteilungsspielraum 150
cc) Richtlinienkompetenz und Ressortprinzip 151
dd) Richtlinienkompetenz und Kabinettsprinzip 152
ee) Politische Funktion der Richtlinienkompetenz 154
ff) Politische Grenzen der Richtlinienkompetenz 155
b) Regelungsgegenstand der Richtlinienkompetenz 157
aa) Politik und Staatsleitung 157
bb) Regierungskompetenz zur Staatsleitung 158
cc) Spezielle und allgemeine Regierungskompetenz zur Staatsleitung 159
dd) Anwendungsbereich des Art. 65 GG 161
c) Ergebnis: Entscheidungsstruktur staatsleitender Entscheidungen 162
aa) Richtlinienermessen 162
bb) Gestaltungsfreiheit 162
3. Art. 68 GG 164
a) Normativer Gehalt des Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG 164
aa) Wortlaut 165
bb) Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG als reine Verfahrensvorschrift? 167
cc) Anerkennung eines materiellen Tatbestandsmerkmals in Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG 169
(1) Entstehungsgeschichte 169
(2) Systematik 171
(3) Teleologie 173
b) Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 174
aa) Bindung an den Normzweck 174
bb) Anforderungen an eine materielle Auflösungslage 176
cc) Kontrollrechtliche Probleme und Kritik 176
c) Die Stellung des Bundespräsidenten im Auflösungsverfahren 178
d) Konkretisierung der erforderlichen Krisenlage 180
e) Ergebnis 183
II. Grundgesetzliche Systematik 183
1. Grundrechte 184
2. Staatsziele 184
3. Grundrechtliche Schutzpflichten 185
4. Spezialfall: Auslandsschutz 187
5. Ergebnis 189
H. Politische Entscheidungsspielräume als Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit 190
I. Das Bundesverfassungsgericht als Gericht 190
II. Die politischen Organe 192
III. Folgerungen für das Verhältnis zwischen Judikative und Politik 192
IV. Kontrollmaßstab, Kontrolldichte und Kontrollkompetenz 195
V. Fehlender Kontrollmaßstab für die politische Zweckmäßigkeit 197
VI. Die politische Funktion der Verfassungsgerichtsbarkeit 198
VII. Versuch einer Kompetenzabgrenzung 201
1. Kombination materiell-rechtlicher und funktionell-rechtlicher Kriterien 201
2. Verpflichtung auf eine juristische Methode 203
3. Konkretisierungskompetenz der politischen Organe 205
4. Ergebnis 211
VIII. Reichweite der Nachprüfung 212
1. Formelle Rechtmäßigkeitsprüfung 212
2. Tatsachenfeststellung/Einschätzungsprärogative 212
3. Politisches Ermessen 214
4. Gestaltungsfreiheit 215
I. Schluss 216
Literaturverzeichnis 220
Sachwortverzeichnis 247

Erscheint lt. Verlag 8.5.2009
Reihe/Serie Schriften zum Öffentlichen Recht
Zusatzinfo 252 S.
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Öffentliches Recht Verfassungsrecht
Recht / Steuern Öffentliches Recht Verwaltungsverfahrensrecht
Schlagworte Gubernatives Ermessen • Politische Entscheidungsfreiheit • Verfassungsgerichtliche Nachprüfungskompetenz
ISBN-10 3-428-52953-7 / 3428529537
ISBN-13 978-3-428-52953-7 / 9783428529537
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