Vertragsfreiheit und Diskriminierung. -  Ansgar Hense

Vertragsfreiheit und Diskriminierung. (eBook)

Hrsg. von Josef Isensee.

(Autor)

Josef Isensee (Herausgeber)

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2010 | 1. Auflage
274 Seiten
Duncker & Humblot GmbH (Verlag)
978-3-428-52113-5 (ISBN)
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Vertragsfreiheit enthält auch Freiheit zur Diskriminierung. Sie entbindet legitime Willkür. Der Private entscheidet autonom, ob, mit wem und unter welchen Bedingungen er eine vertragliche Beziehung knüpft. Diese Freiheit kommt jedermann in gleichem rechtlichen Maße zu. Doch deren Ausübung erfolgt unter den Bedingungen einer ungleichen gesellschaftlichen Realität, so daß die gleiche rechtliche Freiheit sich in ungleiche soziale Macht verwandeln kann. Von jeher streben Moral und Recht danach, dem Mißbrauch der Vertragsfreiheit zu wehren. Insbesondere bemüht sich der Sozialstaat, ein soziales Machtgefälle durch rechtliche Vorkehrungen zu kompensieren und den sozial Schwächeren zu schützen durch Beschränkung der Vertragsfreiheit seines sozial überlegenen Partners. Die staatliche Regulierung der Vertragsfreiheit hat neuartige Intensität erlangt durch die Antidiskriminierungsgesetzgebung. Der Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung sowie der Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr schaffen ein umfangreiches Repertoire an Beschwerde- und Klagebefugnissen, Denunziationsmöglichkeiten, Überwachungsmaßnahmen und Sanktionen. Die Vertragsfreiheit steht nunmehr unter Sozialstaatskuratel. Unter der Geltung des Grundgesetzes hat bisher kein anderes Gesetz so umfassend den grundrechtlichen Freiraum beschränkt wie das vorliegende Antidiskriminierungsgesetz, keines so kräftig am Fundament der Privatrechtsgesellschaft und der Marktwirtschaft gerüttelt. Das vorliegende Gemeinschaftswerk widmet sich dem Problem der Diskriminierungsverbote, wie sie aufgrund des Gesetzes aus dem Jahre 2006 bestehen, aus mehreren rechtlichen Perspektiven: der des Zivilrechts und des Arbeitsrechts, des Staatskirchenrechts und des Verfassungsrechts, zumal der Grundrechte.

Vorwort des Herausgebers 8
Inhalt 10
Tilman Repgen: Antidiskriminierung – die Totenglocke des Privatrechts läutet 12
Inhalt 12
Einleitung 14
A. Das Antidiskriminierungsprogramm 20
I. Die relevanten Richtlinien 20
II. Begriff und Regelungsbereich von „Diskriminierung“ 24
III. Kritik am Diskriminierungsbegriff 28
IV. Betroffene Grundrechte und Sanktionensystem 34
1. Rechtsgrundlage der Vertragsfreiheit? 35
2. Schadensersatz als Sanktion 37
3. Beweislastumkehr als Sanktion 38
4. Eingriff in die Privatautonomie 40
a) Wahlfreiheit 41
b) Beweislast 42
V. Zusammenfassung 45
B. Ausprägungen des Privatrechtsgedankens in der Geschichte einschließlich des europäischen Gemeinschaftsrechts 46
I. Privatautonomie als Kern der Privatrechtsidee 46
II. Vertragsfreiheit nur im ungebundenen Privatrecht möglich? 50
III. Vertragsfreiheit im römischen Recht 53
IV. Kanonisches Recht im Mittelalter 56
V. Deutsche Rechtstradition 57
1. Hamburgisches Stadtrecht 59
2. Sachsenspiegel 60
VI. Naturrechtskodifikationen 61
1. ALR 61
2. Code civil 62
3. ABGB und BayEntwurf 1811 62
VII. Das Menschenbild des BGB – die Prinzipien von Freiheit und Verantwortung 63
VIII. Gemeinschaftsrecht 67
IX. Die Principles of European Contract Law und der Zweck des Privatrechts 68
C. Antidiskriminierung als Schranke der Privatautonomie? 70
I. Vier Strategien der Begrenzung der Privatautonomie 71
II. Freiheitsbegrenzung im Bürgerlichen Gesetzbuch 74
III. Antidiskriminierung – eine objektive Schranke? 75
IV. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Schrankenschranke 77
1. Die Ziele des Antidiskriminierungsprogramms 78
2. Überprüfung der Verhältnismäßigkeit bezüglich der Zielsetzungen 80
a) Volkserziehung – Antidiskriminierung kein geeignetes Mittel 80
b) Gerechtere Güterverteilung – Antidiskriminierung kein geeignetes Mittel 81
c) Schutz der Personwürde – Die (Un-)Notwendigkeit eines Antidiskriminierungsprogramms oder die bisherige Reaktion auf Diskriminierungen 83
V. Ergebnis 94
D. Schluß 94
Thomas Lobinger: Vertragsfreiheit und Diskriminierungsverbote. Privatautonomie im modernen Zivil- und Arbeitsrecht 100
Inhalt 100
A. Die Problematik rechtlicher Antidiskriminierungsprogramme 103
I. Privatautonomie und Vertragsfreiheit als Konstituenzien moderner Privatrechtsordnungen 103
1. Der Wesensgehalt von Privatautonomie und Vertragsfreiheit 103
2. Die vor- und außerrechtliche Basis freiheitsverbürgender Privatrechtsordnungen 105
a) Die Humanität freiheitsverbürgender Privatrechtsordnungen 105
b) Die ökonomische Erfolgsträchtigkeit freiheitsverbürgender Privatrechtsordnungen 106
c) Das Problem der Verteilungsgerechtigkeit 110
3. Die positivrechtliche Gewährleistung von Privatautonomie und Vertragsfreiheit im deutschen und europäischen Recht 111
II. Diskriminierungsverbote als Freiheitsbeschränkung 113
1. Der Wesensgehalt von Diskriminierungsverboten 113
2. Der Gleichheitssatz als normativer Ausgangs- und Anknüpfungspunkt von Diskriminierungsverboten 114
3. „Antidiskriminierung“ als Schlagwort heterogener rechtlicher und rechtspolitischer Programme 120
a) Integritätsschützende Diskriminierungsverbote 120
b) Verteilungs- und integrationspolitisch motivierte Diskriminierungsverbote 122
c) Sozial- und moralpädagogisch motivierte Diskriminierungsverbote 123
III. Die Aktualität der Problematik vor dem Hintergrund der jüngsten deutschen und europäischen Antidiskriminierungsgesetzgebung 126
1. Der wesentliche Inhalt der Richtlinien 126
a) Der Stand der europäischen und der nationalen Gesetzgebung 126
b) Die wichtigsten Vorgaben für das allgemeine Zivilrecht 128
c) Die wichtigsten Vorgaben für das Arbeitsrecht 132
2. Die überschießende Richtlinienumsetzung in Deutschland 137
3. Das gescheiterte Programm einer sog. 1:1-Umsetzung 140
B. Systembedingungen für eine konsistente Antidiskriminierungsgesetzgebung im Zivil- und Arbeitsrecht 142
I. Integritätsschützende Diskriminierungsverbote 142
1. Die grundsätzliche Systemverträglichkeit integritätsschützender Diskriminierungsverbote 142
2. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung als verbotenes Verhalten 143
3. Die mangelhafte Umsetzung der integritätsschützenden Antidiskriminierungsprogrammatik durch die Richtlinien und das deutsche AGG 144
a) Die defizitäre Auswahl verbotener Unterscheidungsmerkmale 144
b) Die defizitäre Auswahl verbotener Diskriminierungshandlungen 146
c) Die Beweislastregelung als schutzzielüberschreitende Pauschalierung 148
II. Verteilungs- und integrationspolitisch motivierte Diskriminierungsverbote 152
1. Die grundsätzliche Systemwidrigkeit zivilrechtlicher Diskriminierungsverbote mit verteilungs- und integrationspolitischer Zielsetzung 152
2. Die allgemeinen Systembedingungen einer zulässigen verteilungs- und integrationspolitischen Inanspruchnahme Privater 155
a) Verteilungs- und integrationspolitisch motivierte Diskriminierungsverbote als abgabeähnliche Belastung 155
b) Der rechtliche Bewertungsmaßstab für die Zulässigkeit entsprechender Belastungen 155
c) Verteilungs- und integrationspolitisch motivierte Diskriminierungsverbote als grundsätzlich unzulässige Sonderopfer 157
3. Arbeitsrechtliche Sonderlagen 160
III. Sozial- und moralpädagogisch motivierte Diskriminierungsverbote 165
1. Die Unvereinbarkeit sozial- und moralpädagogisch motivierter Diskriminierungsverbote mit den Grundlagen einer freiheitlichen Ordnung 165
2. Das Fehlen besonderer Rechtfertigungsmöglichkeiten 166
3. Die Ungeeignetheit und Willkürlichkeit speziell der aktuellen „Erziehungsprogramme“ 167
C. Konsequenzen 168
I. Die Notwendigkeit einer umfassenden rechtlichen Überprüfung der Richtlinien 168
II. Die primärrechtliche Relevanz der aufgezeigten Systembedingungen für eine zivilrechtliche Antidiskriminierungsgesetzgebung 171
III. Die wichtigsten Folgerungen im einzelnen 173
1. Die alleinige Maßgeblichkeit der integritätsschutzrechtlichen Programmatik als Ausgangspunkt 173
2. Die Konsequenzen für die Lesart der Diskriminierungsverbote 173
3. Die Konsequenzen für die Sanktionsregelungen 175
D. Schlußbetrachtung 176
Thesenartige Zusammenfassung 179
Ansgar Hense: Kirche und Diskriminierungsverbot 182
Inhalt 182
A. Ausgangspunkt: das europäische Antidiskriminierungsrecht 183
B. Das arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbot 187
I. Die Leitlinien des kirchlichen Arbeitsrechts nach deutschem Staatskirchenrecht 187
1. Leitbild: christliche Dienstgemeinschaft / Loyalitätsobliegenheiten, -pflichten 187
2. Rechtliche Schranken kirchlichen Arbeitsrechts 194
II. Zwischenfazit: Dienstgemeinschaft und nicht nur Tendenzschutz 197
C. Die Kirchen und das europäische arbeitsrechtliche Benachteiligungsverbot 199
I. Europarechtliche Vorgaben: Primärrechtliche „Wurzelnorm“ Art. 13 EGV und das arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbot nach der Richtlinie 2000/78/EG 199
II. Die europarechtliche Invasion in das deutsche Kirchenarbeitsrecht – Gefährdungslagen durch die Richtlinie 2000/78/EG im Überblick 200
III. Grund und Grenzen einer europarechtlichen Korrektur der schneidigen Diskriminierungsverbote 202
1. Die Ausnahmebestimmung des Art. 4 Abs. 2 RiLi 2000/78/EG und ihre Genese 203
2. Europarechtliche Absicherung der Kirchenautonomie 205
a) Kollektive Religionsfreiheit – kirchliches Selbstbestimmungsrecht? 206
b) Kirchenerklärung von Amsterdam 210
3. Rechtliche Bedeutung des Erwägungsgrundes Nr. 24 zur Richtlinie 2000/78/EG? 212
IV. Auswirkungen der Differenzierungsoption nach Art. 4 Abs. 2 RiLi 2000/78/EG 217
1. Kirchenzugehörigkeit als Einstellungsvoraussetzung 218
2. Kirchliche Berechtigung zur Festlegung von Verhaltensanforderungen 222
3. Die Diskriminierung aus anderen Gründen und das kirchliche Arbeitsrecht 223
a) Benachteiligung wegen der Religion und andere Diskriminierungstatbestände 224
b) Loyalitätsobliegenheiten und die Bestimmungen der Richtlinie 2000/78/EG im übrigen 227
4. Zwischenrésumé: Europarechtlicher Mindeststandard durch Richtlinie 2000/78/EG? 229
V. Starre Kontinuität: Vom § 9 ADG-E 2005 zum § 9 AGG 229
D. Kirche und zivilrechtliches Benachteiligungsverbot nach §§ 19, 20 AGG: eine überobligationsmäßige Richtlinienumsetzung? 233
E. Ausblick 238
Josef Isensee: Nachwort - Privatautonomie: Freiheit zur Diskriminierung? – Verfassungsrechtliche Vorgaben 240
Inhalt 240
I. Vertragsfreiheit in Turbulenzen 241
1. Gesetz wider Diskriminierung 241
2. Rekurs auf die Verfassung 245
II. Grundrechtliche Gewähr der Vertragsfreiheit 246
1. Textbefund 246
2. Negative Freiheit 250
3. Gleiches Freiheitsrecht – ungleiches Machtverhältnis 254
4. Vertragsfreiheit nach Maßgabe des Privatrechts und Vorrang der Verfassung 256
5. Bindung der Privatautonomie an die Grundrechte 260
III. Inhaltskontrolle von Verträgen 263
1. Gestörte Parität 263
2. Grundrechtseingriff unter Gesetzesvorbehalt 266
3. Keine grundrechtliche Schutzpflicht 267
4. Unbegrenzte Abwägung 270
IV. Gleichbehandlungspflicht als Freiheitseingriff 271
V. Zug zum Totalitären 274

Erscheint lt. Verlag 9.9.2010
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Allgemeines / Lexika
Recht / Steuern Arbeits- / Sozialrecht Arbeitsrecht
Recht / Steuern Öffentliches Recht Verfassungsrecht
ISBN-10 3-428-52113-7 / 3428521137
ISBN-13 978-3-428-52113-5 / 9783428521135
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