Kriminalpolitik (eBook)

Hans-Jürgen Lange (Herausgeber)

eBook Download: PDF
2008 | 2008
VII, 465 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-90894-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kriminalpolitik -
Systemvoraussetzungen
60,23 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die Beiträge des Buches bieten eine umfassende Darstellung der historischen, theoretischen und empirischen Forschung zur Kriminalpolitik. Aus interdisziplinärer Sicht werden die Entwicklungsmuster und die Ausdifferenzierung der Kriminalpolitik innerhalb des gesellschaftlichen und politischen Systems herausgearbeitet.

Dr. Hans-Jürgen Lange ist apl. Professor für Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg und Wiss. Direktor des Rhein-Ruhr-Instituts für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) an der Universität Duisburg-Essen.

Dr. Hans-Jürgen Lange ist apl. Professor für Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg und Wiss. Direktor des Rhein-Ruhr-Instituts für Sozialforschung und Politikberatung (RISP) an der Universität Duisburg-Essen.

Inhalt 6
Einleitung 10
I Kriminalpolitik in Deutschland 1871- 1945 15
1 Kriminalpolitik im Kaiserreich 16
1.1 Der Schulenstreit, Gesellschaftsschutz und die Genese eines spezialpräventiven kriminalpolitischen Programms 16
1.2 Verbrechertypologien als Kriminalpolitik 18
1.3 Entwicklungslinien der Jugend-Kriminalpolitik in der Zeit des Kaiserreiches 19
1.4 Polizeipolitik als Kriminalpolitik 21
Literatur 24
2 Kriminalpolitik in der Weimarer Republik 26
2.1 Strafrechtsreform als Kriminalpolitik 27
2.2 Entpönalisierung als Kriminalpolitik: Die Anwendung von Geldstrafen 29
2.3 Der „Erziehungsvorrang“ in der (Jugend-) Kriminalpolitik: Das Jugendgerichtsgesetz vom 6. Februar 1923 29
2.4 Die Diskussion um die Sicherungsverwahrung als spezialpräventive kriminalpolitische Strategie 30
2.5 Polizeipolitik als Kriminalpolitik: Die gescheiterte Einrichtung eines Reichskriminalpolizeiamtes 34
Literatur 36
3 Kriminalpolitik im NS-System 38
3.1 Herausbildung und Entwicklung der NS-Kriminalpolitik 38
3.2 Politisch-institutionelle Zuständigkeiten 40
3.3 Entscheidungsrelevante Akteure und Leitideen 42
3.4 Grundzüge der kriminalpolitischen Strategien 45
3.5 Verbrechens- und Kriminalitätsbegriff 50
3.6 Kriminalpolitik und Grundrechte 51
3.7 Die NS-Kriminalpolitik als historisches Modell 53
Literatur 54
II Kriminalpolitik in der Nachkriegszeit 58
4 Kriminalpolitische Vorgaben der alliierten Besatzungsmächte 60
4.1 Alliierte Besatzungsplanungen zu Strafjustiz und Polizei in Deutschland 60
4.2 Eingriffe in das deutsche Strafrecht 63
4.3 Vorgaben für Organisation und Personal der Strafverfolgungsbehörden 66
4.4 Vorgaben für die Befugnisse der Polizei 73
Literatur 76
III Kriminalpolitik in der DDR 80
5 Kriminalpolitik im institutionellen System der DDR 82
5.1 Gab es eine „Kriminalpolitik“ in der DDR? 82
5.2 Kriminalisierungstendenzen in der DDR 85
5.3 „Sozialistische Strafrechtspflege“ 91
Literatur 96
IV Kriminalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland 102
6 Kriminalpolitik im institutionellen System der Bundesrepublik Deutschland 104
6.1 Dimensionen des Politikfeldes „Kriminalpolitik“ 105
6.2 Formale Struktur der Kriminalpolitik im politischen System 108
6.3 Kriminalpolitische Diskurse im institutionellen System 114
6.4 Besonderheiten der Kriminalpolitik 119
Literatur 120
7 Problemdefinition und Agendagestaltung in der Kriminalpolitik 122
7.1 Problemdefinition und Agendagestaltung – Vorbemerkungen zum analytischen Rahmen 123
7.2 Anknüpfungspunkte der Problemwahrnehmung und der Agendagestaltung 124
7.3. Akteure der Agendagestaltung 129
7.4 Agendagestaltung und die Rationalität von Kriminalpolitik 134
Literatur 135
8 Formulierung, Implementation und Evaluierung von kriminalpolitischen Programmen 138
8.1 Kriminalpolitik als politischer Prozess 138
8.2 Neue Steuerungsmodelle bei der Polizei 141
8.3 Politikformulierung 143
8.4 Implementation 146
8.5 Politikevaluierung 150
8.6 Die Frage der Wirkung und die der Demokratie 153
Literatur 154
9 Organisierte Kriminalität 156
9.1 OK in verschiedenen Bezugssystemen 157
9.2 OK und OK-Wirklichkeiten 167
9.3 OK: Alternativen 170
Literatur 172
10 Rauschgiftkriminalität 174
10.1 Entwicklung der Rauschgiftkriminalität 174
10.2 Die Konsumenten 176
10.3 Drogenhandel und organisierte Kriminalität 185
Literatur 190
11 Wirtschaftskriminalität 192
11.1 Zum Programm „Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität“ 192
11.2 Die Forschungsaktivitäten zum Thema „Wirtschaftskriminalität“ 196
11.3 Wirkungsanalyse des Programms „Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität“ – oder was blieb? 207
Literatur 210
12 Umweltkriminalität 218
12.1 Definition von Umweltkriminalität 218
12.2 Die Rolle der Polizei 220
12.3 Die Bayerische Naturschutzwacht 220
12.4 Die Naturschutzwacht im Kampf gegen Umweltsünder 227
Literatur 229
13 Null-Toleranz 232
13.1 Die USA als Vorbild? 233
13.2 Die Kriminalität in den USA 234
13.3 Das „Wunder“ von New York 235
13.4 Community Policing statt Zero Tolerance 238
13.5 Erklärungsversuche des Kriminalitätsrückganges 239
13.6 Konsequentes Personalmanagement 241
13.7 Broken Windows 242
13.8 Null Toleranz – für Scharfmacher 246
13.9 Grundrecht „Sicherheit“? 247
Literatur 249
14 Kriminalprävention 252
14.1 Begriff 252
14.2 Zielsetzung 253
14.3 Technoprävention 254
14.4 Polizei und Prävention 255
14.5 „Repressive Prävention“ 256
14.6 Kommunale Kriminalprävention 257
14.7 Opferforschung, Signale der Unsicherheit und Prävention 259
14.8 Lokale Sicherheitsdiagnose, Kriminalitätslagebilder, regionale Kriminalitätsanalysen 263
Literatur 266
15 Kriminalpolitik und neue Kommunikationstechniken – politikfeldanalytische Betrachtungen 270
15.1 Internetnutzung und Kriminalpolitik unter politikfeldanalytischen Gesichtspunkten 271
15.2 Charakteristika der neuen Kommunikationstechniken 273
15.3 Auswirkungen des Internets auf kriminalpolitische Aushandlungsprozesse 278
Literatur 287
16 Kriminalpolitik und Entwicklung der Einsatztechniken in der Polizei 290
16.1 Einsatztechniken als Gegenstand der Kriminalpolitik 290
16.2 Entwicklung der Technik bei der Polizei 291
16.3 Aktuelle Tendenzen - Das Beispiel DNA-Analyse 296
16.4 Kriminalpolitik und Einsatztechnik 303
Literatur 304
17 Kriminalpolitik und Strafrecht 308
17.1 Verfassungsrechtliche Grundlagen staatlichen Strafens 309
17.2 Kriminalpolitik und Strafgesetz 310
17.3 Das Strafrecht der Risikogesellschaft – Umwelt- und Wirtschaftsstrafrecht als Beispiele moderner Strafgesetzgebung 317
Literatur 323
18 Entkriminalisierung und alternative Sanktionen 326
18.1 Zwei Begriffe von Entkriminalisierung 326
18.2 Alternative Sanktionen 335
Literatur 340
19 Der Bürger als kriminalpolitischer Akteur: Politische Anstrengungen zur Vergemeinschaftung der Verantwortung für Sicherheit und Ordnung 344
19.1 „Kriminogene Unordnung“ – Anmerkungen zum inhaltlichen Wandel der Politik der Inneren Sicherheit 345
19.2 Wandel der Politik der Inneren Sicherheit auf der Ebene der beteiligten Akteure 348
19.3 Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit und Responsibilisierung in der Großstadt: das Beispiel Köln 353
Literatur 357
20 Kriminalpolitik und Privatisierung öffentlicher Räume 362
20.1 Raumgreifender Neoliberalismus – Privatisierung öffentlicher Räume 362
20.2 Neoliberale Globalisierung und Privatisierung öffentlichen Raums 366
20.3 (Innerstädtische) Einkaufszentren, Shopping Malls und Bahnhöfe 370
20.4 Business Improvement Districts 373
Literatur 380
21 Europäisierung der Kriminalpolitik 388
21.1 Der Nationalstaat in der supranationalen Umorientierung 388
21.2 Jeder für sich und alle für das Gleiche? 390
21.3 Die Integrationsmechanismen in der Kriminalpolitik 392
21.4 Vernetzung à la carte 397
21.5 Außenpolitik ist auch Kriminalpolitik 400
Literatur 401
V Kriminalpolitik und Wissenschaft 404
22 Kriminalpolitik und kriminologische Forschung 406
22.1 Kriminalpolitik, Gesetzgebung und die Kriminologie – Grundsatzfragen 406
22.2 Erkenntnisse zum Einfluss der Kriminologie auf die Kriminalpolitik 419
22.3 Kriminologie und Kriminalpolitik: Kenntnisse und Defizite 425
Literatur 427
23 Kriminalpolitik, politische Steuerung und wissenschaftliche Politikberatung 432
23.1 Wissenschaftliche Politikberatung im politischen Prozess 433
23.2 Modelle der Politikberatung 434
23.3 Zielsetzungen der Politikberatung 435
23.4 Voraussetzungen und Restriktionen wissenschaftlicher Politikberatung in der Kriminalpolitik 437
23.5 Kriminalpolitik und wissenschaftliche Politikberatung 443
Literatur 449
Anhang 453
Abkürzungen 454
Autoren 458
Stichworte 468

1 Kriminalpolitik im Kaiserreich (S. 15)

Herbert Reinke

1.1 Der Schulenstreit, Gesellschaftsschutz und die Genese eines spezialpräventiven kriminalpolitischen Programms

1.2 Verbrechertypologien als Kriminalpolitik

1.3 Entwicklungslinien der Jugend-Kriminalpolitik in der Zeit des Kaiserreiches

1.4 Polizeipolitik als Kriminalpolitik

Die Geschichte der Kriminalpolitik in der Zeit des Deutschen Kaiserreiches ist vor allem eine Geschichte strafrechtlicher Programmdebatten, die unter der Bezeichnung „Schulenstreit" einen herausragenden Platz in der deutschen Strafrechtsentwicklung einnehmen. Diese strafrechtlichen Programmdebatten sind nicht losgelöst von den zeitgenössischen kriminalwissenschaftlichen Deutungsmustern zu beobachten, die wiederum kriminalpolitische Strategien und Zielsetzungen im weiteren Fortgang des 20. Jahrhunderts beeinflusst haben.

Weniger deutlich erkennbar sind die kriminalpolitischen Komponenten der Polizeipolitik in der Zeit vor 1918, die in dieser Zeit noch durch Professionalisierungsbemühungen der Institution „Polizei" geprägt waren. Einige der kriminalpolitischen Fokussierungen der Zeit vor 1918 (Strafrechtsdebatten und Kriminalpolitik, kriminalwissenschaftliche Deutungsmuster und Kriminalpolitik, Jugend- Kriminalpolitik, Polizeipolitik und Kriminalpolitik) sollen im Folgenden stichwortartig skizziert werden.

1.1 Der Schulenstreit, Gesellschaftsschutz und die Genese eines spezialpräventiven kriminalpolitischen Programms

In der rechtswissenschaftlichen Literatur gilt Franz von Liszt, verwandt mit dem gleichnamigen Komponisten, als einer der wichtigsten Strafrechtsreformer in der Zeit des Deutschen Kaiserreiches. Er wird dort in der Regel als Initiator einer zweckrationalen, präventiven Kriminalpolitik verstanden. Nicht Abschreckung oder Sühne, sondern Prävention durch Besserung, eventuell durch Unschädlichmachung von Verbrechern, abhängig von deren jeweiliger Gefährlichkeit und Besserungsfähigkeit sollte Zweck der Strafe sein und die Gesellschaft vor dem Verbrechen schützen.

Dazu sollten verschiedene Disziplinen zusammengeführt werden: Strafrechtslehre, Kriminalstatistik, Kriminalanthropologie und Kriminalpsychologie sollten in einer „Gesamten Strafrechtswissenschaft" integriert werden, um die Kriminalitätskontrolle empirisch-naturwissenschaftlich neu zu fundieren. Mit diesen Ansätzen begründete Franz von Liszt die „moderne Schule" der Strafrechtswissenschaft.

Die von ihm propagierte utilitaristische Strafrechtskonzeption löste eine Debatte aus, die als Schulenstreit in die Rechtsgeschichte eingegangen ist. Dabei standen sich die moderne Liszt-Schule und die klassische Strafrechtsschule gegenüber. Letztere vertrat das Modell der Vergeltungsstrafe, das nach der Schwere der Tat die Schuld des Täters bemaß und entsprechend die Strafe bestimmte (vgl. Frommel 1987, Kubink 2002).

Die klassische Schule vertrat nicht unbedingt einheitliche Positionen, wurde aber durch gemeinsame Gegnerschaft zu den Thesen der Liszt-Schule zusammengehalten. Einige unter ihnen verstanden im Sinne der absoluten Straftheorien Kants und Hegels die sich in der Strafe ausdrückende Sühne als sittliches Gebot. Andere wiederum sahen die Vergeltungsstrafe als ein Instrument der Abschreckung zum Zweck des Schutzes positiver Normen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich auch diejenigen Strafrechtler den Gedanken der Generalprävention, d. h. der Sicherung der Rechtsordnung durch allgemein abschreckende Strafandrohungen, zu eigen gemacht, deren Lehrmeinung vorrangig auf dem Sühnegedanken beruhte. Ungeachtet der unterschiedlichen theoretischen Positionen teilten alle Anhänger der klassischen Schule die Grundannahme, dass die Strafe nach der schuldhaften Tat, nicht nach persönlichen Merkmalen des Täters zu bemessen sei.

Der Schulenstreit wurde unter den Zeitgenossen mit großer Intensität ausgetragen. Diese Intensität erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass im Schulenstreit unterschiedliche Ausprägungen staatlicher bzw. kriminalpolitischer Interventionsmöglichkeiten zum Ausdruck kamen. Die Vertreter der klassischen Schule, die cum grano salis in der einen oder anderen Form noch durch die politischen Ideen des klassischen (vormärzlichen) Liberalismus geprägt waren und die Aufgaben des Rechtsstaates vornehmlich in der Einhaltung der Rechtsordnung sahen, verstanden den sich in der modernen Schule manifestierenden sozialen bzw. kriminalpolitischen Interventionismus als den falschen Weg.

Erscheint lt. Verlag 13.5.2008
Reihe/Serie Studien zur Inneren Sicherheit
Zusatzinfo VII, 465 S.
Verlagsort Wiesbaden
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Strafrecht
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Innere Sicherheit • Politikfeldanalyse • Politisches System • Polizeiforschung • Polizeiwissenschaft
ISBN-10 3-531-90894-4 / 3531908944
ISBN-13 978-3-531-90894-6 / 9783531908946
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 2,8 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Zusätzliches Feature: Online Lesen
Dieses eBook können Sie zusätzlich zum Download auch online im Webbrowser lesen.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
für Studienanfänger

von Jörg Eisele; Jörg Eisele; Bernd Heinrich …

eBook Download (2024)
Kohlhammer Verlag
43,99
Ein Fall- und Repetitionsbuch für die Examensvorbereitung

von Werner Beulke; Frank Zimmermann; Beulke Zimmermann

eBook Download (2023)
C. F. Müller (Verlag)
28,99