Vergessene Worte (eBook)
180 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-1052-9 (ISBN)
Olaf Manke, Jahrgang 1958, ist gelernter Grafik-Designer und war über zehn Jahre als Vorstandsmitglied im Verein für Orts- und Heimatkunde Recklinghausen e.V. aktiv. Er hat als engagierter Geschichtsforscher bereits einige Bücher zu Geschichte und Kultur seiner heimatlichen Region veröffentlicht.
B
Baas | Meister, Vorsteher, auch: bezahlter Vermittler. Häufig in der Seemannssprache gebraucht. Heute ist ein Baas im regionalen westfälischen Umfeld unter anderem der Vorsitzende einer heimatkundlichen Vereinigung oder eines Vereins, der sich der Brauchtumspflege gewidmet hat. Baas ist die ethymologische Basis für das englisch-umgangssprachliche Wort „Boss“ (= Arbeitgeber, Auftraggeber). |
Backhaus | Separat stehendes nebengebäude aus Stein, das speziell für die Herstellung von Backwaren errichtet wurde. Es stand aus Brandschutzgründen etwas abseits vom Wohnhaus. Im bekannten Märchen von Hänsel und Gretel stößt Gretel die böse -> Hexe in den Ofen des Backhauses, der eine dazu ausreichend große türöffnung hatte. |
Bader | Seit den Kreuzzügen blühte auch in Mitteleuropa die öffentliche Badekultur auf und brachte spezialisierte Berufe hervor. In den meist in städtischem Besitz befindlichen und an Bader verpachteten Badehäusern wurde nicht nur gebadet, sondern man konnte sich den Kopf waschen, die Haare kämmen und schneiden lassen, sowie eine gepflegte Rasur genießen. Dazu arbeitete der Bader mit einem -> Barbier zusammen. Bader hatten auch die Erlaubnis, ihre Badegäste mit Salben zu behandeln und die zeittypischen Gesundheitsanwendungen vom Aderlass bis zum Zähnebrechen durchzuführen. Bader waren u.a. als Wundärzte tätig, die, anders als die akademischen Ärzte, die Behandlung jener Verletzungen oder Erkrankungen vornahmen, die einen chirurgischen Eingriff erforderten. Badehäuser waren darüber hinaus eine Art Schönheitssalon, und der Besuch eines Badehauses konnte auch ein Unterhaltungsprogramm beinhalten, was in der Folge für einen schlechten Ruf sorgte. Häufig wurden Badehäuser mit Bordellen gleichgesetzt. In der Frühen neuzeit nahm die Badekultur durch die Verbreitung der -> Pest und die damit verbundene Vorstellung, dass die als Auslöser angesehenen -> Miasmen durch den Kontakt mit Wasser verbreitet würden, einen rapiden niedergang. Da Bader neben ihrer Arbeit für die allgemeine Hygiene als Wundärzte tätig waren, konzentrierten sich viele nun auf diesen Aspekt ihres Berufes. Damit konkurrierten sie einerseits mit den -> Barbieren, denen die gleichen Aufgaben oblagen, als auch mit den Henkern (-> nachrichter). Da man in diesem Beruf eine hohe Verantwortung für das Wohl und Wehe seiner Patienten hatte, war eine fundierte Ausbildung unverzichtbar. Für das -> Vest Recklinghausen wird für das ausgehende 18. |
Jahrhundert zwar von Quacksalbern und Scharlatanen ohne eine entsprechende Ausbildung berichtet, aber Bader werden nicht ausdrücklich genannt. Offenbar gab es im Mittelalter auch in Recklinghauen ein Badehaus, aber leider sind hierzu bis dato keinerlei näheren Informationen bekannt geworden. -> Wundarzt |
Bänkelsänger | Fahrender Sänger, der in populärer Weise von einer Bank oder einer improvisierten Bretterbühne herab neuigkeiten in Form von Gassenhauern verbreitete. In der Regel hatten Bänkellieder am Ende eine Moral, die der Gewissensbildung der Zuhörer dienen sollte. Oft wurden aber auch ehrabschneidende oder andere verleumderische Inhalte verbreitet, so dass durch offene oder verdeckte Verallgemeinerungen sowohl Einzelpersonen als auch ganze Berufszweige, wie z.B. die Schuhmacher, in Misskredit gerieten. Üblicherweise waren die Bänkelsänger wenigstens zu zweit unterwegs. Der aktive Sänger trug das Lied zu einer -> Drehleier oder einem anderen tragbaren Instrument vor, während der andere durch die Zuhörerschaft ging und kassierte. Manchmal waren die Geschichten auf Papierstreifen, ein Stück Stoff oder ähnliches aufgemalt bzw. aufgezeichnet, so dass die Zuschauer und Zuhörer dem Geschehen optisch folgen konnten. Sicher gab es auch in Recklinghausen Besuche von Bänkelsängern, die das aktuelle Geschehen im HRR verkündeten. Mit dem Aufkommen des Zeitungswesens verlor diese Art der vereinfachenden und verallgemeinernden Informationsvermittlung an Popularität. -> Moritat, -> Zeitung |
Bakkalaureus | Grundlegender akademischer Grad. Vergleichbar mit dem heutigen Bachelor. -> Lizentiat |
Ballei | Bezeichnung für eine Ordensprovinz bzw. einen Verwaltungsbezirk eines Ritterordens. Hier: Die Ballei Westfalen des -> Deutschen Ordens, die von Münster aus verwaltet wurde und zu der auch die -> Kommende Welheim bei Bottrop und später die Kommende -> Malenburg bei Datteln gehörten. |
Barbier | Auch: Barber, Bartscherer. Von lat. barba = Bart. (vgl. Barbarossa = Rotbart). Im heutigen Sprachgebrauch ungefähr mit „Herrenfrisör“ zu übersetzen. Arbeitete ursprünglich eng mit dem -> Bader zusammen. Übernahm wie jener gelegentlich auch die Aufgaben eines -> Wundarztes. Gehörte zu den -> unehrlichen Berufen. |
Barchent | Auch: Parchent. Mischgewebe aus -> Baumwolle und Leinen. -> Flachs |
Bastard | Unehelich gezeugter nachkomme. Die Bezeichnung bezog sich hauptsächlich auf die Kinder von Adligen oder hochgestellten Geistlichen. Die in Recklinghausen lebende, bürgerliche Familie (von) Schaumburg stammte zum Beispiel von einem Kölner Kurfürst-Erzbischof, dem Grafen Adolf von Holstein-Schaumburg, ab. „Die Bastarde wurden von den Vätern in der Regel anerkannt, in Testamenten bedacht, und erhielten oft eine gute Erziehung.“ Leopold Schütte, Wörter und Sachen aus Westfalen 800 bis 1800, S.132 Der genannte Sohn des Kurfürst-Erzbischofs, Arnold von Schaumburg, studierte Jura und wurde schließlich (1576) mit dem Amt des -> Domkapitelsverwalters im Vest Recklinghausen bedacht. Bastarde trugen häufig auch das Familienwappen der väterlichen Familie (mit dem sogenannten „Bastardbalken“ oder „Bastardfaden“, der diagonal über den Wappenschild verlief) und führten deren namen. Allerdings hatten sie keinen legitimierten Anspruch auf den adeligen Besitz. Für die o. g. Recklinghäuser Familie von Schaumburg erlosch darüber hinaus mit dem tod des letzten Grafen von Holstein-Schaumburg im 17. Jahrhundert das Recht, den namenszusatz „von“ zu tragen. Die namen der Mütter jener unehelichen Kinder blieben in der Regel ungenannt; auch, um sie zu schützen. Denn die uneheliche Empfängnis galt in jenen tagen als Schande und führte üblicherweise, besonders auf dem Land, zu gesellschaftlicher Ächtung. Allerdings wurden die Eltern jener jungen Mütter häufig mit einer besonderen „Abfindung“ versehen. Über zeitgleiche, sonst eigentlich unübliche Bevorzugungen ließe sich auf Umwegen zumindest ein Indiz für die mütterliche Linie eines illegitimen Kindes finden. |
Bauer | -> Bauleute und -> Bauknecht |
Bauknecht | „ ... eine unsichere benennung des knechts auf bauerhöfen. bald meint es den groszknecht oder pferdeknecht, im gegensatz zum enken, bald den ackerknecht, arator, bald den knecht, der die baufuhren leitet.“ Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5, Bd. I, Sp. 1187, Z. 1. |
Bauleute | Leute die Land- bzw. Ackerbau betreiben. nicht zu verwechseln mit den heutigen Bauhandwerkern. -> Bauknecht |
Baumwolle | Importierter textilrohstoff. Baumwollpflanzen gedeihen fast ausschließlich in tropischen bis subtropischen Regionen der Welt. Bis ins 17. Jahrhundert hatte Venedig |
für den europäischen Raum ein Importmonopol für asiatische Baumwolle. Im HRR war Augsburg die wirtschaftliche Drehscheibe für diesen Rohstoff. In Recklinghausen ist bis jetzt kaum etwas über den Baumwollhandel bekannt. Anzunehmen ist jedoch, dass die Recklinghäuser Großkaufleute auch diese Ware für den regionalen Handel beschafft haben. Verarbeitet wurde Baumwolle im Vest Recklinghausen offensichtlich in der -> Frühen neuzeit nicht. Für das darauf folgende 19. Jahrhundert ist allein eine Baumwollweberei dokumentiert. -> Barchent -> Wandschneider |
Beginen | In älteren Schriften auch Beghuinen. Unverheiratete Frauen, die sich in religiös geprägten Lebens- und Arbeitsgemeinschaften zusammenfanden, ohne einer kirchlichen Obrigkeit verpflichtet zu sein. Diese weltlichen Frauengemeinschaften übernahmen ebenso wie kirchlich legitimierte Klostergemeinschaften neben Arbeiten zur Selbstversorgung auch caritative Aufgaben in der städtischen Gemeinschaft und waren damit ein wichtiger Pfeiler der kommunalen Sozialarbeit. In Recklinghausen sind Beginen seit etwa dem 13. Jahrhundert nachweisbar. Sie bewohnten zwei Häuser innerhalb der Stadtmauer. Das erste war das sogenannte „obere... |
Erscheint lt. Verlag | 16.7.2024 |
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Sprache | deutsch |
ISBN-10 | 3-7597-1052-2 / 3759710522 |
ISBN-13 | 978-3-7597-1052-9 / 9783759710529 |
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