Sprich Hund! (eBook)
128 Seiten
Cadmos Verlag
978-3-8404-6733-2 (ISBN)
Christiane Jacobs ist Hundeverhaltensberaterin (ATN), geprüftes Mitglied im IBH und setzt sich für Hundetraining auf der Basis von positiver Verstärkung ein. Das Erkennen von Bedürfnissen, Emotionen und Motivationen von Hunden ist ihr ein großes Anliegen, weshalb sie als Projektleiterin und Ideengeberin ihre Energie in das Projekt 'Sprich Hund!' steckt. Auf ihrer Website und in ihrer Facebook-Gruppe bietet sie eine umfangreiche Sammlung von Wissen rund um Körpersprache und Lernverhalten von Hunden an.
Bevor wir im Verlauf dieses Buches immer tiefer in die Einzelheiten der Körpersprache von Hunden eintauchen, möchte ich dir eine Richtlinie geben, mit der du sehr schnell einschätzen kannst, was dein Hund als Nächstes tun wird.
Sie basiert auf einer Idee von Dr. Ute Blaschke-Berthold: Ausgehend von einer entspannten Körperhaltung verrät dir die Richtung der zu beobachtenden Veränderungen, was in deinem Hund vorgeht und was vermutlich passieren wird. Du kannst dir hierfür Pfeile an deinem Hund vorstellen.
Nehmen wir als Beispiel Lexi, der entspannt auf einer Wiese steht. Plötzlich taucht in einiger Entfernung ein anderer Hund auf. In der Regel wirst du nun bei beiden Hunden Veränderungen beobachten. Wir konzentrieren uns auf Lexi. Vielleicht verändert sich seine Haltung wie auf der ersten Zeichnung: Seine Ohren gehen nach vorn, er drückt die Beine ganz durch (dadurch wirkt er größer) und seine Rute hebt sich weit über die Rückenlinie an. Sein Körperschwerpunkt geht nach vorn, er hebt die Lefzen und schiebt seine Maulwinkel nach vorn. Wenn du jetzt Richtungspfeile an Lexi zeichnen würdest, wären diese hauptsächlich nach oben und nach vorn gerichtet.
Es kann auch sein, dass Lexi eher so aussieht wie auf der zweiten Zeichnung gezeigt: Diesmal gehen bei Lexi die Ohren nach hinten, die Rute wird zwischen die Beine geklemmt und die Läufe knicken ein (dadurch wirkt er kleiner). Er senkt seinen Kopf und wendet ihn ein wenig vom Gegenüber ab. Würdest du wieder Richtungspfeile an Lexi zeichnen, wären es dieses Mal hauptsächlich welche, die nach hinten/unten zeigen.
Diese Pfeile verraten dir schnell, was im Hund vorgeht. Die Faustregel besagt: Je mehr Bewegungen/körpersprachliche Details nach vorn/oben gerichtet sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass die nächste Aktion des Hundes ebenfalls in diese Richtung – also nach vorn – geht. Ebenso ist es andersherum: Je mehr Bewegungen/körpersprachliche Details nach hinten und/oder unten gerichtet sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass deinem Hund nach Rückzug zumute ist, er also mehr Distanz möchte.
Wenn du nun statt Lexi deinen eigenen Hund beobachtest, fällt dir vielleicht auf, dass die Zeichen nicht ganz so eindeutig sind, wie es sich hier in der Theorie anhört. Seine Ohren gehen zum Beispiel nach vorn, die Rute geht aber nach unten. Keine Sorge, dein Hund ist nicht „kaputt”. Vermutlich weiß er in dem Moment noch nicht so richtig, wie er sich in der Situation verhalten soll. Er befindet sich womöglich in einem Konflikt. In diesem Fall verraten dir weitere Veränderungen, was in deinem Hund vorgeht. Das nächste Körperteil, das nun die Position/ Richtung verändert, gibt dir sehr wahrscheinlich Aufschluss, wohin die Reise geht. Wenn du diese nächste Veränderung wahrnimmst, hast du eine sehr gute Möglichkeit, rechtzeitig ins Geschehen einzugreifen. Beispielsweise kannst du erwünschtes Verhalten punktgenau verstärken. Angenommen, du wünschst dir, dass dein Hund sich vom anderen Hund abwendet, und er nimmt seine Ohren zurück. Dann ist genau jetzt der Moment, in dem du deinen Hund unterstützen solltest, denn jede Hilfe oder Bestätigung, die er nun bekommt, kann dazu führen, dass er das Gewünschte tatsächlich tut.
Tipp
Gerade zu Anfang wirst du vermutlich feststellen, dass du gar nicht so schnell gucken kannst, wie dein Hund sich bewegt und wie sich körpersprachliche Details verändern. Dann ist es sinnvoll, dass du dir Körperteil für Körperteil vornimmst. Beobachte erst mal einige Tage lang nur die Ohren, danach vielleicht einige Zeit lang nur die Rute, später intensiv nur den Körperschwerpunkt und so weiter.
Je besser du dein Auge und dein Gehirn schulst, desto mehr Details wirst du mit der Zeit gleichzeitig wahrnehmen können. Für deinen Alltag mit Hund ist es von großem Vorteil, wenn du immer genauer erkennst, wie dein Hund sich in verschiedenen Situationen fühlt, und zunehmend besser vorhersagen kannst, was er als Nächstes tun wird.
Uneindeutige oder widersprüchliche Signale zeigen, dass der Hund sich in einem Konflikt befindet.
Verlagert dein Hund seinen Körperschwerpunkt allerdings in Richtung seines Gegenübers, gibt dir das den Hinweis, dass er sich gleich auf den anderen Hund zubewegen wird. Möchtest du das nicht, hast du noch ausreichend Zeit, deinen Hund freundlich anzusprechen und das Verhalten in diesem frühen Stadium mit einem Alternativverhalten zu unterbrechen. Je eher du solche Situationen freundlich unterbrichst, desto größer ist die Chance, dass dein Hund es noch schafft, sich abzuwenden.
Entspannt in den Tag
Um deinen Hund lesen zu können, musst du zunächst wissen, wie er entspannt aussieht. Das klingt einfach, ist manchmal aber eine echte Herausforderung, weil dein Hund in seiner Umwelt ständig Reizen ausgesetzt ist. Auf diese reagiert er entsprechend häufig, sodass er statt entspannt beispielsweise neugierig und aufgeweckt durch die Gegend läuft. Du solltest daher in möglichst reizarmer Umgebung beobachten, wie die körpersprachlichen Details bei deinem entspannten Hund aussehen. Achte auf Situationen, in denen du ziemlich sicher bist, dass dein Hund entspannt ist. Ein günstiger Moment wäre etwa zu Hause, wenn dein Hund von einer Liegestelle zur nächsten geht.
Auf der Zeichnung siehst du Lexi mit seinen „Durchschnittsanzeichen” für Entspannung, die auf deinen eigenen Hund nicht zwingend alle zutreffen müssen. Schau genau hin, was bei deinem Hund passt und was vielleicht ganz anders ist. Fertige dir für deinen Hund eine eigene Skizze an, um all seine körpersprachlichen Details für dich herauszuarbeiten. Auch ein Foto ist eine gute Möglichkeit – Fotos eignen sich prima, um zu vergleichen und Veränderungen im Laufe des Zusammenlebens festzustellen.
Lass uns jetzt alle körpersprachlichen Merkmale eines entspannten Hundes durchgehen: Wir beginnen mit dem Kopf. Was kannst du hier alles beobachten? In der Regel befindet sich der Kopf leicht oberhalb der Rückenlinie, die Ohren werden neutral gehalten – also mittig, eventuell leicht nach vorn gerichtet –, die Augen sind mandelförmig (oval) und der Fang ist leicht geöffnet. Dabei hängen die Lefzen entspannt nach unten. Bei vielen Hunden mit längerem Fell kann man den geöffneten Fang nur schwer erkennen, weil die Haare die Sicht verdecken. Bei manchen Hunden hängt die entspannte Zunge ein Stück aus dem Maul heraus. Der Körperschwerpunkt liegt mittig. Das heißt, du siehst weder ein Nach-vorn-Lehnen noch ein Nachhinten-Ausweichen. Die Beine sind entspannt und befinden sich in „Normalposition” – weder stark durchgedrückt noch eingeknickt.
Bei einem entspannten Hund wirken die Bewegungen weich und fließend.
Ein weiteres wichtiges Indiz für einen entspannten Hund ist die Körperspannung, die möglichst gering sein sollte. Das heißt, der Hund macht weiche und fließende Bewegungen. Du siehst einen lockeren Gang, die Wirbelsäule schwingt dabei oft ein wenig nach links und rechts. Es gibt allerdings Hunderassen mit einer erhöhten Grundspannung. Zu diesen zählen Terrier. Ihre Bewegungen wirken auch bei Entspannung insgesamt steifer, der Gang sieht häufig etwas staksig aus und die Wirbelsäule schwingt wenig bis gar nicht.
Achte bei deinem Hund auch auf die Atmung. Wenn dein Hund entspannt ist, atmet er ruhig und gleichmäßig. Gerade bei Hunden mit wenig Fell kann man das gut erkennen. Ermittle für deinen Hund einen Durchschnittswert für entspannte Atmung. Dafür zählst du gelegentlich, wie oft sich die Brust/der Bauchbereich pro Minute hebt und senkt. Man sagt, ein gesunder Hund hat eine Atemfrequenz von 10 bis 40 Atemzügen pro Minute. Unter anderem hängt die Atemfrequenz von der Körpergröße ab: Kleine Hunde atmen schneller als große Hunde.
Je besser du den entspannten Zustand deines Hundes kennst, desto klarer wirst du Veränderungen wahrnehmen. So kannst du nicht nur zukünftiges Verhalten vorhersagen, sondern du siehst auch, wie es deinem Hund gerade geht.
Bei Schmerzen verändert sich Körpersprache eines Hundes zum Beispiel oft nur minimal, denn Hunde sind wahre Meister im Verstecken von Schmerzen. Wenn du die „Basis” deines Hundes gut kennst, wird dir deutlich schneller auffallen, dass etwas nicht stimmt.
Neugierig durchs Leben
Wie sieht dein Hund aus, wenn er neugierig ist? Stell dir dafür folgende Situation vor: Du zeigst deinem Hund ein neues Spielzeug und er schaut es interessiert an, vielleicht hält er sogar seinen Kopf ein kleines bisschen schief. In dem Moment ist klar zu erkennen, dass seine ganze Aufmerksamkeit bei dem Spielzeug ist. Er möchte es gern näher betrachten, beschnüffeln und vielleicht sogar ins Maul nehmen.
Draußen in der Umwelt wecken zahlreiche unterschiedliche Dinge die Aufmerksamkeit deines Hundes. Der...
Erscheint lt. Verlag | 8.9.2023 |
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Sprache | deutsch |
ISBN-10 | 3-8404-6733-0 / 3840467330 |
ISBN-13 | 978-3-8404-6733-2 / 9783840467332 |
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Größe: 19,0 MB
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