Die große Trommel -  Tacitus Redivivus

Die große Trommel (eBook)

Leben, Kampf und Traumlallen Adolf Hitlers
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2022 | 1. Auflage
176 Seiten
Theiss in der Verlag Herder GmbH
978-3-8062-4492-2 (ISBN)
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Das absolut visionäre Porträt Adolf Hitlers aus dem Jahr 1930 Es war eine Zäsur: Die NSDAP wurde bei den Reichstagswahlen am 14. September 1930 stärkste Partei. Der sozialistische Journalist und Bühnenautor Max Hochdorf nahm dieses Wahlergebnis zum Anlass, die deutsche Öffentlichkeit über Adolf Hitler, seine Ideologie und seine Ziele aufzuklären. Hochdorf hat den Bierkeller-Agitator sehr genau beobachtet. Und er hat sehr gründlich Hitlers Buch »Mein Kampf« studiert. Es ist erschreckend, mit welcher prophetischen Gabe er die zukünftige Bedeutung des Führers und Verführers für Deutschland schon 1930 sah! Das Buch »Die Große Trommel«, das Hochdorf unter dem Pseudonym Tacitus Redivivus veröffentlichte, ist eine vernichtende Analyse und visionäre Abrechnung: satirisch, ätzend und sprachlich virtuos. - Von prophetischer Klarsichtigkeit: das Porträt Adolf Hitlers aus dem Jahr 1930 - Sprachlich virtuos und durchsetzt mit Zitaten des Bierkeller-Agitators - Ein Zeitdokument auch darüber, was man schon 1930 über Hitler wissen konnte - Über 90 Jahre nach der Erstveröffentlichung endlich wieder verfügbar Die Wiederentdeckung eines vergessenen, verbannten und verbrannten Buches Die klarsichtige Inspektion von Denken und Charakter Adolf Hitlers ist im Rückblick umso erschreckender. 1933 emigrierte Max Hochdorf nach Belgien und tauchte dort unter. In einem Schweizer Exilverlag erschienen und in Deutschland verbannt, können Sie nach über 90 Jahren in »Die große Trommel« nun nachlesen, was Max Hochdorf damals schon mit geradezu prophetischer Gabe erkannte. Höchste Zeit für diese Wiederentdeckung!

Tacitus Redivivus ist ein Pseudonym des Bühnenautors, Theaterkritikers und Journalisten Max Hochdorf (1880-1948). Während des Ersten Weltkrieges war er zeitweilig als Korrespondent des »Berliner Tageblattes« tätig. Er verfasste Literaturkritiken für die »Sozialistischen Monatshefte« und später Theaterkritiken für den »Vorwärts«. Als Gegner der Nationalsozialisten hatte er seit 1933 in Deutschland keine Arbeitsmöglichkeit mehr, weswegen er nach Belgien emigrierte und dort von 1941 bis 1944 untertauchte.

VON BRAUNAU BIS MÜNCHEN


Am 14. September 1930 hat das deutsche Volk seinen neuen Reichstag gewählt, zusammen mit der Weimarer Nationalversammlung den sechsten seit der Gründung des zweiten Reiches. Dieses zweite Reich war nicht geboren worden unter fröhlichem Gepränge, sondern nach vier Jahren eines Krieges, der die Jünglinge und Männer des Landes hingemordet und Gesundheit und Wohlstand des Volkes zerstört hatte. Dem Weltkrieg war der Bürgerkrieg gefolgt. Das Geschlecht, das heranwuchs, stand dauernd unter dem Druck und Eindruck des Grauens. Jeder Gedanke, der an Universitäten, Mittelschulen und Volksschulen, in Ministerkabinetten, auf Gewerkschaftskongressen und in stürmischen Volksversammlungen zum Thema der Staatsökonomie vorgetragen wurde, ging von der Frage aus: Wie kann Deutschland wieder aufblühen, wie kann es wieder aufgeweckt werden zu neuen Taten, wie kann vor allem für drei Millionen beschäftigungslose Arbeiter, die von dem Brote der noch Beschäftigten einen kargen Teil empfangen und diese Speisung als ihr verfassungsmässig garantiertes Bürgerrecht fordern, wiederum die Tür zu einträglichen Fabriken und Kontoren erschlossen werden?

Sogar die selbstsüchtigsten, sogar die immer noch weichgebetteten, durch Glückszufall, besondere Tüchtigkeit oder skrupellose Spekulation vor solcher ängstlichen Ideenanspannung noch bewahrten Deutschen wagten es nicht mehr, das allgemeine Elend zu leugnen.

Als mit dem Verzweiflungstamtam und dem demagogischen Toben, die heute jeden politischen Kampf begleiten, die Vorbereitung für die Septemberwahlen begann, rührte sich am lärmendsten und verwegensten die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, N.S.D.A.P.

24 Stunden nach dem Wahlsonntag war klar, dass sie mit 107 Parlamentariern, mit bisher im öffentlichen Leben kaum bekannten Männern, den engen, für solchen Zustrom gar nicht geeigneten Sitzungssaal überschwemmen würde. Diese 107 Unbeschriebenen hatten sich bisher nur zu Einem bekannt: zur entschiedenen Feindschaft gegen das Parlament, das sie künftig bevölkern sollten. Sie hatten seit zehn Jahren durch den Mund ihres Führers Adolf Hitler dem Lande mitgeteilt, dass sie als Sprengkolonne in jedes deutsche Parlament eindringen würden. Seit zehn Jahren hatten sie durch den Mund Hitlers ihrem Lande die Revolution angekündigt. Versprochen hatten sie, das zweite Reich, genannt nach dem ersten Artikel der Weimarer Verfassung die Republik, deren Staatsgewalt vom Volk ausgeht, durch das »dritte Reich« abzulösen.

Es soll kommen, wenn das alte Reich vollkommen aufgelöst ist.

Jetzt ist notwendig, den Führer dieser Revolution, der sich nicht im Hinterhalt verbirgt, der Tag und Nacht von sich reden macht, der Nerven und Gedanken der Massen unermüdlich rädert, der sich durch eigene Stentorstimme und durch die Lautsprecher und sogar durch die Fäuste seiner Gefolgsleute als Retter Deutschlands anpreist, bis in den Grund kennen zu lernen.

Wer war Adolf Hitler? Wer ist er? Wer wird er sein? Welche geistigen Mittel, welche Einsichten in Geschichte und in aktuelle Politik und Wirtschaft, welche moralischen Tugenden und Fehler, welche Pläne für Gegenwart und Zukunft, schliesslich, welche praktischen, der blossen Ideologie gewachsenen Energien sind auf das Konto Adolf Hitlers zu setzen?

Er kommt von unten, er wollte hinauf. Als das Münchener Volksgericht ihn im Frühjahr 1924 als die »Seele« des gegen die deutsche Republik gerichteten Hochverratunternehmens zu fünfjähriger Festungshaft verurteilte, begann er auf der Feste Landsberg am Lech jenes siebenhunderteinundachtzig Seiten umfassende Buch zu schreiben, das er »Mein Kampf« titulierte. Dieser Titel ist charakteristisch genug. Der Festungshäftling, dem der Hochverrat an Deutschland vollkommen nachgewiesen war, wollte nicht bereuen, er wollte weiter angreifen. Er wollte weiter die öffentliche Meinung beunruhigen.

Er befand sich in sentimentaler Stimmung, als er sein Buch schrieb. Er schäumte auch in unerloschener Wut über die Justiz, die ihn gefangen, überwiesen und verurteilt hatte. Er hatte Langeweile und Zeit, sein Leben zu überdenken. Und er legte sich seine Jugend so zurecht, als wenn alles, Abstammung, Heimat, Erziehung, realistische Schicksalsmomente und geheimnisvolle, nur dem grossen Mann gewährte Fügung ihn zum Retter des deutschen Volks vorausbestimmt hätten.

Dieser Gewohnheit, seine Entwicklung als ein logisches und legendäres Vorwärtskommen darzustellen, ist er immer dann treugeblieben, wenn er vor Richtern und Volksmassen auftrat. Man sollte ihn als ein Wunder der Selbstzucht, aber auch als ein seltenes Geschöpf göttlicher Vorsehung anstaunen. Einreihen sollte man ihn in den Generalstab der Genies, die zu allen Zeiten die an sich trägen, schwerfälligen und erfindungsarmen Nationen zu unerwartetem Glück hinaufrissen.

So sieht er denn schon seine Geburt in dem österreichischen Städtchen Braunau am Inn als ein Wunder an, das sich seinen Gedanken aufregend einprägte, über das aber auch die Leser seiner Lebensgeschichte mit hingebender Andacht nachdenken sollten.

Braunau zählte auch im alten Österreich eine dem benachbarten Bayern stammverwandte Bevölkerung. Also will der Knabe, der Ende der achtziger Jahre in den Windeln lag, schon mit dem ersten Regen der Glieder und des Kopfes nach Deutschland hinüberverlangt haben. Er geht um sich selber herum, er betrachtet die Farbe seines Knabenblutes: sie ist schwarz-weiss-rot. Er horcht auf das Pochen seines Blutes: es singt die Wacht am Rhein.

Er fragt: ist es nicht schrecklich, ist es nicht ein närrischer Zufall, dass er gerade als Sohn der zerfallenden Habsburger Monarchie zur Welt kommen musste.

Nichts verband ihn mit der versteinerten Dynastie, ganz unverkennbar hatte er sich als germanisches Urprodukt aus dem österreichischen Völkerchaos herausgeschält. Nun hatte der Zufall seine Karriere zunächst durch die schwarz-gelben Grenzpfähle blockiert.

Er erzählt, dass er schon als Knabe beschloss, gegen diese Schranken Sturm zu laufen.

Da steigt er denn mit Eile in Erwägungen hinein, die seine Unruhe mildern sollten: ich bin deutsch der Rasse nach, wenn auch nicht gemäss der Bürgerzuständigkeit. Diesen Trost wiederholt er sich unaufhörlich: »Gleiches Blut gehört in ein gemeinsames Reich.« Mit dieser Parole leitet er sein Leben ein. Wenn Deutsch-Österreich und Deutschland heute zusammengehören müssen, so sei das nicht notwendig, weil beide Länder für ihre Alltagswirtschaft gemeinsamen Grund und Boden brauchten. Nein, die Volkswirtschaft ist im Rahmen dieser Betrachtungen ein Gebiet, das Hitler achselzuckend verachtet. Worauf es ihm allein ankommt, das ist die Rasse. Sie ist für ihn das Grundelement jeder Völkerexistenz. Soweit spreizt er die Beine auseinander, dass er mit dem einen Fuss die Linie des österreichischen Grenzgrabens, mit dem zweiten diejenige des deutschen berührt. Einen Januskopf möchte er haben, nein, er behauptet, dass er ihn hat, und in jeder Hälfte ein Paar Augen, mit denen er beide Länder liebevoll verbündet.

Sohn eines altösterreichischen Zollbeamten und Enkel eines bäuerlichen Häuslers, ist er braver Leute Kind. Da mit 15 Jahren doppelt verwaist, grämt es ihn, nicht mehr sorgenlos Rädelsführer bei Jungenprügeleien sein zu dürfen. Man versteht, dass es ihn wurmt, den Ehrgeiz ersticken zu müssen. Der Vater wollte aus ihm machen, was er selber war: einen Staatsbeamten. Dem Jungen gefielen die Pfarrerbeffchen und die kleidsame Priestertracht. Zeit seines Lebens liebte er Verkleidungen, genau so wie Monarchen es tun, die mehrmals am Tage Uniform und Zivilrock wechseln, um ihre begeisterten Untertanen und Milizen zu beglücken. Wenn ich ein Abt würde, träumt er. Nach diesem Traum begann er zu malen.

Waisenjunge sein, der nicht weiter weiss und seine Handwerkslehrzeit beginnen muss anstatt Kinderphantasien fortzusetzen, das ist gewiss hart. Aber warum trägt Hitler das alles nicht schlicht vor? Warum versichert er, dass er schon zusammen mit der nahrhaften Kindermilch seiner Heimat das fanatische Grossdeutschentum in sich eingesogen habe?

Durch jede dieser Knabenerinnerungen will er beweisen, dass die Vorsehung ihm ganz besondere Erfolge schuldet. Er will ein Held unter den Knaben gewesen sein. Das Heldentum wird zerbrochen, da er als Architekturzeichner zu lernen hat, und jetzt sollen die Freunde erfahren, mit welcher übermenschlichen Energie er sich schon frühzeitig über all diese Misère hinwegschwang. Sein Tag hat nicht 24 Stunden, sondern viel mehr, und jede Minute und jede Sekunde ist er fähig, sich zu einem grossen Kenner der Geschichte aller Staaten und besonders der deutschen auszubilden.

Er drapiert sich mit heroischen Kräften. Er schildert seine Einsiedlergelüste, die ihn dann fassten, wenn Feierabend kam und er in seiner Kammer die Bücher aufschlug. Dann fühlte der Zeichnerlehrling sich schon so wie der geniale Faust in seinem Gedankenlaboratorium.

Aus all dieser Selbstvergötterung ist herauszulesen, dass der arme Kerl, der ein Künstler sein wollte und ein Handwerker sein musste, nicht auf Rosen gebettet war. Es gehört zu seiner besonderen Natur, dass er sehr viel von...

Erscheint lt. Verlag 12.9.2022
Sprache deutsch
ISBN-10 3-8062-4492-8 / 3806244928
ISBN-13 978-3-8062-4492-2 / 9783806244922
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