Nähe erleben - Alles schon gesehen? -  Anita Lehmann

Nähe erleben - Alles schon gesehen? (eBook)

Ein anderes Reisetagebuch Teil 6
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
148 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-3069-0 (ISBN)
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In diesem Buch erzähle ich von Tagesfahrten und Kurzreisen. Einige der schönsten und interessantesten Ecken unserer Heimat und Ausflüge ins Nachbarland Polen stehen im Mittelpunkt der beschriebenen Fahrten. Dabei ist der Bus das Verkehrsmittel, das uns an unsere Ziele bringt.

I. TAGESAUSFLÜGE


1. ROSENTRÄUME AN DER NEISSE


20.Juli 2020

Ich bin aufgeregt!

Es ist meine erste Tagesfahrten nach Beginn der Corona-Pandemie.

Wider Erwarten verläuft der Einstieg völlig reibungslos.

Die 46 Gäste sind gut informiert, tragen alle unaufgefordert Masken, keine Visiere. Schriftliche Hygienehinweise waren an beiden Einstiegen zu lesen, Desinfektionsmittel waren für alle zugänglich befestigt.

Bei der Begrüßung, als ich mich den Gästen zuwandte, betrachtete ich das bunte Bild des Nase-Mund-Schutzes. Die unterschiedlichsten Farben und auch unterschiedlichste Muster wurden auf unterschiedliche Weise getragen: gelb, grün, rot, kein schwarz, rote Punkte auf weiß, Mickymäuse und Kreisel… Ich hatte mich für schlichtes Weiß entschieden.

Zu Beginn achteten auch alle peinlichst genau darauf, den Hygieneschutz zu tragen. Im Verlauf des Tages wurde es schon mal vergessen, und man erinnerte sich gegenseitig. Ich war da keine Ausnahme. Ich war schon fast an der Küche, also im mittleren Teil des Busses, als ich meinen Fehler bemerkte und ganz schnell zurück ging. Es ist eben ungewohnt.

Nach 90 Minuten Fahrt gab es den zur Fahrt gehörenden Kaffee. Ein Mann wollte wohl einen Scherz machen und fragte, ob er während des Trinkens die Maske abnehmen dürfe. Haha!

In Forst waren wir verspätet, vor allem, weil wir am Abfahrtsort noch auf eine Frau gewartet haben, deren Zug Verspätung hatte. Dazu kamen Baustellen und eine Umleitung am Zielort.

Wir werden zur Rosengarten-Führung erwartet.

Auch heute, bei meinem zweiten Besuch, bezaubert mich der Blick vom historischen Haupteingang über die unzähligen Blumenbeete hinweg „in die Ferne“, über einen großen Teil des Gartens.

Der Garten ist groß; eine Fläche von vergleichsweise 17 Fußballfeldern dehnt sich vor uns als Blumenteppich aus, der an besonders markanten Punkten von Blumenbögen, Rabatten und Skulpturen unterbrochen wird. Ich war schon jetzt überzeugt, dass nicht nur im Jahr der Auszeichnung 2009 dieses Blumenmeer den Titel „Schönster Park Deutschlands“ verdient hat.

Wir wurden aufgefordert, während unseres Rundganges den Rasen zu betreten und an den Rosen zu riechen.

Der Rasen wird einmal wöchentlich von einer Firma gemäht. Es hatte am Vortag geregnet, der Boden hatte den Regen nötig.

1 000 Rosensorten warteten auf unseren Besuch, dazu Dahlien, Cosmea, Hortensien… Es müssen wohl Millionen einzelne Blüten sein. Gerade hatte ich einen einzelnen Strauch, eine einzelne Blüte fotografiert, da fand ich die nächste wunderschön und wollte sie im Bild festhalten.

Wir trafen während unseres Rundganges auf die Frauen, die für die Pflege der Anlage verantwortlich sind. Insgesamt sind es nur neun Gärtnerinnen!

Sie häckeln die Beete, schneiden die Blumen, und im Herbst sind sie auch verantwortlich, dass 40 000 Rosenstöcke an gehäufelt werden und empfindliche Stammrosen sogar einzeln eingepackt werden.

Unser Weg führt „quer durch“ die Anlage, ist aber im Wesentlichen eben. Inmitten eines freien, gut einsehbaren Platzes sprudelt Wasser aus einem mehrstöckigen Kaskadenbrunnen.

Dieser wurde erst 2013 neu gebaut und eingeweiht. Der sächsische Premierminister Graf Heinrich von Brühl war im 18.Jahrhundert Besitzer des Vorgänger-Parkes und hat den ursprünglichen Brunnen zu seinem Landgut in Pförten (Brody) bringen lassen.

Hinter dem Brunnen, in einem sich anschließenden Teil der Anlage, stehen die Neuzüchtungen.

Ursprünglich war die erste Ausstellung 1913 nur einmalig geplant. Sie war jedoch so erfolgreich, dass eine Tradition begann.

Rosengartenfesttage finden im Juni statt, und eine Rosenkönigin wird gekürt. Nur dieses Jahr musste beides ausfallen.

Anlässlich der 100-Jahrfeier 2013 erhielt die Neuzüchtung den Namen „Gräfin Brühl“. Es ist eine rosafarbene niedrige Buschrose, die im Augenblick gerade in voller Blüte ist.

Ich las Namensschilder von Personen wie J.W. von Goethe, Martin Luther oder Gebrüder Grimm bis hin zu Heidi Klum.

Eine dieser Neuzüchtungen trägt den Namen „Forster Rosentraum“. Diese Rose wechselt ihre Farbe zwischen rosa und gelb, und vor allem riecht sie gut.

Ich bin nicht so angetan vom Rosengeruch und allem, was man aus Rosenblättern produziert.

Wir erfuhren: 4 000 Kilogramm Rosenblätter benötigt man für einen Liter Rosenöl!

Wer benutzt das denn heutzutage? Ich kenne persönlich niemand.

Wird es exportiert? Ich kenne die Antwort nicht.

Meine Gäste tranken in der Mittagspause zumindest Rosenlimonade, Rosenpunsch und sogar Rosensekt.

Später sah ich während unseres Rundganges unter anderem eine kleine, grüne Rose; sie kam ursprünglich aus China und hob sich kaum von der Farbe der Blätter ab und eine „schwarze Rose“, die ich ohne Bezeichnung auf einem beigefügten Schild als „rot“ bezeichnen würde.

Die Geschichte der „Gloria Dei“, einer roten Rose, mit niedrigem Wuchs, aber zart und groß, beeindruckte mich.

Sie soll nach dem Krieg, während der Tagung der Staaten in Vorbereitung der UNO-Gründung, jedem potentiellen Mitgliedstaat überreicht worden sein.

Eine neue Tradition wurde zwischen dem Säulenhof und dem Wehrgraben begonnen. Ich nenne diesen Bereich „Themenrosen“, weil Bürger Rosenpflanzungen aus den verschiedensten Anlässen vornehmen lassen können: zur Geburt eines Kindes, zur Jugendweihe oder Hochzeit, zum Ehrengeburtstag und, und, und. Neben den Rosen stehen kleine Schildchen, die den Anlass der Pflanzung benennen. Es scheinen immer mehr zu werden.

Die Pflege gehört auch zu den Aufgaben der Gärtnerinnen.

Neben einem riesigen Trompetenbaum steht ein Kunstwerk, zwei Kraniche darstellend. Der eine reckt den langen Hals nach oben, der andere pickt scheinbar am Boden einen Wurm. Bei der Betrachtung von Baum und Kunstwerk standen wir hinter dem pickenden Vogel. Von hier aus hatte er scheinbar drei Beine.

Eine Dame war ganz aufgeregt. „Ein Tier mit drei Beinen habe ich noch niemals gesehen.“

Sie zerrte den Parkführer regelrecht zu den beiden Tieren und fragte immer wieder nach dem Namen des dreibeinigen Tieres. Der Führer verstand nicht, was sie wollte. Er war auf den Trompetenbaum fixiert, nannte den Namen deutsch und lateinisch. „Nein, nein, das dreibeinige Tier“, beharrte die Frau. Inzwischen waren fast alle auf das Missverständnis aufmerksam geworden.

Sie hatte den Kopf als drittes Bein gesehen und das Hinterteil als missgestalteten Kopf.

Die Zeit verging viel zu schnell. Wir durften die Mitarbeiter im Restaurant „Rosenflair“ nicht warten lassen. Aber 90 Minuten Freizeit nach dem Mittagessen rundeten den Aufenthalt ab.

Ich begann meinen privaten Besuch mit dem Wehrinselpark, einem Teil des Parkes, der im englischen Landschaftsstil gehalten ist. Alte, hohe Bäume spendeten mir Schatten.

Hier, auf diesem Abschnitt, gab es mehrmals Hochwasser. Deshalb wurde die Neiße reguliert, Wehrgräben angelegt und dadurch der Landschaftspark erweitert.

Ich wollte bis zu der Stelle laufen, wo der regulierte Mühlgraben in die Neiße mündet, also bis zum Grenzfluss.

Ein deutscher Künstler, Thomas Rother aus Essen, so hatte ich gelesen, habe neun „Grenzrosen“ aus Metall geschaffen, um an alle Menschen zu appellieren, Blumen statt Waffen zu produzieren.

Eines dieser kleinen Kunstwerke steht ganz am Ende der Wehrinsel, unmittelbar neben dem Grenzpfahl an der Neiße.

Ich hatte mir die Rose „wuchtiger“ vorgestellt; sie ist zart, ausgeschnitten aus einem Metallblatt und versehen mit einer Absichtserklärung in polnischer und deutscher Sprache.

Aber selbst hier wurde das Denkmal mit Aufklebern verschandelt.

Am Ende des Aufenthaltes fehlten zwei Damen. Wir warteten und warteten. Unser Bus stand als einziger Bus auf dem Parkplatz. Unübersehbar. Kein anderes „Großkaliber“, nur ein paar Autos. Wir waren in Forst, in keiner Großstadt. Passieren konnte eigentlich nichts. Es gab nur einen Eingang in den Rosengarten und einen Ausgang.

Nach einer Wartezeit von zirka zehn Minuten fuhren wir auf der Straße zurück in Richtung Eingang.

Da liefen die Frauen.

„Wir haben den Bus auf dem Parkplatz nicht gesehen“, war ihr Argument.

Was soll man da erwidern?

Auf dem Weg nach Hause bat ich unseren Fahrer, an der Forster Kirche vorbeizufahren. Wir hatten während des Rundganges viel vom Gründer dieser Parkanlage erfahren. Hier, in der Kirche, wurde er 1763 bestattet, der sächsische Premierminister August des Starken, Graf Heinrich von Brühl.

Heimfahrt.

Leise Musik erklingt, ich gehe durch den Bus, um zu sehen,

ob alle Gäste zufrieden sind.

Ich bleibe stehen, staune.

Eine Frau strickt.

Ich liebe Handarbeiten, aber mein erster Gedanke ist: Darf die denn das? Die spitzen Nadeln können bei einem plötzlichen Bremsvorgang zur Gefahr für die...

Erscheint lt. Verlag 2.3.2021
Sprache deutsch
ISBN-10 3-7534-3069-2 / 3753430692
ISBN-13 978-3-7534-3069-0 / 9783753430690
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