Zwischen Wind und Meer -  Elena P. Knoll

Zwischen Wind und Meer (eBook)

Eine Reise durch England und Schottland
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2021 | 1. Auflage
340 Seiten
TWENTYSIX (Verlag)
978-3-7407-0360-8 (ISBN)
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Mit dem Wohnmobil durch England und Schottland. Üppig hüllt der Ginster im Frühjahr die englischen und schottischen Hügel in ein strahlend gelbes Blütenmeer, als die Autorin sich mit ihrem Wohnmobil auf eine Reise quer durch das Land begibt. Nottingham, der Hadrianswall, Edinburgh und Falkirk sind nur einige der Etappen auf dem Weg zur "North Coast 500". Bei Stonehaven steht die Autorin auf der Millionen Jahre alten Verwerfung zwischen den Lowlands und den Highlands und auf den Hebriden wandert sie durch die Uig Sands, besucht den magischen Steinkreis von Callanish und folgt den blutigen Spuren der Scharmützel zwischen den MacDonalds und den MacLeods. Überall trifft die Autorin auf Zeugnisse der Vergangenheit: Sie besucht Flora MacDonald und Bonnie Prince Charlie auf Skye, Beatrix Potter im Lake District und John Cabot und seine "Matthew" in Bristol. Und immer wieder begegnet sie Heinrich VIII, dessen Zorn auf die römisch-katholische Kirche so schwerwiegende Folgen für das gesamte Land hatte. Mit Adressen, Bild- und Kartenmaterial.

Elena P. Knoll, geboren in Kassel, ist in Italien aufgewachsen. Nach einer Ausbildung zur Zeichenlehrerin in Rom hat sie sechs Jahre an der Italienischen Schule in Tunis unterrichtet. In den darauffolgenden Jahren arbeitete sie an der Deutsch-Tunesischen AHK, wo sie für Herstellung und Layout des Wirtschaftsmagazins "partenaire & développement" zuständig war. Zurück in Deutschland übernahm sie die Leitung eines kleinen Unternehmens im Münchner Süden. Seit 2012 widmet sich die Autorin nur noch dem Zeichnen und Schreiben. In ihren Zeichnungen und in ihren Büchern erzählt sie Geschichten von Zerstörung und Hoffnung, von Sehnsucht und Träumen, von der Schönheit unserer Erde und von den Spuren, die der Mensch auf ihr hinterlässt.

Kapitel 1
Harwich


In dem wir in Harwich an Land gehen und gleich eine
gute Portion Glück brauchen


In Hoek Van Holland waren wir unter den Ersten, die auf die Fähre gefahren sind – und jetzt sind wir die Letzten, die das Schiff verlassen.

Zwei elegante, doch störrische Oldtimer - ein moosgrüner und ein silberner Jaguar - haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Motoren wollten einfach nicht anspringen, und so sind die kleinen Sportwagen direkt vor uns stehen geblieben und unser aussichtsreicher Plan, als Erste vom Schiff zu rollen, ist verpufft.

Es ist schon fast dunkel, als wir endlich den Hafen von Harwich verlassen können, und natürlich fahren wir links. Dunkel, links und eine uns völlig unbekannte Gegend. Na, das kann ja heiter werden.

Für heute Nacht haben wir sicherheitshalber schon einen Campingplatz in der Nähe gebucht. ‚Bentley The Briar‘ heißt der Platz - noch ein traditionsreiches britisches Automobil.

Wir geben die ziemlich vage gehaltene Adresse in unser Tom-Tom Navi ein, und lassen uns Gott ergeben führen.

Nach etlichen Kreisverkehren, nicht gerade was man sich gleich zu Anfang im Linksverkehr wünscht, gelangen wir auf die Landstraße. Je dunkler der Himmel, desto schmaler die Straße. Und dann, irgendwann, umgibt uns nur noch Wildnis.

Und in dieser dusteren Wildnis taucht plötzlich eine Eisenbahnunterführung auf.

Auch das noch! Es geht deutlich bergab und die Eisenbahnbrücke sieht bedrohlich niedrig aus. Georg stoppt.

Eigentlich haben wir uns die Maße unseres Wohnmobils nur wegen der Umrechnung Meter/Feet aufs Cockpit geklebt. Den Carado T448 fahren wir zum ersten Mal, und daher haben wir noch gar kein richtiges Gefühl für seine Abmessungen. Jetzt erweist sich diese Idee direkt als Segen.

9 Feet und 6,18 Inch lese ich besorgt unsere exakte Höhe vor. Ein Blick auf das Warnschild auf der Brücke zeigt mir 9 Feet und 16,6 Inch an. Von der gegenüberliegenden Seite blinkt uns jetzt ein Auto hektisch an. Ich übersetze die Lichtsignale mit: »Vorsicht, da kommt ihr nie durch! Never ever.«

Rechnerisch müsste es aber gehen. Obwohl … wir haben auch noch eine Satellitenschüssel auf dem Dach … Ach was, die Müdigkeit verleiht uns Mut. Wird schon schiefgehen.

Im Schritttempo lässt mein Mann den Wagen auf den beängstigend niedrigen Durchgang zurollen, es geht um Millimeter. Und, so dumm es klingt, wir ducken uns im Auto instinktiv, während wir unter der Brücke durchfahren - und dann sind wir auf der anderen Seite. Das war knapp! Das Sprichwort »dicht daneben ist auch vorbei« bekommt hier eine ganz neue Bedeutung.

Zutiefst erleichtert fahren wir weiter durch die Dunkelheit. Auf dem Weg erkenne ich ein Schild, auf dem »Hazelnut Corner« steht, aber nichts weist hier auf einen Campingplatz hin. Was nun?

Wir halten unter einem großen Baum und ich rufe John D., den Besitzer des Campgrounds, an. Und der geht tatsächlich ran.

Als ich das Straßenschild beschreibe, meint er freudig: »Ihr seid schon ganz nah, nur noch zweihundert Meter! Ich stelle mich gleich raus auf die Straße und winke euch zu.«

So machen wir das, und ich danke aus tiefstem Herzen dem Erfinder des Handys, denn da steht der Mann doch glatt vor einer ganz unauffälligen Einfahrt und leitet uns auf eine dunkle Wiese, die wir von alleine nie und nimmer gefunden hätten.

Dieser Platz ist nämlich ausschließlich den Mitgliedern des »Camping und Caravanning Clubs« vorbehalten, dem wir vorsorglich vor einigen Wochen beigetreten sind. Er ist klein aber fein. Und wir haben sogar Strom. Luxus pur.

Bentley.

Früh am Morgen wachen wir bei strahlendem Sonnenschein auf und stellen fest, dass der Platz gar nicht so klein ist, wie wir dachten. Wir stehen auf einer riesigen Wiese, hellgrün, von hohen Bäumen umrandet und überall blitzen weiß blühende Sträucher heraus. Neben uns öffnet sich eine große Pferdekoppel. Es ist herrlich.

Heute ist Karfreitag, und wir frühstücken in diesem kleinen Paradies, in einem Ort von dem wir vorher noch nie gehört hatten, und der jetzt plötzlich ganz real geworden ist. Ja, und schon stehen John und seine Frau an der Tür und wünschen uns einen guten Morgen. Und dann erklären sie uns lachend, dass wir gestern Abend den denkbar ungünstigsten Weg eingeschlagen haben, um hierher zu gelangen. Ja, den Verdacht hatte ich auch schon. Aber ich habe dem Tom-Tom vertraut. Und das wiederum hat den kürzesten Weg für uns ausgesucht – allerdings nicht unbedingt den besten. Wir werden uns künftig vor den gut gemeinten Ratschlägen des Navis in Acht nehmen müssen.

Um elf Uhr fahren wir weiter nach Cambridge. Die weltberühmte Universitätsstadt möchten wir uns gerne ansehen. Und hundert Kilometer sind eine gute Übungsstrecke für den ersten Tag, denn an den Linksverkehr müssen wir uns mit unserem großen Fahrzeug erstmal gewöhnen.

Auf der Autobahn blicke ich gedankenversunken über das weite grüne Land, als unter uns sehr niedliche, krumm und bucklig aneinandergedrängte, von mittelalterlichem Charme umgebene Häuschen auftauchen. Begeistert drehe ich mich nach dem märchenhaften Städtchen, das da an uns vorbeizieht, um, als ein Straßenschild auftaucht: »St. Edmundsbury – a Jewel in the Crown of Suffolk«.

»Bitte, bitte«, rufe ich entzückt, »nimm die Ausfahrt. Das müssen wir uns ansehen!«

Mein Mann reagiert schnell, was in Anbetracht der Linkslenkung schon mal die erste Herausforderung ist. Die zweite Herausforderung folgt auf dem Fuß: Die Straßen, durch die er kurz darauf unser Wohnmobil lenken muss, sind eng und schmal. Gibt es noch eine Steigerung nach unten? Natürlich sind diese Wege im Mittelalter angelegt worden, und schon mit normalen Fahrzeugen nicht ganz leicht passierbar. Aber mit unserem Wagen – oh, my God! Tja, und dann sind wir auch schon mittendrin im Zentrum, und hier gibt es kein Wenden mehr und auch kein Zurückfahren. Es gibt vorerst nur eine Richtung, und in die werden wir von den nachfolgenden Autos gnadenlos gedrängt. Und obwohl wir uns ganz erbärmlich durchquetschen müssen, zeigt uns ein Blick auf das Städtchen, dass die Beschreibung nicht übertrieben war: Es ist ein Juwel. Jede andere Beschreibung würde Bury St. Edmunds nicht gerecht werden.

Als wir schon fast am Ortsausgang sind, finden wir zwei hintereinander zusammenhängende Parkplätze, auf denen wir halten können, und machen uns voller Vorfreude zu Fuß auf den Weg zurück ins Zentrum, genau genommen zur alles überragenden Kathedrale. Und jetzt können wir den Spaziergang auch genießen.

Zwischen kleinen schiefen Fachwerkhäusern leuchten Gärten mit rosa blühenden Kirschbäumen, Zierpflaumen und schneeweißen Magnolien. Die Glyzinien fangen bereits an, ihre blauen Trauben zu öffnen. Es ist ein Frühlingstag wie aus einem englischen Bilderbuch.

Die Kathedrale St. James ist schön und imposant, aber der wahre Schatz, der liegt dahinter verborgen, in einem wundervoll blühenden Park.

Langsam schlendern wir durch die Gärten und durch die Ruinen der ehemaligen Abtei von St. Edmund. Immer noch kann man erahnen, dass hier einst eines der wohlhabendsten Benediktinerklöster Englands stand.

Gegründet im 11. Jahrhundert, gehörten schon bald ausgedehnte Ländereien zu der Abtei. Der Reichtum muss immens gewesen sein – bis in den 1530ern der Zorn Heinrichs VIII ungebremst auf die englischen Klöster und Abteien niederprasselte. Ja richtig, genau der Heinrich VIII, der uns von allen englischen Königen am vertrautesten ist, und das eigentlich nur wegen der blutigen Spur, die zwei seiner vielen Ehen hinterlassen haben: Anne Boleyn und Catherine Howard wurden im finsteren Tower of London geköpft. Das war natürlich auch eine Möglichkeit sich scheiden zu lassen. Und so günstig. Vor allem aber war sie gruselig. Und deshalb hat sich dieser König schon in der Schule in mein Gedächtnis eingebrannt.

Und mit einer Scheidung hatten auch sein Zorn und sein Bruch mit Rom zu tun. Heinrich VIII war nämlich wütend auf Papst Clemens VII, weil dieser ihm die Scheidung von seiner ersten Frau, Katharina von Aragon, absolut nicht gewähren wollte. Die Antwort war und blieb »Nein«.

Wenn ein normaler Mensch wütend wird, schmeißt er mit Porzellan um sich, er schreit und tobt, gestikuliert und schneidet wilde Grimassen, und dann ist es auch wieder gut.

Und Heinrich? Heinrich Tudor zerstörte kurzerhand alle Klöster und Abteien im Königreich, bis wenig oder gar nichts von ihrer Pracht und Schönheit - vor allem aber natürlich von ihrem Reichtum – übrigblieb. Gleichzeitig brach er mit der römisch-katholischen Kirche und gründete die Anglikanische Staatskirche, die Church of England. Bamm! Das nenne ich wütend. Isn’t it?

Nachdenklich betrachten wir die noch sichtbaren Zeugnisse der königlichen Rage. Und trotz der immensen Tragik...

Erscheint lt. Verlag 6.1.2021
Sprache deutsch
ISBN-10 3-7407-0360-1 / 3740703601
ISBN-13 978-3-7407-0360-8 / 9783740703608
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