Digitalisierung -  Lis Tentome

Digitalisierung (eBook)

Ein katastrophales Praxisbeispiel

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
184 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-9861-9 (ISBN)
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Wer dieses Buch nicht liest, weiß über die dunkle Seite der Digitalisierung nicht genug. Lis Tentome beschreibt den geradezu schaurigen Verlauf eines großen IT-Projekts in einem Unternehmen. Wer diesen real existierenden Albtraum liest, ist auf unangenehme Art gefesselt und kann nicht mehr aufhören zu lesen.

Eine gestandene Frau mit einem unglaublichen Erfahrungsschatz im Privat- und Berufsleben erzählt unzensiert, ehrlich, offen und unangepasst. Sie erschafft mit ihren Büchern einen ganz eigenen Stil, indem sie autobiographische Erzählungen und persönliche Reflexionen mixt. Lis Tentomes Bücher eröffnen Einblicke in Welten, über die viel zu oft geschwiegen wird. Sie sind deshalb Offenbarungen und Lebens-ratgeber zugleich.

EINFÜHRUNG


Das Projekt, über welches wir hier sprechen, ist ein Projekt zum Zwecke der Einführung eines HR IT-Systems. Das System sollte die zukünftigen Personalprozesse des Unternehmens abbilden und global in allen Gesellschaften des Unternehmens zum Einsatz kommen.

Damit man all die weiteren Details in diesem Buch besser versteht und die Aufregung und Konsequenzen, die damit einhergehen, ist es notwendig, in diesem Kapitel zunächst grob das gesamte Projektgeschehen und seine Schwachpunkte zu schildern. So lässt sich zu Beginn ein ganzheitliches Bild dieses Projekts darstellen.

Das Unternehmen, in welchem das HRIS eingeführt werden soll, ist ein weltweit agierendes mittelständisches deutsches Produktionsunternehmen mit Gesellschaften oder Vertriebsstätten in vielen Ländern der Welt, darunter etwa in den USA, Russland und China. Die Unternehmenslandschaft ist sehr fragmentiert. Das bedeutet, dass die dezentrale Organisation dafür verantwortlich ist, dass die autarken Einheiten in mancherlei Hinsicht schwerer zu erreichen sind, was sich dann beispielsweise in fehlenden IT-Systemen, mangelnder Kenntnis über relevante Themen oder fehlende Ressourcen bemerkbar macht.

In einem ersten Schritt und vor der Entwicklung einer Strategie für dieses Projekt wurde für das Gesamtunternehmen eine Bedarfsanalyse erarbeitet: Welche Dienstleistungen werden aktuell nicht angeboten, welche Services werden künftig gewünscht beziehungsweise benötigt? Im Rahmen dieser Analyse hat man mit den Fachexperten (künftig als Subject Matter Experts (SMEs) bezeichnet) gesprochen, um zu erfahren, wo Prozesse nicht funktionieren oder wo welche fehlen. Zudem wurde im Rahmen dieser Analyse die derzeit aktuelle HR IT-Landschaft analysiert: Mit welchen Systemen oder Systemanschlüssen werden etwa Prozesse wie Recruiting oder Gehaltsabrechnung umgesetzt? Diese Analyse wurde teilweise intern absolviert. Im Rahmen der Pre-Sales-Aktivitäten erledigten dies auch der zukünftige Implementierungspartner und der Anbieter des HRIS-Systems (Vendor). Es wurde ein Dokument dazu erstellt, welches die Grundlage für einen späteren Software-Projektrahmen (Project Framework) werden sollte.

Parallel zur Qualitätssicherungsanalyse (QS) wurde an der Human Resources-Strategie (HR Strategie) gearbeitet. Dabei überlegten die Verantwortlichen, wie die zukünftige Ausrichtung der HR aussehen soll und wie sich das in den internen Services der HR-Abteilungen weltweit niederschlagen sollte. Im Detail fragten wir uns, was genau soll sich in der Rekrutierung von Personal verbessern, was soll zentral vorgegeben und was kann dezentral der Gestaltungsfreiheit der internationalen Gesellschaften überlassen werden?

Nachdem das globale HR-Strategiedokument erstellt worden war, folgte die Abstimmung über die dazu passende IT-Strategie für die zukünftige Prozesslandschaft, die sogenannte HR IT-Strategie. Die Frage war, wie die zukünftige IT-Landschaft mit diesen ganzen HR-Vorhaben aussehen sollte. Überlegt wurde, eventuell einige bestehende Systeme zu behalten oder gleich alle abzulösen und auf ein einheitliches System umzusatteln. Man prüfte die Ausstiegsbedingungen aus den aktuellen Verträgen (Zeit und Kosten) und schätzte den Aufwand für eine Umdisponierung auf das neue System. Geschäftsrelevante Systeme wurden genauer analysiert. Zu nennen wäre hier etwa „Health Check“ des Human-Capital-Management-Systems von der SAP. Wegen ihrer Komplexität wurden diese Systeme zum besseren Verständnis im Rahmen des Projektes auch illustriert. Die Komplexität solcher Systeme erklärt sich zum einen aus dem historisch gewachsenen jeweils kundenspezifischen Zuschnitt (Customizing) – was in unserem Fall für sich schon einen Wahnsinn hinsichtlich der Komplexität ergab. Zum anderen ergab sich die Komplexität aber auch aus der Abhängigkeit, die durch die Anbindung an andere Systeme entsteht. Das ging dann so weit, dass man kaum noch einschätzen konnte, welche Folgen die Abkopplung eines Systems über die sofort erkennbaren Konsequenzen hinaus für die anderen Prozesse im Unternehmen haben wird. Die Illustration dieser Zusammenhänge im Rahmen der Projektpräsentationen zeigte dann die Bedarfe für neue, zukunftsorientiertere sowie einfachere IT-Lösungen (und eine IT-Strategie im Unternehmen) noch deutlicher auf.

Als dann die HR IT-Strategie prinzipiell stand, wurden anhand gründlicher Vergleiche die sich am Markt tummelnden Anbieter von Softwarelösungen für HR-Prozesse geprüft. Unterschieden wurde zwischen den Spezialisten und den Anbietern so genannter Software-Suites. Die Spezialisten (Best-of-Breed = BoB) sind meist kleinere Softwareanbieter, welche sich auch häufig auf eine bestimmte Serviceschiene im Bereich HR spezialisiert haben, beispielsweise auf Talent Management oder Learning. Sie sind günstiger und haben häufig gute Softwarelösungen mit schicken Features. Allerdings weisen ihre Lösungen oft Schwächen bei der globalen Verbreitung, bei der Robustheit sowie in Einzelfällen bei der rechtskonformen Auslegung internationalen Rechts (Compliance) auf. Bei den Suite-Lösungen, so genannten Best-of-Suite (BoS), handelt es sich um Kaliber von der Größenordnung, wie sie die SAP mit HCM oder die Workday Inc. sowie die Oracle Corp. anbieten. Sie bieten in der Regel mehr Sicherheit als die BoBs und eine Reihe weiterer Vorteile für größere beziehungsweise global tätige Unternehmen. Zudem sind sie in vielen anderen Kriterien (etwa bei EU-Datenschutzverordnungen à la DSGVO respektive der englischen Entsprechung General Data Protection Regulation = GDPR) stärker und meist in den Lünendonk-Listen und Gartner-Quadranten dieser Welt besser platziert. Welche Entscheidungen wir fällten, für BoB oder BoS, beschreibe ich in den nächsten Kapiteln.

Von vorn herein haben wir ein schwieriges Projekt erwartet, weil wir wussten, dass die Unternehmensprozesse sehr veraltet sowie die Zahl geschulter Mitarbeiter, z.B. in Bezug auf das Projektmanagement, im Unternehmen unzureichend waren. Dennoch mussten wir auf dem Weg nach vorn mit dem beginnen, was uns zur Verfügung stand.

Die Unternehmensprozesse waren nicht nur alt und daher nicht zeitgemäß oder nicht sicher (zum Beispiel in Bezug auf neue gesetzliche Vorgaben), sondern auch ineffizient. Das konnte nicht einen Tag länger mehr so bleiben. Das ganz dringende Ziel war, die Unternehmensleistung in Sachen HR-Prozesse und damit den gesamten HR-Service für alle Stakeholdergruppen zu verbessern. Man könnte sich dazu etwa am Bild des Reifegradmodells eines Führungsmodells im Unternehmen orientieren. Die Ist-Situation sah unsere Firma demnach eher im linken Quadranten, also dem nur Reaktiven verortet. Ziel war, das ganze Unternehmen und seine Prozesse im Reifegradmodell in die rechten Quadranten, also Richtung Serviceorientierung und proaktive Prozesse, zu verändern. Denn das war entscheidend für den künftigen Unternehmenserfolg.

Hierzu mussten parallel zur Softwareeinführung neue HR-Prozesse definiert werden. Die organisatorischen, technischen und fachlichen Gegebenheiten im Bereich der HR-Prozesse waren im gesamten Unternehmen nicht befriedigend. Folglich war insgesamt der Arbeitsstandard im Bereich HR niedrig. Ohnehin nur wenige HR-Experten sahen sich zudem mit überholten und unsicheren HR-Prozessen konfrontiert. Trotzdem mussten sie bei gestiegenen Anforderungen ihren Kunden und vielseitigen Interessenvertretungen (Bewerber, Mitarbeiter, Geschäftsführung) gerecht werden. Dieser Richtungswechsel war nur mit einer Neuorientierung sowie einer neuen Software machbar.

Eingedenk dieser Ausgangslage war uns eine weitere Schwierigkeit bewusst – die fachliche und ressourcenmäßige Besetzung der Projekte. Wir waren zu wenige und die wenigen waren fachlich nicht stark genug für so ein Projekt. Das kam jedoch nicht von ungefähr. Jahrelang hat man zu wenig in die Besetzung und Förderung der HR-Positionen investiert. Folge: Es standen nun nicht ausreichend Mitarbeiter zur Verfügung, die stark im modernen HR und die zudem des Englischen mächtig waren, was für das Projekt unabdingbar war. Unsere fachlichen Experten (SMEs = Subject Matter Experts) waren schon gewillt mitzuziehen. Aber sie konnten die für das Projekt relevanten Defizite nicht innerhalb weniger Wochen ausgleichen.

Außerdem fiel jeder Ausfall, etwa wegen Krankheit oder Urlaub, im Projekt ins Gewicht. Eben mal schnell das globale HR-Team aufzustocken, war nicht machbar. Sinnvoll wäre es zudem nicht gewesen, denn wir hatten uns schon mit der ganzen Implementierungs-Initiative auf den Weg gemacht. Also hofften wir alle und vor allem ich, dass die Verstärkung in Sachen Fachlichkeit und Manpower von den externen Beratern kommen würde.

Sowohl der Lösungsanbieter (Vendor) als auch der Implementierungspartner hatten uns glaubhaft versichert, sie würden uns intensiv und kompetent unterstützen. Zudem waren wir auch grundsätzlich bereit, für die eine oder andere Leistung zusätzlich Geld auszugeben. Aber, wie es sich dann herausgestellt hat, haben sowohl der Lösungsanbieter als auch der Implementierungspartner selbst die Basisberatung im Projekt schon als Änderungswunsch (Change Request) gesehen. Mit...

Erscheint lt. Verlag 8.12.2020
Sprache deutsch
ISBN-10 3-7526-9861-6 / 3752698616
ISBN-13 978-3-7526-9861-9 / 9783752698619
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