Weihrauch, Kaffee und Rebellen -  Maria Reddig

Weihrauch, Kaffee und Rebellen (eBook)

Zwei Jahre in Afrika

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
244 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-0095-7 (ISBN)
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Äthiopien, das Land am Horn von Afrika, ist für ein Jahr das Zuhause der Autorin. Während dieser Zeit lernt sie das Land und seine Menschen lieben und schätzen. Als sich ein Bürgerkrieg anbahnt muss die Autorin das Land verlassen. Danach lebt und arbeitet sie ein Jahr an der westafrikanischen Küste und bereist hier fast alle Länder.

Die Autorin, Maria Reddig, arbeitete 16 Jahre als Erzieherin, bevor sie eine Stelle als pädagogische Beraterin bei einer Internationalen Hilfsorganisation antrat. Ihr Weg führte sie zunächst nach Äthiopien und in Länder an der westafrikanischen Küste. Danach folgten Einsätze in Nordzypern, Jordanien und Albanien. Nach sieben Jahren kehrte sie nach Deutschland zurück und arbeitete 20?Jahre als Leitung von Kindertagesstätten. Seit Maria Reddig im Ruhestand ist, widmet sie sich wieder ihrer großen Leidenschaft - dem Reisen. Für den Senioren Experten Service (SES), einer Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit, führt sie ehrenamtliche Einsätze im Ausland durch.

Es ist der 10. Februar 1990 • Auf geht’s nach Äthiopien


Die Maschine von Ethiopian Airlines befindet sich kurz vor dem Landeanflug, da ertönt eine Durchsage des Flugkapitäns. Über Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, tobt gerade ein heftiges Gewitter. Am Flughafen und in der ganzen Stadt herrscht Stromausfall. Wir, die Passagiere, sollen Geduld haben, da sich die geplante Landung noch ein wenig verzögere.

…ein wenig verzögere? das kann ja wohl nicht wahr sein!

Meine Nerven liegen blank. Meine Flugangst treibt mir Angstschweiß auf die Stirn. Die Nervosität, die sich im Laufe des ruhigen Fluges gelegt hatte, befällt mich wieder. Vorsichtig strecke ich meinen Hals und wage einen Blick aus dem Fenster. Aber es ist absolut nichts zu sehen. Nur die tiefschwarze Nacht um uns herum. Keine Lichter einer Stadt, keine Lichter einer Landebahn.

Mit festem Druck umklammere ich meine Armlehnen. Die Durchsage des Flugkapitäns wirkt alles andere als beruhigend auf mich.

Geduld – das fängt ja gut an!

Ich bin nicht nur müde vom sechsstündigen Flug, sondern auch erschöpft von den Anspannungen der vergangenen Wochen.

Der Stress der letzten turbulenten Tage steckt mir immer noch in den Knochen. Viel war noch zu erledigen, zu packen, zu organisieren. Und Abschied nehmen! Ein Abschied für eine ungewiss lange Zeit. Ein Abschied von der Familie, von Freunden, ein Abschied von Deutschland.

Während die Maschine so ihre Kreise am Himmel über Äthiopien zieht, versuche ich mich abzulenken. Meine Gedanken kehren zurück an den überraschend großen Abschied am Frankfurter Flughafen.

Schwer beladen mit meinem Handgepäck stehe ich oben auf der Rolltreppe. Ich schaue überrascht auf die vielen Menschen am Ende der Treppe, die mir fröhlich zuwinken.

Alle zwanzig Kinder meiner Kindergartengruppe sind mit ihren Eltern gekommen um mir, ihrer Erzieherin, ‚tschüss‘ zu sagen. Und damit nicht genug, haben sich fast alle meine Freunde dazugesellt. Und das, obwohl wir uns vor einer Woche bei meiner großen Party bereits verabschiedet hatten. Ich schaue meine Schwester und meine Mutter, die hinter mir stehen, fragend an. Die beiden lachen verschmitzt. Natürlich waren sie eingeweiht in diese Überraschung und hatten sie mit vorbereitet.

Mit großem Hallo werde ich begrüßt. Die Kinder stürmen auf mich zu, ziehen und zuppeln an meiner Jacke. Wollen meine Aufmerksamkeit. Die meisten lachen aufgeregt und fragen, wann ich wiederkomme. Nur ein Kind weint und scheint verstanden zu haben, dass ein Wiedersehen ungewiss ist.

Ich kann es immer noch nicht fassen. Sie alle sind an diesem frühen Samstagmorgen zum Flughafen gekommen, um mir eine gute Reise und viel Glück zu wünschen.

In dem ganzen Tohuwabohu ergreift meine Schwester die Initiative und packt Pappbecher aus und meine Bekannten zaubern Sektflaschen aus ihren Taschen. Meine Mutter hat an die Kinder gedacht und verteilt Süßigkeiten. Die Sektkorken knallen und erschreckte Reisende, die an uns vorübergehen, schauen uns neugierig an. Wir machen Fotos, prosten uns mit unseren Pappbechern zu und plappern alle kreuz und quer miteinander. Viele der Eltern kenne ich schon über mehrere Jahre, habe zwei oder gar drei ihrer Kinder durch ihre Kindergartenzeit begleitet. Sie alle überschütten mich mit guten Wünschen.

Aber die kleine Party findet dann doch ein ziemlich rasches Ende. Es ist Zeit für mich zum Gate zu gehen.

Nun fließen Tränen und es bleibt mir keine Zeit mich von jedem Einzelnen zu verabschieden. Als die Kinder mir noch ein extra für mich umgedichtetes Lied vorsingen, muss selbst ich, die ich normalerweise nicht sehr nahe am Wasser gebaut habe, mit den Tränen kämpfen.

Ein letztes langgezogenes »Tschüüüß« von allen und ich gehe in Begleitung meiner Schwester und meiner Mutter zur Passkontrolle.

Auch wenn alle furchtbar traurig sind, bei mir überwiegt die Vorfreude auf mein neues unbekanntes Leben. Bei der Anspannung und Erwartung auf das, was kommen wird, bleibt mir kein Raum für Traurigkeit. Und so überlasse ich das große Trauern den Zurückbleibenden und schaue vorwärts. Vorwärts auf mein zukünftiges Leben in Afrika. Afrika war schon lange mein Traum und nun sollte er tatsächlich wahr werden. Da draußen wartet das große Abenteuer auf mich.

Vor der Passkontrolle kommt dann der Abschied von meiner Schwester und meiner Mutter. Meine Mutter leidet, weil ihr jüngstes Kind allein in die Welt zieht. Der Abschied ist sehr schwer für sie. Ich passiere die Passkontrolle, schaue ein letztes Mal zurück, winke noch einmal kräftig mit hoch erhobenen Armen und schreite schließlich mit Entschlossenheit zu meinem Gate.

Jetzt nur keine Wehmut aufkommen lassen!

Meine Aufmerksamkeit gilt den Hinweisschildern, die mir die Richtung zu meinem Flugzeug weisen. Der Gurt meiner Reisetasche drückt schwer auf meiner Schulter. Ich zwinge mich zu einem entspannten Lächeln, als ich die Stufen zum Flugzeug emporsteige. Die Stewardess mustert kritisch mein riesiges Handgepäck. Glücklicherweise ist mein Platz ganz vorne, sodass ich nur noch locker und elegant die schwere Tasche in das Gepäckfach heben muss.

Da sitze ich nun, eingequetscht zwischen zwei ziemlich korpulenten Damen, die mir freundlich zulächeln. Ich lächle zurück, rutsche in meinem Sitz zurecht und versuche mir etwas Platz zu erkämpfen.

Mit lautem Getöse erhebt sich das Flugzeug in den Himmel. Frankfurt entschwindet langsam aus meinem Blickfeld. Immer kleiner werden die Häuser, bis sie wie winzige Spielzeughäuser aussehen.

Ich schrecke aus meinen Gedanken auf. Eine erneute Durchsage des Kapitäns. Doch leider verheißt auch sie nichts Gutes. Wir müssen weiter über der Stadt kreisen, haben immer noch keine Landeerlaubnis. Beunruhigt schaue ich mich um. Die anderen Passagiere wirken relativ unbeeindruckt durch diese Nachricht. Alle liegen dösend und teilnahmslos in ihren Sitzen.

Also schließe auch ich wieder meine Augen und lasse die Erinnerungen an die letzten Wochen an mir vorbeiziehen.

Ich denke zurück an den Tag, der mein Leben veränderte.

Eine Freundin brachte mir eine kleine Anzeige aus einer lokalen Zeitung mit. Eine Hilfsorganisation suchte eine Erzieherin für ihre Projekte in Afrika. Mein allgemeines, stets präsentes Fernweh und meine ausgeprägte Reiselust waren in meinem Freundeskreis nur allzu gut bekannt. Hinzu kam, dass ich mich privat gerade in einer Phase der Veränderung befand. Aber auch beruflich wollte ich etwas Neues anfangen, nachdem ich mehrere Zusatzausbildungen erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Ich las die Anzeige mit großem Interesse, war aber doch sehr skeptisch, da diese Organisation jemanden mit Auslandserfahrung und Französischkenntnissen suchte. Damit konnte ich nun nicht gerade aufwarten. Meine Französischkenntnisse beliefen sich auf ein Jahr Unterricht während meiner Gymnasiumzeit und meine Auslandserfahrung beschränkte sich auf meine zahlreichen Urlaube. Meine Kenntnisse und Erfahrungen entsprachen also nicht unbedingt den Erwartungen.

Doch manchmal muss man über sich hinauswachsen und das Unmögliche anstreben. Nur dann kann das Unmögliche möglich werden! Also warum nicht einen Versuch starten?

Ich war seit zwei Jahren solo, bereits siebenunddreißig Jahre alt und sagte mir, wenn nicht jetzt, wann dann?

Der Wunsch nach etwas ganz Neuem, vielleicht auch Außergewöhnlichem war da. Und so kam es, dass ich schon bald eine Bewerbung schrieb. Ich gab mir große Mühe, um ein formvollendetes Schreiben zu erstellen. Wieder und wieder zog ich einen neuen Bogen Papier in meine Schreibmaschine, bis ich schließlich mit dem Ergebnis zufrieden war. Mit leicht gemischten Gefühlen ob meiner Tat trug ich den dicken Briefumschlag zum Postamt.

Das war im Frühjahr 1989.

Mein Optimismus über einen Erfolg dieser Aktion, hielt sich in Grenzen. Die Wochen vergingen und als ich schon lange nicht mehr daran dachte, zog ich eines Tages einen großen Umschlag aus meinem Briefkasten. Als ich den Stempel der Hilfsorganisation sah, stieg meine Aufregung. Der Brief enthielt Informationen zur Organisation und eine Einladung für ein erstes Treffen mit einer Mitarbeiterin in München. Ich starrte auf das Schreiben.

Das Unmögliche war wahr geworden!

Klar, noch hatte ich den Job nicht. Aber immerhin eine erste Einladung. Sehr seriös fand ich die Vorgehensweise allerdings nicht, mich zu einem Bewerbungsgespräch in einem Café zu treffen. Aber ungewöhnliche Dinge bedürfen auch ungewöhnlicher Maßnahmen. Ich wartete noch, bis sich meine Aufregung ein wenig gelegt hatte. Schließlich wählte ich mit zittrigen Fingern die angegebene Telefonnummer. Es meldete sich eine Ursula Baum und sie erklärte mir, dass sie in Äthiopien tätig sei und gerade in München im Heimaturlaub wäre. Aus diesem Grunde sollten wir uns möglichst bald, vor ihrer Rückreise treffen. Sie nannte mir ein Café in der Münchner Innenstadt....

Erscheint lt. Verlag 8.12.2020
Sprache deutsch
ISBN-10 3-7526-0095-0 / 3752600950
ISBN-13 978-3-7526-0095-7 / 9783752600957
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