Pferdehaltung, Ställe und Reitanlagen -  Gerlinde Hoffmann

Pferdehaltung, Ställe und Reitanlagen (eBook)

Orientierungshilfen für Bau und Modernisierung
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2020 | 1. Auflage
FNverlag
978-3-88542-940-1 (ISBN)
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Dieses Standardwerk ist ein Muss für jeden Bauherren oder Pferdehalter, der nach Orientierung für Neubauprojekte sucht oder sein Angebot zukunftsfähig und umweltschonend weiterentwickeln möchte. Mit über 330 Fotos und 100 Abbildungen •dient es als detaillierte Planungshilfe, •liefert es umfassende Hintergrundinformationen, •dient es der Fehlervermeidung und somit der Nachhaltigkeit und Kostenersparnis. Die komplett überarbeitete und erweiterte Auflage der Orientierungshilfen für Bau und Modernisierung liefert umfassende Informationen zu allen Aspekten rund um die Planung und Umsetzung des Neubaus oder Umbaus sowie der Erweiterung oder Modernisierung von Ställen und Reitanlagen mit zugehörigen Einrichtungen. Sie dient Pferdehaltern, Bauherren sowie Pferdefreunden als detaillierte Planungshilfe mit vielfältigen übergreifenden Aspekten sowohl für kleine, in Eigenregie erbaute Ställe, als auch für große Anlagen. Hierbei werden neben Grundwissen zu den Ansprüchen des Pferdes und Anforderungen an verschiedene Haltungsformen, einschließlich der dazugehörigen Sicherheitsaspekte auch die Umweltverträglichkeit, die Nachhaltigkeit, die erneuerbaren Energien, sowie rechtliche Aspekte und aktuelle bauliche Anforderungen berücksichtigt. Durch ein umfangreiches Stichwortverzeichnis, übersichtliche Glossars, Checklisten, ein detailliertes Abbildungsverzeichnis und viele anschauliche Grafiken können sowohl einzelne Aspekte als auch umfassende Informationen nachgeschlagen und für die Planung einer Reitanlage übertragen und verwendet werden. So kann dieses Nachschlagewerk bereits im Vorfeld einer guten Planung und somit letztendlich auch der Kosteneinsparung dienen. Aus dem Inhalt: •Ansprüche des Pferdes •Faktoren des Stallklimas •Haltungsformen Anforderungen, Prinzipien, Abmessungen und Einrichtungen der verschiedenen Haltungsformen •Reit- und Longierhallen, Reitplätze, Außenanlagen •Auslauf, Führanlagen, Koppeln •Reitwege, Geländestrecken •Planung, Baurecht, Brandschutz, Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit, Diebstahlsicherung, Sicherheit und Unfallverhütung •Lager- und Nebenräume •Aufenthaltsräume, Servicebereiche

1 Anforderungen an die moderne Reitanlage


1.1 Im Mittelpunkt steht das Pferd


Pferdehaltung hat viele Facetten. Und so staunen auch langjährige Beobachter immer wieder über das Verhalten und die Reaktionen ihrer Pferde. Viele der ganz eigenen Ansprüche der Pferde können aus ihrer Entwicklungsgeschichte erklärt werden. Die Artenvielfalt unserer Erde entwickelte sich in Anpassung an bestimmte Lebensräume in Konkurrenz oder Kooperation mit anderen Lebewesen, Pflanzen und Tieren über sehr lange Zeiträume hinweg. So wurden Pferde in der geradezu unvorstellbaren Zeit von 60 Millionen Jahren zum hoch spezialisierten Fernwander-, Flucht- und Herdentier, bestens angepasst an den Lebensraum Steppe.

Etwa 6.000 Jahre menschlicher Einfluss reichte zwar, vielerlei Rassen und Schläge hervorzubringen, das arteigene Verhalten und die spezifi schen Ansprüche konnte er jedoch nicht wesentlich ändern. Also gelten folgende Grundsätze:

Faszinierende Rassenvielfalt

Wander- und Fluchttier, Bewegung


Unter naturnahen Verhältnissen bewegen sich Pferde im Herdenverband, Gras fressend und dabei langsam voranschreitend, einen größeren Teil des Tages. Bei knapper Futterverfügbarkeit in karger Natur können bis zu 16 Stunden am Tag und 4 bis 15 km zusammenkommen. Getrabt oder galoppiert wird, um einen Ortswechsel vorzunehmen oder spielerisch, auch um die Leistungsfähigkeit für die Flucht und lange Strecken aufrechtzuerhalten. Das Pferd reagiert sehr schnell und hat ein ausgesprochen leistungsfähiges Herz-Kreislauf-System. Wenn es eine Bewegung oder bedrohlich Wirkendes wahrnimmt, hebt es den Kopf und rennt sofort los. Erst in einiger Entfernung bleibt es stehen und versucht, den Auslöser genauer zu inspizieren und zu bewerten. Nur wenn es sich in die Enge gedrängt fühlt, wehrt sich das Pferd mit Ausschlagen oder Beißen.

Mangelnde Bewegung bedingt Steifheit: Sehnen, Bänder und Gelenke verlieren ihre Elastizität und sind vermehrt anfällig. Bewegungsmangel behindert zudem die Selbstreinigungsmechanismen der Atemwege und beeinträchtigt den gesamten Stoffwechsel. Je stärker das Haltungssystem die Bewegungsfreiheit einschränkt, umso wichtiger ist ein Ausgleich durch tägliches der Kondition angepasstes Bewegen der Tiere, das physiologisch sinnvoll aufgebaut sein muss (Aufwärmphase usw.) und das jeweilige Pferd nicht überfordert. Unvermittelte, zu hohe und zu lang anhaltende Belastungen sind schädlich. Ausgiebiges Reiten in der Natur fördert die Stärken des Pferdes hinsichtlich Balance, Bewegungsfreude, Koordination, Trittsicherheit und Ausdauer. Es ist zu wenig, Pferde nur eine Stunde am Tag zu bewegen. Daher werden Flächen für Koppeln und/oder eine genügende Anzahl von Auslaufflächen benötigt. Ausläufe sollen ganzjährig benutzbar sein.

Pferde sind Bewegungstiere

Herde, Sozialkontakte, Rangordnung, Ruhe


Pferde sind gesellige Tiere und finden Sicherheit in der Herde. Sie fühlen sich wohl, wenn sie gemeinsam fressen oder ruhen können, Verhaltensbiologen nennen das synchrones Verhalten. Dabei ist ein Herdenmitglied, meistens eine Stute, wachsam und behält die Umgebung im Auge. Innerhalb der Herde bestehen gefestigte Beziehungen. Pferde können sehr ausdrucksstark über Körpersprache kommunizieren: Oft reicht nur ein Senken des Kopfes, das leichte Anlegen der Ohren und minimales Hochziehen der Nüstern, um ein rangniedriges Tier in seine Schranken zu weisen. Wird die Ordnung in der Herde nicht akzeptiert, etwa weil sich ein Hengst eine Stute erobern will oder weil neue Pferde in ein Haltungssystem kommen, dann kann es zu ernsthaften, verletzungsträchtigen Auseinandersetzungen kommen. Die Beobachtung von Pferden und ihres Verhaltens in der Gruppe ist Voraussetzung für die richtige Deutung und Einordnung ihrer Ausdrucksweisen: Wie gehen sie miteinander um, wie nähern sie sich an, welche Vorlieben, Freundschaften bestehen, welche Pferde gehen sich aus dem Weg. Welches Pferd ist eher zurückhaltend und ängstlich, welches mutig und dominant?

Werden die Bedürfnisse der Pferde als soziale Lebewesen nicht berücksichtigt, können Probleme im Umgang mit ihnen und sogar Verhaltensstörungen entstehen. Die Haltung eines einzelnen Pferdes ohne soziale Partner ist nicht pferdegemäß! Auf das soziale Gefüge zwischen den Pferden muss nicht nur bei Haltung in Gruppen, sondern auch bei Einzelaufstallung Rücksicht genommen werden.

Die Kontaktmöglichkeiten zwischen den Artgenossen sind so frei zu gestalten, wie es der Haltungszweck erlaubt. Bei Boxenhaltung sind mindestens Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zwischen den Tieren unverzichtbar. Darüber hinaus sollen Pferde, die als Fluchttiere nur durch stetige Wachsamkeit und Kontrolle der Umgebung überleben konnten, am Geschehen in ihrer Umgebung angemessen teilhaben können. Zusätzlich ist die Möglichkeit zum gemeinsamen Auslauf zu schaffen. Insbesondere in Gruppenhaltungen muss gleichzeitig darauf geachtet werden, dass rangniedrige Pferde zur Ruhe kommen. Dafür sind ausreichend große, strukturierte Flächen vonnöten. Jede Eingliederung neuer Pferde muss behutsam erfolgen.

Unter naturnahen Bedingungen bestehen ständig soziale Interaktionen

Die Aufzucht junger Pferde in gemischt-altrigen Gruppen fördert das Einüben sozialen Verhaltens und regt zu ausreichender Futteraufnahme und Bewegung an.

Beim Umgang mit Pferden und ihrer Nutzung muss der Pferdehalter und Reiter ihr Verhalten und ihre Reaktionen kennenlernen und berücksichtigen. Wird der Mensch als höherrangiger Sozialpartner akzeptiert, schafft das – richtig ausgeübt – zugleich Vertrauen, Respekt und Sicherheit. Unsicherheiten und Zweifel, zögerliches Auftreten und fehlende Konsequenz spüren Pferde sofort. Oft führt das zur Verunsicherung und zu Schwierigkeiten in der Verständigung, die gefährlich werden können.

Klimaansprüche: Temperatur, Luft, Licht


Die Anpassung an den Lebensraum Steppe erforderte eine hohe Verträglichkeit gegenüber sowohl hohen als auch tiefen Temperaturen. Daher verfügen Pferde über die im Vergleich zu anderen Haustieren besonders ausgeprägte Fähigkeit zur Thermoregulation und sind somit auch gegenüber großen Temperaturschwankungen unempfindlich. Die Fähigkeit zur Thermoregulation ist trainierbar, also sind in kalten oder offenen Ställen gehaltene Tiere unempfindlicher als Tiere, die in warmen Ställen gehalten werden. Die Stalltemperatur soll somit der Außentemperatur folgen. Je kleiner der Aufenthaltsbereich allerdings ist, zum Beispiel weil nur die Box zur Verfügung steht, desto mehr sind Extreme an Hitze, Kälte oder Wind zu begrenzen, da die Pferde nicht selbst ausweichen und geschütztere Bereiche aufsuchen können.

aus Schnitzer, 1970

Abb. 1: Pferde sind im Vergleich zu anderen Haustieren besonders angewiesen auf Licht, Luft und Bewegung

Das Pferd kann lange Strecken ausdauernd zurücklegen und enorme Leistungen vollbringen. Eine Voraussetzung ist der hoch spezialisierte Atmungsapparat, der indes zugleich besonders empfindlich gegen Staub und Schadgase ist. Daher müssen die relative Luftfeuchte und Gaskonzentration, der Staub- und Keimgehalt im Stall in einem gesundheitlich unbedenklichen Bereich gehalten werden, dafür sind die ausreichende Frischluftversorgung und Luftzirkulation unverzichtbar.

Auf der Weide suchen Pferde zum Lagern stets Flächen auf, die besonders dem Wind ausgesetzt sind, auch im Winter. Ihre Vorliebe für Wind liegt daran, dass sie – immer auf der Hut vor Unbekanntem – ihre Umgebung instinktiv im Blick und „in der Nase“ behalten wollen. Pferdehalter sind dagegen mitunter aus falscher Angst vor Zugluft bemüht, alle Fenster und Tore dicht zu machen. Das schadet jedoch mehr, als es nützt, denn Zugluft ist ein nur auf Teile des Körpers auftreffender kühlerer Luftstrom, der bei Berücksichtigung der Anforderungen an eine moderne Stallgestaltung nicht auftreten sollte.

Staub entsteht in Pferdeställen vor allem durch offenen Abwurf oder das Aufschütteln von Heu und Stroh. Die Staubteilchen reizen die Schleimhäute und können Träger von Krankheitserregern sein. Also sollen offene Abwurfschächte und das Aufschütteln von Heu und Stroh im Stall vermieden werden, ebenso ist es sinnvoll, die Pferde außerhalb des Stalles zu putzen.
Schadgase wie Ammoniak (NH3) entstehen durch Ausscheidung oder Zersetzungsvorgänge. Schon relativ geringe Konzentrationen können die Gesundheit der Pferde beeinträchtigen und das Infektionsrisiko erhöhen. Neben anderen Faktoren sind also schlechte und zu warme Stallluft sowie hohe Staubbelastung für Erkrankungen der Atemwege verantwortlich. Detailangaben und Grenzwerte finden sich im Kapitel Stallklima.

Das natürliche Spektrum des Sonnenlichtes hat erheblichen Einfluss auf den gesamten Stoffwechsel und beeinflusst Widerstandskraft, Leistungsfähigkeit und Fruchtbarkeit positiv. Deshalb ist es notwendig, Ställe ausreichend mit Licht entsprechender spektraler Qualität zu versorgen. So wird bei Pferden durch ultraviolettes Licht in der Haut Vitamin D aus Vorstufen aufgebaut, welches für viele Stoffwechselvorgänge wichtig ist. Dem Tages- und Jahresrhythmus kommt außerdem eine wesentliche biologische Funktion unter anderem für die Steuerung der Fortpflanzung oder des Fellwechsels zu. Pferdeställe müssen daher genügend große Fensterflächen aufweisen, und auch die Forderung, dass Pferde sich täglich im Freien aufhalten sollen, findet hierin eine weitere Begründung.

Abb. 2: Rundumsicht

Der Gesichtssinn der Pferde ist ebenfalls an seine Natur als Flucht- und Steppentier angepasst: Ihr großer Sehkreis erlaubt selbst...

Erscheint lt. Verlag 29.4.2020
Sprache deutsch
ISBN-10 3-88542-940-3 / 3885429403
ISBN-13 978-3-88542-940-1 / 9783885429401
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