Europa im Weltbild des Mittelalters

Kartographische Konzepte
Buch | Hardcover
330 Seiten
2008
De Gruyter (Verlag)
978-3-05-004465-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Europa im Weltbild des Mittelalters -
104,95 inkl. MwSt
Angesichts aktueller Diskussionen über den Kulturraum Europa unternehmen es die Autoren des Bandes, die kartographisch-geographischen Grundlagen des Mittelalters zu erfassen und die kulturwissenschaftlich determinierten Funktionen des Kartierens am Beispiel Europa zu erläutern. Ziel ist es, kartographische Darstellungspraktiken in historiographische und literarische Wissens- und Überlieferungskontexte einzubinden und den Kontinent als historische Größe mit unterschiedlichen Deutungspotentialen zu begreifen. Aus dem Inhalt: Ingrid Baumgärtner: Europa in der Kartographie des Mittelalters. Repräsentationen – Grenzen – Paradigmen REPRÄSENTATIONEN Alfred Stückelberger: Das Europabild bei Ptolemaios Hartmut Kugler: Europa pars quarta. Der Teil und das Ganze im ‚Liber Floridus’ Patrick Gautier Dalché: Représentations géographiques de l´Europe – septentrionale, centrale et orientale – au moyen âge Ingrid Baumgärtner: Graphische Gestalt und Signifikanz. Europa in den Weltkarten des Beatus von Liébana und des Ranulf Higden EUROPA UND DER ORIENT Paul D. A. Harvey: Europa und das Heilige Land Andreas Kaplony: Ist Europa eine Insel? Europa auf der rechteckigen Weltkarte des arabischen "Book of Curiosities" Anna-Dorothee von den Brincken: Europa um 1320 auf zwei Weltkarten süditalienischer Provenienz. Die Karte zur ‚Chronologia magna’ des Paulinus Minorita und die Douce-Karte GRENZZIEHUNGEN UND GRENZERFAHRUNGEN Evelyn Edson: Dacia ubi et Gothia. Die nordöstliche Grenze Europas in der mittelalterlichen Kartographie Patricia Licini: European and Ottoman Landmarks from a Portolan Chart at the Time of Enea Silvio Piccolomini Stefan Schröder: Grenzerfahrungen. Mittelalterliche Reisende an den Rändern Europas Margriet Hoogvliet: The Wonders of Europe. From the Middle Ages to the sixteenth Century PARADIGMEN Andrew Gow: Empirical Empire. Eurocentrism and Cosmopolitism in the "last" Mappamundi (Fra Mauro) Piero Falchetta: The Use of Portolan Charts in European Navigation during the Middle Ages Martina Stercken: Regionale Identität im spätmittelalterlichen Europa. Kartographien der Eidgenossenschaft

Ingrid Baumgärtner ist seit 1994 Professorin für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Kassel. Von 2007 bis 2011 hatte sie die Leitung des Projekts Karten als Brücken für Welt-Wissen im DFG-Schwerpunktprogramm 1173 inne. Von 2009 bis 2013 war sie stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Studienzentrums in Venedig. Derzeit ist sie Mitglied im Vorstand des Mediävistenverbandes, im DFG-Graduiertenkolleg 1599 Dynamiken von Raum und Geschlecht und im Hauptausschuss der Historischen Kommission für Hessen. Ingrid Baumgärtner veröffentlichte Publikationen zur europäischen Kulturgeschichte, zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kartographiegeschichte, zur nordhessischen Landesgeschichte sowie zur Stadt- und Rechtsgeschichte des Mittelalters.

1;Vorwort;6
2;Inhaltsverzeichnis;8
3;Europa in der Kartographie des Mittelalters. Repräsentationen Grenzen Paradigmen;10
4;Repräsentationen;30
4.1;Das Europabild bei Ptolemaios;32
4.2;Europa pars quarta. Der Teil und das Ganze im Liber floridus ;46
4.3;Représentations géographiques de l Europe septentrionale, centrale et orientale au MoyenAge;64
4.4;Graphische Gestalt und Signifikanz. Europa in den Weltkarten des Beatus von Liébana und des Ranulf Higden;82
5;Europa und der Orient;134
5.1;Europa und das Heilige Land;136
5.2;Ist Europa eine Insel? Europa auf der rechteckigenWeltkarte des arabischen Book of Curiosities (Kitab Yara ib al-funun);144
5.3;Europa um 1320 auf zwei Weltkarten süditalienischer Provenienz.;158
6;Grenzziehungen und Grenzerfahrungen;172
6.1;Dacia ubi et Gothia. Die nordöstliche Grenze Europas in der mittelalterlichen Kartographie;174
6.2;European and Ottoman Landmarks from a Portolan Chart at the Time of Enea Silvio Piccolomini;192
6.3;Grenzerfahrungen. Mittelalterliche Reisende an den Rändern Europas;220
6.4;The Wonders of Europe: From the Middle Ages to the Sixteenth Century;240
7;Paradigmen;258
7.1;Empirical Empire: Eurocentrism and Cosmopolitanism in the last Mappamundi;260
7.2;The Use of Portolan Charts in European Navigationduring the Middle Ages.;270
7.3;Regionale Identität im spätmittelalterlichen Europa. Kartographische Darstellungen ;278
8;Autorinnen und Autoren;302
9;Orts-, Namen- und Sachregister;304
10;Autoren der modernen Forschungsliteratur;326

"Die Beiträge liefern [...] ein breites Spektrum an Antworten auf die Ausgangsfragen und bieten nicht nur ein vielfältiges Panorama aus kartographischen Darstellungen und geographisch ausgerichteten Texten, sondern auch eine kleine Zusammenschau verschiedener methodischer Zugänge in der Analyse dieser Quellen. Transdisziplinarität ist eine Stärke des gesamten Bandes wie einzelner Beiträge. [...] Die Publikation dieser Tagungsakten ist [...] gerade deshalb ei n besonderer Beitrag zur Erforschung des Mittelalters, weil sie die Verschiedenheit der mittelalterlichen Europa-Auffassungen wie auch der Forschungsansätze zu diesem Thema demonstriert." Kathrin Müller in: Das Mittelalter, 16 (2011) "With its comprehensive indexes, this volume will be an important basis for future studies and debates over an internationally accepted terminology." Philipp Billion in: Imago Muni, 63 (2011) 1, S. 110-111 "Der Band "zeichnet sich [...] durch zwei geradezu vorbildliche Register aus, [welche] den Band zu einem durchaus nützlichen Werkzeug der Forschung an mittelalterlicher Kartographie machen können." Rudolf Simek in: Zeitschrift für Historische Forschung, 37 (2010) 2 "Das Buch macht insgesamt einen vorzüglichen Eindruck, was nicht nur die Qualität der Beiträge betrifft, sondern auch die sehr sorgfältige und durchdachte Herausgabe. Klaus Fehn in: Das Historisch-Politische Buch, 58 (2010) 2 "[Der Band bietet] wichtige Anregungen für den Dialog zwischen Geschichte, Literatur und Kartographie [...]. Alle Texte [...] führen vor, wie die Lektüre und die Interpretation häufig bereits bekannter Materialien unter neuen Gesichtspunkten beeindruckend neue Einsichten bereithalten können." Klaus Oschema in: sehepunkte, Ausgabe 9 (2009), Nr. 7/8 "Clearly the volume is a treasure trove for students of the idea of Europe [...]." Florin Curta in: German Historical Institute London Bulletin, 31 (2009) 2

Europa und der Orient (S. 133-136)

Europa und das Heilige Land

P. D. A. Harvey

Im Mittelalter endete Europa am Schwarzen Meer und am Fluss Don: Jenseits davon lag Asien, das Land der Nachkommen Sems. Doch könnte man einen winzigen Teil Asiens fast als Ehrenregion Europas betrachten: das Heilige Land, das sich vom Nil und dem Roten Meer nach Norden bis Damaskus und vom Mittelmeer nach Osten bis zum Fluss Jordan und darüber hinaus erstreckte. Als Wiege des Christentums besaß es im Mittelalter einen besonderen Platz in den kulturellen Vorstellungen Europas. Die Kreuzzüge brachten dies klar zum Ausdruck, aber auch vor, während und nach der Kreuzzugszeit zog das Heilige Land viel Interesse auf sich. Als Ziel von Pilgerfahrten, die spätestens im vierten Jahrhundert einsetzten, war es der einzige Teil der Welt außerhalb Europas, den eine bedeutende Anzahl von Europäern besuchte, der einzige Teil der Welt außerhalb Europas, über den man detailliert und ziemlich genau informiert war.

Eine Quelle dieser Kenntnisse waren Landkarten, deren noch erhaltene Exemplare den besonderen Charakter des Heiligen Landes zeigen, denn es ist mit Ausnahme von Italien und Großbritannien der einzige Teil der Welt, von dem wir detaillierte Regionalkarten aus der Zeit vom sechsten bis zum vierzehnten Jahrhundert besitzen. Für Italien ist nur eine einzige Regionalkarte überliefert, die wir aus zwei Fassungen einer einzigen Handschrift kennen.1 Von Großbritannien haben wir zwei Karten, von denen eine in vier verschiedenen Redaktionen in Codices, die andere als Blattkarte überlebte.2 Vom Heiligen Land hingegen existieren noch zwanzig Artefakte, die in neun verschiedenen Versionen unterschiedlicher Gestalt ausgefertigt wurden ein Mosaik, drei Blattkarten und sechzehn in Codices eingebundene Karten. Wahrscheinlich erwarben die mittelalterlichen Europäer ihr Wissen über Palästina aber weniger aus diesen kartographischen Abbildungen als aus den weit verbreiteten Beschreibungen des Heiligen Landes, von denen viele, wenn nicht sogar Hunderte von Exemplaren speziell aus dem zwölften und dreizehnten Jahrhundert erhalten sind. Da sie sehr oft kopiert und bearbeitet wurden, kennen wir einige davon in vielförmigen Fassungen. Angesichts der damit verbundenen Bearbeitungsschwierigkeiten ist es nicht überraschend, wenngleich bedauerlich, dass wir uns meistens auf unzureichende Editionen verlassen müssen, die veraltet sind und nicht alle Varianten berücksichtigen. Besonders problematisch ist dieser Umstand für eine Untersuchung der Regionalkarten des Heiligen Landes, als deren Hauptquellen einerseits die zeitgenössischen Weltkarten und andererseits die eine oder andere Beschreibung Palästinas zu gelten haben. Die Rezeption und Bedeutung dieser beiden Quellentypen unterscheidet sich von einer Karte zur anderen. Natürlich ergänzte man Informationen aus weiteren Überlieferungen wie der Bibel oder sogar aus persönlichen Erfahrungen im Heiligen Land, die entweder der Kartograph selbst erlebt oder andere Reisende ihm erzählt hatten. Diese weiteren Zeugnisse sind höchst bemerkenswert, ihre Wirkung aber war begrenzt. Denn die mittelalterlichen Regionalkarten basieren in erster Linie, wenngleich in sehr unterschiedlicher Weise, auf Weltkarten und Heilig-Land-Beschreibungen.

Die bei weitem älteste Karte dieser Region stellt das Mosaik in Madaba in Jordanien aus dem sechsten oder siebten Jahrhundert dar, von dem ein großer Teil verloren ist. Ursprünglich zeigte sie wahrscheinlich auf einer Länge von sechs Metern und einer Breite von 24 Metern das ganze Heilige Land mit seiner Umgebung.3 Die Madabakarte ist eine prächtige Bildkarte mit sehr detaillierter Kenntnis des Landes. Wir könnten uns fragen, ob es sich nicht um die Kopie einer Karte handelt, die ursprünglich für eine wichtigere Lage, vielleicht in Jerusalem oder Konstantinopel, geschaffen wurde.4 Beim Nordtor Jerusalems sehen wir zum Beispiel die Säule,

Erscheint lt. Verlag 15.12.2008
Reihe/Serie Orbis mediaevalis. Vorstellungswelten des Mittelalters
Zusatzinfo 5 b/w and 54 col. ill.
Verlagsort Basel/Berlin/Boston
Sprache englisch; deutsch
Maße 170 x 240 mm
Gewicht 850 g
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Mittelalter
Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie des Mittelalters
Naturwissenschaften Geowissenschaften Geografie / Kartografie
Sozialwissenschaften
Schlagworte Beih.4 • Cartography • Cultural Studies • Eidgenossenschaft • Empire • Europa • Europabild • Europa, Geschichte; Geistes-/Kultur-Geschichte • Europe • Geographie • Geography • Geography, Medieval • Geschichte • Geschichte 500-1500 • Geschichte allgemein • Historische Karte • History • Identität • Identity • Karte • Kartieren • Kartografie • Kartographie • Kongress • Konkurrenz. • Kulturwissenschaft • map • Medieval • Medieval History • Miscellaneous • Mittelalter • Mittelalter; Geistes-/Kultur-G. • Mittelalter/Mediävistik • Nürnberg <2006> • Paragrana • Reich
ISBN-10 3-05-004465-9 / 3050044659
ISBN-13 978-3-05-004465-1 / 9783050044651
Zustand Neuware
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