Spielräume des Selbst
De Gruyter (Verlag)
978-3-05-004297-8 (ISBN)
Wie kann das Selbst Spielräume kreativen Handelns entwickeln? In der Tradition der Philosophie des Pragmatismus schlägt die Autorin vor, dabei vom Alltagsdenken, von der Gewohnheit, von den Zweifeln des je besonderen Standpunktes auszugehen. Mehr noch, das Selbst kann sich sogar erst in der Berücksichtigung des Alltäglichen, des Common Sense, kritisch verorten. Überzeugungen sind nicht nur Einstellungen, sondern werden auch handelnd in Gewohnheiten verkörpert. Zu fragen ist daher nicht, was der Körper ist, sondern vielmehr, was der Leibkörper tut. Kreativität und Gewohnheit schließen sich nicht aus, im Gegenteil: Spielräume eröffnen sich in der Erkundung des naheliegenden Unbekannten, nicht im Erträumen unerreichbarer Ideale. Durch den Zweifel gewinnt das scheinbar Selbstverständliche des Alltäglichen Kontur. Wichtig für die Entfaltung von Handlungsspielräumen ist zudem die Kultivierung des Gemeinsinns, des Sensus Communis: eine zwanglos-ästhetische Übereinstimmung mit Anderen, in denen die Orte des Selbst nicht verloren gehen, sondern für Andere exemplarisch werden können.
1;Inhalt;8
2;Vorwort: Vor dem Gesetz;12
3;Einführung;19
3.1;Das handelnde Selbst zwischen Partikularität und Metaphysik;19
3.2;Kritischer Common Sense;22
3.3;Selbst und Kontext;27
3.4;Setzen und Aussetzen Glauben und Zweifeln;31
3.5;Common Sense, Herrschaft und Wir;41
3.6;Differenzierung des Common Sense;46
3.7;Gewohnheit und Normativität;47
4;I. Kritischer Common Sense zwischen Zweifel und Überzeugung;50
4.1;I.1. Negative Partikularität. Der Zweifel bei Peirce;62
4.2;I.2. Positive Partikularität: Glaubensüberzeugung bei James;84
4.3;I.3. Partikularität in der Schwebe: John Dewey und die Ästhetik des Common Sense;98
5;Übergänge;111
5.1;Übergang 1: Skeptizismus, Alltäglichkeit und Metaphysik. Cavell und Putnam;111
5.2;Übergang 2: Überzeugung Wahrheit Rechtfertigung;118
5.3;Übergang 3: Überzeugung und Gewohnheit;123
6;II. Spielräume der Gewohnheit;131
6.1;II.1. Peirce: Gewohnheit als Affinität zum Kosmos;138
6.2;II.2. James: Die automatische Gewohnheit;150
6.3;II.3. Dewey: Von der Gewohnheit zur Eigenart;154
7;III. Partikulare Selbstverortung: Vom Pragmatismus zum Neopragmatismus;167
7.1;III.1. Rorty: Zwietracht des Selbst;168
7.2;III.2. Das Leib-Körper-Problem;191
7.3;III.3. Shusterman: Somästhetische Kohärenz des Selbst;207
8;IV. Orte des Selbst zwischen Common Sense und Sensus Communis;227
9;Schluss;258
10;Bibliographie;267
11;Personenverzeichnis;274
"Wer Heidi Slaverrías Wertschätzung für den Pragmatismus teilt [...], wird [...] in ihrem sympathischen Buch eine Fülle von bisher wenig beachteten Ideen finden. Damit liefert es eine ausgezeichnete Grundlage für weitere Arbeit am Projekt einer pragmatischen Philosophie des situierten Handelns." Dr. Jens Kertscher in: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, 34 (2009) 2
IV. Orte des Selbst zwischen Common Sense und Sensus Communis (S. 226-227)
Der Kritik an einer Entfernung der Philosophie vom partikularen Standpunkt und damit vom Alltäglichen des Common Sense und der Gewohnheiten wurde ein pragmatistischer Philosophiebegriff gegenübergestellt, der als kritischer Common Sense zwischen Zweifel und Überzeugung, zwischen Skeptizismus und Metaphysik pendelt. Mit der Betonung der Partikularität als Ausgesetztheit, die negativ als Zweifel, positiv als Sinnen und Genießen in ihren unterschiedlichen Aspekten beleuchtet wurde, konnte der Prozess genauer beschreibbar gemacht werden, in dem das Selbst seine Handlungsspielräume erweitert. Der Common Sense als partikularer, nicht nur diskursiver Kontext, innerhalb dessen das Selbst auch in seiner leibkörperlichen Gewohnheitsbildung situiert ist, wurde dabei als vager Rahmen artikuliert, den das Selbst nicht willkürlich verlassen kann. Mit Dewey wurde auf die Möglichkeit und den Bedarf einer Kultivierung des Common Sense verwiesen, in welcher bereits eine Überleitung zum Ästhetischen gezeigt werden und bei Rorty und Shusterman weiter ausgebaut werden konnte.
Im Folgenden wird nun dem ästhetischen Potenzial des Common Sense in Auseinandersetzung mit Kants Theorie des Sensus Communis nachgegangen. Es soll damit das utopische Potenzial eines partikular-ästhetischen ‚Gemeinsinns' angedeutet werden, der sich von einem faktischfiktiven Common Sense absetzt. Die Begriffe des Common Sense und des Sensus Communis lassen sich dabei gleichwohl nicht grundsätzlich voneinander scheiden: So wie das Selbst zwischen Setzungen (Überzeugungen) und Ausgesetztheit pendelt (im Zweifel negativ, im Sinnen positiv) und aus diesem Spannungsverhältnis heraus handelt, so pendelt der Gemeinschaftsbegriff des Pragmatismus zwischen einem faktisch-fiktiven und kritischen Common Sense einerseits und einem ästhetischen Sensus Communis andererseits, der anderen zwanglos angesonnen wird.
Dieses Spannungsverhältnis soll und darf nicht zugunsten einer der beiden Seiten aufgelöst werden. Deswegen wird eine kritische Verhältnisbestimmung von Sensus Communis und Common Sense vorgenommen. Abschließend wird ein Vorschlag unterbreitet, wie das Ansinnen, welches bei Kant als mögliche und erhoffte Verallgemeinerbarkeit des Subjektiven beschrieben wird, partikularisiert werden kann, indem sowohl das Selbst als auch die oder der Andere nicht abstrakt, sondern partikular gefasst werden: Ansinnen ließe sich, insbesondere mit Shusterman und Cavell, als Sich-Zeigen des Selbst in seiner leibkörperlichen Eigenart umdeuten. So können Selbst und andere füreinander exemplarisch werden.
Vom Common Sense zum Sensus Communis
Der Common Sense im Spannungsverhältnis zum Sensus Communis macht es möglich, das Feld der kontingenten Gesellschaft und Gemeinschaft zu lokalisieren, innerhalb derer die subjektiven Erfahrungen teilbar und mitteilbar sein sollten. Sein Status verlagert sich damit zunehmend auf die kontingenten Annahmen und Gewohnheiten eines in Gemeinschaft und Gesellschaft situierten Selbst, welches einen gewissen Gemeinsinn voraussetzt und verkörpert. Darin deutet sich ein pragmatistischer Begriff des Sensus Communis an, der überdies durch einen weiteren Aspekt unterstrichen wird: Der bei Kant noch auf die ästhetische Urteilskraft angesichts des Schönen beschränke Begriff der ästhetischen Erfahrung, wird von Dewey und in Folge von Shusterman auf das Alltägliche ausgedehnt. Die von Kant beschriebene nichtbegriffliche subjektive Allgemeinheit ästhetischer Erfahrungen (im Sensus Communis), ist mit dem Pragmatismus erweiterbar auf den Bereich der Alltagsgewohnheiten und Erfahrungen, die einer ko
Erscheint lt. Verlag | 2.4.2007 |
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Reihe/Serie | Philosophische Anthropologie ; 4 |
Verlagsort | Basel/Berlin/Boston |
Sprache | deutsch |
Maße | 170 x 240 mm |
Gewicht | 680 g |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Philosophie |
Naturwissenschaften ► Biologie ► Evolution | |
Sozialwissenschaften ► Ethnologie | |
Schlagworte | Alltag • Anthropologie • Biology • Common sense • Creative ability • Denken • Doitchinov • Einstellung • Einstellungen • Erkundung • Evolution • evolutionary biology • Exemplar • Faltung • Fragen • Gehen • Gemeinsinn • Gesunder Menschenverstand • Gewinn • Handeln • Handlung • Handlung, Philosophische Anthropologie • Handlungsspiel • Kontur • Körper • Kreative • Kreativität • Kultivierung • Kundu • Life Sciences • Modalverben • Philosophie • Philosophische Anthropologie • Pragmatism • Pragmatismus • Räumen • Schließe • Schließen • Science • Selbst • SG67 • Sonstiges • Tradition • Traum • Träume • Zwang • Zweifel |
ISBN-10 | 3-05-004297-4 / 3050042974 |
ISBN-13 | 978-3-05-004297-8 / 9783050042978 |
Zustand | Neuware |
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