Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter (eBook)

Eine kosmische Entdeckungsreise
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
320 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-98609-548-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter -  Neil deGrasse Tyson,  Lindsey Nyx Walker
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Der prominente Astrophysiker und Bestsellerautor Neil deGrasse Tyson und die Wissenschaftsjournalistin Lindsey Nyx Walker bringen kosmologische Sachverhalte allgemeinverständlich und anschaulich auf den Punkt. In diesem unterhaltsamen Buch, das mit spektakulären Fotografien und Kunstwerken illustriert ist, reisen wir durch Raum und Zeit. Die Reise beginnt mit dem Verlassen der Erde und der Erkundung des Sonnensystems. Dort erfahren wir neue Wahrheiten über die Atmosphäre unseres Planeten, die Natur des Sonnenlichts und die vielen Weltraummissionen, die galaktische Nachbarn wie Mars und Venus entmystifiziert haben. Unterwegs lernen wir mehr über Astrophysik, die Geschichte der Weltraumforschung und die Pannen und Triumphe populärer Hollywood- Filme. Doch je weiter wir uns ins Weltall wagen, desto mehr Fragen tun sich auf: Wie kann Licht gleichzeitig eine Welle und ein Teilchen sein? Was sind schwarze Löcher? Gibt es Paralleluniversen? Und sind Zeitreisen möglich? Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter ist ein erhellendes und leicht verständliches Abenteuer in die entlegensten Winkel des Kosmos.

Neil deGrasse Tyson wurde in derselben Woche in New York City geboren, in der die NASA gegründet wurde. Nach einem Bachelor-Abschluss in Physik in Harvard, einem Doktortitel in Astrophysik von der Columbia und einem Forschungsstipendium in Princeton wurde er Frederick P. Rose Director des Hayden Planetarium in New York - wo er seit 1996 arbeitet.

Neil deGrasse Tyson wurde in derselben Woche in New York City geboren, in der die NASA gegründet wurde. Nach einem Bachelor-Abschluss in Physik in Harvard, einem Doktortitel in Astrophysik von der Columbia und einem Forschungsstipendium in Princeton wurde er Frederick P. Rose Director des Hayden Planetarium in New York – wo er seit 1996 arbeitet.

Teil 2


Unterwegs im Hinterhof der Sonne

»Die Erkundung liegt in unserer Natur. Wir begannen als Wanderer, und Wanderer sind wir noch immer. Wir haben lange genug an den Gestaden des kosmischen Ozeans verweilt. Endlich sind wir bereit, auf dem Weg zu den Sternen die Segel zu setzen.«

Carl Sagan, Cosmos

Atlas trägt den Himmel in Form einer Armillarsphäre, ein Modell der Objekte am Himmel mit der Erde im Zentrum (das Ptolemäische System, 1531), angefertigt von William Cuningham

Die Erkundung unseres Sonnensystems ist eine Geschichte mit vielen Anfängen, aber ohne ein Ende. Es ist eine Geschichte alter Ideen und Annahmen, verworfen und ersetzt durch Dinge, die einst undenkbar waren. Von dem Moment an, als die Erde von ihrem Thron als perfekter, unbewegter Mittelpunkt des Universums gestoßen wurde, begannen neue Technologien und Fortschritte in der Mathematik, unsere kosmische Identität in eine Geschichte einzubetten, die unermesslich viel spannender, unglaublicher und Demut gebietender war, als die Menschen es sich jemals hätten ausmalen können. In diesem Abschnitt bewegen wir uns aus der Atmosphäre hinaus ins größere Sonnensystem und zu den markanten Objekten, die darin herumschwirren, beginnend mit der Sonne selbst und weiter mit den Objekten, die sie in ihrer orbitalen Umklammerung festhält: den sonnennächsten Felsplaneten, den monströsen Gasriesen, den mysteriösen Eisriesen und den verlockenden Mondwelten, die sie umgeben. Die Erkundung des Sonnensystems bedeutet, sich der Geschichten und Fantasien altertümlicher Astronomen zu erinnern – der ersten Wissenschaftler, die es wagten, ein Modell des Universums anzudeuten – und die laufenden Missionen zu bestaunen, die uns immer neue dieser Mysterien enthüllen.

Frühe Astronomen, Philosophen und Science-Fiction-Autoren spekulierten über die Topografie und die Lebensformen, die wir auf anderen Planeten möglicherweise antreffen könnten: schöne Frauen, die die üppigen Dschungel der Venus bewohnen, oder intelligente Wesen, die komplexe Kanalsysteme in die Marsoberfläche graben. Bis weit ins 20. Jahrhundert leitete sich alles, was wir über die Zusammensetzung der Planeten wussten, aus dem ab, was wir mit bloßem Auge, mithilfe von Teleskopen und später auch der Spektroskopie auf große Entfernung ausmachen konnten.

Die Spektroskopie – sie zählte zu den ersten wichtigen Technologien der modernen Astrophysik – erlebte ihre Pionierzeit im 19. Jahrhundert. Sie kann Bewegungen, Temperaturen, Rotationsgeschwindigkeiten und vor allem die chemische Zusammensetzung von Objekten bestimmen, allein anhand der Analyse ihres absorbierten, abgestrahlten oder reflektierten Lichts. Sie funktioniert bei der Sonne selbst, bei anderen Sternen, Gaswolken und den Oberflächen und Atmosphären von Planeten, Monden und Kometen. Und sie funktioniert sogar bei ganzen Galaxien. Die Analyse von Spektren ist derart aufschlussreich, dass ihre Anwendung auf die Astronomie überhaupt erst den Begriff der »Astrophysik« hervorgebracht hat, ebenso wie die Wissenschaftszeitschrift The Astrophysical Journal, die im Jahr 1895 mit dem Untertitel An International Review of Spectroscopy and Astronomical Physics gegründet wurde. Die neue Wissenschaft warf vorherrschende Überzeugungen über den Haufen, versinnbildlicht in einem für uns heute fast schon absurd anmutenden Kommentar des französischen Philosophen Auguste Comte aus dem 19. Jahrhundert:

»Was die Sterne angeht, … werden wir niemals in der Lage sein, mit welchen Mitteln auch immer, ihre chemische Zusammensetzung zu erforschen … Ich denke, jede Vorstellung von der tatsächlichen mittleren Temperatur der verschiedenen Sterne wird uns auf immer verwehrt bleiben.«

Vor dem Wettlauf ins Weltall lieferte uns die Spektroskopie gute, wenn auch nur begrenzte Informationen über die Zusammensetzung der Atmosphäre und der Oberfläche von Venus und Mars. Als die Menschheit dann über die Technologie verfügte, Sonden in andere Welten zu schicken und vor Ort Proben einzusammeln, konnten wir beginnen, die Geschichte und die Geheimnisse unseres Sonnensystems zu einem klareren Bild zusammenzufügen. Auch wenn der Mensch seit der Landung der Apollo 17 im Dezember 1972 auf dem Mond keinen Fuß mehr auf einen anderen Himmelskörper gesetzt hat, haben die Miniaturisierung der Elektronik und jüngste Fortschritte in der Computertechnologie und der Robotik Raumsonden, auf fremden Planeten abgesetzte Rover und einen Mars-Helikopter möglich gemacht, die damit zu Forschern im Auftrag der Menschheit wurden. Sehen wir uns an, was sie entdeckt haben – und vor welche noch ungelösten (neuen) Mysterien sie uns gestellt haben.

Unsere Sonne


Gefangen im orbitalen Karussell rund um unsere Sonne ziehen acht Planeten, mehrere Hundert Monde und zahllose Kometen und Asteroiden ihre mehr oder weniger schnellen Kreise und gehorchen dabei den Kräften der Gravitation. Alle diese Objekte sind gewissermaßen am gleichen Tag geboren. Vor viereinhalb Milliarden Jahren explodierte ein Stern in der Milchstraße, unserer heimatlichen Galaxie, und sandte im Verlauf seines gewaltsamen Todes Schockwellen aus. Ausgelöst durch diese Wellen kollabierte eine in der Nähe gelegene Wolke aus Gas und Staub, größtenteils bestehend aus Wasserstoff, einer Portion Helium und einem bisschen von anderen Elementen, zu einem abgeflachten Nebel – eine stellare und planetare Kinderkrippe, wenn man so will. Der Kollaps setzte sich fort, bis Druck und Schwerkraft dazu führten, dass über 99 Prozent der Masse dieses Nebels zu einem dichten, amorphen Haufen verschmolzen. Im Kern dieses zentralen Klumpens stiegen Druck und Temperaturen so stark an, dass Wasserstoffkerne verschmolzen, was eine gewaltige Energie emittierte und jeden weiteren Kollaps zum Stehen brachte. Die Sonne war geboren.

Die thermonukleare Fusion – die eingedämmten Atombombenexplosionen, die unentwegt innerhalb des heißen und dichten Kerns der Sonne stattfinden – ist die einzige Möglichkeit für die Sonne, sich ihrer eigenen Schwerkraft zu erwehren, das Einzige, was einen Kollaps der Sonne zu verhindern vermag. Der gewaltige Druck und Temperaturen von 15 Millionen Grad Celsius bringen die Wasserstoffkerne dazu, ihre natürliche gegenseitige Abstoßung – sie sind alle positiv geladen – zu überwinden und sich zu Heliumatomen zu verbinden, die eine etwas geringere Masse aufweisen als die Summe der ursprünglichen Wasserstoffatome. Die dabei »verlorene« Masse wird in Form von Energie abgestrahlt, wie es Einsteins berühmteste Gleichung vorschreibt. E = mc2. Energie (E) steht auf der einen Seite des Gleichheitszeichens, die Masse (m), dazu die Lichtgeschwindigkeit im Quadrat (c2), auf der anderen. Während die Sonne in jeder Sekunde 600 Millionen Tonnen Wasserstoff umwandelt, produziert sie gerade genug Druck nach außen, um ihren Drang zum Zusammenbruch auszugleichen. Für ungefähr fünf Milliarden weitere Jahre, in denen unser Heimatstern sein stabiles Leben fortsetzen wird, werden wir Erdlinge in den Genuss eines konstanten Stroms ihrer Strahlungsenergie kommen.

Ein windiger Stern


Es mag seltsam anmuten, aber tatsächlich haben alle Sterne ihre eigene Atmosphäre. Die äußerste Schicht der Atmosphäre unserer Sonne heißt Corona – ein Begriff, mit dem ein Großteil der Menschheit erst in den 2020er-Jahren vertraut wurde, als ein Virus gleichen Namens die ganze Welt erfasste. Sowohl die äußere Schicht der Sonne als auch die Viruspartikel, die diese jüngste globale Pandemie auslösten, verdanken ihre Bezeichnung dem lateinischen Wort für »Krone« wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem royalen Kopfschmuck.

Die Sonnen-Corona kann mehrere Millionen Grad heiß werden – bei solchen Temperaturen können sich sogar Elektronen und Protonen von ihren angestammten Atomen lösen und mit Geschwindigkeiten von fast eineinhalb Millionen Kilometern pro Stunde ins All schießen. Dieser kontinuierliche Strom geladener Teilchen, der sogenannte Sonnenwind, erstreckt sich über Milliarden von Kilometern in alle Richtungen und hüllt jedes Objekt im Sonnensystem ein. Dort, wo sein Einfluss endet, liegt die offizielle Grenze zwischen unserem Sonnensystem und dem interstellaren Raum.

Während der Sonnenkern weiter eifrig damit beschäftigt ist, sich selbst zu atomisieren, reagieren die übrigen 99 Prozent der Sonne auf die Hitze und den Druck, die dabei entstehen. Kräfte tief im Innern des Kerns wirbeln die Oberfläche und das mobile Magnetfeld der Sonne auf. Ungefähr alle elf Jahre tauschen die magnetischen Pole der Sonne komplett ihre Plätze. Der Platztausch als solcher verläuft nicht plötzlich oder katastrophal; er markiert einfach nur den Übergang von einem Sonnenzyklus zum nächsten. Anfangs gibt es eine Phase der Ruhe, solares Minimum genannt, die dann einer Periode zunehmend intensiver Sonnenfleckenaktivität Platz macht, welche schließlich im solaren Maximum kulminiert. Und dann könnte tatsächlich Unheil drohen.

Eine Sonneneruption, die als heller Blitz sichtbar wird, aufgenommen vom NASA Solar Dynamics Observatory im Jahr 2022

Das Ganze spielt sich wie folgt ab: Aufgewühlte Klumpen elektrisch geladenen Plasmas werden gelegentlich in Form coronaler Massenauswürfe (Coronal Mass Ejections – CME) ausgespuckt. Die ebenso unvermittelte wie heftige Eruption einer solchen CME kann Schockwellen durch den sich langsamer bewegenden Sonnenwind jagen; wenn eine CME in Richtung Erde zielt, ist er als Sonnensturm sicht- und spürbar, und er kann zerstörerisches Potenzial haben. Zum Glück für uns Erdlinge bietet jedoch das Magnetfeld, das unseren Planeten umhüllt, Schutz vor dem...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2024
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Weltraum / Astronomie
Naturwissenschaften Physik / Astronomie Astronomie / Astrophysik
Schlagworte Astronomie • Astrophysik • Außerirdische • Dunkle Materie • Forschung • Galaxie • Gravitation • Kosmologie • Kosmos • Milchstraße • Mond • Planeten • Raumfahrt • Schwarzes Loch • Science Fiction • Sterne • Teleskop • Universum • Urknall • Weltraum
ISBN-10 3-98609-548-9 / 3986095489
ISBN-13 978-3-98609-548-2 / 9783986095482
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