Geschichte Österreichs -  Thomas Winkelbauer,  Christian Lackner,  Brigitte Mazohl,  Walter Pohl,  Oliver Rathkolb

Geschichte Österreichs (eBook)

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2024 | 1. Auflage
660 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-962294-1 (ISBN)
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Die Alpenrepublik hat im Laufe ihrer Geschichte so oft ihre Gestalt verändert wie kaum ein anderes europäisches Land. Im 19. Jahrhundert erreichte Österreich als habsburgischer Vielvölkerstaat seine größte Ausdehnung, doch der Erste Weltkrieg setzte Großmachtambitionen ein Ende. Heute ist Österreich eine moderne Republik im Herzen Europas - und doch politisch immer in Bewegung.

Der Herausgeber Thomas Winkelbauer, geb. 1957, ist Professor für Österreichische Geschichte an der Universität Wien und Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Die weiteren Autoren: Walter Pohl, Professor für Geschichte des Mittelalters an der Universität Wien. Christian Lackner, Professor für Historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien. Brigitte Mazohl, Professorin für Österreichische Geschichte an der Universität Innsbruck. Oliver Rathkolb, Professor für Zeitgeschichte an der Universität Wien.

Einleitung: Was heißt »Österreich« und »österreichische Geschichte«?
Von Thomas Winkelbauer


Formen und Wandlungen des Österreichbegriffs


Ostarrîchi – Austria


Die Bayern nannten, wie es scheint, gegen Ende des 10. Jahrhunderts den östlichsten Bereich ihres Herrschaftsgebietes in der Volkssprache Ostarrîchi. In den Jahrzehnten nach dem Sieg Ottos I. auf dem Lechfeld bei Augsburg gegen die Magyaren (955) war das durch die bayerische Niederlage bei Pressburg (907) verlorengegangene Gebiet östlich der Enns zum Teil zurückgewonnen worden. Unter dem Markgrafen Burkhard und nach dessen Absetzung (976) unter den ersten Markgrafen aus dem Geschlecht der Babenberger wurde zwischen Enns und Tulln die bayerische »Mark an der Donau« eingerichtet und Schritt um Schritt nach Osten, Norden und Süden erweitert. In einer Urkunde Kaiser Ottos III. für das Bistum Freising, die das Datum 1. November 996 trägt und sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München befindet, wurde dem Freisinger Hochstift die Schenkung von Besitztümern in Neuhofen an der Ybbs (bei Amstetten im heutigen niederösterreichischen Mostviertel) verbrieft. Zur Lagebestimmung der Schenkung und der Ortschaft bedient sich die Urkunde der Formulierung »in der Gegend, die in der Volkssprache Ostarrîchi heißt, in der Mark und in der Grafschaft des Grafen Heinrich, des Sohnes von Markgraf Leopold« (»in regione vulgari vocabulo Ostarrichi in marcha et in comitatu Heinrici comitis, filii Liutpaldi marchionis«). Die Textierung der Urkunde beruht auf einer Vorlage, die Kaiser Otto II. 973 für die Freisinger Kirche ausgestellt hatte. Das im heutigen Slowenien gelegene Gut, dessen Schenkung mit dieser Vorbild-Urkunde verbrieft wurde, wird in der Urkunde als »in regione vulgari vocabulo Chreine« gelegen lokalisiert (»in der Gegend, die in der Volkssprache Krain [d. h. Grenzland] heißt«). Als das Bistum Freising 23 Jahre später wieder eine Kaiserurkunde erbat, um den in Neuhofen geschenkten Besitz rechtlich abzusichern, nahm der mit dem Verfassen der sogenannten Empfängerausfertigung betraute Freisinger Schreiber das Diplom von 973 als Vorlage – und ersetzte Chreine durch Ostarrichi. Allmählich entwickelte sich aus der Gegendbezeichnung Ostarrîchi der Name der bayerischen Mark an der Donau.

1156 wurde »Österreich«, die bayerische Mark an der Donau, von Kaiser Friedrich I. Barbarossa vom Herzogtum Bayern losgelöst und zu einem selbständigen Herzogtum erhoben. In der diese Erhebung dokumentierenden Urkunde (Privilegium minus) bezeugte der Kaiser, dass er die Mark Austria in ein Herzogtum verwandelt habe (»marchiam Austrie in ducatum commutavimus«). Das erste eindeutige Quellenzeugnis für die Verwendung des lateinischen Landesnamens Austria stellt eine am 25. Februar 1147 ausgestellte Urkunde König Konrads III. für das Chorherrenstift Klosterneuburg dar, in der dem Stift unter anderem Besitz bestätigt wird, der ihm von den Markgrafen von Österreich (»Austrie marchionibus«) geschenkt worden war. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts setzte sich Austria als lateinischer Landesname Österreichs durch.

Das Land Österreich und das Land ob der Enns (Oberösterreich)


Während der Herrschaft der Babenberger (976–1246) wurde Österreich nicht nur zu einem Herzogtum, sondern auch zu einem Land, das heißt, mit den klassischen Worten des österreichischen Historikers Otto Brunner in seinem Buch »Land und Herrschaft« (1939), »eine Rechts- und Friedensgemeinschaft […], die durch ein bestimmtes Landrecht geeint ist« und deren Träger »das Landvolk« ist, »die Landleute, die den politischen Verband des Landes bilden«. Ausgehend von den adeligen Landleuten entwickelten auch andere Bewohner des Landes ein Landesbewusstsein als Österreicher. Spätestens seit 1230 repräsentierte das Landeswappen des rot-weiß-roten Bindenschildes die rechtliche und politische Einheit des Landes Österreich.

Die im Laufe des 12. und des frühen 13. Jahrhunderts von den Babenbergern erworbenen Gebiete westlich der Enns im heutigen Oberösterreich unterstanden vielleicht schon unter den letzten Babenbergern einem eigenen Landrichter (iudex provincialis), der dann in der Zeit der Herrschaft des böhmischen Königs Prěmysl Otakar II., der in den Jahren um 1270, am Höhepunkt seiner Macht, auch Landesherr der Herzogtümer Österreich, Steiermark und Kärnten, der Markgrafschaft Krain und der Windischen Mark war, bezeugt ist. Als Landesname für das Gebiet westlich der Enns und nördlich der Donau (im heutigen Mühlviertel) setzte sich »Land ob der Enns« durch. Endgültig besiegelt wurde die Teilung des (Erz-)Herzogtums Österreich in zwei Länder aber wohl erst durch die Herrschaftsteilung des Jahres 1458, bei der Kaiser Friedrich III. Österreich unter der Enns mit der Residenzstadt Wien und sein Bruder Albrecht VI. das Land ob der Enns mit der Residenzstadt Linz erhielt.

»Herrschaft zu Österreich« und »Haus Österreich«


Mit der seit der Zeit um 1300, also seit den ersten Jahrzehnten der Herrschaft der Habsburger in Österreich und der Steiermark, belegten Formulierung »Herrschaft zu Österreich« konnten (1.) die aus dem Südwesten des Reichs stammende Dynastie selbst, die sich nach ihrem neuen Hauptland nannte, gemeint sein, (2.) die Summe ihrer Herrschaftsrechte und (3.) alle Länder und Herrschaftsgebiete der Habsburger. Seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde das Geschlecht der Habsburger sowohl von Angehörigen des Hauses selbst als auch von anderen als »Haus Österreich« (domus Austriae) bezeichnet. Dieser dynastische Begriff setzte sich bald auch in verschiedenen europäischen Sprachen durch (franz. Maison d’Autriche, ital. Casa d’Austria, span. Casa de Austria, engl. House of Austria).

Die Bezeichnung »Erzhaus« für die Dynastie der Habsburger bürgerte sich erst nach der reichsrechtlichen Bestätigung des – im Auftrag von Herzog Rudolf IV. 1358/59 gefälschten – Privilegium maius durch Friedrich III. 1442 (als König) und 1453 (als vom Papst gekrönter Kaiser) ein.

Die österreichischen Ländergruppen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit


Es gab zwei längere Perioden der Teilung der Herrschaft über die »altösterreichischen« Länder, die erste im Spätmittelalter und die zweite in der Frühen Neuzeit. Basierend auf mehreren dynastischen Verträgen (beginnend mit dem Vertrag von Neuberg an der Mürz 1379) entstanden drei Ländergruppen, die schließlich 1490/1493 in der Hand Maximilians I. wieder vereinigt wurden. 1564 bis 1619 bzw. 1665 kam es nach dem Tod Kaiser Ferdinands I. erneut zu einer Drei- bzw. Zweiteilung der österreichischen Länder.

Die Bezeichnungen der Ländergruppen schwankten. Als »niedere Lande«, später »niederösterreichische Lande« (»Niederösterreich«), wurden Österreich unter und ob der Enns und von 1490 bis 1564 überdies auch die Steiermark, Kärnten, Krain, Görz und die habsburgischen Besitzungen an der Adria bezeichnet. Die Hauptstadt dieser Ländergruppe war Wien. »Innere Lande«, später »innerösterreichische Lande« (»Innerösterreich«), war die Sammelbezeichnung für die Steiermark, Kärnten, Krain, Görz etc. mit der Hauptstadt Graz. Als »obere Lande« oder »oberösterreichische Lande« (»Oberösterreich«) wurden Tirol und die westlich des Arlbergs gelegenen Vorlande bezeichnet (Hauptstadt: Innsbruck). »Vordere Lande«, »Vorlande« oder »vorderösterreichische Länder« (»Vorderösterreich«) schließlich war im weiteren Sinn die Bezeichnung für die habsburgischen Länder und Herrschaften westlich des Arlbergs. Der Verwaltungsmittelpunkt der Vorlande war Ensisheim im Sundgau. Als 1648 infolge des Westfälischen Friedens der Sundgau an Frankreich verlorenging, wurde der Regierungssitz nach Freiburg im Breisgau verlegt. Die habsburgische Herrschaft in den vorderösterreichischen Gebieten im engeren Sinn (Breisgau, Oberelsass) und Schwäbisch-Österreich endete während der Napoleonischen Kriege (Friede von Pressburg 1805).

Spätestens seit den Staats- und Verwaltungsreformen in der Habsburgermonarchie um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es üblich, die österreichischen und die böhmischen Erblande, die ja (letztere nur mit Einschränkungen) bis zu dessen Auflösung 1806 zum Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) und von 1815 bis 1866 zum Deutschen Bund gehörten, als »deutsche Erblande« zu bezeichnen. Zu den »ungarischen Erblanden« (Erblande der Habsburger waren sie seit 1687) gehörten das Königreich Ungarn im engeren Sinn, die ihm inkorporierten Königreiche Kroatien und Slawonien sowie das Großfürstentum Siebenbürgen.

Der Österreichische (Reichs-)Kreis


Das Heilige Römische Reich, dessen oberste Lehensherren (Kaiser bzw. Könige) von 1438 bis 1740 ohne Unterbrechung Habsburger und von 1745 bzw. 1765 bis 1806 Mitglieder des Hauses Habsburg-Lothringen waren, wurde auf den Reichstagen von 1500 und 1512 in Kreise gegliedert. Seit 1512 gab es auch einen Österreichischen Kreis, zu dem neben den österreichischen Ländern auch sogenannte »Kreismitstände« gehörten, insbesondere die Fürstbischöfe von Trient und Brixen,...

Erscheint lt. Verlag 19.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Naturwissenschaften Geowissenschaften Geografie / Kartografie
ISBN-10 3-15-962294-0 / 3159622940
ISBN-13 978-3-15-962294-1 / 9783159622941
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