Biochemie für Mediziner für Dummies -  Gerhard Püschel

Biochemie für Mediziner für Dummies (eBook)

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2024 | 1. Auflage
704 Seiten
Wiley-VCH (Verlag)
978-3-527-84082-3 (ISBN)
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Ihr Wegweiser durch den Dschungel der Biochemie

Sie müssen eine Biochemie-Prüfung bestehen und Biochemie erscheint Ihnen so unanschaulich und schwer verständlich, das absolute Horrorfach? In diesem Buch werden biochemische Grundlagen und Zusammenhänge leicht verständlich erklärt. Über 300 speziell für dieses Buch entworfene Abbildungen und Schemata machen den Stoff anschaulicher und helfen Ihnen, den Durchblick zu bekommen. Gerhard Püschel erklärt Ihnen Stoffwechselwege und deren Regulation, Kommunikation zwischen Zellen und Organen, Zellzykluskontrolle und vieles mehr auf wissenschaftlich aktuellem Stand, aber »gut verdaulich«, damit das Lernen auch ein wenig Spaß macht.

Sie erfahren

  • Was Sie über Kohlenhydrat-, Lipid- und Proteinstoffwechsel wissen sollten
  • Welche Funktion Vitamine und Spurenelemente haben
  • Wie Replikation, Transkription, Translation und Kontrolle der Genexpression funktionieren
  • Wie Hormone, Cytokine und deren Rezeptoren Zell- und Organfunktion steuern


Gerhard Püschel studierte in Kiel Medizin und promovierte dort. Nach einem Biochemie-Studium in den USA habilitierte er sich in Göttingen für Biochemie. Seit 2000 hat er den Lehrstuhl Biochemie der Ernährung an der Universität Potsdam inne. In diesem Buch vereinigt er 25 Jahre Lehrerfahrung.

Kapitel 1

Ein paar Gedanken zur Thermodynamik


IN DIESEM KAPITEL

  • Was man an Grundlagen der Thermodynamik unbedingt braucht
  • Wie das thermodynamische Gleichgewicht definiert ist
  • Was das Fließgleichgewicht vom thermodynamischen Gleichgewicht unterscheidet
  • Wie man durch Kopplung endergoner und exergoner Reaktionen »Unmögliches« möglich machen kann

Keine Angst, dies wird kein Exkurs in die Tiefen der physikalischen Biochemie und auch mathematische Formeln werden kaum bemüht. Es geht um das Grundverständnis, wie Stoffwechselprozesse ablaufen und was Leben aus biochemischer Sicht eigentlich ist.

Die Thermodynamik beschäftigt sich mit dem Energiegehalt von Systemen und der Umwandlung verschiedener Energieformen ineinander, also den Energieflüssen. In den chemischen Verbindungen, aus denen ein Organismus aufgebaut ist, ist eine bestimmte Menge Energie pro Molekül enthalten. Die pro Molekül enthaltene Energiemenge unterscheidet sich zwischen verschiedenen Verbindungen. Wenn eine chemische Verbindung in eine andere umgewandelt wird, und das ist, was im Stoffwechsel dauernd passiert, wird also entweder Energie freigesetzt oder benötigt. Wovon hängt das ab?

Thermodynamisches Gleichgewicht und ΔG


Die Antwort auf diese Frage gibt das thermodynamische Gleichgewicht. Jede chemische Reaktion ist umkehrbar. Wenn A + B zu C + D reagieren, kann aus C + D auch A + B werden. In welcher Richtung die Reaktion netto abläuft, ist eine Frage der Konzentration der Reaktionspartner und deren Energiegehalt. Man schreibt das so:

Jede chemische Reaktion läuft so lange ab, bis das thermodynamische Gleichgewicht erreicht ist. Im thermodynamischen Gleichgewicht haben alle Reaktionspartner eine Konzentration erreicht, bei der die Reaktion in beiden Richtungen gleich schnell abläuft. Netto läuft also gar nichts. Dies bedeutet aber nicht, dass keine Reaktionen mehr stattfinden, sondern nur, dass die Konzentrationen der beteiligten Substanzen konstant bleiben. Also definiert man eine

Gleichgewichtskonstante:

Die eckigen Klammern besagen, dass es sich um die Angabe der Konzentration der Reaktionspartner handelt.

Man kann das Ganze auch aus Sicht der Energiebilanz betrachten: Wenn bei einer Reaktion »Energie frei wird«, dann läuft sie spontan ab, man spricht auch von exergoner Reaktion. Um die Energiebilanz einer Reaktion zu beschreiben, benutzt man die freie Reaktionsenergie (oder besser Enthalpie) ΔG. Wenn der Wert negativ ist, dann »wird Energie frei«. Ist der Wert 0, passiert gar nichts, das thermodynamische Gleichgewicht einer Reaktion ist erreicht. Ist der Wert positiv, ist die Reaktion endergon, was bedeutet, dass »man Energie reinstecken muss«, damit die Reaktion abläuft.

All das muss man nun noch mit dem Gleichgewicht unter einen Hut bekommen, was recht einfach geht, wenn sogenannte Standardbedingungen herrschen. Für die Biochemie werden die etwas abweichend von den für die Chemie geltenden (gekennzeichnet durch »'« hinter dem G) definiert als: 25°C (298,15 K), 1 atm (100 000 Pa), pH 7,0 und 1 M von allen Reaktionspartnern. Unter diesen Bedingungen gilt:

Die für die tatsächlichen Verhältnisse geltende Energiebilanz kann man dann berechnen nach

wobei in die eckigen Klammern die tatsächlich vorherrschenden Konzentrationen aller Reaktionspartner eingesetzt werden und T die absolute Temperatur in Kelvin ist.

Niemals ΔG und ΔG'0 verwechseln und ACHTUNG, im Gleichgewicht ist ΔG = 0 und nicht ΔG'0, obwohl das »ΔG'0« die verfluchte 0 im Superskript hat!

Aus dieser Gleichung kann man, ohne viel Mathematik zu bemühen, zweierlei ablesen:

  1. Wenn die Konzentration aller Reaktionspartner 1 M ist, also Standardbedingungen herrschen, wird der Bruch 1. Da ln(1) = 0 ist, ist alles hinter dem »+« gleich 0, und ΔG = ΔG'0. Das ergibt Sinn, ist für die »echte Biochemie des Stoffwechsels« aber gar nicht so wichtig.
  2. Viel wichtiger ist die Überlegung, dass man den Bruch unendlich klein werden lassen kann, wenn man die Produktkonzentration niedrig hält (die Konzentration der Produkte steht oben im Bruch!). Bei niedrigen Produktkonzentrationen wird der Wert des Bruchs <1, der Logarithmus des Bruchs wird dann stark negativ und irgendwann negativer als ΔG'0 und damit wird ΔG negativ … man kann also eine Reaktion spontan ablaufen lassen, wenn man dafür sorgt, dass das Produkt oder zumindest eines von mehreren Produkten der Reaktion aus dem Gleichgewicht verschwindet. Und dafür gibt es ein paar ganz schöne Beispiele im Stoffwechsel, zum Beispiel im oxidativen Pentosephosphatweg:

    6-Phosphogluconat + NADP+ → Ribulose-5-Phosphat + NADPH + H+ + CO2 … und das ist der springende Punkt: CO2 entweicht als Gas und wird so dem Gleichgewicht entzogen. Die Reaktion läuft so lange ab, bis kein Substrat mehr da ist.

Ganz analog läuft das im Citratzyklus, der über die Kopplung an die oxidative Phosphorylierung der wichtigste energieproduzierende Stoffwechselweg ist. An drei Stellen findet hier eine oxidative Decarboxylierung (Kapitel 2, Citratzyklus) statt, nämlich in der Pyruvatdehydrogenase-, Isocitratdehydogenase- und α-Ketoglutaratdehydrogenase-Reaktion. Hier entsteht CO2, das wiederum dem Gleichgewicht entzogen wird und das wir nach »Verbrennung« der Energielieferanten ausatmen.

Aber auch sonst wird in lebenden Organismen immer dafür gesorgt, dass alles im Fluss bleibt:

Auf Leben und Tod: Das Fließgleichgewicht


In lebenden Organismen laufen die Reaktionen nie bis zum thermodynamischen Gleichgewicht ab. Wird das thermodynamische Gleichgewicht erreicht, ist der Organismus tot. Lebende Organismen befinden sich immer in einem Fließgleichgewicht oberhalb des thermodynamischen Gleichgewichts. Das kann man sich vorstellen wie einen Eimer mit einem Loch, in dem der Wasserspiegel auf konstanter Höhe gehalten wird: Oben muss immer so viel Wasser reinfließen, wie unten raustropft. Ganz wichtig ist, dass die Höhe des Spiegels im Fließgleichgewicht von den Flussraten abhängig ist. Erhöht man den Zufluss, steigt der Spiegel im Eimer so lange an, bis der Druck am Auslauf so hoch ist, dass die Abflussgeschwindigkeit wieder genau so hoch ist wie die Zulaufgeschwindigkeit. Autotrophe Organismen wie grüne Pflanzen führen die notwendige Energie durch Absorption von Sonnenlicht in das System ein, heterotrophe Organismen, wie Tiere und Menschen, müssen die Energie über die Nahrung zuführen. Im Fließgleichgewicht geht die Gesamtbilanz immer mit einem »Energieverbrauch« einher, ΔG ist also negativ.

Über den Tellerrand geschaut


Beim Menschen beträgt der Grundumsatz, das ist der unter thermoneutralen Bedingungen in Ruhe zur Lebenserhaltung notwendige Energiebedarf, über den Daumen gepeilt 24 kcal/kg*d für Männer, Frauen brauchen ca. 10 % weniger. Wer es genauer ausrechnen möchte, kann zum Beispiel die Harris-Benedict-Formel nutzen:

kcal/d = [13,7516 * Körpergewicht (kg) + 5,0033 * Körperhöhe (cm) − 6,7550 * Alter (Jahren) + 66,4730] für Männer und

kcal/d = [9,5634 * Körpergewicht + 1,8496 * Körperhöhe − 4,6756 * Alter + 655,0955] für Frauen.

Den Berg hinaufgehen – Von der Kopplung exergoner und endergoner Reaktionen


Endergone Reaktionen, das sind Reaktionen, bei denen das ΔG positiv ist, laufen nicht spontan ab. Viele Reaktionen, bei denen aus einzelnen Bausteinen neue Verbindungen synthetisiert werden, sind aber endergon. In der Technik hilft man sich oft, indem man Druck oder Temperatur stark erhöht. Das geht im lebenden Organismus natürlich nicht. Hier hilft wieder das Fließgleichgewicht: Eine Reaktion, die stark exergon ist, wird an die endergone Reaktion gekoppelt. Während die exergone Reaktion den Berg runterläuft, zieht sie die gekoppelte endergone Reaktion den Berg hinauf. Dabei ist das ΔG der Gesamtreaktion negativ (Abbildung 1.1).

Abbildung 1.1: Kopplung endergoner und exergoner Reaktionen. Die Kopplung endergoner und exergoner Reaktionen im Stoffwechsel erlauben, dass endergone Reaktionen ablaufen, solange das ΔG der Gesamtreaktion negativ ist.

Praktisch kann das auf verschiedene Weise geschehen. Eine Möglichkeit besteht darin, dass durch die exergone Reaktion eines von mehreren Produkten der endergonen Reaktion aus dem Gleichgewicht entfernt wird (siehe oben). Der gängigste Weg ist aber, dass sogenannte »energiereiche« Verbindungen in die Reaktion eingebracht werden. Chemisch sind das Verbindungen, die ein sehr hohes Gruppenübertragungspotenzial haben. Der Klassiker sind die Nucleosidtriphosphate, zum Beispiel das ATP. Bei der Spaltung von ATP zu ADP und anorganischem Phosphat wird »Energie...

Erscheint lt. Verlag 10.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Naturwissenschaften Biologie
ISBN-10 3-527-84082-6 / 3527840826
ISBN-13 978-3-527-84082-3 / 9783527840823
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